Plagiat per ChatGPT etc. in Klausurersatzleistung

  • Wie gehe ich jetzt mit sowas um?

    Bei mir folgt auf Hausarbeiten, Präsentationen etc. immer ein Fachgespräch. Seit ChatGPT nimmt das mitunter auch die Form einer mündlichen Prüfung an. Dabei geht es mir darum zu ergründen, ob der vortragende Schüler ein Plagiat eingereicht hat oder ob er den Inhalt seiner Arbeit kennt.

  • Naja, rein rechtlich dürfte die Sache doch klar sein. Da gibt's kein Rumeiern. Die Schüler:innen haben eine Arbeit, die von ChatGPT erstellt wurde als ihre eigene ausgegeben. Das ist ganz klar ein Betrugsversuch. Und damit 0 NP.


    Die "Problemstellung" sehe ich hier eher im pädagogischen / didaktischen Bereich.


    Diese Diskussionen haben wir bei uns an der Schule auch immer. Manche KuK stellen völlig unreflektiert irgendwelche Aufgaben, bei denen den Schüler:innen überhaupt nicht klar ist, was sie lernen sollen oder worum es dabei überhaupt geht. Und dann wundern sich die KuK, warum die Schüler:innen ChatGPT benutzen.


    Meine 12er bekamen vor Kurzem von einer Kollegin die Aufgabe, sie sollen einen 13-seitigen Artikel zusammenfassen. Das war die Aufgabenstellung. "Fassen Sie den folgenden Artikel zusammen." Wieso? Warum? Weshalb? Kein Hinweis dazu. Ich hab gesagt, sie sollen die Kollegin mal fragen, wozu das gut sein soll. Geht es darum, das Textformat "Inhaltsangabe" zu üben? Oder geht es um den Inhalt des Artikels an sich? Wenn Letzteres der Fall ist, wie intensiv sollen sich die SuS mit dem Inhalt beschäftigen? Geht es nur um grobes Überblickswissen? Oder soll der Artikel richtig durchgearbeitet werden? Es stellte sich heraus, dass die Aufgabe gestellt wurde, weil die Kollegin den Artikel interessant fand und sie ihn als Vorentlastung für die nächste Unterrichtseinheit verwenden wollte. Die Schüler:innen haben dann das meiner Meinung nach einzig richtige gemacht und das Ding in ChatGPT hochgeladen, mit genau diesem Hinweis als Prompt. Hat wunderbar funktioniert und sicher mehr gebracht als die ursprüngliche Aufgabe.

  • Naja, rein rechtlich dürfte die Sache doch klar sein. Da gibt's kein Rumeiern. Die Schüler:innen haben eine Arbeit, die von ChatGPT erstellt wurde als ihre eigene ausgegeben. Das ist ganz klar ein Betrugsversuch. Und damit 0 NP.

    Da wäre ich mir nicht einmal so sicher. Ich habe immer wieder Schüler, die aus vollster Überzeugung ChatGPT benutzt haben und kein Unrechtsbewusstsein zeigten. Schließlich hätten sie doch selber die Anfrage gestellt und damit wäre es ihre eigene Arbeit. Ob man Wikipedia, Fachbücher oder eben ChatGPT als Quelle nutzt, wäre unerheblich.


    Und ja, ich habe leider nirgendwo in der APO-BK einen Passus dazu gefunden, daß Künstliche Intelligenz in jedweder Form verboten ist.

  • Naja, rein rechtlich dürfte die Sache doch klar sein. Da gibt's kein Rumeiern. Die Schüler:innen haben eine Arbeit, die von ChatGPT erstellt wurde als ihre eigene ausgegeben. Das ist ganz klar ein Betrugsversuch. Und damit 0 NP

    Ist das rechtlich so? Kann man das einwandfrei nachweisen? Dünnes Eis


    Und ja, ich habe leider nirgendwo in der APO-BK einen Passus dazu gefunden, daß Künstliche Intelligenz in jedweder Form verboten ist.

    Den wird es auch nicht geben. Wie will man das durchsetzen? Fände ich völlig an der Realität vorbei.

  • Die Zeiten, dass die Schüler irgendwelche Sachen angeblich zuhause oder im Unterricht alleine produzieren und die dann bewertet werden können, sind endgültig vorbei.


    Wobei es mich wundert, dass die Sprachlehrer da so schockiert tun seit Chatgpt. In Mathe hatte immer schon die Nachhilfe ihre Finger im Spiel.

  • Ist das rechtlich so? Kann man das einwandfrei nachweisen? Dünnes Eis

    Steht bei uns (BW) in der Notenverordnung. §8, (6)


    "Begeht ein Schüler bei einer schriftlichen Arbeit eine Täuschungshandlung oder einen Täuschungsversuch, entscheidet der Fachlehrer, ob die Arbeit wie üblich zur Leistungsbewertung herangezogen werden kann. Ist dies nicht möglich, nimmt der Fachlehrer einen Notenabzug vor oder ordnet an, daß der Schüler eine entsprechende Arbeit nochmals anzufertigen hat. In Fällen, in denen eine schwere oder wiederholte Täuschung vorliegt, kann die Arbeit mit der Note "ungenügend" bewertet werden."


    Edit: Es liegt hier eine schwere Täuschung vor und damit gibt es 0 NP. (Der Schüler hat ja nicht nur mal eben eine Vokabel von einem Spickzettel abgespickt, sondern einen KOMPLETTEN Aufsatz von ChatGPT abgeschrieben. Und das auch noch unter den Augen einer extra dafür abgestellten Aufsicht, d.h. hier musste eine gewisse "Raffinesse" an den Tag gelegt werden.)

  • Da wäre ich mir nicht einmal so sicher. Ich habe immer wieder Schüler, die aus vollster Überzeugung ChatGPT benutzt haben und kein Unrechtsbewusstsein zeigten.

    Die Einschätzung der Schülerinnen dürfte für die Rechtslage wenig relevant sein. Allenfalls ist ihre mangelnde Einsichtsfähigkeit bei der Verhängung einer Ordnungsmaßnahme zu beachten.


    Es gibt schon Gerichtsurteile bzgl. der Mobiltelefonnutzung bei Prüfungen, die besagen, dass das Mitführen eines solchen eines umfangreiche Täuschungshandlung darstellt, weil man damit über die verwendeten Hilfsmittel täusche und die Täuschung somit alle Aufgaben betreffe.


    Ich weiß auch nicht vorher diese Zurückhaltung kommt. Die Schülerinnen setzen völlig unbeeindruckt unlautere Mittel ein und die Lehrerin sind zögerlich und zurückhaltend. Ob man das denn wirklich beweisen könne? Und wenn das vor Gericht keinen Bestand hat, was dann, muss ich dann das Schulgebäude rosa anstreichen und eine „Pur“-T-Shirt tragen?


    No way, Norway. Erst mal sind wir keine Strafverfolgungsbehörden und müssen uns nicht daran messen. Deshalb reicht eben auch der Anscheinsbeweis. Wenn es so aussieht wie ChatGPT, dann gehen wir davon aus. Zum anderen, was wäre denn schlimm daran, wenn eine Entscheidung unsererseits vor Gericht kassiert wird? Dann entscheiden wir etwas anderes, das in den verbleibenden Ermessensspielraum passt. Das sind Verwaltungsverfahren. Verwaltungsgerichte prüfen, ob formal alles OK war. Wenn alles glatt läuft, völlig unemotional. Genau so sollten wir auch unsere Entscheidung treffen.


    Wir müssen auch fair bleiben gegenüber denen, die ihre Leistungen „redlich“ erbringen. Deren Leistung muss sich auch lohnen. Denen sind wir es schuldig anderen, denen, die es sich gar zu einfach machen wollen, einen Riegel vorzuschieben.


    Die Frage, ob und wie der Umgang mit neuronalen Netzen Gegenstand schulischen Unterrichts sein kann, ist davon völlig unabhängig. So lange sie nicht als Hilfsmittel in der Aufgabenstellung zugelassen sind, sind sie eben bei der Aufgabe nicht zugelassen. Selbst wenn man mit den Schülerinnen die Verwendung geübt hat und z. B. die NN-Lösung mit der eigenen verglichen hat, heißt das doch nicht, dass man diese Systeme immer und überall einsetzen darf. Die Hilfsmittel sind doch immer eine Positiv-Liste.


    Wenn wir möchten dass neuronale Netze die Lösungen, die die Schülerinnen haben von neuronalen Netzen haben generieren lassen, korrigieren, sollten wir das machen. Wenn wir das nicht möchten, müssen wir schon klar und bestimmt auftreten.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

    2 Mal editiert, zuletzt von O. Meier ()

  • Bei mir folgt auf Hausarbeiten, Präsentationen etc. immer ein Fachgespräch. Seit ChatGPT nimmt das mitunter auch die Form einer mündlichen Prüfung an.

    Dann nehme ich doch lieber gleich eine mündliche Prüfung ab.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Steht bei uns (BW) in der Notenverordnung. §8, (6)


    "Begeht ein Schüler bei einer schriftlichen Arbeit eine Täuschungshandlung oder einen Täuschungsversuch, entscheidet der Fachlehrer, ob die Arbeit wie üblich zur Leistungsbewertung herangezogen werden kann. Ist dies nicht möglich, nimmt der Fachlehrer einen Notenabzug vor oder ordnet an, daß der Schüler eine entsprechende Arbeit nochmals anzufertigen hat. In Fällen, in denen eine schwere oder wiederholte Täuschung vorliegt, kann die Arbeit mit der Note "ungenügend" bewertet werden."


    Edit: Es liegt hier eine schwere Täuschung vor und damit gibt es 0 NP. (Der Schüler hat ja nicht nur mal eben eine Vokabel von einem Spickzettel abgespickt, sondern einen KOMPLETTEN Aufsatz von ChatGPT abgeschrieben. Und das auch noch unter den Augen einer extra dafür abgestellten Aufsicht, d.h. hier musste eine gewisse "Raffinesse" an den Tag gelegt werden.)

    Wenn du meinst. Viel Erfolg dabei. Ich ändere dann lieber meine leistungsnachweise entsprechend. Wahrscheinlich ist die Zeit für Aufsätze eben vorbei

  • Dann nehme ich doch lieber gleich eine mündliche Prüfung ab.

    Wie gesagt habe ich schon mehrfach Schüler im Fachgespräch nach der Präsentation auseinander genommen, indem ich nach Inhalten in der von Ihnen verfassten Dokumentation gefragt habe. Da haben sie am Ende eingeräumt, dass sie ChatGPT den Text haben anfertigen lassen. Es folgte ein Wortgefecht vor Publikum, ob denn nun ChatGPT eine Wissensquelle sei wie jede andere oder eben nicht. Seitdem das Verfahren bei mir so klar ist, fragt aber auch kein Schüler mehr nach einem Referat zur Notenverbesserung am Ende des Schuljahrs.


    Aktuell nervt mich ChatGPT eher bei der Klausurrückgabe. „Herr Plattyplus, ihre Musterlösung ist falsch, ChatGPT sagt etwas Anderes“, fällt da von Schülerseite sehr häufig.

  • Wie gesagt habe ich schon mehrfach Schüler im Fachgespräch nach der Präsentation auseinander genommen, indem ich nach Inhalten in der von Ihnen verfassten Dokumentation gefragt habe. Da haben sie am Ende eingeräumt, dass sie ChatGPT den Text haben anfertigen lassen. Es folgte ein Wortgefecht vor Publikum, ob denn nun ChatGPT eine Wissensquelle sei wie jede andere oder eben nicht.

    Das kann man sich doch alles sparen.


    auseinander genommen,

    Was auch immer das meint, klingt es nicht nach einem sachlichen Umgang. Vielleicht gehn wir aber nur mit der Formulierung auseinander.


    Aktuell nervt mich ChatGPT eher bei der Klausurrückgabe. „Herr Plattyplus, ihre Musterlösung ist falsch, ChatGPT sagt etwas Anderes“, fällt da von Schülerseite sehr häufig.

    Schülerinnen, zumindest einige von ihnen, berufen sich auf alles mögliche. Die vorherige Lehrerin, einen Youtibe-Kanal, ein Buch zu einem anderen Thema, die Nachhilfelehrerin. Das können sie auch alles machen, am Ende entscheiden aber Fachleute über richtig und falsch.


    Mich stört eher die etwas dürftige Erkenntnis, dass die eine Lösung falsch sein muss, nur weil man noch eine andere vorweisen kann (egal woher). Das kenne ich auch aus Besprechungen von Hausaufgaben, wenn jemand meint, die habe etwas anderes, als das an der Tafel, also müsse das an der Tafel falsch sein. Die Möglichkeiten, dass ihre Lösung falsch ist, ignoriert sie dabei genau so, wie die, dass zwei korrekte Lösungen sehr unterschiedlich aussehen können.


    Ja, da muss man dann etwas nacharbeiten, wann denn etwas richtig ist. Das ist kein Problem, das erst mit neuronalen Netzen aufgetreten ist. Dabei kann man sehr wohl thematisieren, woran es denn liegen kann, dass die neuronalen Netze so viele Fehler produzieren. Wenn denn der Umgang mit solchen Systemen im Unterricht thematisiert werden soll, ist das kein Grund genervt zu sei, sondern ein Lernanlass.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Vielleicht sollten wir das weniger an der Schulform als an wirklich krass defizitärem Lernverhalten festmachen...

    Hat der TE doch getan, eine Arbeit ohne Seitenzahlen, ungeheftet und mit kopiertem, unverstandenem Inhalt abzugeben entspricht nunmal tatsächlich den Leistungen von Schüler*innen einer Lernförderschule.


    Wesentlich finde ich, dass man seine Leistungsüberprüfungen anpasst, offenbar hat der/die TE ja schon vorher Zweifel gehabt, dass das was wird. Die Aufsicht abzugeben macht es nicht besser, aber der Drops ist ja nun gelutscht.

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