Schüler mit Handy bei Klausur erwischt. Streitet es ab. Was tun?

  • Ein Schüler (Z.) hat gestern die Klausur in Raum x nachgeschrieben. Bevor wir nach x gingen, habe ich ihn aufgefordert, sein Handy auf den Tisch an der Wand in der Nähe des Pultes zu legen, was er auch tat.

    Dann sind wir gemeinsam nach x gegangen und ich habe ihn in die Klausur eingewiesen. Bevor ich zurück in den Unterricht ging, fiel ihm auf, dass sein Stift nicht schreibt. Also sind wir zurück zum Klassenraum, damit er einen anderen Stift holen kann. Dabei hat er sein Handy vom Tisch genommen, um es, so hatte es den Anschein, in seine Schultasche zu packen. Dann sind wir zurück zu Raum x . Die Tür zu x habe ich offen stehen gelassen und ihm gesagt, die Tür solle aufbleiben. Bevor ich den Raum verließ, bat er mich, dafür zu sorgen, dass ein bestimmter Mitschüler nicht in seine (Z.s) Tasche greift, um sein (Z.s) Handy rauszuholen und damit rumzuspielen.

    Bei einer Kontrolle, nach dem Öffnen der Tür (er sollte die Tür geöffnet lassen), habe ich gesehen, wie Z. ruckartig seinen Pullover mit beiden Händen runterzog. Der Pullover war offensichtlich hochgeklappt gewesen.

    Nach Aufforderung, seinen Pullover hochzuziehen hat Z. sich lautstark geweigert. Er hat bei seinem toten Vater geschworen, dass er nicht geschummelt hat. Er sagte außerdem, er sei Moslem und das würde ihm verbieten, den Pullover hochzuziehen. Zudem habe er unter dem Pullover nichts an. Auf meinen Vorschlag hin, seinen Iman hinzuzuziehen, wurde er noch lauter, sprang auf und eilte zur Tür, wo er für wenige Augenblicke aus meinem Blickfeld verschwand. Danach erklärte er sich mit großer Geste dazu bereit, seinen Pullover hochzuziehen und tat dies ohne weitere Aufforderung. Zunächst Pullover und T-Shirt (das er ja angeblich eigentlich gar nicht trug) , so dass ich seinen freien Oberkörper sehen musste. Danach nur den Pullover. Es war kein unerlaubtes Hilfsmittel zu sehen. Ich habe ihn zunächst die Klausur weiterschreiben lassen, nachdem ich vor der Tür keinerlei unerlaubtes Hilfsmittel gefunden habe.

    Auf Rückfrage, warum die Tür zu gewesen sei, sagte er, vorbeikommende Hausmeister und Lehrer hätten sie geschlossen.

    Wenigen Minuten später fragte er, ob er auf Toilette könne. Ich habe gesagt, das könne er, sobald er abgegeben habe.

    Direkt danach habe ich erneut nach ihm gesehen. Wieder war die Tür zu. Wieder habe ich gesehen, wie er den Pullover schnell heruntergeklappt hat. Aber diesmal habe ich gesehen, dass ein Handy im Hosenbund steckte.

    Darauf angesprochen streitet Z. ab, ein Handy im Hosenbund gehabt zu haben.


    Obiges Protokoll habe ich gestern angefertigt. Es handelt sich um eine Berufsschulkasse, die ich 1x pro Woche habe. Z. Ist gestern 3x beim stellv. Direktor gewesen (Der Direktor war nicht da), um sich zu beschweren. Er habe sein Handy in der Hosentasche gehabt und ganz vergessen dass er es überhaupt dabeihatte.

    Die Sachlage ist klar. Z. bekommt eine 6. Die SL sieht das auch so. Jede Beschwerde von Z. wurde als grundlos abgelehnt. Z. möchte das aber nicht so gerne wahrhaben.


    Wie gehe ich nun mit Z. im Unterricht um, wenn er anfängt, den Unterricht zu entführen?

  • Was heißt denn "den Unterricht entführen"?


    Und verstehe ich es richtig, dass der Schüler unbeaufsichtigt die Klausur geschrieben hat? Ist das bei euch so üblich? Spätestens nach dem ersten Vorfall hätte ich ihn keinesfalls mehr alleine im Raum gelassen.

  • Was heißt denn "den Unterricht entführen"?


    Und verstehe ich es richtig, dass der Schüler unbeaufsichtigt die Klausur geschrieben hat? Ist das bei euch so üblich? Spätestens nach dem ersten Vorfall hätte ich ihn keinesfalls mehr alleine im Raum gelassen.

    Unterricht entführen heißt, dass er möglicherweise versuchen wird, im Unterricht seine Version der Geschichte zu erzählen.

    Er hat nachgeschrieben und saß dafür in einem separaten Raum. Alle SchülerInnen bekommen von mir erstmal einen Vertrauensvorschuss.

  • Ohne Aufsicht iste s naürlich schwierig. Aber mir ist das auch MIT Aufsicht passiert, dass zwei Schülerinnen in Klasse 10 es geschafft haben, ein Handy zu benutzen. Beide haben die gleiche Lösungen hingeschrieben - Gott sei Dank mit gleichen Fehlern, die teilweise keinen Sinn ergaben. Beide standen vorher immer 5, schrieben aber plötzlich 2- bzw 3.

    In solchen Fällen kann man als Lehrer schon den Verdacht äußern und zum Beispiel nachschreiben lassen (dann können sie ja zeigen, dass sie es können). Oder sie geben es dann zu, weil dann ja auffallen würde, dass sie das Thema ohne Hilfsmittel nicht beherrschen. Man kann sie auch mündlich abfragen.

    In Klasse 10 schreibt man an der Realschule ja auch die Zentrale Prüfung am Ende. Da tauchte dieses Thema wieder auf und dort konnten sie das plötzlich wieder nicht. Oh Wunder! :)

  • Unterricht entführen heißt, dass er möglicherweise versuchen wird, im Unterricht seine Version der Geschichte zu erzählen.

    Das wird zwangsläufig passieren, notfalls in den Pausen und ist nicht zu verhindern, letztlich aber völlig egal. Sollte es dazu noch irritierte Anfragen von Schülern geben, klärt man halt nochmal sachlich über die Konsequenzen des Einsatzes oder auch nur Versuch des Einsatzes von unerlaubten Hilfsmitteln in Klausuren auf und belässt es dann dabei. Z. selbst wird sich mit seiner "ungenügenden" Leistung zufrieden geben müssen und weiß mit Sicherheit am besten, dass diese auch gerechtfertigt ist.


    Dass das nach außen hin oft lautstark anders dargestellt wird, muss einen nicht sonderlich beeindrucken.

  • Unterricht entführen heißt, dass er möglicherweise versuchen wird, im Unterricht seine Version der Geschichte zu erzählen.

    Das wird doch ziemlich sicher passieren. Wenn nicht im Unterricht, dann halt in den Pausen oder vor dem Unterricht.

    Da stellst du entweder "deine Ohren auf Durchzug" und reagierst gar nicht darauf oder du führst mit ihm ein kurzes Gespräch, in dem du ihm nochmal vor Augen führst, dass die Sache ja nun "gegessen" ist und er die 6 wohl oder übel wird akzeptieren müssen. Ich glaube kaum, dass es dann noch zu großartigen Diskussionen kommen wird; habe ich zumindest noch nie erlebt.


    EDIT: Ah, ich sehe gerade, das hat Seph auch schon geschrieben! Na ja, ich lasse es trotzdem stehen...

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

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  • Er hätte mir auf keinen Fall sein Handy ausgehändigt.

    Aber er hatte es doch schon neben dem Pult abgelegt, bevor ihr in den anderen Klassenraum gegangen seid? :

    habe ich ihn aufgefordert, sein Handy auf den Tisch an der Wand in der Nähe des Pultes zu legen, was er auch tat.

    Wieso hat er es später denn überhaupt nochmal in die Hand genommen?

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  • Also, wenn ich den Eindruck habe, der schummelt, dann bleibe ich dabei bzw. würde mir in der SEK II auch nicht einfallen, den Schüler allein im Raum zu lassen. Da hab ich ja gar nichts mehr unter Kontrolle. Spickzettel, 2. Handy, Knopf im Ohr. Wenn die Arbeit so konzipiert ist, dass man Schummeln kann (und das ist ja meistens der Fall, da eigentlich immer aus AFB 1 Teile dabei sind), dann lasse ich den Schüler nicht allein.


    Was mich irritiert: Finde nur ich es merkwürdig, Schüler zu bitten, Oberteile hochzuziehen? Egal ob Verdacht auf Täuschung oder nicht.

  • Ich habe diesen Roman zuerst nur oberflogen. Das mit dem Pullover ist ja heftig skurril. Ich behaupte, dass der Schüler sich da durchaus, mit Recht, hätte weigern können. Religionszugehörigkeit hin oder her.


    Jetzt war es ein Schüler, da nimmt man das gesellschaftlich vielleicht nicht ernst. Hättest du das gleiche auch von einer Schülerin verlangt? Finde ich echt völlig daneben.

  • Aber er hatte es doch schon neben dem Pult abgelegt, bevor ihr in den anderen Klassenraum gegangen seid? :

    Wieso hat er es später denn überhaupt nochmal in die Hand genommen?

    Als er sich einen neuen Stift geholt hat, hat er das Handy mit zu seinem Tisch genommen, um es, wie ich annahm, in seine Schultasche zu packen.

  • Ich habe diesen Roman zuerst nur oberflogen. Das mit dem Pullover ist ja heftig skurril. Ich behaupte, dass der Schüler sich da durchaus, mit Recht, hätte weigern können. Religionszugehörigkeit hin oder her.


    Jetzt war es ein Schüler, da nimmt man das gesellschaftlich vielleicht nicht ernst. Hättest du das gleiche auch von einer Schülerin verlangt? Finde ich echt völlig daneben.

    Nein, hätte ich nicht. Grundlos biete ich das auch sonst nicht anderen Leuten an.

  • Und warum hatte er kein Zweithandy?


    Die Generation Z scheint wohl doch nicht so innovativ.

    #Zesame:!:


    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

  • Dem Schüler ist zuerst die wahrscheinliche Benutzung des Handys gelungen, ohne dass es dir besonders aufgefallen ist. Du hattest nur den Verdacht.

    Ihm ist es gelungen, weil er unbeaufsichtigt in einem Raum alleine war.

    Dann hast du ihn erwischt. Also ziehst du die Konsequenz, egal was er erzählt.


    Ich könnte hier "Spickstorys und andere Aktionen um das Abfragen zu einem gewissen Zeitpunkt zu vermeiden" von früher als Schülerin bzw. meiner Mitschüler (bei den Lehrern, die nicht gut aufgepasst haben, wurde es je nachdem, ob man ein "Stoffdefizit" hatte, probiert, egal wie beliebt sie waren) und meiner Erlebnisse als Lehrerin aufschreiben. Als Schüler wurde man entweder erwischt oder nicht.


    Als Lehrerin war ich während meiner Anfangszeiten besonders aufmerksam, weil ich diverse Spickmethoden kannte.

    Ich habe Schüler erwischt, hatte Verdachtsmomente und vielleicht auch nicht erwischt.

    Bei Verdachtsmomenten habe ich nicht groß rumgemacht, sondern meine Aufsicht bei zukünftigen Arbeiten geändert. Z.B. habe ich braven Grundschulklassen am Anfang das Spicken nicht zugetraut und wurde nachlässig. Besonders beliebt war gegenseitige Abschreiben, auch hinter aufgestellten Trennwänden.

    Schnell habe ich bei der Korrektur gemerkt, dass welche voneinander abgeschrieben haben müssen. Die Schüler darauf angesprochen, haben es natürlich verneint. Aber für die Zukunft habe ich dann meine Aufpassmethoden geändert bzw. verdächtige Schüler von vorneherein alleine gesetzt.


    Was ich damit sagen will: Bei Verdacht würde ich persönlich hinterher keine große Affäre daraus machen, sondern für die Zukunft die Konsequenzen daraus ziehen. Allein schreiben lassen ohne Aufsicht geht nicht (mehr).

    Wenn du jemand erwischst, dann sind ja die Konsequenzen von Schulseite her klar.

    Was der Schüler hinterher zu den anderen sagt, ist egal, denn du hast das Schummeln beim wiederholten Versuch gesehen und das sind die Tatsachen.

  • Als er sich einen neuen Stift geholt hat, hat er das Handy mit zu seinem Tisch genommen, um es, wie ich annahm, in seine Schultasche zu packen.

    Ach, stimmt, das hattest du ja im Ausgangsbeitrag geschrieben. Hatte ich überlesen, sorry.

    Das hätte ich sowieso nicht geglaubt, dass er es in der Tasche lässt, zumal er allein im Raum war.

    Seine Schultasche hatte er aber doch nicht bei sich, weil die im eigentlichen Klassenraum stehen geblieben ist. Oder Klinger ?

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

    • Offizieller Beitrag

    Nein, hätte ich nicht. Grundlos biete ich das auch sonst nicht anderen Leuten an.

    und das bringt dich nicht zum Nachdenken? Darf ein männlicher Mensch nicht diese selbe Körperscham haben bzw. den selben Schutz haben? (wenn du selbst behauptest, bei einer weiblichen Person hättest du das nicht gemacht)

  • Das hätte ich sowieso nicht geglaubt, dass er es in der Tasche lässt, zumal er allein im Raum war.

    Seine Schultasche stand im Klassenraum. Dahin sind wir ja ganz am Anfang zurück, damit er sich einen neuen Stift holen kann.

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