Mündliche Noten von SuS mit sehr hoher Abwesenheit

  • Gute Frage. Bestehen in diesem Fall ALLE Schüler? Eine Verlängerung der Ausbildungszeit kommt nicht infrage? Klingt seltsam.

    Am Berufskolleg musst Du zwischen den Vollzeitbildungsgängen und den (Teilzeit-) Azubis unterscheiden. In den Vollzeitbildungsgängen läuft es wie in den anderen Schulen auch. Bei den Azubis ist es jedoch etwas anders. Dort gibt es keine Versetzung, also auch ein Zeugnis voller 6er ist kein Problem. Auch für das Bestehen der Lehre sind die Schulnoten uninteressant. Es zählt ausschließlich die IHK- bzw. Handwerkskammer-Prüfung. Fehlzeiten interessieren die Azubis entsprechend auch nicht so lange es keine Konsequenzen im Betrieb gibt. Bei den Azubis ist der Dreh- und Angelpunkt der Ausbilder im Betrieb. Er entscheidet in welchem Lehrjahr bei uns in der Schule der Azubi einsortiert wird. Er entscheidet auch darüber, ob die Lehre verkürzt werden kann oder verlängert werden muss. Da die Unterrichtszeit Arbeitszeit ist, ist er es auch, der unentschuldigte Fehlzeiten entsprechend arbeitsrechtlich abmahnen kann und bei Wiederholung auch eine Kündigung aussprechen kann.

  • Gleichzeitig sollten wir hier nicht zu zu sehr "PolizistIn" spielen und uns zeitlich und energetisch mehr in solchen Sachen verbeißen als unbedingt notwendig. Diese SchülerInnen kosten uns viel zu viel Zeit, die wir für diejenigen, die lernen wollen, aufwenden sollten.

    Sehr gut erkannt. :top:

  • Natürlich kann ich auch die Fehlstunde bewerten. Der Schüler hat ja eindeutig keine Leistung erbracht, weder quantitativ noch qualitativ. In evtl. Gruppenarbeiten konnte er sich auch nicht einbringen und vorgetragen hat er auch nichts. Also 0 Punkte.

    Dieses Vorgehen scheitert bereits daran, dass nicht jede Stunde auch eine Leistungssituation darstellt und mit Sicherheit nicht alle Schüler jede Stunde benotet werden. Das halte ich im Übrigen auch für vollkommen unrealistisch, adäquate und differenzierende Bewertungen auf Basis von nur je 1 Stunde vorzunehmen.


    Dass das dann analog auch nicht ausschließlich für fehlende Schüler möglich ist, sollte sofort einleuchten.


    An meiner Schule wird das sogar von der Schulleitung so angeordnet, dass unentschuldigte Fehlstunden mit 0 Punkten zu bewerten sind.

    Dann wird es dringend Zeit, auf die Rechtswidrigkeit einer solchen Anordnung hinzuweisen. Ein solcher Hinweis wäre - zumindest für Beamte - auch Dienstpflicht.



    Kleine Anekdote: Ich hatte mal einen Schüler, der ebenfalls häufig gefehlt hatte. In Leistungssituationen war er aber i.d.R. da und hat dann aus dem Stehgreif gute bis sehr gute Leistungen erbracht, konnte den Unterrichtsstoff mit anderen Sachen verknüpfen und auch auf neue schwiergie Probleme anwenden. Es wäre nicht ansatzweise haltbar gewesen, ihn aufgrund von Fehlzeiten auf eine Beurteilung wie "ausreichend" herabzustufen, da diese laut Definition gerade von Mängeln und nur durchschnittlichen Anforderungen ausgeht, die ganz offensichtlich und nachweisbar nicht bestanden.

  • dass nicht jede Stunde auch eine Leistungssituation darstellt

    Eben doch. Über die „Mitarbeit“ bewerten wir den Lernprozess. Und zwar ständig. Die Schülerinnen befinden sich andauernd unter Beobachtung und Leistungsmessung. Eigentlich eine Sauerei.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Am Berufskolleg musst Du zwischen den Vollzeitbildungsgängen und den (Teilzeit-) Azubis unterscheiden. In den Vollzeitbildungsgängen läuft es wie in den anderen Schulen auch. Bei den Azubis ist es jedoch etwas anders. Dort gibt es keine Versetzung, also auch ein Zeugnis voller 6er ist kein Problem. Auch für das Bestehen der Lehre sind die Schulnoten uninteressant. Es zählt ausschließlich die IHK- bzw. Handwerkskammer-Prüfung. Fehlzeiten interessieren die Azubis entsprechend auch nicht so lange es keine Konsequenzen im Betrieb gibt. Bei den Azubis ist der Dreh- und Angelpunkt der Ausbilder im Betrieb. Er entscheidet in welchem Lehrjahr bei uns in der Schule der Azubi einsortiert wird. Er entscheidet auch darüber, ob die Lehre verkürzt werden kann oder verlängert werden muss. Da die Unterrichtszeit Arbeitszeit ist, ist er es auch, der unentschuldigte Fehlzeiten entsprechend arbeitsrechtlich abmahnen kann und bei Wiederholung auch eine Kündigung aussprechen kann.

    Das stimmt - nun ja - bedingt. Vielleicht sollte man den Schülern vermitteln, dass es eben 3 Zeugnisse beim Abschluss der Gesellenprüfung gibt:

    - Das IHK- bzw. HK-Zeugnis
    - Das Zeugnis des Arbeitgebers
    - Das Zeugnis der Berufsschule

    Entscheidend ist das Kammerzeugnis.
    Aaaaaber: Es ist durchaus möglich, dass der neue Arbeitgeber bei einer Bewerbung alle drei Zeugnisse sehen möchte. Und dann sind die Noten der Berufsschule plötzlich relevant, weil sie zeigen, dass man/frau gerne blau macht - oder fehlt.


    Andererseits: In meinem Berufsschulzeugnis wären sicher auch unentschuldigte Fehltage aufgetaucht. Nicht, weil ich "blau" gemacht habe, sondern weil in der Firma wegen der Auftragslage und dem Termindruck "Feuer unterm Dach" war. Ich war einer von zwei Kollegen, die am damals neuen elektronischen Bildverarbeitungssystem ausgebildet waren und habe bereits nach kurzer Zeit und im 2.Lehrjahr voll produktiv gearbeitet. Wenn der Chef gesagt hat, dass der Kunde und die Kollegen an der Druckmaschine auf die Druckplatten und den Andruck warten, habe ich mich darauf verlassen, dass der Chef mich an der BS freistellt.

    Anmerkung: Ich habe meinen Gesellenbrief nach dem 1.Stex und vor dem Ref erworben. Es war eine interessante Erfahrung, als Lehrer in die Schülerrolle der BS zu schlüpfen - auch für die Kollegen, die vorne standen. ;)

    «Wissen – das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn man es teilt.» (Marie von Ebner-Eschenbach)
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  • Nachtrag:
    Manchmal hilft auch ein Blick "Behind the scene".
    In der 8.Klasse hatte ich eine Schülerin, die immer wieder durch Fehlzeiten auffiel. Mit gegenüber - als männlichem Klassenlehrer - und gegenüber den Mitschülern der Klasse gab sie sich tough und renitent. Über den freundschaftlich-kollegialen Kontakt zu unserer Schulsozialarbeiterin konnte schließlich eine Familienhilfe installiert werden. Das Mädchen war "Ersatzmutter" für ihre drei Geschwister und versorgte die depressive und alkoholkranke Mutter.
    Der Schwabe sagt: "Mr sieht blos dranah" - Man sieht nur die Oberfläche.
    Über die Entlastung durch die Familienhilfe hat das Mädchen einen passablen HS_Abschluss geschafft.

    Falls Schüler Absentismus "pflegen", hat das Ursachen. Da ist eine 6 nicht das Mittel der Wahl.

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  • Aaaaaber: Es ist durchaus möglich, dass der neue Arbeitgeber bei einer Bewerbung alle drei Zeugnisse sehen möchte. Und dann sind die Noten der Berufsschule plötzlich relevant, weil sie zeigen, dass man/frau gerne blau macht - oder fehlt.

    Falsch, denn auf dem Berufsschul-Abschlußzeugnis dürfen keine Fehlzeiten ausgewiesen werden. Also den neuen Arbeitgeber interessiert das nicht. Früher war es wenigstens so, daß das Berufsschul-Zeugnis stimmen mußte, um sich nach dem Facharbeiter- bzw. Gesellenbrief zur Meister- bzw. Techniker-Schule anmelden zu können. Wenn damals das Berufsschulzeugnis nicht paßte, war halt nach dem Gesellenbrief Ende. Aber auch diese Regel gibt es nicht mehr.

  • Falsch, denn auf dem Berufsschul-Abschlußzeugnis dürfen keine Fehlzeiten ausgewiesen werden.

    Darauf hatte ich mich nicht bezogen - sondern auf die Noten, die darin stehen und dem neuen AG durchaus einen Eindruck geben, wie stark die Beteiligung an der BS war.

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  • Darauf hatte ich mich nicht bezogen - sondern auf die Noten, die darin stehen und dem neuen AG durchaus einen Eindruck geben, wie stark die Beteiligung an der BS war.

    Nach dem ersten Arbeitszeugnis ist das auch völlig egal. Ihr überschätzt den Stellenwert von Schulzeugnisse hier schon ziemlich. Besonders das Berufsschulzeugnis hat keinen besonderen Stellenwert, da ist der Gesellen- oder Facharbeiterbrief deutlich wichtiger.

  • um sich nach dem Facharbeiter- bzw. Gesellenbrief zur Meister- bzw. Techniker-Schule anmelden zu können. Wenn damals das Berufsschulzeugnis nicht paßte, war halt nach dem Gesellenbrief Ende. Aber auch diese Regel gibt es nicht mehr.

    Nicht ganz. Ohne Berufsschulabschluss muss man mehr Berufserfahrung nachweisen. Man kann also erst sehr viel später in die Weiterbildung.

    Hinweis: gilt für NRW

  • Nach dem ersten Arbeitszeugnis ist das auch völlig egal. Ihr überschätzt den Stellenwert von Schulzeugnisse hier schon ziemlich. Besonders das Berufsschulzeugnis hat keinen besonderen Stellenwert, da ist der Gesellen- oder Facharbeiterbrief deutlich wichtiger.

    Formal richtig. Der neue Arbeitgeber, bei dem sich der Geselle/die Gesellin bewirbt, kann jedoch die Vorlage des Berufsschulzeugnisses verlangen.
    https://www.durchstarten-in-mv.de/blog/berufsschulzeugnis/

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  • Formal richtig. Der neue Arbeitgeber, bei dem sich der Geselle/die Gesellin bewirbt, kann jedoch die Vorlage des Berufsschulzeugnisses verlangen.
    https://www.durchstarten-in-mv.de/blog/berufsschulzeugnis/

    Der Arbeitgeber kann auch Grundschulzeugnisse verlangen. Formal ist hier gar nichts vorgesehen. Sicherlich steht man mit einem guten Zeugnis immer besser da, als mit einem schlechten.


    Ich würde aber niemals jemanden mit einem guten Berufsschulzeugnis und schlechten Arbeitszeugnis, jemandem mit schlechtem Berufsschulzeugnis und gutem Arbeitszeugnis vorziehen.


    Besonders die Arbeitsmoral kann man meiner Meinung nach am Berufsschulzeugnis nicht wirklich erkennen. In der Berufschule wird keine berufstypische Tätigkeit ausgeführt.

  • Der Arbeitgeber kann auch Grundschulzeugnisse verlangen. Formal ist hier gar nichts vorgesehen. Sicherlich steht man mit einem guten Zeugnis immer besser da, als mit einem schlechten.

    Anekdote: In der Zeit vor dem Fachkräftemangel hat die Personalstelle einer sehr großen Versicherung sich bei Abiturienten, die sich auf eine Ausbildung beworben hatte, alle (!) Oberstufenzeugnisse vorlegen lassen und die Kandidaten, die unentschuldigte Fehlzeiten hatten, direkt aussortiert, weil in NRW auf dem Abschlusszeugnis ja keine Fehlstunden stehen dürfen. Mittlerweile machen die das aber meines Wissens nicht mehr...

  • Besonders die Arbeitsmoral kann man meiner Meinung nach am Berufsschulzeugnis nicht wirklich erkennen. In der Berufschule wird keine berufstypische Tätigkeit ausgeführt.

    Du unterrichtest an einer BS? Nun ja. Gibt es heute keinen Werkstattunterricht mehr? Du hast in einem Punkt Recht. An der Berufsschule wird keine "betriebstypische Tätigkeit" ausgeführt.


    Als ich meine Gesellenprüfung abgelegt habe, musste ich für die fachpraktische Prüfung eine Aufrasterung und Reprofotografie mit der Reprokamera in der Dunkelkammer anfertigen und entwickeln. Das war Teil der Kammerprüfung - nicht der BS. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits ein Jahr lang derartige Tätigkeiten am Trommelscanner und Großrechner digital erledigt und für diesen (analogen) Prüfungsteil dann lediglich eine 2,5 erhalten.


    Das war jedoch allen Beteiligten wumpe. Wichtig war das Urteil der Kunden, die aus der Modebranche kamen. Die haben beim Andruck die Kleidungsteile am Leuchttisch neben den Andruck gelegt und die Farben verglichen. Solange die Farben der digital erstellten Reprofotografie 1:1 mit dem Original identisch waren, Hautton, Augen- und Zahnweiß stimmten, war alles in Ordnung und der Prospekt wurde millionenfach über Europa gestreut ;)


    Als ich mich nach dem Referendariat (weil der Arbeitsmarkt für Lehrkräfte noch immer "zu" war) wieder bei verschiedenen Reprofirmen beworben hatte, waren Gesellenbrief und Berufsschulzeugnis uninteressant. Wichtig war nur mein Zertifikat der Firma Hell über die Qualifikation am elektronischen Bildverarbeitungssystem.

    Zum Glück war mein neuer AG kein Hauptgewinn und ich bin dann doch im Schuldienst gelandet. Sowohl mein Ausbildungsbetrieb, als auch der zweite Betrieb sind heute insolvent und nicht mehr existent. Was ich in der Ausbildung gelernt hatte, kann ich heute mit der Freeware GIMP am PC erledigen. Meinen erworbenen Zweitberuf gibt es nicht mehr. Meine Pension durchaus. Glück gehabt. ;)

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  • Gibt es heute keinen Werkstattunterricht mehr?

    Fachpraktischen Unterricht in Werkstätten u. ä. gibt es - zumindest an den Berufsbildenden Schulen in NDS (und ich denke, das ist in anderen Bundesländern genauso) - nur in vollzeitschulischen Bildungsgängen, wie Berufsfachschulen oder der Berufseinstiegsschule.

    Im Rahmen der Dualen Berufsausbildung ist die Berufsschule für den theoretischen Teil der Berufsausbildung zuständig, d. h. es gibt keinen fachpraktischen Berufsschulunterricht. Die praktische Ausbildung der Azubis erfolgt komplett im Ausbildungsbetrieb.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • An meiner Schule machen wir für verschiedene Ausbildungsberufe im Rahmen der dualen Ausbildung fachpraktischen Unterricht. Nicht nur für die Handwerksberufe wie Kfz-Mechatroniker und Tischler, sondern auch für z.B. Lagerlogistiker. Wir haben zwei Überseecontainer angeschafft, mit denen sie das Packen und Stauen von Paletten üben. Den Gabelstaplerschein können sie bei uns auch machen. 🙂

  • An meiner Schule machen wir für verschiedene Ausbildungsberufe im Rahmen der dualen Ausbildung fachpraktischen Unterricht. Nicht nur für die Handwerksberufe wie Kfz-Mechatroniker und Tischler, sondern auch für z.B. Lagerlogistiker. Wir haben zwei Überseecontainer angeschafft, mit denen sie das Packen und Stauen von Paletten üben. Den Gabelstaplerschein können sie bei uns auch machen. 🙂

    Interessant! Das hätte ich nicht gedacht. Dann ist das wohl eine Besonderheit in NDS, dass hier kein fachpraktischer Unterricht im Rahmen der Dualen Ausbildung in der Berufsschule stattfindet. Zumindest ist dieser Art des Unterrichts an den mir bekannten BBSn nicht im Stundenplan enthalten. Was aber ja nicht heißt, dass nicht auch im Rahmen des fachtheoretischen Unterrichts mal "am lebenden Objekt" geübt wird (z. B. haben wir für die Berufsschüler*innen im Einzelhandel einen kleinen Raum mit Non-Food-Produkten und einem mobilen Verkaufstresen; die werden zum Üben von Verkaufsgesprächen - auch in Englisch - genutzt). Fachpraktische Inhalte gibt es also durchaus, aber keinen expliziten Fachpraxis-/Werkstattunterricht.


    Interessehalber: Wie sieht es denn in anderen BL damit aus, z. B. in NRW Sissymaus und Kiggie ? Oder in Hessen s3g4 ?

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    Einmal editiert, zuletzt von Humblebee ()

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