Was passiert, wenn die Wiederholungsklausur wieder zu schlecht wird?

  • Hallo liebe Kollegen,


    Ich möchte zunächst darauf hinweisen, dass ich mir durchaus darüber im Klaren bin, dass bei Klassenarbeiten, die zu schlecht ausgefallen sind, eine Mitschuld des Lehrers erst mal recht nahe liegt. Es ist in diesem Fall aber schon ziemlich eindeutig - auch Einschätzung von Fachkollegen, die die Parallelklassen unterrichten sowie Kollegen andere Fächer, die in der gleichen Klasse unterrichten -, dass das Ergebnis der Klassenarbeit nicht mein Fehler ist.


    Hier jetzt also zu der Situation:

    Die Klasse ist eine 12. Klasse Fachoberschule und ich habe sie in Deutsch. Es gibt nur einen "Deutschen" und die Schüler kommen insgesamt aus einem sozial-schwachen Umfeld - das ist jetzt nicht diskriminierend gemeint, aber es ist ja eindeutig belegt, dass diese Attribute einem den Erfolg im deutschen Schulsystem erschweren, daher sage ich es.

    Die Klasse ist sehr freundlich und wir kommen auch so gut miteinander klar, sie stören nicht und verhalten sich auf den ersten Blick recht unauffällig. Es gibt allerdings sehr hohe Fehlzeiten, meist sitze ich zu Beginn des Unterrichts erst einmal vor weniger als der halben Klasse - wir haben immer die ersten beiden Stunden. Ein paar Schüler trudeln im Laufe der nächsten halbe Stunde noch ein, ein gutes Drittel fehlt aber in der Regel. Hausaufgaben werden nicht, die Schüler bringen ihr Material nicht mit. Einige schlafen und sind mit anderen Dingen beschäftigt. Wir haben jetzt die erste Klassenarbeit geschrieben und ich möchte mal behaupten, dass ich die Schüler sehr zielführend auf die Klassenarbeit vorbereitet habe. Thema war Sachtextanalyse und wir haben Schritt für Schritt jeden einzelnen Punkt "zusammen" erarbeitet und besprochen, ich habe die Ergebnisse auch stets auf dem Schulportal hochgeladen. In der Klassenarbeit durften die Schüler auch verschiedene Hilfen verwenden, z.B. das AB mit der Struktur der Analyse, auch eine Übersicht zu Rhetorischen Mitteln durften sie benutzen. Ich habe zudem einen recht kurzen und meines Erachtens verhältnismäßig leichten Text rausgesucht (37 Zeilen Text für 90 MInuten Klausur). Die Schüler haben zum Großteil einen Fehlerquotient von 10 und höher. Entsprechend gibt es natürlich auch noch Abzug für Stil und Ausdruck. Inhaltlich kam fast nichts. Viele Schüler haben mir weniger als 150 Wörter abgegeben, das war meist nur ein Einleitungssatz und eine "Inhaltsangabe", also im Prinzip eine Nacherzählung, obwohl wir auch das ausführlich im Unterricht noch mal behandelt haben und ich den Schülern bei der Klausur auch sagte, dass sie sich auf 5 Sätze konzentrieren sollten.

    Der Schnitt war unterirdisch. 17 mal 0 Punkte, wobei davon einige im Prinzip -2 hätten, wenn es möglich wäre. Ich habe noch nie eine Klassenarbeit wiederholt, aber jetzt muss ich es machen.


    Eine langjährige Kollegin, die viel in der FOS unterrichtet, sagte mir, dass sie im Prinzip jede Arbeit der letzten Jahre hätte wiederholen müssen, wenn sie diese nicht als Vergleichsarbeit schreiben würde: Sie hat mehrere Klassen und auch Klassen mit einem ganz anderen Schwerpunkt, in denen Schüler mit ganz anderem sozialen Background sind. So konnte sie durch die "guten" Klassen immer die negativen Leistungen der anderen ausgleichen. Das kann ich jetzt leider nicht, ich habe nur diese Klasse. Obwohl wir jetzt mit dem anderen Thema begonnen haben, was für die SuS wohl noch schwiergier wird, habe ich jetzt noch mal 2 Doppelstunden eine Wiederholung der zentralen Punkte gemacht und einen Nachholtermin für nächste Woche angesetzt. Es würde mich aber wirklich nicht überraschen, wenn die nächste Klassenarbeit ähnlich ausfallen würde wie diese hier.


    Was macht man in so einer Situation? Muss ich die Klassenarbeit noch mal wiederholen, wenn sie wieder so ausfällt? Der Schwerpunkt der Schüler ist ein ganz anderer und ich möchte mein Fach da jetzt nicht wichtiger machen, als es für die Schüler vielleicht ist, aber ich kann eben auch aus 0 Punkten nicht einfach 5 machen...


    Edit: ich sollte vielleicht noch hinzfügen, dass ihr Deutschlehrer aus der 11 nicht mehr an der Schule ist, sein Vertrag wurde nicht verlängert. Er hat mit den Schülern wohl Lückentexte oder sowas gemacht und dann mehr oder minder gute Noten gegeben, damit er seine Ruhe hat

  • Ist das RLP?


    Ich finde es unmöglich, dass schwache/faule Klassen den Lehrer mit Minderleistungen erpressen können.
    Ich msüste in Mathe GKs nahezu jede Klausur wiederholen, wenn es diese Regel hier gäbe.

  • Ich habe noch nie eine Klassenarbeit wiederholt, aber jetzt muss ich es machen.

    Ist das bei euch wirklich so? Bei uns in NDS gibt es keinen Automatismus, der zu einer zwingenden Wiederholung einer schlecht ausgefallenen Arbeit führt. Es ist eher so, dass eine Arbeit, die mehr als 30% (Sek I) bzw. 50% (Sek II) nicht ausreichende Noten aufweist, genehmigt werden muss. Das wiederum ist letztlich nur ein Schutzmechanismus, der sicherstellen soll, dass eine Arbeit auch wirklich zum Unterricht und den zu erreichenden Kompetenzen passt.


    Stellt sich bei der Prüfung der Genehmigung nämlich heraus, dass dies der Fall ist, sollte die Arbeit im Regelfall auch genehmigt werden und wird gerade nicht wiederholt. Dann passiert auch das nicht:

    Ich finde es unmöglich, dass schwache/faule Klassen den Lehrer mit Minderleistungen erpressen können.

  • Ist das bei euch wirklich so? Bei uns in NDS gibt es keinen Automatismus, der zu einer zwingenden Wiederholung einer schlecht ausgefallenen Arbeit führt. Es ist eher so, dass eine Arbeit, die mehr als 30% (Sek I) bzw. 50% (Sek II) nicht ausreichende Noten aufweist, genehmigt werden muss.

    Wir hatten im Lehrerzimmer darüber gesprochen und jemand aus der Schulleitung meinte dies und klang dabei ziemlich sicher

  • Und gibt es in Hessen tatsächlich noch immer eine Fehlerquotienten? Ui :( .

    Zum Thema "Wiederholungsklausur" kann ich nichts beitragen, da ich noch nie eine Klausur wiederholen lassen musste.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Ok, ich war jetzt bei der Schulleitung deswegen. Die Klausur muss einmal wiederholt werden. Wenn sie wieder so ausfällt, haben sie Pech. Trotzdem sehr ärgerlich. Ich wusste gar nicht, dass diese Regelung in anderen Bundesländern nicht existiert. Ich finde diese Regelung extrem unnötig, besonders vor dem Hintergrund, dass es mittlerweile politisch gewollt ist, dass die Oberstufen überflutet werden, damit möglichst viele das Abitur machen - was ja prinzipiell eine schöne Idee ist, ist halt nur schlecht, wenn es nicht funktioniert.

  • Meinst du das ernsthaft?

    Wenn so eine Regelung existiert, änderst du entweder den Bewertungsschlüssel oder setzt gehst von einem niedrigeren Punkteniveau aus.

    Damit wird jede Arbeit so gut ausfallen, dass kein erneutes Schreiben notwendig ist. Notwehr gegen irre Regeln oder SL würde ich so etwas nennen.

  • Hallo liebe Kollegen,


    Ich möchte zunächst darauf hinweisen, dass ich mir durchaus darüber im Klaren bin, dass bei Klassenarbeiten, die zu schlecht ausgefallen sind, eine Mitschuld des Lehrers erst mal recht nahe liegt.

    Das hab ich mir bisher ganz selten gedacht.


    Euren Automatismus (zu schlecht, wir schreiben nochmal) finde ich sehr seltsam.

    Ich kenne es so, dass schlechte Arbeiten von der Schulleitung genehmigt werden müssen und im Normalfall ganz normal gewertet werden.

    Gerade in Elternzeit, deshalb fast nur stille Mitleserin :essen:

  • Ich kenne es so, dass schlechte Arbeiten von der Schulleitung genehmigt werden müssen und im Normalfall ganz normal gewertet werden.

    Bei uns auch so, Genehmigung erfolgt über die Abteilungsleitung (glaube 1/3 schlechter als 4-), in der Regel wird immer genehmigt, da es meist am Nicht-Lernen liegt, was man leicht mit Tafelbildern/Unterrichtsmaterial und Übungsaufgaben belegen kann. Ich habe ja alles an Tafelbildern digital (OneNote) und zeige der Klasse oft im Nachhinein, wann wir welche Aufgabe gemacht haben.

  • Ich finde diese Regelung extrem unnötig, besonders vor dem Hintergrund, dass es mittlerweile politisch gewollt ist, dass die Oberstufen überflutet werden, damit möglichst viele das Abitur machen - was ja prinzipiell eine schöne Idee ist, ist halt nur schlecht, wenn es nicht funktioniert.

    Wie kommst du denn darauf?

    Momentan ist eine unserer Hauptaufgaben in der Sek II, durch realistische (!) Notengebung einen Gegentrend zu den Entwicklungen der Vergangenheit zu schaffen, sodass der Anteil an Absolventen der Hochschulreife wieder ein Niveau erreicht, bei dem sich sagen lässt, dass die durch das Zeugnis attestierten Kompetenzen auch tatsächlich beherrscht werden.

  • Meinst du das ernsthaft?

    Wenn so eine Regelung existiert, änderst du entweder den Bewertungsschlüssel oder setzt gehst von einem niedrigeren Punkteniveau aus.

    Damit wird jede Arbeit so gut ausfallen, dass kein erneutes Schreiben notwendig ist. Notwehr gegen irre Regeln oder SL würde ich so etwas nennen.

    Sprecht ihr Bewertungsschlüssel in der Oberstufe nicht in der Fachkonferenz ab? Ich hätte da gar keinen Spielraum.

  • Wenn Schüler nicht das geforderte Niveau aufweisen, fallen Klausuren eben entsprechend aus. In solchen Fällen an der Bepunktung rumzutricksen, finde ich absolut unmöglich und ist exakt der Grund, warum überhaupt so viele ungeeignete Kandidaten in Oberstufen sitzen.

  • In solchen Fällen an der Bepunktung rumzutricksen, finde ich absolut unmöglich und ist exakt der Grund, warum überhaupt so viele ungeeignete Kandidaten in Oberstufen sitzen.

    In der Sache hast du damit sicherlich recht. Andererseits verstehe ich auch jeden Kollegen, der sich vor völlig sinnlosen Regelungen, die zu unnötiger, zeitaufwändiger Extraarbeit schützen, indem sie das System halt ihrerseits bespielen.

  • In der Sache hast du damit sicherlich recht. Andererseits verstehe ich auch jeden Kollegen, der sich vor völlig sinnlosen Regelungen, die zu unnötiger, zeitaufwändiger Extraarbeit schützen, indem sie das System halt ihrerseits bespielen.

    Da gehe ich an sehr vielen Stellen voll und ganz mit, nicht aber bei solch elementaren Dingen, die die ganze grundlegende Misere letztlich aktiv mitbefeuern.

  • Keine Ahnung, wie in diesem Bundesland die Noten gemacht werden. Aber wenn das Verhalten der Schüler im Unterricht so ist, wie im Ausgangspost beschrieben, kommen die auch dann nicht auf 05 Punkte im Zeugnis, wenn sie in der Klausur auf die 05 hochgehoben wurden, damit nicht sinnlos wiederholt werden muss

  • Na offensichtlich sind sie ja bisher erfolgreich weitergerutscht, also wäre ich mir da nicht so sicher...


    Würde man Schüler, die geforderte Leistungen nicht erbringen, bereits an den dafür vorgesehenen Stellen aussortieren (Ende Erprobungsstufe, Übergang in die Oberstufe), hätte man die Problematik, am Anforderungsniveau herumdrehen zu müssen, gar nicht erst. Fängt man einmal damit an, ist man schnell bei verschenkten Abschlüssen, die faktisch nichts mit dem zu tun haben, was sie vermeintlich bescheinigen.

  • Aber, wie gesagt, in der Sache hast du schon nicht unrecht. Es ist halt eine bescheuerte Situation, die der Dienstherr durch alltagsfremde Regelungen provoziert.

    Wie gesagt: so blöd finde ich die Regelung nicht, dass im Falle sehr vieler Unterwertungen zumindest noch einmal eine weitere Person im Sinne eines Vieraugenprinzips drauf schaut. So nervig das ist, kann man das auch als persönliche Entlastung vor unnötigen Vorwürfen zu schwerer Klausuren sehen. Wichtig ist halt, dass es keinen Automatismus geben darf, sondern dass eine Wiederholung wirklich nur angeordnet wird, wenn die Anforderungen der Klausur erkennbar nicht sachgerecht waren.

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