Hallo liebe Community,
ich befinde mich zurzeit am Anfang meines Referendariats in Hessen und habe seit dem Beginn im Mai mit starken Ängsten zu kämpfen.
Vielleicht gibt es hier jemanden, dem/der es ähnlich ging und mir einen Rat geben könnte?
Ich hatte schon während des Studiums Bammel vor dem Ref, weil mich die Erkenntnis, dass ich im Studium wenig bis gar nichts für den Lehreralltag lerne, sehr verunsichert hat. Ich habe mich immer öfter gefragt "Wozu mache ich das alles hier, wenn ich das, was ich später im Beruf an Fachwissen und didaktischem Wissen brauche, hier nicht lerne und somit nicht kann?".
Aus dieser Sorge ist nun ein regelrechtes Angstmonster erwachsen.
Ich habe fast jeden Tag Angst im Magen, habe Schlafprobleme und werde von Panikattacken gebeutelt. Ich möchte aber erwähnen, dass sich das nicht auf meine SuS oder die Schule generell bezieht. Ich mag meine SuS und die Schule ist auch sehr unterstützend. Meine Betreuerin und auch die Schulleitung wissen von meiner Angst und gehen sehr offen und hilfsbereit damit um. Dennoch zeigt mein Körper diese heftigen Reaktionen, was das Ref um einiges "schlimmer" macht. Selbst ohne die Angst ist es ja schon schwer genug.
Im Vergleich zu den anderen Refis an meiner Schule habe ich immer das Gefühl, dass mein Unterricht im besten Fall "basic" ist. Ich orientiere mich stark am Buch und gehe mit meinem SuS die Units durch. Viel Zeit und Raum für kreative Exkurse und ein wöchentliches Methoden- und Arbeitsblattfeuerwerk sehe ich nicht, weil ich auch sehr lange an der Planung der Stunden sitze. Obwohl ich mich sehr am Buch orientiere, nimmt die Planung der Stunden viel Zeit in Anspruch, weil ich versuche mich in alle Themen (besonders in die Grammatik) intensiv einzuarbeiten. Ich möchte vor der Klasse einfach keine Fehler machen und etwas falsch erklären. Daher bearbeite ich alle Aufgaben selbst und schreibe mir Merkzettel zu den einzelnen Grammatikthemen. Ich merke auch, dass ich mich ab und an im Unterricht auf Englisch verhaspel. Besonders macht mir zu schaffen, dass ich viele Bereiche der Grammatik selbst noch nicht verinnerlicht habe bzw. eine Diskrepanz zwischen dem natürlichen Sprachgebrauch und der systematischen Aufbereitung der Grammatik sehe. Ich kann nicht jedes Thema oder grammatikalische Phänomen aus dem Stegreif erklären und erwische mich ab und an, dass ich auch Fehler mache. In meinem zweiten Fach ist es ähnlich. Auch hier habe ich das Gefühl nur an der Oberfläche zu kratzen, weil ich im Vergleich zu den erfahrenen Kollegen nicht dieses breite fachliche Wissen habe.
Außerdem habe ich das Gefühl, dass ich Unterricht als dieses komplexe System noch nicht in Gänze begriffen habe. Meine bisherigen Unterrichtsbesuche (2) wurden mit gut oder sehr gut bewertet und meine Mit-Refis sagen auch, dass den Fachleitern bereits bei den ersten beiden Besuchen aufgefallen wäre, wenn ich das System Unterricht nicht begriffen hätte, aber ich habe dennoch das Gefühl, dass da noch ganz viel fehlt. Ich gehe immer vorbereitet in meine Stunden und habe auch einen Fahrplan, aber ich schaffe es z.B. nicht immer alle SuS hinsichtlich der Mitarbeit im Blick zu haben. Ich weiß auch gar nicht genau, wie ich das beschreiben soll, aber ich habe einfach das Gefühl, dass ich Unterricht nicht als Ganzes begreife und mir deshalb wichtige Dinge entgehen.
Ich spreche zurzeit auch mit einer Therapeutin, aber aufgrund der hohen zeitlichen Belastung im Ref, kann das auch nur alle paar Wochen stattfinden. Die Angst hält mich also weiterhin fest im Griff und ich weiß nicht, ob ich dieses Gefühl auf Dauer durchhalte. Mein Blick auf die Realität wird ja auch komplett durch die Angst getrübt. Mich plagen viele Fragen: Bin ich überhaupt für den Lehrerberuf geeignet? Kann ich diesen Beruf über Jahre ausüben? Brenne ich überhaupt für diesen Beruf oder überdeckt die Angst alles?
Gibt es hier vielleicht jemanden, dem es ähnlich ging?
Liebe Grüße