Referendariat antreten (bzw. überhaupt Karriere weiterverfolgen)?

  • Jedem Lehrer und automatisch auch den Schülern müssen gut gelungene Stunden und Ergebnisse Spaß machen!

    Und wenn das nicht so ist? Das ist schon ein hohes Ziel!

    In Hochstressphasen bin ich auch über mittelprächtige Stunden schon ganz froh, bei denen die Hälfte der Schüler was mitgenommen hat.

    Vom Ziel "leuchtenden Augen" habe ich mich zugunsten meiner geistigen Gesundheit schon lange verabschiedet. "Leuchtet" dann doch mal ein Kind, freu ich mich natürlich trotzdem.

  • Schüler was mitgenommen hat.

    Vom Ziel "leuchtenden Augen" habe ich mich zugunsten meiner geistigen Gesundheit schon lange verabschiedet

    Das ging aber fix, du warst 2020 noch im Referendariat.

  • Das ging aber fix, du warst 2020 noch im Referendariat.

    Wow, dein Interesse an meinem Werdegang scheint groß zu sein :D


    "Lange" ist wohl eine Frage der Perspektive, aber das Zeitempfinden ist ja schließlich auch ein anderes, wenn man älter wird, gell? ;)

    Aber ja, tatsächlich ging das schon sehr schnell. Ich weiß ja nicht, wie es dir ging, aber ich hab schon während des Refs gelernt, Prioritäten zugunsten meiner Gesundheit zu legen und das im Folgenden systematisch ausgebaut, um eine gute "Work-Life-Balance" hinzukriegen.

  • So geht es mir in der Sek I auch. Und letztendlich hat der Wolfühlfaktor leider auch mit vielen Dingen zu tun, die man nicht durch Gestaltung ändern kann. Viel zu wenig Platz, schlechtes Licht und/oder schlechte Beschattungsmöglichkeiten sowie die damit einhergehende Raumtemperatur, dreckige Wände, kaputte Fenster usw. sind alles leider Faktoren, gegen die ich kaum bis gar nichts tun kann und dann reißen es auch leider auch keine schönen Poster oder Topfpflanzen mehr raus.

    Oh nein, dem möchte ich entschieden widersprechen. Ich war letzte Woche auf einer Fachfortbildung an der Kantonsschule Winterthur und habe mich einmal mehr 2 Tage lang darüber genervt, dass wir in Muttenz mal ganz sicher das hässlichste, schäbigste, kleinste, ... Schulhaus im ganzen Land haben. Ehrlich, ich habe viele Schulen von Innen gesehen, nirgendwo war es bisher räudiger als bei uns. Sowohl eine kantonale Umfrage zur Arbeitszufriedenheit wie auch die jährlichen Umfragen unter unseren Maturand*innen belegen aber, dass der Wohlfühlfaktor bei uns einfach mal am höchsten im Kanton ist. Wir sind sehr stolz auf uns, dass wir aus den misslichen Gegebenheiten das Beste machen. Ich hatte mal eine Topfpflanze in meinem Zimmer, die ist kürzlich eingegangen. Das hat einfach schon wieder Stil, sie konnte in dieser Umgebung ja gar nicht anders als zu sterben. Darüber amüsieren wir uns. Vereint im Zynismus, das macht es irgendwie aus ^^

  • Wow, dein Interesse an meinem Werdegang scheint groß zu sein

    Geht so. Du liest dich so wie meine 18jährigen, denen man versucht zu erklären, ihr Lernverhalten ist irgendwie suboptimal und sie erwidern, sie hätten das SCHON IMMER so gemacht. SCHON IMMER ist was für 90jährige, da habe ich noch einiges vor mir. Meine Work-Life-Balance ist ansonsten ganz OK, ich schaffe es in der Regel 2 x die Woche ins Training und am Wochenende mal in eine Beiz oder auf irgendeine kulturelle Veranstaltung. Im Moment bin ich einfach unfassbar müde, die Doppelbelastung ist schon eine echte Herausforderung. Notfalls krieche ich auf allen Vieren nach Lörrach rüber, zu Hause sterben ist mir zu kläglich.


    Ich habe keine Ahnung, was das mit den "leuchtenden Augen" sein soll, indes habe ich aber absolut den Anspruch, dass mindestens 80 % meiner Schüler*innen aus einer Lektion bei mir schlauer rausgehen als sie reingekommen sind. Alles andere wäre Steuergeldverschwendung. Wofür ich den Aufwand leiste, weiss ich sehr genau. Erst vor 2 Tagen hatte ich während der Pause einer Vorlesung plötzlich einen Ehemaligen hinter mir stehen, der mir einmal mehr bestätigt hat, er hätte im Medizinstudium fürs Nebenfach Chemie jetzt aber wirklich nichts mehr lernen müssen.

    • Offizieller Beitrag

    plötzlich einen Ehemaligen hinter mir stehen, der mir einmal mehr bestätigt hat, er hätte im Medizinstudium fürs Nebenfach Chemie jetzt aber wirklich nichts mehr lernen müssen.

    Das hast du schon mehrmals geschrieben und ich weiß, dass ihr keine festen Lehrpläne wie bei "uns", aber jetzt ehrlich kritische Nachfragen:
    1) Heißt das, die Uni fängt im Medizinstudium (oder Physik oder was weiß ich..) richtig niedrig an, weil sie davon ausgehen, dass einige das Fach nur als Grundlagenfach oder gar nicht hatten?

    2) und heißt es nicht im Umkehrschluss, dass du / jede andere Lehrkraft mit so einem Anspruch einen Teil der SuS ziemlich (über)fordert? Oder ist eure Fächer-/Kurswahl so, dass es noch was unter Grundlagenfach gibt bzw. man echt an den Schwächen vorbei kommen kann? (Andererseits hast du eben die Spanischmädels im Grundlagenfach, sie werden wohl nicht alle aus reiner Langeweile Chemie oder Physik wählen, sondern oft, weil sie es müssen?)

    Nicht falsch verstehen, ich denke natürlich sehr systemimmanent: "meine" Schüler*innen würden dann abgehen müssen (ungeachtet deines didaktischen Geschicks gibt es genug SuS, die einfach bestimmte Sachen nicht können / aufholen können), andererseits führt es vielleicht dazu, dass das mit der _allgemeinen_ Hochschulreife (falls sie so bei euch heißt) auch ernst ist. (und dann würden 60% "meiner" Schüler*innen gar nicht erst bei euch ankommen)


    Und 3) Weißt du, ob es in den Geistes- und Sprachwissenschaften ähnlich ist? Ist ein Maturand nach dem Schwerpunktfach Französisch / Spanisch quasi auch reif fürs 2. Studienjahr?

  • Waren die bei Andreas Türk? Schade, hab ich verpasst

    Wagenknecht bei Harald Schmidt war unterhaltsamer ;)

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    «Wissen – das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn man es teilt.» (Marie von Ebner-Eschenbach)
    Meine Beiträge können Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten

  • BOT: Mach das Referendariat. Als ich an der Privatschule gearbeitet hatte, gab es dort einen Kollegen, der ohne Referendariat dort als Lehrer angestellt war. Geht durchaus. Nach dem Studium bist du Lehrer. Das Referendariat ist "eigentlich" nur die Einstellungsprüfung und Vorbereitung auf die Tätigkeit im Staatsdienst, die auch von Juristen, Beamten der Bundesbank, im Auswärtigen Amt, beim BND, in der finanzverwaltung u.v.a.m. durchlaufen werden muss.

    Der Kollege an der Privatschule musste ohne Ref jedoch einen gewaltigen Nachteil in Kauf nehmen: Er war auf Gedeih und Verderb dem kirchlichen Arbeitgeber ausgeliefert.

    Und aus meiner heutigen Position als Pensionär kann ich nur sagen: Das Ruhegehalt ist "auskömmlich" - wäre ich in meinem Zweitberuf geblieben, hätte ich vermutlich nur die Hälfte zur Verfügung.

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  • chilipaprika Das sind absolut berechtigte und gute Fragen. Im Schwerpunktfach ist der Lehrplan tatsächlich deckungsgleich mit dem, was an der Uni im Nebenfach in der Medizin gefordert wird. Bzw sind wir in Teilen weit drüber, die Mediziner brauchen das alles gar nicht so detailliert. Aber das ist so gedacht, das Schwerpunktfach bereitet ja auch für ein MINT-Studium vor. Und Medizin darf hier wiederum jeder studieren, also auch die Leute, die aus dem Grundlagenfach kommen. Denen langt es sicher nicht ganz, je nachdem, von welcher Lehrperson sie kommen, gibt es Themen, die sie an der Uni dann wirklich neu oder zumindest detaillierter haben. Ich weiss, dass in der Medizin irrsinnigerweise das quantenmechanische Atommodell gefragt wird, das mache ich nicht im Grundlagenfach. Dafür Puffersysteme, die stehen in Basel nicht mal mehr auf dem Lehrplan fürs Grundlagenfach. Weil du die Spanisch-Frauen erwähnst: Auch eine solche traf ich letztens am Biozentrum, sie studiert jetzt Pharmazie. Lustigerweise war sie grade dabei ein Übungsblatt für Chemie zu lösen. Es ging um Reaktionsmechanismen (Wirkstoffsynthese) und da kannte sie aus der Schule halt nur zwei. Aber sie kannte das grundsätzliche Konzept, dann lernt sich auch der Rest schon mal leichter.


    Ich erwähnte es bereits, der Lehrplan in Basel ist deutlich dünner als unserer. Basel hat eine Maturitätsquote ähnlich wie NRW. Ja, die Leute, die aus Basel an die Uni gehen, sind sehr deutlich überfordert und brechen das Studium sehr viel häufiger wieder ab als diejenigen, die aus dem Baselland oder dem Aargau kommen. In der Informatik habe ich mich mal mit jemandem unterhalten, die hatte sogar Schwerpunktfach Mathe/Physik und kam mit der Mathe im Studium nicht zurecht. Was sie mir erzählt hat, dass sie noch nie gehört und gesehen habe, weiss ich aus dem Baselland ganz sicher, dass es in der Mathe gemacht wird. Wir sieben die 20 %, die halt wirklich nicht studierfähig sind, einfach viel früher schon weg.


    Unterdessen habe ich mir die Übungsblätter für die Einführung in die Allgemeine und Anorganische Chemie an der Uni Basel geholt. Im Schwerpunktfach haben wir das alles schon gemacht. Das ist die erste Vorlesung für die Hauptfachchemiker*innen, die Biologen und Physiker sitzen da auch mit drin. Also dafür langt es sicher auch. Das war aber zu meiner Studienzeit schon so, dass diejenigen, die aus dem Leistungskurs kamen, die erste Vorlesung geschenkt hatten. Ansonsten ist das Niveau in der Chemie an der Uni Basel einfach erschreckend schlecht. Basel ist gut für Biologie, Medizin und erstaunlicherweise auch Informatik, Chemie empfehle ich allen Zürich.


    Ob das in anderen Fächern auch so aufgeht, das habe ich mich oft schon gefragt. Biologie sicher, das weiss ich. Mathe sind unsere Maturand*innen gut aufgestellt, wenn sie aus dem Schwerpunktfach kommen. Physik geht so, glaube ich. Bei den Sprachen und Geisteswissenschaften weiss ich es nicht. Es sind natürlich auch super wenige, die überhaupt solche Fächer am Ende studieren. Die Mehrheit studiert Medizin, Jura, Psychologie, MINT. Da profitieren sie natürlich sowieso nicht wirklich von Geschichte und Spanisch.

  • Basel ist gut für Biologie, Medizin und erstaunlicherweise auch Informatik, Chemie empfehle ich allen Zürich.

    Denjenigen, die nach der Nummer, die sie mit mir mitgemacht haben, noch Ambitionen in Richtung Uni haben (wenige, meist Medizin, Psychologie oder Wirtschaft … wobei, seit diesem Semester habe ich tatsächlich „meinen“ ersten Mathestudenten 😂), sage ich immer, sie sollen nicht an die ETH, wenn sie ihr Studentenleben geniessen wollen 😉

    Ein Freund aus meiner Jugend hat das zu spüren bekommen - er hat Physik wegen des Prestige der ETH da studiert, war aber nicht so auf der mathematisch-theoretischen Seite. Das hat sich bitter gerächt - er hat sein Diplom damals geschafft, aber er meinte, dass er mit Physik in seinem Leben nie wieder etwas zu tun haben will 😂

  • Das glaube ich sofort. Aber es gibt ja noch die Uni Zürich und die EPFL macht auch nicht gar so auf "nur die Harten kommen in den Garten", wie man hört. Eine meiner jungen Kolleginnen hat mit einer Spanisch-Matura die ETH überlebt. Also es geht schon, man muss halt es bizzeli Resilienz mitbringen :)

  • So geht es mir in der Sek I auch. Und letztendlich hat der Wolfühlfaktor leider auch mit vielen Dingen zu tun, die man nicht durch Gestaltung ändern kann. Viel zu wenig Platz, schlechtes Licht und/oder schlechte Beschattungsmöglichkeiten sowie die damit einhergehende Raumtemperatur, dreckige Wände, kaputte Fenster usw. sind alles leider Faktoren, gegen die ich kaum bis gar nichts tun kann und dann reißen es auch leider auch keine schönen Poster oder Topfpflanzen mehr raus.

    Gerade dann kann man mit das Zimmer durch Topfpflanzen, Plakate an der Wand und so weiter schöner machen, doch. Du glaubst doch nicht, dass kein Grundschulzimmer die oben genannten Problemstellen hat?

    Anektodisch kann ich erzählen, dass meine Englischlehrerin in der 8. oder 9. Klasse irgendwann ein Poster von London an unsere Klassenzimmerwand gehängt hat und wir das super fanden. Ich erinnere mich ja heute noch dran. Es war etwas Besonderes, sonst hat bei uns kein Lehrer was aufgehängt.

    Ich kann mir aber vorstellen, dass es an Realschulen und Gymnasien anders ist mit den Räumen, weil man selbst erstens nicht so oft in einer Klasse ist (in der Grundschule bin ich teilweise 24 Stunden pro Woche im gleichen Zimmer mit der gleichen Klasse) und weil die Schüler auch öfter den Raum wechseln. An Mittelschulen, wo das Klassenlehrerprinzip herrscht, sehe ich auch mehr gestaltete Räume.


    Ich hasse mittlerweile den Ausdruck "leuchtende Kinderaugen", weil es danach klingt, als würde man den lieben Kleinen an Halloween ne Süßigkeit zustecken, damit sie sich freuen.

    Ich richte mein Klassenzimmer anspreched und altersgemäß ein, damit sie sich in der Lernumgebung wohl fühlen und gut lernen können, was mein professioneller Anspruch an mich selbst ist, und nicht, damit ihre Augen aufleuchten, wenn sie es betreten.

  • Ich kann mich erinnern, dass wir in der 11. Klasse selber angefangen haben, die Fenster unseres Klassenzimmers mit Scherenschnitten zu bekleben. Und wenn ich mich recht erinnere, habe sogar ich damit angefangen.


    Ich habe für mein Chemiezimmer irgendwann mal einen geschenkten Kalender mit Bildern von Mineralien klein gemacht, laminiert (!) und an die Wand gehängt. Das geht bei uns magnetisch. Problem war am Anfang, dass ein paar Männer aus einem meiner Schwerpunktfachkurse anfingen, mit den kleinen Magneten Dart zu spielen. So kam es dann zu dieser Dartscheibe...


    Ich hasse mittlerweile den Ausdruck "leuchtende Kinderaugen",

    Absolut, das ist so ein blödes Gewäsch. Vir allem, wenn unter die "leuchtenden Augen" dann auch schon lernwirksamer Unterricht fällt. Das ist der Teil, für den wir bezahlt werden.

  • Das glaube ich sofort. Aber es gibt ja noch die Uni Zürich und die EPFL macht auch nicht gar so auf "nur die Harten kommen in den Garten", wie man hört. Eine meiner jungen Kolleginnen hat mit einer Spanisch-Matura die ETH überlebt. Also es geht schon, man muss halt es bizzeli Resilienz mitbringen :)

    Ich habe ohne eine bestandene Prüfung für den Hochschulzugang mein Studium überlebt. Zugegeben, einfach war es nicht. Der Einstieg war ziemlich eklig für mich, weil mir einige an Grundlagen gefehlt hat. Man wächst aber mit den Aufgaben (und wenn man das erste Mal im Leben was von sich aus machen möchte).

  • Genau dieser Wechsel des Klassenzimmers ist bei uns leider das Problem. Da ist man mal woanders und fremde Klassen sind im Klassenzimmer, und schwupps, sind die toll gestalteten Poster von den Wänden gerissen und liegen auf dem Boden, die Reißzwecken oder das Tape sind auch überall, nur nicht da wo sie sein sollen. Gewesen ist es natürlich niemand.


    Das macht man dann ein oder zweimal mit, beim dritten Mal hat man dann schon gar keine Lust mehr etwas aufzuhängen, weder die SuS noch ich. Dann machen wir lieber einen schönen Gallery Walk in der Stunde und nehmen die Arbeiten danach mit nach Hause und der Klassenraum bleibt halt kahl.

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