Referendariat antreten (bzw. überhaupt Karriere weiterverfolgen)?

  • Ich würde dir raten weniger das Finanzielle in den Vordergrund zu rücken sondern erstmal das Ref zu machen. Zum einen hast du dann deutlich mehr Möglichkeiten herauszufinden ob dir der Lehrerjob mit allen Facetten liegt, bislang sind das ja nur Einzelwxperimente. Dann kannst du auch schauen ob der Spaß am Unterrichten und der Arbeit mit den Kindern den Frust über die Mängel im System wieder ausgleicht, oder eben nicht.


    Mit 2 Staatsexamen hast du dann eine vollständige Ausbildung und kannst beim Nichtgefallen nach etwas anderem schauen.

  • Mach' eine Selbstevaluation. Dazu gibt es mehrere Webseiten, auf denen du dir darüber klar werden kannst, ob der Lehrerberuf wirklich das Richtige für dich ist.
    BTW: Alle Schulen - btw. die dort befindlichen Schüler und Lehrkräfte sind "Assi" - auf die eine oder andere Weise. In der Regel sind es die Schüler an Privatschulen, die sich ausgeprägt asozial verhalten.

    Tests zur Selbstevaluation hab' ich hier aufgelistet:
    https://www.autenrieths.de/lehrerberuf.html#Lehrer

    «Wissen – das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn man es teilt.» (Marie von Ebner-Eschenbach)
    Meine Beiträge können Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten

  • Ich kenne dich nicht.

    Wenn du sagst, du willst Meinungen sammeln, können die ja nur anhand der Äußerungen kommen, die du hier vorbringst. Und anhand derer entsteht bei mir der Eindruck, dass man dir vom Lehrerberuf eher abraten sollte. Warum das aus meiner subjektiven Sicht so ist, erkläre ich dir gern:

    Irgendwer beschrieb hier schon sehr treffend, dass es Phasen von großem Druck gibt, in der zeitlich unheimlich viel geleistet werden muss, während es dann auch wieder Phasen gibt, die recht entspannt sind. Da sind relativ planbare Aufgaben wie Arbeiten/Klausuren, Konferenzen/ Arbeitsgruppen etc., aber dazu kommt der Anteil an täglichen spontanen Aufgaben, die sich manchmal noch obendrauf laden, die man nicht vorhersehen kann, wie Probleme mit Kindern / Eltern, die man lösen muss usw. Darüber hinaus muss man sehr flexibel umschalten können. Es muss einen Grund geben, einen Motor, eine Motivation, warum man das durchstehen will. Das kann vielleicht der finanzielle Lohn sein - der überzeugt dich aber nicht. Die Freude an der Arbeit mit Menschen, vor allem mit jungen Menschen, aber auch mit deren Eltern, mit Kolleginnen und Kollegen, die Arbeit im Team, das alles wäre eine gute Motivation, aber das, was du über deine bisherigen Erfahrungen mit der Arbeit an Schule schreibst, zeugt nicht von einer Haltung, aus der du Kraft für phasenweise Überbelastung ziehen kannst.

    Zusätzlich schilderst du eine Reihe von persönlichen Schwierigkeiten, die nicht hilfreich sind für eine erfolgreiche „Karriere“ in Schule. Wahrscheinlich könnten sie kompensiert werden durch die entsprechende Motivation, die dich antreibt, aber die ist wie gesagt aus deinen Worten nicht zu entnehmen.

    Das, was du als Motiv beschreibst, klingt sehr philosophisch nach Weltverbesserer und Traumtänzer - aber auch nicht zu meiner Zeit, und ich bin deutlich älter als du, tummelten sich in der Schule die Kinder, die auf den Lehrer warteten, der die Welt voranbringen und die Schüler bilden wollte. Zumindest nicht die Mehrheit. Ich fürchte, dies wird nur zu Enttäuschungen führen.

    Also was wäre der alltagstaugliche Motor? Ich denke nicht, dass man das Gefühl haben muss, Lehrer sein wäre eine Berufung - es ist und bleibt ein Job. Aber etwas, was einen antreibt, für das man brennt - die Freude an den Kindern, an den Menschen, an dem Fach, am Geld, an den Ferien meinetwegen - irgendetwas muss da sein, sonst glaube ich wird man nicht glücklich.


    Was also ist dein Motor?

  • Vielen Dank Mc Gonagall! Das was mich durch die Wirren dieses Berufs trägt, ist eindeutig meine Liebe zu den Kindern verknüpft mit der Freude, mit ihnen zu arbeiten und sie zu sehen. Das ist das, was mich bei der Stange hält. Solche ausschweifenden und monetären Überlegungen habe ich nie angestellt.

  • Einerseits meine Fächer und andererseits die sich stetig ändernde Lebenswelt der Schüler. Finde ich erfrischend!

    Ist das auch immer noch erfrischend, wenn die Schüler mehrheitlich Deine Fächer richtig kacke finden? Auch damit muss man klar kommen.

  • Ist das auch immer noch erfrischend, wenn die Schüler mehrheitlich Deine Fächer richtig kacke finden? Auch damit muss man klar kommen.

    Och, durch Gaming und Social Media gibt es einige Englischaffine. Die USA stehen auch hoch im Kurs, so beschissen hab ich das gar nicht empfunden. Kein Vergleich zu meiner Unterstufe mit stumpfer 1950er Didaktik und den farblosen 1980er Lehrwerken! Lebensweltbezug wurde da wortwörtlich umgesetzt. Auf der FOS war Englisch auch immer ziemlich beliebt, lang wohl an den guten jungen Lehrern. Grad die Filmprojekte waren der Knaller, hab den "Nerd Saver" immer noch auf der Festplatte ^^


    Geschichte hab ich quasi noch gar nicht unterrichtet. Wenn ich von ehemaligen oder aktuellen Schülern hör, dass sie Geschichte hassen, dann kommt immer raus, dass sie mit dieser stumpfen 1970er Didaktik beschult werden/wurden. Smartphonegeneration trifft auf seitenlange nicht vorentlastete Quellentexte, da kommt Stimmung auf! Da helfen noch nicht mal die pensionierten Geschichtslehrergroßeltern als Nachhilfelehrer bei so "Kandidaten". Ist wie bei uns im Geschichtsdidaktikexamen, da hagelts 5er. X/

    Man kann es auch fetziger und lebensweltnäher aufziehen. Z.B. mit so einem Impuls zum Thema Kalter Krieg, der ganze Hörsaal war auf einmal ganz Ohr :saint: (muss natürlich zur Schülerschaft passen)

  • Och, durch Gaming und Social Media gibt es einige Englischaffine. Die USA stehen auch hoch im Kurs

    Joa, und dem gegenüber stehen halt auch viele SuS, für die Englisch das "Hassfach" ist. Wie Sissymaus schon schrieb: Damit musst du als Englischlehrkraft leben und klarkommen.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Joa, und dem gegenüber stehen halt auch viele SuS, für die Englisch das "Hassfach" ist. Wie Sissymaus schon schrieb: Damit musst du als Englischlehrkraft leben und klarkommen.

    Mei, is halt Schule. Zwangsveranstaltung. Unter Umständen kann man Schüler langsam auch für das Fach gewinnen, ich hab früher Englisch auch total gehasst ^^

  • Also ziehst du deine Motivation aus der Überzeugung, dass dein Unterricht von mitreißender Qualität ist, so dass alle oder ein Großteil der Schüler motiviert und lernwillig sind und daher wiederum dich positiv verstärken können?


    Ich frage das so ketzerisch, um dich zum Nachdenken anzuregen. Denn du hast ja durchaus auch gesagt, du hast quasi noch keine Erfahrung darin, selbst Geschichte zu unterrichten.


    Ohne das zu werten verstehe ich das also so: du gehst einfach davon aus, dass du es besser machen kannst als die Lehrkräfte deiner eigenen Schulzeit….?

  • ich hab früher Englisch auch total gehasst ^^

    Hm? Du hast doch selbst einen Lachsmiley hinter deine letzte Aussage gesetzt. Darauf habe ich lediglich reagiert, weil ich diesen "Sinneswandel" ulkig finde.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Mei, is halt Schule. Zwangsveranstaltung. Unter Umständen kann man Schüler langsam auch für das Fach gewinnen, ich hab früher Englisch auch total gehasst ^^

    Du sagst das jetzt so locker. Ich weiß nicht, ob Du nicht eine falsche Vorstellung hast. Ja, ich sehe in der Familie auch, wie man die Kids systematisch vergraulen kann, aber ich stelle es mir auch schwer vor, den überfrachteten Lehrplan so im Unterricht umzusetzen, dass Dir alle begeistert an den Lippen hängen. Verabschiede Dich besser davon, dass am Ende des Schuljahres alle auf den Tischen stehen und "Oh Captain mein Captain" aufsagen.

    Man kann es auch fetziger und lebensweltnäher aufziehen. Z.B. mit so einem Impuls zum Thema Kalter Krieg, der ganze Hörsaal war auf einmal ganz Ohr :saint: (muss natürlich zur Schülerschaft passen)

    Ja, das passt zu einigen Themen. Zu 90% wirst Du jedoch dafür keine Zeit haben. Ich ziehe mir auch viele Dokus aus der deutschen Geschichte rein und kann mich da stundenlang mit Beschäftigen. Meinen 15-jährigen bringt das maximal zum Gähnen. Wenn ich ihm Deinen Link zeigen würde, wäre er schneller weg, als ich "schau mal" sagen könnte.


    Ich möchte es Dir nicht madig reden, aber das ist doch vielfach die Realität in Schule.

  • Streety, ich will dir keine Illusionen nehmen, aber auch der englischaffine Gamer hat nicht zwingend Bock, seitenlange Literaturanalysen zu schreiben 😉 Und gerade beim USA-Thema erlebst du je nach Schülerklientel derzeit auch sehr viel offene Ablehnung. Ich unterrichte Englisch sehr gerne, aber da ist auch nicht alles peachy.

  • McGonagall

    Also ziehst du deine Motivation aus der Überzeugung, dass dein Unterricht von mitreißender Qualität ist, so dass alle oder ein Großteil der Schüler motiviert und lernwillig sind und daher wiederum dich positiv verstärken können?

    Nö. Ich setze nicht mehr auf ungelegte Eier.


    Ohne das zu werten verstehe ich das also so: du gehst einfach davon aus, dass du es besser machen kannst als die Lehrkräfte deiner eigenen Schulzeit….?

    Ich vermute mittlerweile, dass mir das nicht gelingen wird.


    Humblebee

    Danke. Mir ist wichtig zu wissen wie Andere zu mir stehen, auf die ich Wert lege.

  • Streety : Wenn du so überzeugt davon bist, dass du den SuS deine Fächer durch deinen Unterricht näherbringen und sie dafür begeistern kannst, würde ich vorschlagen, dass du das Ref. antrittst. Falls es dann doch nichts wird, kannst du dich ja immer noch umorientieren.


    EDIT: Sorry, aber deine Aussagen widersprechen sich doch mittlerweile massiv! Oder bin ich nur zu müde?

    Also ziehst du deine Motivation aus der Überzeugung, dass dein Unterricht von mitreißender Qualität ist, so dass alle oder ein Großteil der Schüler motiviert und lernwillig sind und daher wiederum dich positiv verstärken können?

    Nö. Ich setze nicht mehr auf ungelegte Eier.

    Ohne das zu werten verstehe ich das also so: du gehst einfach davon aus, dass du es besser machen kannst als die Lehrkräfte deiner eigenen Schulzeit….?

    Ich vermute mittlerweile, dass mir das nicht gelingen wird.

    :/

    Mal klingst du total motiviert, Schüler*innen für deinen Unterricht begeistern zu können, dann wieder nicht (siehe obige Aussagen).


    Ich bin hier jetzt 'raus. Gute Nacht und - wie bereits heute Nachmittag - gesagt: Alles Gute!

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Humblebee

    Ich versuch das mal platter auszudrücken:

    Oldschoolunterricht in meiner Kindheit = cringe

    Der Unterricht der Junglehrer in meiner Adoleszenz = viel besser

    Mein Unterricht = keine Ahnung, zu wenige und schwer deutbare Erfahrungswerte. Vielleicht besser, vielleicht schlechter als die o.g. Unterrichte.


    Sagen wir es mal so: Ich hab Bock es auszuprobieren ob ich es gut machen kann, bin aber nicht total ergebnisabhängig. Ich orientiere mich eher an konstanten Variablen für meine Motivation: Teilhabe am Leben der Kinder, Fachliches und ein hoffentlich gutes, sicheres Einkommen.



  • Sagen wir es mal so: Ich hab Bock es auszuprobieren ob ich es gut machen kann, bin aber nicht total ergebnisabhängig. Ich orientiere mich eher an konstanten Variablen für meine Motivation: Teilhabe am Leben der Kinder, Fachliches und ein hoffentlich gutes, sicheres Einkommen.

    Dann geh ins Ref und schau wie es sich dort für dich anfühlt.

    Entweder du sagst danach, der Job gefällt mir, ich mache weiter.

    Oder du stellst fest, dass es nicht passt und machst dann etwas anderes.


    Wenn du es nicht probierst, dann wirst du dich vielleicht immer fragen, ob du deine Chance verpasst hast.

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