Hallo miteinander,
hab jetzt nach 11 Jahren Studium und 2,5 Jahren nach meinem kolossalen Scheitern im Erstversuch vom 1. Staatsexamen und als Vertretungslehrer an einer Assischule das Studium hoffentlich erfolgreich abgeschlossen. Zwischenzeitlich hab ich auch massiv an meinen gesundheitlichen Problemen gearbeitet (Stichworte: Ressourcen, Selbstliebe und Abgrenzung).
Momentan laufen die Nachwehen der amtsärztlichen Untersuchung für den bayerischen Vorbereitungsdienst (Körper ok, wegen der Psyche krieg ich wohl erst am Ende vom Vorbereitungsdienst Bescheid, ob ich auf Lebenszeit verbeamtet werden kann) und ich mache mir Gedanken, ob ich diese stressige Karriere weiter verfolgen sollte.
Im Endeffekt möchte ich so leben wie früher meine Eltern (nicht völlig erledigt von der Arbeit nach Hause kommen, vernünftig wohnen, eine Familie gründen, Freundschaften pflegen, 2-3 bescheidene Urlaube pro Jahr machen und keine Geldsorgen haben) und nach Möglichkeit auch Anderen etwas Gutes tun. Ich befürchte, dass ich das trotz meiner gewachsenen Ressourcen wegen äußerer Gegebenheiten nicht mehr hinbekomme
Ich würde mich über eine Einschätzung freuen, ob ich die Anforderungen, den Ertrag, meine Ressourcen und Optionen realistisch einschätze und bin für weitere Vorschläge offen.
Zum Finanziellen:
Lassen wir mal den grassierenden Reallohnschwund der letzten 30, speziell 4, Jahre an dieser Stelle außen vor.
Ich habe kein Wohneigentum oder ähnliche Rückfalloptionen, dafür erhebliche liquide Rücklagen.
TV-L E9a bedeutet für meinen aktuellen Lebensstandard (einfache 50m² Wohnung in einer Kleinstadt), wenn ich richtig gerechnet habe, knappe 500€ für Mobilität, Hobbys, Urlaube, Pannen und Altersrücklagen (sehe ich als prekäres Lebensmodell)
TV-L E13 würde grad mal 500€ mehr bedeuten. Dafür müsste ich 2 Jahre lang mit 1500€ rumgurken, womöglich im sauteuren München für meine Ausbildung sogar draufzahlen. Mit E13 könnte ich mit gewissen Abstrichen als Single die o.g. Dinge zumindest auf absehbare Zeit in bescheidenem Rahmen durchführen. Eine Familiengründung sehe ich in diesem Rahmen kritisch, falls sich nicht zufällig eine wohlhabende Dame für mich entscheidet.
Mit A13 wäre es nach aktuellem Standard vemutlich möglich, durchhaltefähig eine Familie zu gründen und eine Absicherung, insbesondere in Form von Wohneigentum, aufzubauen. Speziell wenn ich für meine Dienstzeit schneller befördert werden würde (bin militärisch A5Z). Aaaber... 5-6 Bundesländer setzen da auch schon wieder die Axt an (ich bin flexibel, wobei ich nicht nach B/HB/HH/NRW will)
Gehe ich richtig in der Annahme, dass sämtliche Alterssicherungsansprüche verfallen, falls ich aus dem Beamtenverhältnis (z.B. wegen Geldsorgen oder Gesundheit) entfernt werde?
Zur Arbeit an sich:
+ Ich vermittle gern Wissen und bekomme die Rückmeldung, dass ich das auch gut kann
+ Ich kann mittlerweile sehr strukturiert und diszipliniert selbstständig arbeiten
+ Ich bleibe gern am Puls der Zeit. Wo kann man das besser als in der Schule?
o Mit Erziehung komm ich grundsätzlich klar, sofern entweder Eltern oder die SL hinter mir steht. Was leider beides beim letzten Mal nicht der Fall war
o Am Gymnasium hat man weniger mit kultur- und sprachunkundlichen Schülern zu tun
o Mit den üblichen Übergriffen der Eltern, Kollegen und SL komme ich mittlerweile besser klar (noch nicht im Schulalltag getestet)
- Hab keine Lust 5 Jahre meine komplette Energie für das System zu investieren
- Im bayerischen Vorbereitungsdienst scheint es eine "Krawattennote" zu geben, die sich an bedingungslosem Gehorsam ausrichtet
- Ich bin hochsensibel. Lärm im Unterricht oder bei Schulfahrten machen mich relativ schnell fertig.
- Inklusion ohne vernünftige Assistenz (die zum Glück bei dem einen Schüler vorhanden war) kann ich nicht wuppen
- Vermutlich werde ich als Referendar und Junglehrer mangels Energie nicht die Chance haben, eine entsprechende Dame zu finden (mit Anfang 40 ist der Zug vermutlich abgefahren)
- Anscheinend kann man heute den mannigfaltigen Anforderungen an die Schule nur sehr begrenzt gerecht werden (meine Schulzeit war oft schlimm und ich würde es gerne wesentlich besser machen)
- Ich denke nicht, dass ich großartig Bildung vermitteln kann. Mir erscheint das System in der Praxis eher wie ein Dreischritt: Beschulen-allokieren-verabschieden
Meine momentanen Rückfalloptionen:
Wiedereinsteller beim Bund (gerade bei Stationierung in Frankreich oder Litauen bedeutet das ein sehr günstiges Arbeits-Einkommensverhältnis)
Monteur (mir wurden 2800€ netto für einen bundesweiten Montagejob von jeweils Montag bis Donnerstag in Aussicht gestellt. Alleine arbeiten und 3 Tage Freizeit, wie damals als Saunawart!)
Briefbote
Eventuell "normaler" Beamter im mittleren oder gehobenen Dienst (bei letzteren Jobs gehe ich von mangelhafter Alterssicherung aus, die ich in der Freizeit aufbessern will)
Mir fällt es schwer das einzuschätzen ob ich meine Zeit und Energie, von der ich mit Ende 30 im Sinne meiner Lebensplanung nicht mehr viel habe, weiter in das Schulsystem investieren sollte. Auf der einen Seite scheinen die meisten Lehrer doch irgendwo zufrieden zu sein (sonst würden sie doch umsatteln, die Stände wurden schließlich abgeschafft), auf der anderen Seite sind die Medien, psychosomatische Kliniken und das Forum hier voll mit frustrierten Lehrern.