Didaktische Freiheit /Grenzen im Sportunterricht

  • Ich vermute aber eher, dass es dir um "pädagogische Freiheit" geht, die es in den meisten Bundesländern schlicht nicht gibt. Passender ist der Begriff "pädagogische Verantwortung", die letztlich immer wieder einen Rückgriff auf die rahmenden schulrechtlichen Regelungen nimmt. Dazu können durchaus auch (dann für alle verbindlichen!) Absprachen und Festlegungen innerhalb einer Fachschaft gehören.


    In NRW gibt es den, in der ADO



    § 5

    Pädagogische Freiheit und Verantwortung

    (1) Es gehört zum Beruf der Lehrerinnen und Lehrer, in eigener Verantwortung und pädagogischer Freiheit die Schülerinnen und Schüler zu erziehen, zu unterrichten, zu beraten, zu beurteilen, zu beaufsichtigen und zu betreuen. Dabei ist der Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule nach Verfassung (BASS 0-2) und Schulgesetz NRW zu beachten.

    (2) Lehrerinnen und Lehrer sind an Vorgaben gebunden, die durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften, Richtlinien und Lehrpläne sowie durch Konferenzbeschlüsse und Anordnungen der Schulaufsicht gesetzt sind. Konferenzbeschlüsse dürfen die Freiheit und Verantwortung der Lehrerinnen und Lehrer bei der Gestaltung des Unterrichts und der Erziehung nicht unzumutbar einschränken.

    (3) Schulleiterinnen und Schulleiter dürfen in die Unterrichts- und Erziehungsarbeit der Lehrerinnen und Lehrer nur im Rahmen ihrer Befugnisse (§§ 20 ff.) im Einzelfall eingreifen.

  • Top, muss mal schauen ob Brandenburg als Partnerland von NRW ähnliches irgendwo zu stehen hat

  • Jupp: §67 BbgSchulG

    (2) Die Lehrkräfte unterrichten und erziehen in eigener Verantwortung im Rahmen der Bildungs- und Erziehungsziele sowie der Rechts- und Verwaltungsvorschriften und der Beschlüsse der schulischen Gremien. Ihre pädagogische Freiheit darf nicht unnötig oder unzumutbar eingeschränkt werden. Die unterrichtliche Tätigkeit ist regelmäßig mit den anderen Lehrkräften abzustimmen.


    Klingt eher, als dass ich mich an Festlegungen - so absurd sie auch sein mögen - halten muss.

  • Die "Unflexibilität" kann ich in soweit nachvollziehen, als dass da Kollegen (zum Teil noch in der DDR ausgebildet) lange in der Schule etwas "aufgebaut" haben und da jetzt bzw vor zwei Jahren ein neuer Kollege kommt, der vieles in Frage stellt. Man könnte es auch so formulieren: ich rüttel an dem Lebenswerk mancher Kollegen*innen. Aber Schule und gerade Schulsport hat sich entwickelt/ darf sich weiterentwickeln und man kann neue Kollegen als einen Impuls wahrnehmen oder als jemanden, der - so habe ich es wahrgenommen - erstmal eingenordet werden muss.


    Mein Chef (zeitgleich mit mir neu an der Schule gestartet) ist da übrigens ganz auf meiner Seite. Nur etwas mit dem Hammer durchzubringen, bringt nichts. Ich muss eigentlich versuchen zu überzeugen. Und das ist schwer und wenn mir ein Sportkollege sagt, dass unser Sportfest (die Schüler sind 5 Stunden anwesen und bewegen sich maximal 5 Minuten) dazu da ist, dass die Schüler lernen sich gegenseitig anzufeuern, dann , dann, ...keine Ahnung, bin ich frustriert über so viel Inkompetenz.

    Aus dem Bauch heraus geschrieben und weil ich Ähnliches auf anderen Ebenen schon mitbekommen und erfahren habe:

    Ich kann dein Problem gut nachvollziehen, denn so etwas kann ein Grundsatzproblem sein, wenn man in Schulen kommt, wo sich Strukturen eingefahren haben. Problematisch ist es, wenn die Vorstellungen in verschiedene Richtungen gehen und man selbst aus einer moderneren Pädagogik kommt.


    Strukturen ändern sich dann, wenn noch mehr Leute mit ähnlichen Ideen da sind. So wie du das schilderst, glaube ich nicht, dass du alleine viel Änderung bewirken kannst. Vielleicht leiert euer Rektor einmal eine SchiLF zum modernen Sportunterricht an? In meinem Lehrerleben habe ich festgestellt, dass sich Einstellungen bei vielen erst durch Fortbildungen, die einen auf den neusten Stand brachten, änderten. Man hat zwar nicht alles umgeworfen, aber adaptiert. Keiner hat stur weitergemacht wie seit Jahren.


    Den Ansatz des Sportunterrichts, der dir vorschwebt, den kenne ich aus der Grundschule zur Genüge. Leichtathletik machen wir selbstverständlich in der Halle, wenn es draußen nicht geht. Dass du bei einem Thema bleiben willst, dazu hast du didaktische nachvollziehbare Begründungen. An meiner Schule haben wir immer eine Doppelstunde und eine Einzelstunde; tatsächlich gibt es wegen der knappen Zeit in den Einzelstunden meistens irgendetwas Spielerisches mit wenig Aufbau, während man in der Doppelstunde mehr aufbauen kann. Aber das ist Grundschule und nicht vergleichbar mit Sek1,2.


    So lange du in der Fachschaft alleine dastehst, wirst du wohl eher an offiziellen Sachen mitmachen müssen. Mit dem Kopf durch die Wand wirst du da keinen Erfolg haben und auch nicht die anderen überzeugen. In deine Unterrichtsgestaltung kann dir aber keiner reinreden. Wenn es um Wettbewerbe geht, kannst du die benötigten Kompetenzen ja auch anders trainieren. Komisch finde ich schon, dass der Sportunterricht so durchgeplant mit genauer Stundenvorgabe ist. Das habe ich noch nie gehört und auch nicht erfahren (an Grund- und Hauptschulen). Ich selbst würde mich daran nicht halten, sondern den Sportunterricht machen, wie ich ihn gelernt habe und wie er vom Lehrplan her angedacht ist.

  • Es ist grundsätzlich auch durchaus sinnvoll, dass man sich an Festlegungen halten soll(muss). Überlege mal, wenn die Klasse 7a bei dir einen ganz anderen Sportunterricht macht als die Klassen 7b und 7c. Oder stelle dir das mal in Mathematik oder Geschichte vor.


    Ich denke, dass der Weg sein muss, die anderen Lehrkräfte in der Fachkonferenz zu überzeugen. Wenn die Situation so festgefahren ist, wie von dir dargestellt, müsste man die SL einschalten. Eine Möglichkeit wäre, dass die SL an der Konferenz teilnimmt und noch mal auf die Curricularen Vorgaben des Landes verweist oder auf die pädagogische Verantwortung der einzelnen Lehrkraft. Eine weitere Möglichkeit wäre es sich die Fachberater des Landes einzuladen (sofern ihr so etwas habt) oder eine Fortbildung machen. Sofern Du Recht hast, könnte die SL darauf hinweisen, dass sie Bedenken hat, ob die schulinternen Arbeitspläne noch den aktuellen Vorgaben entsprechen und Konferenz bitten diese zu überarbeiten.

    Generell braucht man dafür natürlich einen guten Diplomaten.

  • Tom123

    Ich gebe dir grundsätzlich Recht, aber es kommt immer auf die KollegInnen an. Wenn man alleine dasteht und dann noch ganz offiziell die Hilfe des Rektors einfordert, kann das zwischenmenschlich sehr schwer werden. Dieser Schritt muss wohl bedacht werden, denn da spielen oft viele Emotionen mit. Man will ja schließlich mit den Kollegen und Kolleginnen auskommen.

    Fachberater Sport finde ich eine gute Idee - die Sache muss von außen her auf eine sachliche Ebene gebracht werden.

  • Es ist schwer, wenn man an eine neue Schule kommt, in der das Kollegium seit Jahren den immer gleichen Trott macht und den Satz "das haben wir schon immer so gemacht" vor sich herträgt, das kenne ich auch. Selbst Dinge, die anders im neuen Bildungsplan stehen, werden nicht umgesetzt. Da haben auch neue Schulleitungen es schwer und machen sich unbeliebt..., wenn sie plötzlich was anderes einfordern, aber das ist noch lange kein Grund, an alten Gepflogenheiten festzukleben.

    Wenn du den Schulleiter auf der Seite hast, ist es doch schon mal gut. Kannst du nicht nochmal in der Fachschaft deine Themen vorbringen? Und was passiert, wenn du deine Sportstunden so planst, wie du es für richtig hältst?

    Zeige ihnen doch mal einen anderen Plan für das Sportfest! Meistens haben die Kollegen bloß Angst vor Mehrarbeit. Wenn alles schon fertig und gut durchdacht ist, sind sie eher bereit, mal was anderes auszuprobieren.

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