Benotung der UPP

  • Hallo zusammen,


    ich habe mein Referendariat in NRW erfolgreich abgeschlossen, doch anstatt mich zu freuen, mache ich mir Gedanken über mich selbst und das Schulsystem.


    Meine Vornoten waren sehr gut, und von allen Seiten höre ich, dass ich besonders gut für diesen Beruf geeignet bin. Wochenlang habe ich an meinen Entwürfen gearbeitet und mir unglaublich viel Mühe gegeben, damit alles reibungslos abläuft. An dem Tag der Prüfung habe ich mein Bestes gegeben, die Schüler*innen waren engagiert und zeigten sich von ihrer besten Seite. In meiner Wahrnehmung sind die Stunden noch nie so gut gelaufen wie an diesem Tag.


    Trotzdem wurde eine meiner Stunden mit der Note 3 bewertet, während der Entwurf mit einer 1 benotet wurde. Einige von euch werden vielleicht sagen, dass die Abschlussnote des Referendariats nicht so entscheidend ist – das habe ich oft gehört. Dennoch beschäftigt mich diese Bewertung sehr, denn eine 3 bedeutet „befriedigend“, und ich habe den Anspruch, dieses für die Gesellschaft wichtige Fach nicht nur „befriedigend“ zu unterrichten. Wie ich herausgehört habe, war meine Stunde zu lehrerzentriert, was die Diskrepanz erklärt. Dennoch frage ich mich seitdem, warum meine sehr gute Vorbenotung sowie die positive Rückmeldung der Schulleitung in beiden Fächern nicht mit der Bewertung meiner Kommission übereinstimmen. Besonders im zweiten Fach kann ich die Beurteilung nur schwer nachvollziehen und weiß nicht, was ich noch tun könnte, um mich zu verbessern. Die Prüfer*innen machen ihren Job, gehen nach Hause, und ich bleibe mit unbeantworteten Fragen zurück.


    Zudem beschäftigt mich die Frage, ob es gerecht ist, einem einzigen Tag so viel Bedeutung beizumessen. Die Prüfer kennen weder meine Schülerinnen noch die besonderen Umstände meiner Schule. Natürlich habe ich die Besonderheiten meiner Schüler*innen beschrieben, aber reicht das wirklich aus, um das Leistungsniveau meiner Schüler*nnen angemessen zu bewerten?


    Diese Prüfung hat mich stark verunsichert und mir gezeigt, dass im Schulsystem vieles besser laufen könnte. Trotz meiner guten Endnote denke ich nun ernsthaft darüber nach, den Schuldienst gar nicht erst anzutreten.


    Ich würde mich freuen, eure Erfahrungen und Gedanken zur UPP und der Bewertung zu hören.

    • Offizieller Beitrag

    Ich würde nicht sofort vom Schuldienst abraten, aber JA: mit dem täglichen Dilemna musst du leben: AUch du wirst deine Benotung an einzelnen Tagen festmachen müssen (zum Teil, ist aber im Ref auch so, du hattest eine kontinuierliche Langzeitnote), auch du wirst nicht nur die individuelle Bezugsnorm nutzen dürfen, sondern Noten vergeben, die sich mal an die Klasse/Schule orientieren, mal an das Land (Abschlussprüfungen). Auch du wirst gleichzeitig ausbilden, unterrichten, motivieren und dann auch bewerten und sanktionieren.
    Den Spagat jeden Tag zu erleben, kann einen kaputt machen.
    Es gibt die ach so professionelle Distanz, es gibt auch Wege, IM System Sachen zu verändern, das pädagogische Konzept einer Schule ist da besonders wichtig für das Wohgefühl, aber JA, die Meta-Ebene deiner Reflexion wird dich auch für deine Schüler*innen beschäftigen.
    Probier es aus!

  • Zudem beschäftigt mich die Frage, ob es gerecht ist, einem einzigen Tag so viel Bedeutung beizumessen.

    Immerhin ein Tag, auf den man sich und auch die Klassen aber gut vorbereiten kann.

    Und es zählt ja eben auch die Vorbenotung.

    Ich hatte auch Diskrepanzen in meiner Bewertung, die ich nicht verstanden habe, aber mir war es egal.

    Wie du schreibst - war nur ein Tag - wichtiger ist es doch, jeden Tag gut zu unterrichten und den Job so zu erledigen, wie er dich glücklich macht.


    Anhand der UPP zu entscheiden, halte ich für fatal, da wäre eher das Ref als solches, was mich abgeschreckt hätte.

  • Gesellschaft wichtige Fach nicht nur „befriedigend“ zu unterrichten

    Welches Fach ist ist denn so wichtig?


    Zum Thema. Du hast es ja schon gesagt, die Note ist nach der Einstellung völlig egal. Das ist eine Momentaufnahme eines Tages. Mehr sagt diese Note nicht aus.


    Ich war mit der Benotung am Tag der 2. Staatsprüfung auch nicht zu 100% einverstanden. Jetzt liegt das 4 Jahre zurück und ich müsste aktiv nachschauen welche Note das überhaupt gewesen ist (irgendwas von 2 bis 3). Danach fragt niemand mehr und diese Note beschreibt auch nicht deine künftige Unterrichtsqualität. Die bestimmst du selbst.

    Entropy is a bitch, embrace her.

    Einmal editiert, zuletzt von s3g4 ()

  • Lehrerzentriertheit (in Gestalt des sog. fragend-entwickelnden Verfahrens) war in meiner Ausbildungszeit ein Qualitätsmerkmal, zumal man so im Unterrichtsgespräch Binnendifferenziertheit umsetzen konnte.

    Heutzutage soll offenbar dIe Lehrkraft möglichst gar nicht mehr sichtbar sein; vielmehr sollen Schüler Gespräche untereinander führen und Plakate malen, anstatt dass die fachliche Ebene sowie Inhaltssicherung im Vordergrund stehen.

    Lass dich von Ideologen nicht entmutigen.

  • Lehrerzentriertheit (in Gestalt des sog. fragend-entwickelnden Verfahrens) war in meiner Ausbildungszeit ein Qualitätsmerkmal, zumal man so im Unterrichtsgespräch Binnendifferenziertheit umsetzen konnte.

    Heutzutage soll offenbar dIe Lehrkraft möglichst gar nicht mehr sichtbar sein; vielmehr sollen Schüler Gespräche untereinander führen und Plakate malen, anstatt dass die fachliche Ebene sowie Inhaltssicherung im Vordergrund stehen.

    Lass dich von Ideologen nicht entmutigen.

    Kann ich so nicht bestätigen. Ich habe immer einige Lehrerzentrierte Anteile im Unterricht gehabt. Die Klasse immer alles selbst machen lassen ist zu ineffizient. Auch im Vorbereitungsdienst und auch in UBs/Prüfung. Begründet habe ich das natürlich immer

  • Lehrerzentriertheit (in Gestalt des sog. fragend-entwickelnden Verfahrens) war in meiner Ausbildungszeit ein Qualitätsmerkmal, zumal man so im Unterrichtsgespräch Binnendifferenziertheit umsetzen konnte.

    Heutzutage soll offenbar dIe Lehrkraft möglichst gar nicht mehr sichtbar sein; vielmehr sollen Schüler Gespräche untereinander führen und Plakate malen, anstatt dass die fachliche Ebene sowie Inhaltssicherung im Vordergrund stehen.

    Lass dich von Ideologen nicht entmutigen.

    War bei mir auch so. Der Lehrer gibt als "Lernbegleiter" am besten nur die Materialien durch einen Spalt in der Tür. Lehrwerke werden mehr und mehr so angelegt, dass immer an einem kleinen Projekt (Wandzeitung, Lernposter etc.) gearbeitet werden soll. Gerade bei den Kleinen ein ganz großer Quark.

  • Man muss immer schauen, wie hoch der Anteil am persönlichen Gekränktsein ist - getarnt als Unverständnis, warum man denn nun nicht die Bestnote bekommen hat. Und sich von der Vorstellung verabschieden, dass man sich nur "große Mühe" geben muss, um gefeiert und geehrt zu werden.


    So läuft es nicht, und, wie beschrieben, als Lehrkräfte ist das unser täglich Brot auf der anderen Seite des Tischs, und da draußen in der Welt ist es nicht anders. Hart und ungerecht, fehlerhaft und überhaupt.


    Lies dir deine Worte in zwei Jahren nochmal durch, dann denkst du vermutlich: Was für ein Luxusproblem.


    Glückwunsch zur bestandenen Prüfung!

  • Ach ja, die liebe UPP und das Ref. Das ist ein so kleiner Anteil am Berufsleben, dass es sich eigentlich nicht lohnt darüber zu nachzudenken. Hake es ab und freue Dich darauf, dass Du bald siehst, wie der Beruf WIRKLICH ist.


    Mir ging's übrigens Genauso wie Dir. Die 3 in der einen Stunde hat zu einer 1,57 insgesamt geführt, also eine 2. Ich habe mich genau einen Tag geärgert, danach wars mir egal. Nie wieder wollte jemand diese Note von mir sehen oder war sie irgendwo relevant.

    Wenn Du selber Noten gibst, stellst Du ja auch fest, dass Deine Benotung nicht objektiv ist. Und so gehts Deinen Prüfern auch.

  • Die 3 in der einen Stunde hat zu einer 1,57 insgesamt geführt, also eine 2.

    Ich bin am unteren Ende der 2 gelandet. Naja ich erzähle meinen Klassen immer, dass die 2- die ökonomischere 2 ist. Daher passt das schon.


    Weiterhin hattest du ja gesagt es schaut keiner mehr drauf. Vielleicht wirds mal wieder bei einer Beförderung rausgeholt. Das Gutachten der SL hat aber sicher ein deutlich höhere Gewicht.

  • Wenn alle Handwerker, die mit befriedigend in der Gesellenprüfung oder der Meisterprüfung abschließen, den Job wechseln, würde nichts mehr funktionieren.

    Wie sagte mein Mitbewohner immer: Mach Dich nicht wuschig.


    Aufstehen, Krone richten und weiter geht‘s.


    Allein, dass Du Dich darüber ärgerst, spricht für Dich.


    Herzlichen Glückwunsch zur bestandenen Prüfung!

  • Dennoch beschäftigt mich diese Bewertung sehr, denn eine 3 bedeutet „befriedigend“, und ich habe den Anspruch, dieses für die Gesellschaft wichtige Fach nicht nur „befriedigend“ zu unterrichten.

      

    Das heißt doch nicht, dass du immer so unterrichtest, was die Note dir vermeintlich widergespiegelt hat. Man hat in einem Fach mal super Stunden und weniger gute. Die reflektiert man und verändert die Stunden das nächste Mal entsprechend.


    Trotz meiner guten Endnote denke ich nun ernsthaft darüber nach, den Schuldienst gar nicht erst anzutreten.

    Wenn das so ist, würde ich einmal über meine Motivation zum Lehrerberuf nachdenken.

    Es wird schwierig, wenn man sich von solchen Rückmeldungen und Bewertungen abhängig macht. Später wird man beurteilt. Das geht auch nicht immer so, wie man sich das vorstellt. Wertschätzung im Schuldienst ist zwar schön, kann man aber nicht unbedingt als eine Selbstverständlichkeit erwarten und gute Noten werden nicht immer gern verteilt.

  • Zudem beschäftigt mich die Frage, ob es gerecht ist, einem einzigen Tag so viel Bedeutung beizumessen. Die Prüfer kennen weder meine Schülerinnen noch die besonderen Umstände meiner Schule. Natürlich habe ich die Besonderheiten meiner Schüler*innen beschrieben, aber reicht das wirklich aus, um das Leistungsniveau meiner Schüler*nnen angemessen zu bewerten?

    Das Leistungsniveau deiner Schüler wird doch gar nicht in diesem Rahmen bewertet. Vielmehr geht es darum, wie es dir gelingt, passend zu den besonderen Umständen deiner Schule und deiner Schüler dennoch die gesetzten Lernziele erreichen zu lassen. Mit hoher Sicherheit gab es da an diesem Tag gewisse Diskrepanzen zwischen dem gewählten Setting und ebenjenen Lernvoraussetzungen. Das bedeutet noch nicht einmal ansatzweise, dass du in dem Job fehl am Platz wärst. Es bedeutet aber auch nicht, dass das Prüfungssetting an sich unfair gewesen wäre.

  • Bin seit sehr vielen Jahren Lehrer und mich wundert bei den UPPs nichts mehr. Toplehrer haben eine 5 bekommen, weil die eine falsche Aussage eines Schülers nicht korrigiert haben und vollkommene Idioten haben sehr gute Noten bekommen.

    Diese Schaustunden und Noten haben beim Bestehen überhaupt keine Relevanz mehr.

    Weder für den Erfolg im Schuldienst, noch bei Beförderungen.

    Die negativen Erfahrungen der UPPs sollte man einfach nur schnell in die letzte Gehirnecke verfrachten und sich um guten Unterricht kümmern.

  • Da ich es nun so oft hier gelesen habe, möchte ich einer Aussage doch widersprechen, nämlich der, dass die Note nie wieder eine Rolle spielt. Schulen (in NRW) können durchaus einen Notenschnitt als Grenze festlegen, bis zu dem sie Bewerber*innen zum Bewerbungsgespräch einladen. Wer unter dieser Grenze liegt, bekommt dann keine Chance, sich überhaupt vorzustellen. Insofern kann die UPP-Note, die ja einen Anteil an der Gesamtnote des Referendariats hat, durchaus nochmal relevant sein. (Natürlich wird die Frage, ob eine Schule eine solche Grenze zieht, davon abhängen, für welche Fächer in welcher Region gesucht wird, und wie viele Bewerbungen pro Stelle somit zu erwarten sind.)


    Den Frust kann ich übrigens auch nachvollziehen. Wie häufig wird uns im Referendariat eingebläut, dass man transparent in der Notengebung und -begründung sein muss. Nur für die Prüfungskommissionen scheint das nicht zu gelten, da kann man für jeden Informationsfetzen dankbar sein, der fallen gelassen wird. Ich finde das auch sehr ärgerlich.


    Aber mei: Hast du einmal deine Stelle, dann ist der Ärger bald vergessen und im Alltag wird die Note tatsächlich keine Rolle mehr spielen.

    Warum Trübsal blasen, wenn man auch Seifenblasen kann?

  • Toplehrer haben eine 5 bekommen, weil die eine falsche Aussage eines Schülers nicht korrigiert haben und vollkommene Idioten haben sehr gute Noten bekommen.

    Das halte ich für eine extrem verkürzte Darstellung. Nur wegen einer fehlenden Korrektur einer Schülerantwort fällt niemand durch die Prüfung.

  • War bei mir auch so. Der Lehrer gibt als "Lernbegleiter" am besten nur die Materialien durch einen Spalt in der Tür. Lehrwerke werden mehr und mehr so angelegt, dass immer an einem kleinen Projekt (Wandzeitung, Lernposter etc.) gearbeitet werden soll. Gerade bei den Kleinen ein ganz großer Quark.

    Ich möchte das hier nicht so stehen lassen.

    Wer sollen denn bitte die "ganz Kleinen" sein?

    In den Eingangsklassen kenne ich das nicht so.

    Zudem darf ich dir zum wiederholen Male sagen, dass du dich mit der Primarstufe einfach nicht gut genug auskennst, um behaupten zu können, dass das dort überhaupt in relevanter Weise gemacht wird. Und ob das gut ist oder nicht.

  • Ich wundere mich doch ziemlich, wie viele hier schreiben, die Noten spielen bei der Einstellung angeblich keine Rolle. Wir haben gerade ein Bewerbungsverfahren in der Chemie offen, als Fachvorsteherin sortiere ich die Dossiers der Bewerber*innen als Vorschlag für die Schulleitung. Bei einer Bewerbung aus Deutschland lag nur die Masterurkunde bei, aber kein Prüfungszeugnis. Ich habe gar nicht erst weiter gelesen, der wird nicht eingeladen. Natürlich will ich die Noten sehen. Es geht gar nicht drum, dass die Person abgelehnt wird, wenn das Zeugnis schlecht ist, aber ich will mindestens eine sinnvolle Begründung dafür hören.

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