Besondere Fremdsprachen - insbesondere “Migrantensprachen”

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    Meinem Empfinden nach kann man aber "integrativen Unterricht" erst machen, wenn die Basis stimmt. Eine Gedichtsanalyse ist kein GRAMMATIKunterricht, sondern die (bewussten) Grammatikkenntnisse sind Bestandteil meiner Analysekompetenz.
    Und ja, ab und zu eine Abfrage von Grammatiktermini, Umformung von aktiv in passiv oder eine stumpfe Konjugation fände ich wirklich sinnvoll.

  • NIemand von denjenigen, die in meinem Abi-Jahrgang Latein als zweite Fremdsprache gewählt hatten, hat in der Oberstufe noch Französisch dazu gelernt/gewählt

    So war das bei uns damals auch. Bei uns an der Schule heute wählen oftmals Schüler*innen Latein als Schwerpunktfach, die in den modernen Fremdsprachen keinen Fuss auf den Boden bekommen. So wird es auch hier im Forum oft von Fremdsprachen-Lehrpersonen beschrieben, dass Latein grade was für Leute mit einem schlechten Sprachgefühl ist, die besser systematisch lernen. Dass darauf dann angeblich alles andere so toll aufbaut, ist ja wohl ein ziemlicher Widerspruch.

  • Du verwechselst gerade etwas: Es kommt darauf an, ob es um Lernpsychologie oder Sprachlogik geht.

    Aus sprachlogischer Sicht machen Vorkenntnisse in Latein durchaus das weitere Sprachenlernen einfacher. Dennoch gibt es Schüler, die aufgrund ihres Lernherhaltens zu einem Fach wie Latein einen leichteren Zugang finden als zu einer modernen Fremdsprache.

  • Ich hatte damals Latein ab Klasse 9, weil ich zu dieser Zeit noch Medizin studieren wollte, und habe es dann bis zum Latinum weitergemacht.

    So war es bei mir auch. Hab das rein zweckorientiert gewählt.

    Richtigerweise entfiel dann aber schon gegen Ende meiner Schulzeit die Latinumpflicht in fast allen Studienfächern.

    • Mir ist Latein nie als Wissensschaftssprache begegnet. Fachworte zähle ich definitiv nicht als 'ganze Sprache'.
    • Da ich vorher bereits 3 andere Sprachen beherrschte, war die Grammatik auch nichts wirklich neues.
    • Es war toll in Italien alles lesen zu können, sowohl alte Inschriften als auch modernes italienisch. Sinnentnehmend lesen konnten da allerdings auch die Mitschüler, die statt Latein Spanisch gelernt hatten.
    • Latein war halt nett zu lernen, weil es für mich nicht besonders schwer war und es immer schön ist, neue Sachen zu lernen.

    Irgendwo verstehe ich den Rechtfertigungsdruck des Faches, allerdings bergen zu konstruierte Argumente dann auch die Gefahr diesen noch zu erhöhen.


    Reicht doch eigentlich, dass es ein tolles Fach und eine weitere Alternative in der Schule ist und dass man als Geschichtsbuff für europäische Geschichte und Kirchengeschichte damit viele Primärquellen lesen kann.

    Einmal editiert, zuletzt von kodi () aus folgendem Grund: Rechtschreibfehler

  • Meinem Empfinden nach kann man aber "integrativen Unterricht" erst machen, wenn die Basis stimmt. Eine Gedichtsanalyse ist kein GRAMMATIKunterricht, sondern die (bewussten) Grammatikkenntnisse sind Bestandteil meiner Analysekompetenz.

    Vermutlich gehen wir von verschiedenen Unterrichtsszenarien aus.

    Man kann ja die sprachlichen Unterschiede thematisieren und dann daran die Grammatik zum Gegenstand machen, um anschließend dieses Wissen zur Textproduktion nutzen zu können.

    Für die Meta-Ebene brauche ich die Fachbegriffe, für die Anwendung eher nicht, wohl aber das Wissen um die Strukturen.

  • So war es bei mir auch. Hab das rein zweckorientiert gewählt.

    Richtigerweise entfiel dann aber schon gegen Ende meiner Schulzeit die Latinumpflicht in fast allen Studienfächern.

    • Mit ist Latein nie als Wissensschaftssprache begegnet. Fachworte zähle ich definitiv nicht als 'ganze Sprache'.

    Das galt bis ins 18. Jahrhundert.


    Reicht doch eigentlich, dass es ein tolles Fach und eine weitere Alternative in der Schule ist und dass man als Geschichtsbuff für europäische Geschichte und Kirchengeschichte damit viele Primärquellen lesen kann.

    :thumbup:


    Dass man für das Studium einer romanischen Sprache allerdings an manchen (allen?) Universitäten kein Latinum mehr benötigt, halte ich für eine bedauerliche Entwicklung.

  • Das galt bis ins 18. Jahrhundert

    Bis zum 2. WK war in den Naturwissenschaften Deutsch Wissenschaftssprache. Die Chemischen Berichte sind bis heute auf Deutsch verfasst. Es gibt gerade in der Chemie Fachbegriffe, die bis heute auf Deutsch verwendet werden, es gibt gar keine adäquate Übersetzung.

  • Du verwechselst gerade etwas

    Ich verwechsle überhaupt nichts, ich zitiere sinngemäss, was hier zigfach von erfahrenen Fremdsprachen-Lehrpersonen geschrieben wird und geschrieben wurde.

  • Bis zum 2. WK war in den Naturwissenschaften Deutsch Wissenschaftssprache. Die Chemischen Berichte sind bis heute auf Deutsch verfasst. Es gibt gerade in der Chemie Fachbegriffe, die bis heute auf Deutsch verwendet werden, es gibt gar keine adäquate Übersetzung.

    Ja, und exakt so verhält es sich zu anderen Zeiten und anderen Disziplinen mit Griechisch und Latein. Nicht mehr, nicht weniger.

  • Das Problem sehe ich hier eher darin, dass Grammatik im Deutschunterricht kaum behandelt wird. Das hat fatale Folgen, denn Grammatik spiegelt sich in sehr vielen anderen Teilen des Deutschunterrichts wider. Im Lateinunterricht wird noch Wert auf Grammatik gelegt, in den modernen Fremdsprachen sind diese oft einfach nur eine Randnote (wenn ich daran denke, was meine Fachleiterin von Grammatik hielt...). Klar, dass die Lateiner da besser sind in der Grammatik, aber wenn man daran den Lateinunterricht rechtfertigen möchte, dann ist es um Latein wohl wirklich schlecht bestellt.

    Partieller Einspruch: Zumindest für das bayerische Gymnasium kann ich feststellen, dass immerhin die fünfte und die sechste Klasse Deutschunterricht ganz maßgeblich von Grammatik geprägt ist. Dass sich die Schüler über den nächsten Leistungsnachweis hinaus nicht merken können, was ein Partizip ist und wo das konjugierte Verb in den verschiedenen Satzarten steht, dafür kann der geneigte Lehrer nix.

  • Partieller Einspruch: Zumindest für das bayerische Gymnasium kann ich feststellen, dass immerhin die fünfte und die sechste Klasse Deutschunterricht ganz maßgeblich von Grammatik geprägt ist. Dass sich die Schüler über den nächsten Leistungsnachweis hinaus nicht merken können, was ein Partizip ist und wo das konjugierte Verb in den verschiedenen Satzarten steht, dafür kann der geneigte Lehrer nix.

    Dass Schüler nicht alles mitnehmen, das weiß ich wohl. Und dass Grammatik immer noch im Lehrplan steht, ist mir auch bekannt. Ich merke aber oft eine Abneigung, auch unter den Deutschkollegen, wenn es um Grammatik geht. Gerade überarbeiten wir die didaktische Jahresplanungen für die Berufsfachschule 1. Da gibt es so viele Möglichkeiten, Grammatik zu behandeln. Aber immer wenn ich das anrege, heißt es ganz schnell, dass wir lieber was anderes machen sollten. Und da schüttle ich dann den Kopf. Kein Thema passt besser um mal – auch sprachwissenschaftlich – Präpositionen näher zu betrachten, als Sprachwandel. Man kann immer noch Bastian Sick verwenden, allein nur um zu zeigen, dass es im Deutschen zwei Arten von Wechselpräpositionen gibt. Akkusativ-Dativ ist ja hinreichend anerkennt, Dativ-Genitiv ist aber gerade besonders spannend. Aber nein, ist nicht erwünscht. Und wenn ich das dann als einer von vier Kollegen in der BF1 mache, dann gibt es natürlich Beschwerden.

  • Dass Schüler nicht alles mitnehmen, das weiß ich wohl. Und dass Grammatik immer noch im Lehrplan steht, ist mir auch bekannt. Ich merke aber oft eine Abneigung, auch unter den Deutschkollegen, wenn es um Grammatik geht. Gerade überarbeiten wir die didaktische Jahresplanungen für die Berufsfachschule 1. Da gibt es so viele Möglichkeiten, Grammatik zu behandeln. Aber immer wenn ich das anrege, heißt es ganz schnell, dass wir lieber was anderes machen sollten. Und da schüttle ich dann den Kopf. Kein Thema passt besser um mal – auch sprachwissenschaftlich – Präpositionen näher zu betrachten, als Sprachwandel. Man kann immer noch Bastian Sick verwenden, allein nur um zu zeigen, dass es im Deutschen zwei Arten von Wechselpräpositionen gibt. Akkusativ-Dativ ist ja hinreichend anerkennt, Dativ-Genitiv ist aber gerade besonders spannend. Aber nein, ist nicht erwünscht. Und wenn ich das dann als einer von vier Kollegen in der BF1 mache, dann gibt es natürlich Beschwerden.

    Ok, das ist jetzt aber nur ein persönlicher Erfahrungsbericht an einer sehr spezifischen Schulart im kleinen Kreis.

    Dass den Schülern generell nicht das Handwerkszeug zur Sprachbeschreibung beigebracht wird, wie du es im Ursprungspost dargestellt hast, stimmt nämlich einfach nicht.

  • Für die Meta-Ebene brauche ich die Fachbegriffe, für die Anwendung eher nicht, wohl aber das Wissen um die Strukturen.

    Das greift aber doch ineinander. Wenn jemand in der Anwendung eine Zeitform falsch bildet und man darauf hinweist, dass das Verb im Infinitiv stehen muss, der Adressat aber nicht versteht, was ein Infinitiv ist, ist das schon mühsam.

  • Dass den Schülern generell nicht das Handwerkszeug zur Sprachbeschreibung beigebracht wird, wie du es im Ursprungspost dargestellt hast, stimmt nämlich einfach nicht.

    Das habe ich auch nicht behauptet. Dass Grammatik aber zum Beiwerk wird, das man an andere Themen anhängt oder mal situationsbedingt auspackt, dazu stehe ich zumindest in NRW.

  • Ja, und exakt so verhält es sich zu anderen Zeiten und anderen Disziplinen mit Griechisch und Latein. Nicht mehr, nicht weniger.

    Dann ist das offensichtlich keine Rechtfertigung dafür, Griechisch oder Latein als Wissenschaftssprache zu wählen. Es gibt schlichtweg überhaupt keinen rationalen Grund mehr, die alten Sprachen zu wählen. Das ist eine Frage der Schulkultur. Wer in Basel an den Münsterplatz oder in Zürich an die Hohe Promenade geht, hat verbindlich Latein und oft auch noch Griechisch. Häufig sind das sehr leistungsstarke Schüler*innen aus gut situierten Elternhäusern, da ist es eine Frage der Ehre mit Latein und/oder Griechisch Matura zu machen. Meine Schule ist ein typisches Realgymnasium mit einer völlig anderer Klientel. Wer bei uns was auf sich hält, wählt Mathe/Physik als Schwerpunktfach. Die ganz grosse Mehrheit wählt aus absolut utilitaristischen Gründen entweder Wirtschaft/Recht oder Bio/Chemie.

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    Ok, das ist jetzt aber nur ein persönlicher Erfahrungsbericht an einer sehr spezifischen Schulart im kleinen Kreis.

    Dass den Schülern generell nicht das Handwerkszeug zur Sprachbeschreibung beigebracht wird, wie du es im Ursprungspost dargestellt hast, stimmt nämlich einfach nicht.

    ... in deinem Bundesland.

    Selbes BL wie rosalaune, andere Schulform, mehrere Schulen hinter mir, Germanistik-Studium hinter mir (in einem anderen BL), ich kann grob einschätzen, wie wenig Interesse (und Kompetenz) meine Deutschkolleg*innen an Grammatik haben

  • Das habe ich auch nicht behauptet. Dass Grammatik aber zum Beiwerk wird, das man an andere Themen anhängt oder mal situationsbedingt auspackt, dazu stehe ich zumindest in NRW.

    Nun, doch, du hast schon recht ultimativ gesagt "Das Problem sehe ich hier eher darin, dass Grammatik im Deutschunterricht kaum behandelt wird."

    Dass da noch mehr der Fokus drauf gelegt werden sollte - dahingehend sind wir uns wohl einig.

  • Nun, doch, du hast schon recht ultimativ gesagt "Das Problem sehe ich hier eher darin, dass Grammatik im Deutschunterricht kaum behandelt wird."

    Dass da noch mehr der Fokus drauf gelegt werden sollte - dahingehend sind wir uns wohl einig.

    Ja, ich habe meine Perspektive dargelegt und gesagt, dass Grammatik im Deutschunterricht kaum behandelt wird. Du machst daraus: »Dass den Schülern generell nicht das Handwerkszeug zur Sprachbeschreibung beigebracht wird, wie du es im Ursprungspost dargestellt hast, stimmt nämlich einfach nicht.«


    Zwischen kaum behandelt und generell nicht beigebracht sehe ich doch sehr große Unterschiede. Ich will mich aber nicht an der Semantik aufhängen.

  • Originaltexte zu lesen ist zudem wie Geschichtsunterricht, man kann aus kulturellen Phänomenen von vor 2000 Jahren was lernen

    Wenn du Marie Curie im Original lesen willst, musst du Französisch können. Ist ne wirklich harte Nuss weil zum einen natürlich das Französisch nicht mehr der heutigen Alltagssprache entspricht und man bezüglich der Fachinhalte heute auch einiges ganz anders darstellen würde.

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