PTBS und Panikstörung nach Dienstunfall

  • Hallo zusammen,


    ich habe leider Anfang dieses Jahres einen derart "unschönen" Dienstunfall im Unterricht erlitten, dass ich seitdem dienstunfähig/krankgeschrieben bin. Ich habe mich schnell um einen Therapieplatz bemüht und hatte nun zwei Sitzungen, die (vorläufige?) Diagnose lautet leider "PTBS und Panikstörung". Ich bin im Alltag seitdem eingeschränkt und kann mir nicht vorstellen, diese Schule wieder zu betreten. Wenigstens bin ich bereits seit zwei Jahren auf Lebenszeit verbeamtet an einer Gesamtschule in NRW.


    Ich liebe es zu unterrichten und kann mir keinen anderen Beruf vorstellen. Jedoch schaffe ich es nicht, an meine Schule wiederzukehren.

    Daher die Frage an euch: Was würdet ihr tun? Euch versetzen lassen?


    Das geht ja immer nur zum nächsten Schuljahr, soweit ich weiß. Was mache ich in der Zwischenzeit?


    Hat es jemand von euch nach längerer Zeit der Erkrankung vielleicht geschafft, "unbürokratisch" die Schule zu wechseln?


    Meine Therapeutin hat mit mir ebenfalls besprochen, ob es nicht sinnvoll wäre, an ein Gymnasium zu wechseln. Ich bin nämlich allgemein nicht sehr glücklich an der Schulform Gesamtschule. Aber dort habe ich eben die Planstelle angenommen (was ich nun bereue).


    Ich würde mich über Denkanstöße oder Erfahrungen freuen.


    P.S.: Ich entschuldige mich, falls/dass der Text teilweise schwer zu verstehen ist. Mir fällt es aktuell schwer, meine Gedanken zu ordnen.

  • Generell gibt es natürlich Fristen, zu denen man sich für eine Versetzung bewerben kann. Andererseits werden diese Fristen auch nicht immer so hoch gehängt, wenn es im Interesse des Dienstherrn ist. Bei einer Lehrkraft, die gerade mit vollen Bezügen nicht in der Lage ist, ihren Dienst an ihrer Schule zu verrichten, dies aber an einer anderen Schule tun könnte, sehe ich durchaus ein Interesse des Dienstherrn. Ein Gespräch mit dem zuständigen Dezernenten (Terminvereinbarung auf dem Dienstweg) kann dir hier sicherlich Klarheit schaffen und ist auch nichts, wofür du dich fürchten müsstest.

    Eine schnelle und formal korrekte Lösung könnte auch die "Abordnung mit dem Ziel der Versetzung" noch im laufenden Schuljahr sein. Das gibt es immer wieder mal, v.a. wenn Funktionsstellen mitten im Schuljahr besetzt werden.


    Generell: Achte auf dich selbst. Du solltest den Schritt zurück in die Schule erst dann antreten, wenn du selbst und auch deine Therapeutin der Meinung seid, dass du bereit dafür bist.


    Anmerkung: Ich bin nicht in NRW, deswegen sind diese Hinweise eher genereller Art.

  • Lass dich am Besten vom Personalrat und von der Schwerbehindertenvertretung beraten. Die können recht gut sagen, welche Optionen realistisch sind und der Personalrat ist spätestens bei einer Versetzung auch mit beteiligt.

  • Gibt es in NRW keine Wiedereingliederung mit begleitenden Gesprächen?

    In NDS würden die Bedenken im Gespräch aufgegriffen und dann eine Möglichkeit gesucht, zu der auch ein Schulwechsel gehören kann. Das bedeutet aber nicht, dass man sich die Schule aussuchen kann.

    Die Wiedereingliederung ist nicht an den Beginn eines Halbjahres gebunden.

  • In NRW wird jedem nach sechs Wochen AU (auch gestückelt) ein BEM Angebot unterbreitet. Personalrat und oder SbV beraten gerne. Wenn die Panikstörung / PTBS länger als sechs Monate besteht bitte unbedingt einen Antrag auf Schwerbehinderung stellen. Die zuständige Schwerbehindertenvertretung hilft hierbei gerne.

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • Ich hoffe, du hast den Dienstunfall als solchen gemeldet. Falls nicht, hole dies bitte dringend nach. Sollte der Unfall in Zusammenhang mit einer Gewalttat stehen, hast Du hoffentlich Strafantrag gestellt und dafür gesorgt, dass sich der Dienstherr anschliesst.

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • Ich bedanke mich herzlich für eure Rückmeldungen! Sie enthalten wertvolle Tipps und Anregungen.


    [...] Ein Gespräch mit dem zuständigen Dezernenten (Terminvereinbarung auf dem Dienstweg) kann dir hier sicherlich Klarheit schaffen und ist auch nichts, wofür du dich fürchten müsstest.

    Eine schnelle und formal korrekte Lösung könnte auch die "Abordnung mit dem Ziel der Versetzung" noch im laufenden Schuljahr sein. [...]

    Dies ist ein guter Vorschlag. Mir war nicht bewusst, dass man die Terminvereinbarung auf dem Dienstweg (über den Tisch des SL) ausmacht, da ich ein solches Gespräch noch nie führen musste.


    Lass dich am Besten vom Personalrat und von der Schwerbehindertenvertretung beraten. Die können recht gut sagen, welche Optionen realistisch sind und der Personalrat ist spätestens bei einer Versetzung auch mit beteiligt.

    Ich kontaktiere direkt am Montag meinen Personalrat.


    Gibt es in NRW keine Wiedereingliederung mit begleitenden Gesprächen?

    In NDS würden die Bedenken im Gespräch aufgegriffen und dann eine Möglichkeit gesucht, zu der auch ein Schulwechsel gehören kann. Das bedeutet aber nicht, dass man sich die Schule aussuchen kann.

    Die Wiedereingliederung ist nicht an den Beginn eines Halbjahres gebunden.

    Doch, eine Wiedereingliederung ist in NRW möglich. Dies hat mir meine Therapeutin in unserer letzten (zweiten) Sitzung erklärt.

    Ich ging aber davon aus, dass ich die Wiedereingliederung an meiner aktuellen Schule durchlaufen muss. Dies hat mich in den letzten Tagen sehr beschäftigt und mir (leider!) gezeigt, dass ich noch nicht gesund bin.


    In NRW wird jedem nach sechs Wochen AU (auch gestückelt) ein BEM Angebot unterbreitet. Personalrat und oder SbV beraten gerne. Wenn die Panikstörung / PTBS länger als sechs Monate besteht bitte unbedingt einen Antrag auf Schwerbehinderung stellen. Die zuständige Schwerbehindertenvertretung hilft hierbei gerne.

    Ich habe noch keine Post (und auch keine Mail oder sonstiges) von der Bezirksregierung erhalten. Meine AU besteht seit mehreren Monaten und meine Schule hat mir für dieses Schuljahr keinen Stundenplan erstellt bzw keine Lerngruppen zugeteilt.

    Ich kontaktiere neben dem Personalrat auch die Schwerbehindertenvertretung, danke für den Tipp (auch an kodi).


    Ich hoffe, du hast den Dienstunfall als solchen gemeldet. Falls nicht, hole dies bitte dringend nach. Sollte der Unfall in Zusammenhang mit einer Gewalttat stehen, hast Du hoffentlich Strafantrag gestellt und dafür gesorgt, dass sich der Dienstherr anschliesst.

    Das habe ich leider nicht getan. Ich war in der lebensbedrohlichen Situation so überfordert, dass ich nicht mal selbst die Polizei rufen konnte. Diese wurde durch die SL am gleichen Tag kontaktiert.

    Da es sich um einen minderjährigen Schüler handelt, habe ich keine Strafanzeige gestellt, meine SL ebenfalls nicht.

    Die Konsequenzen für den Schüler waren eine Gefährderansprache durch die Polizei und als schulische Ordnungsmaßnahme (aus meiner Sicht nur) die Androhung der Parallelisierung. Darüber wurde ich aber nicht in Kenntnis gesetzt, letzteres habe ich zufällig bzw privat durch einen Kollegen erfahren.

  • Nur so als Hinweis. Das Strafrecht greift leider erst ab 14. Das Zivilrecht hingegen schon wesentlich früher. Hier zu obsiegen gibt vielleicht etwas an Gerechtigkeitsgefühl zurück. Ich denke hier an eine Schmerzensgeldforderung.

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • Das habe ich leider nicht getan. Ich war in der lebensbedrohlichen Situation so überfordert, dass ich nicht mal selbst die Polizei rufen konnte. Diese wurde durch die SL am gleichen Tag kontaktiert.

    Da es sich um einen minderjährigen Schüler handelt, habe ich keine Strafanzeige gestellt, meine SL ebenfalls nicht.

    Die Konsequenzen für den Schüler waren eine Gefährderansprache durch die Polizei und als schulische Ordnungsmaßnahme (aus meiner Sicht nur) die Androhung der Parallelisierung. Darüber wurde ich aber nicht in Kenntnis gesetzt, letzteres habe ich zufällig bzw privat durch einen Kollegen erfahren.

    Ich bin gerade wirklich schockiert. Verstehe ich das richtig, dass es durch einen Schüler für dich zu einer lebensbedrohlichen Situation kam und die einzige Konsequenz, die der Schüler erhalten hat waren von Seiten der Schule eine Androhung der Parallelisierung? Was ist das denn für eine unglaublich lasche Schulleitung? Wahnsinn.

  • Anzeigen kannst du den Schüler doch immer noch, die Tat ist doch noch nicht verjährt. Hast du dich mal beim Weißen Ring dazu beraten lassen? Das ist eine Anlaufstelle für Opfer von Gewalt.

  • Das schockiert mich auch. Dass man selbst evtl. unter Schock steht und nicht klar denken kann, okay. Aber eine Schulleitung muss sowas doch anzeigen 😳


    Wenn das alles im Gesamtpaket kein guter Grund für eine Versetzung ist, was denn dann..

  • was hältst du von einem klinikaufenthalt?

    Weder meine Hausärztin, die mich krankschreibt, noch meine Therapeutin haben einen Klinikaufenthalt vorgeschlagen. Ich vertraue auf ihre Expertise. Ich würde aber alles tun, um wieder gesund zu sein. Kranksein ist echt sch...


    Nur so als Hinweis. Das Strafrecht greift leider erst ab 14. Das Zivilrecht hingegen schon wesentlich früher. Hier zu obsiegen gibt vielleicht etwas an Gerechtigkeitsgefühl zurück. Ich denke hier an eine Schmerzensgeldforderung.

    Danke für den Hinweis. Ob dort etwas "zu holen ist", bezweifle ich zwar. Ich denke aber mal darüber nach. Vielleicht auch als Zeichen, dass ein solches Verhalten nicht tolerierbar ist.


    Ich bin gerade wirklich schockiert. Verstehe ich das richtig, dass es durch einen Schüler für dich zu einer lebensbedrohlichen Situation kam und die einzige Konsequenz, die der Schüler erhalten hat waren von Seiten der Schule eine Androhung der Parallelisierung? Was ist das denn für eine unglaublich lasche Schulleitung? Wahnsinn.

    Ja genau.

    Das hat mir zumindest mein Kollege erzählt. Ich wurde von der SL nicht direkt informiert.


    [...] Hast du dich mal beim Weißen Ring dazu beraten lassen? Das ist eine Anlaufstelle für Opfer von Gewalt.

    Den Weißen Ring habe ich noch nicht kontaktiert, danke für den Hinweis.

    In den Tagen direkt nach der Tat hatte ich Kontakt zum schulpsychologischen Dienst. Das war ein guter Tipp unserer Schulsozialarbeiterin.


    [...]
    Wenn das alles im Gesamtpaket kein guter Grund für eine Versetzung ist, was denn dann..

    Das hoffe ich.

    Da auch explizite Morddrohungen gegen mich ausgesprochen wurden, kann ich diese Schule nicht betreten, ohne um mein Leben zu fürchten.

  • Ich habe mir gerade das Formular für einen Dienstunfall angesehen und es ergeben sich zwei Probleme.

    1. Ich muss die schriftlichen Schilderungen zweier Augenzeugen beifügen. Ich habe aber zu den anwesenden Schüler:innen/Augenzeug:innen seither keinen Kontakt.

    2. Meine behandelnde Ärztin muss die Diagnose mitteilen. Das möchte ich eigentlich nicht so gerne.

    Daher muss ich darüber erstmal nachdenken. Ich weiß auch nicht genau, welchen "Vorteil" ich dadurch hätte. Die Kosten für meine Psychotheraie werden auch so von der Beihilfe und meiner Krankenkasse übernommen.



    Zumindest hat meine Schule zwischenzeitlich einen Leitfaden zum Umgang mit Amoktaten erstellt. Vorher gab es diesen nicht. Für alle anderen Kolleg:innen gilt also "besser spät als nie". Für mich kommt es zu spät. Ich bin aber heilfroh, lebend da rausgekommen zu sein.

  • zu Punkt 2: Da dir das Ganze im Dienst zugefügt wurde, ist die Dienstherrin zu anderen Leistungen verpflichtet, was ihre Fürsorge angeht. In Moment wirkt es so, als wäre dir in deiner Freizeit zugestoßen, was die Dienstherrin nicht grossartig interessieren muss. ( Deine SL juckt es ja offensichtlich überhaupt nicht…) Wie lange du Therapie bezahlt bekommst unter diesen Unständen, kommt zb auf deinen Vertrag mit der PKV an (Zuzahlung ab der xy. Sitzung?) Würde

    mich schnellstens an die Schwerbehindertenvertretung wenden und an die Gewerkschaft.

  • Ich weiß auch nicht genau, welchen "Vorteil" ich dadurch hätte.

    Es ist auch durchaus möglich, dass du auch an einer anderen Schule nicht unbeschwert arbeiten kannst. Und dass du womöglich dauerhaft dienstunfähig wirst. Das ist schon sinnvoll, wenn es ein Dienstunfall ist.

    Auch kann es sein, dass Sitzungen nach einiger Zeit nicht mehr ohne weiteres übernommen werden und du dann womöglich auf Kosten sitzen bleibst.


    Ich würde das noch angehen.


    Alles Gute für dich. Ist eine schlimme Situation.

  • Weder meine Hausärztin, die mich krankschreibt, noch meine Therapeutin haben einen Klinikaufenthalt vorgeschlagen. Ich vertraue auf ihre Expertise. Ich würde aber alles tun, um wieder gesund zu sein. Kranksein ist echt sch...

    Ich komme darauf, weil ich selbst eine Klinik kenne, wo Menschen mit Ptbs behandelt werden. Zumindest am Horizont könntest du diese intensive Therapiemöglichkeit ja mal ins Auge fassen. Mir erscheint das u.U. sinnvoller als eine lange Krankschreibung mit ambulanter Therapie (kein Vorwurf intendiert, ebenso kein Zeitdruck)

  • Maylin85

    Es schockiert mich ebenfalls. Noch mehr schockiert mich das das kein Einzelfall ist, sondern mir immer wieder von Kollegen in der täglichen Beratungspraxis berichtet wird. In unserer Bezirksregierung haben eir jedoch die Vereinbarung mit der Dienststelke, dass die Kollegen den Vorgang dann samt Aktenzeichen der Bezreg melden. Die hängt sich dann an die Anzeige dran. SL haben häufig gewisse Ängste, dass der Ruf der Schule leiden könnte. Leider leidet auf diese Art das ganze Kollegium.

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • dort etwas "zu holen ist", bezweifle ich zwar

    Mag sein, auf jeden Fall hättest Du aber dann einen sogenannten "Titel", der 30 Jahre Gültigkeit behält. Aber der andere Aspekt, vor Gericht zu stehen und zur Verantwortung gezogen zu werden, reizt mich hier am meisten.

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

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