Ist unser Bildungssystem jungenfeindlich?

  • nihilist : Ich finde es nicht schlimm, wenn Ponyhofgeschichten als (Zitat!) "Mädchenkram" beworben werden, da Mädchen zwischen sagen wir mal 6 und 12 Jahren schlichtweg die Hauptzielgruppe dieser Belletristik sind. Den problematischeren Teil finde ich eher, dass, was du korrekt angesprochen hast, es ein Teil unserer Bevölkerung immer noch für "minderwertig" hält, wenn sich Jungen für klassische Mädchenthemen interessieren.

    Wir sollten uns nicht als Gesellschaft daran abstrampeln, auf Krampf die Ponyhofgeschichte geschlechtslos zu machen, sondern eher dafür sorgen, dass Ben nicht ausgelacht wird, wenn er zur Ponyhofgeschichte greift, sondern dass diese Entscheidung genauso legitim ist wie Mehmets Griff zum Krimi und Jonas' Griff zur Dinogeschichte. Dann spielt am Ende übrigens auch keine Rolle mehr, ob der Einband weiterhin rosa ist.

  • reiten ist doch aber von der sache her nicht damenhaft.. sich im stall dreckig machen, cowboyhaft galoppieren, sogar ein gefährlicher sport.... so etwas natürliches sollte für alle ohne gesichtsverlust machbar sein (dazu müssten die preise bei reitschulen übrigens auch etwas sinken, damit es allen zugänglich ist!)! ich denke, da wollten mal zu einer bestimmten zeit frauen auch mal in eine männerdomäne (im erwähnten buch von else ury (1.band professors zwillinge), über 100 jahre alt, geht es in einer geschichte darum, dass die schwester auch mit dem schaukelpferd des bruders spielen will; sie wird aber barsch ans puppenhaus verwiesen, weil pferde nicht für mädchen seien). und dann gibt es diesen fluchtreflex "was mädchen (auch) machen, kann ich als junge dann nicht mehr machen". und diese abwertung sollte man der gesllschaft austreiben und daher gendermarketing nicht unterstützen, sondern boykottieren!

  • ...

    Und bei allem theoretischen Wollen - ich erlebe einfach, dass Jungen und Mädchen ihre Kräfte unterschiedlich messen, dass sie unterschiedlich an Probleme herangehen usw - und unabhängig davon, ob das eine Frage der Sozialisation ist oder nicht, für uns ist es zumindest mal der Alltag, mit dem wir umgehen müssen. Und ja: Lehrerinnen gehen damit anders um als Lehrer. Und deshalb macht es in meinen Augen eben doch einen Unterschied, ob eine Grundschule überwiegend von Lehrerinnen geprägt ist oder von Lehrern…

    Jetzt wird es interessant, wir kommen von den Interessen weg, hin zu komplexeren Verhaltensweisen wie Problemlösen.

    Und natürlich, wenn ich Probleme weiblich löse, dann kann ich das nicht einfach so ändern, mache es also so vor, wie ich es gelernt habe und übernehme damit unbewusst ein Rollenvorbild. Oder?


    Problematischer ist im Kontext Schule m.E. aber, wenn man Leistung so fordert, dass sie Mädchen tendenziell mehr entgegenkommt. Also wenn man davon ausginge, dass es Mädchen leichter fällt, still zu sitzen und schön zu schreiben und man dafür Noten vergibt. Da Männer aber nach wie vor in Führungspositionen und besser bezahlten Jobs häufiger vertreten sind, scheint sich der Notenvorteil nicht auszuwirken, was Antimon weiter oben schon schrieb.

  • Nicht jeder möchte eine Führungsposition, da schlichtweg nicht jeder führen möchte. Viele Menschen bevorzugen es, im Job geführt zu werden, und in der aktuellen Wirtschaftslage ist es sogar schwieriger, geführtes als führendes Personal zu finden. Aus meinem Bekanntenkreis, die teilweise in der freien Wirtschaft arbeiten, weiß ich, dass es schwieriger ist, eine Stelle "an der Basis" neu zu besetzen als eine Team- oder Abteilungsleiterposition.


    Die Jobwahl folgt verschiedenen Kriterien. Die Einen orientieren sich hier sehr nach finanziellen Möglichkeiten, Andere nach inhaltlichem Interesse, Dritte nach Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt oder Vierte orientieren sich an Familie und Freunden.

  • Nicht jeder möchte eine Führungsposition, da schlichtweg nicht jeder führen möchte. Viele Menschen bevorzugen es, im Job geführt zu werden,

    Klar, Frauen wollen lieber geführt werden. Das ist vielleicht dein heimlicher katholischer Wunsch, hat aber nichts mit dem angesprochenen Problem zu tun.

  • Jetzt wird es interessant, wir kommen von den Interessen weg, hin zu komplexeren Verhaltensweisen wie Problemlösen.

    Und natürlich, wenn ich Probleme weiblich löse, dann kann ich das nicht einfach so ändern, mache es also so vor, wie ich es gelernt habe und übernehme damit unbewusst ein Rollenvorbild. Oder?

    Ich sehe da jetzt eigentlich nicht so den grossen Unterschied. Bzw. glaube ich nicht, dass ich persönlich z. B. Probleme besonders "weiblich" löse, meine Sozialisation ist diesbezüglich die der Naturwissenschaftlerin. Wenn ich so an meine Kolleginnen und Kollegen denke, divergieren die Verhaltensmuster zwischen Historikern und Chemikerinnen erheblich mehr als zwischen Männern und Frauen. Unsere neue Schulleitung berücksichtigt das übrigens auch bei der Zuteilung der Mitarbeitergespräche auf die vier Schulleitungsmitglieder, fast die kompletten Fachschaften Chemie und Physik sind neu derselben Person zugeteilt. Ich habe mich doch recht amüsiert, als ich die neue Liste gesehen habe, es passt halt einfach schon sehr gut.


    Wenn du den Gedanken jetzt weiterführst ist die Reihenfolge dann doch eher so: Mein Interesse an Naturwissenschaften bedingt meine Studienfachwahl und diese prägt nachhaltig meine Problemlösestrategien. Wenn ich in meine Kindheit zurückdenke, war es einfach so, dass ich weder von meiner Mutter, irgendjemanden in der Verwandtschaft noch von irgendeiner Lehrperson jemals gehört habe, ich könnte irgendwas nicht, weil ich ein Mädchen bin. Meine Mutter hat es durchaus probiert damit, dem Kind Puppen zu schenken, dann aber recht schnell eingesehen, dass das Kind lieber mit den Lego-Bausteinen der älteren Brüder spielt und irgendein seltsames Interesse insbesondere an Feuer hat, mit dem es fast mal einen Wohnungsbrand ausgelöst hat. Meine Mutter hat so einiges falsch gemacht, aber an der Stelle wohl so ziemlich alles richtig, womit ich wahrscheinlich verdammtes Glück hatte.


    Da Männer aber nach wie vor in Führungspositionen und besser bezahlten Jobs häufiger vertreten sind, scheint sich der Notenvorteil nicht auszuwirken, was Antimon weiter oben schon schrieb.

    Eben das. Ich verstehe das "Problem" immer noch nicht. Auch dass Männer z. B. häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen sind halte ich für kein ernstzunehmendes gesamtgesellschaftliches Problem. Für die Schweiz zeigt die Statistik einen Unterschied von gerade mal 0.5 %, in Deutschland sind es ebenfalls 0.5 % im Westen und 1.5 % im Osten. Da kann man bei dem Hinweis darauf ja fast schon von einem bewussten Versuch der Manipulation ausgehen oder anders ausgedrückt ... bleibt mir bitte weg mit so einem Bullshit. Die Arbeitslosenquote unter Ausländern ist übrigens 3 x höher als unter Inländern (in Deutschland wie in der Schweiz) - DAS ist ein Problem, an das man WIRKLICH ran müsste. Abgesehen davon sind natürlich deutlich mehr Frauen als Männer so ganz grundsätzlich überhaupt nicht erwerbstätig. Die Erwerbstätigenquote liegt in Deutschland bei 74 % für Frauen und 81 % für Männer, wobei das keine Vollzeitäquivalente sind. Ist glaube klar, was rauskommt, wenn man das auch noch berücksichtigt.

    2 Mal editiert, zuletzt von Antimon () aus folgendem Grund: Zahlen ergänzt. Wir wollen ja seriös argumentieren, gell.

  • Aber Pöbeleien und Falschaussagen tragen zum Austausch bei?

    Es nervt einfach. Daher muss ich es von Zeit zu Zeit ansprechen. Bin da auch nicht alleine mit.

  • Es nervt einfach.

    Ja, du hast recht. Die Pöbeleien und die Falschaussagen nerven.


    Daher muss ich es von Zeit zu Zeit ansprechen.

    Wenn ich das nicht sachlich könnte, ließe ich es bleiben. Es gibt nur einen Grund zu pöbeln, nämlich pöbeln zu wollen.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Ich sehe da jetzt eigentlich nicht so den grossen Unterschied. Bzw. glaube ich nicht, dass ich persönlich z. B. Probleme besonders "weiblich" löse, meine Sozialisation ist diesbezüglich die der Naturwissenschaftlerin. ...

    Für mich liegt der Unterschied darin, dass ich recht sicher davon ausgehe, dass Geschmack nicht geschlechtsspezifisch ist. Farben, Spielsachen und Bücherthemen werden vermarktet.


    Aber ob es Eigenschaften gibt, die besonders "weiblich" oder "männlich" sind und die man weitergibt- oder eigentlich, ob man diese als Frau oder als Mann Mädchen bzw. Jungen anders vermittelt- finde ich nicht so klar.

    Meine Kolleg*innen haben unterschiedliche Eigenschaften. Ich bin aber froh, dass sich das Gleichgewicht zwischen Männern und Frauen angenähert hat. Nur Frauen auf einem Haufen finde ich kontraproduktiv, mein Mann meinte mal, nur Männer an einem Arbeitsplatz seien auch anstrengend. Die Mischung macht's- aber warum, wenn doch alle gleich sind?


    Hier im Forum liegt man übrigens des Öfteren falsch beim Geschlechterraten. Wenn Männer und Frauen jeweils so viel gemein hätten, müsste man dann nicht nach ein paar Beiträgen wissen, welches Geschlecht jemand hat? Das Alter scheint mir da schneller klar zu werden...

  • Hier im Forum liegt man übrigens des Öfteren falsch beim Geschlechterraten

    Ist das so? Ich meine, dazu muss man schon ziemlich unaufmerksam sein, was Einzelne zweifellos sind. Ich bin mir eigentlich nur bei einer Person, die regelmässig schreibt, nicht sicher. Ich wiederum wurde öfter schon für einen Mann gehalten. Aber ich meine, dafür muss man eben auch einigermassen unaufmerksam sein. Oder halt selbst sehr klischeebehaftet im Denken. Wir haben schon auch so 2 - 3 Männer im Kollegium, die unfähig sind sich zu merken, dass ich und noch zwei weitere Kolleginnen wirklich *nicht* Biologie unterrichten. Interessanterweise Historiker und Germanisten. Das halte ich unterdessen für plumpen Sexismus.

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