Hallo liebe Mitglieder,
ich begeistere mich gerade enorm für die Idee, nochmal ein Lehramtstudium (Sekundarstufe 1+2) zu beginnen. Schon nach dem Abi dachte ich (auch auf Anraten eigener Lehrer, Freunde, Familienmitglier) daran, Lehrer zu werden, ließ mich aber von den möglichen Fächerkombinationen abschrecken. Der Gedanke holte mich immer wieder ein, doch ich entschied mich aus nun nicht mehr nachvollziehbaren Gründen jedesmal dagegen.
Inzwischen hab ich einen Ing.-Bachelor (Druck- und Verpackungstechnik) auf dem Tisch liegen. So freudlos ich den Bachelor abschloss, begonn ich den fachgleichen Master und brach mit der nun gesicherten Erkenntnis, mich auf einen beruflichen Irrweg begeben zu haben, unmittelbar wieder ab und suchte stattdessen vergeblich Erfüllung in ersten Berufserfahrungen. An der Disziplin reizt mich fast ausschließlich die notwendige Nachhaltigkeitstransformation der Verpackungsbranche und ich habe eigene Vorstellungen und Gedanken zur Umgestaltung über die Jahre entwickelt. Allerdings sehe ich keinen beruflichen Rahmen, in dem es sich wirklich effektiv und mit Aussicht auf rechtzeitigen Erfolg an den Themen arbeiten ließe. Stattdessen bestimmen Individualismus und die Befriedigung wirtschaftlicher Interessen das Handeln. Unter Berücksichtigung unseres Wirtschaftssystems absolut nachvollziehbar und es wäre naiv, Anderes zu erwarten, mich persönlich frustriert der Umstand aber enorm.
Mir ist die Größe der Entscheidung für ein Zweitstudium bewusst, daher möchte ich mich möglichst umfassend damit auseinandersetzen und bevor ich mich zu sehr in der Idee verrenne abklären, ob ich überhaupt Chancen auf eine Zulassung und eine realitätsnahe Vorstellung vom Beruf habe. Über Eure Einschätzungen und Ratschläge wäre ich mehr als dankbar!
Eine Möglichkeit zur Zulassung sehe ich aktuell nur in Bremen und Hamburg, da hier ohne gesondertes Aufnahmeverfahren für Zweitstudienanwärter*innen ausgewählt wird. Hier entscheidet der NC und man kann sich wohl auch mit der Hochschulnote bewerben. In meinen Fall wäre das eine 1,7 im Abi (BaWü) und eine 1,4 im Bachelor. Demnach was ich dazu gesehen habe, könnte / sollte das knapp reichen (vorstellen könnte ich mir Mathe, Deutsch, Englisch, Kunst-Medien-Ästhetische-Bildung). Evtl. weiß ja jemand von euch mehr dazu? Auch allgemeine Bewerbungstips nehme ich natürlich gerne.
Ich halte den Beruf für wahnsinnig anspruchsvoll und ich glaube das im Arbeitsalltag jede Menge Herausforderungen und Belastungen lauern, die von Außen kaum wahrnehmbar sind. Erstmals oberflächlich damit konfrontiert wurde ich durch einen Aushilfsjob in der Ganztagesbetreuung einer Grundschule. Ich nahm den Job als absolut fordernd, dennoch sehr erfüllend wahr und hatte das Gefühl, mit allen Beanspruchungen ganz gut zurecht zu kommen und auch ein angebrachtes Maß an Distanz zu Arbeit und den SuS aufbauen zu können. Allerdings stand ich dabei natürlich nicht in der Hauptverantwortung für die Gruppe.
Gerne würde ich herunterbrechen weshalb ich mich für den Beruf interessiere, warum ich mich für einigermaßen geeignet halte und was mich noch zweifeln lässt:
Das spricht dafür:
- Arbeit mit Sinn / gesellschaftlicher Relevanz / Chance eine Art Berufsethos und Identifikation mit der Arbeit zu entwickeln
- Habe gewissen Anspruch an eigene Fachkompetenz, sehe mich aber selbst eher generalistisch veranlagt (fachlicher Anteil befriedet Ansprüche an eigene Fachkompetenz, steht aber nicht allein im Vordergrund)
- Habe gewisses Bedürfnis nach gestalterischer / schöpferischer Arbeit, sehe mich aber selbst eher generalistisch veranlagt (Chance sich in der Unterrichtsgestaltung kreativ einzubringen, Schöpferisches Arbeiten ist aber nicht die Kernaufgabe)
- Sehe mich durch generalistische Veranlagung auch recht gut aufgestellt für alle anderen interdisziplinären Anforderungen (Fachlehrer, Organisator, Kommunikator, Erzieher,...)
- Umgang mit Kindern und Jugendlichen liegt mir und macht mir Spaß
- Habe Zugang zu Menschen unterschiedlichster Sozialisation (durfte u.A. auch durch Nebentätigkeiten und Praktika im Handwerk andere "Blasen" kennen und lieben lernen)
- Habe Spaß daran Wissen zu vermitteln und andere Menschen für Dinge zu begeistern, die mich selbst erfüllen
- Entdecke gerade wieder große Lust am Lernen und daran, mich lebenslänglich weiterzubilden
- Im Vergleich zum erlentern Beruf, kann ich mich bei einem Blick in die Zukunft absolut mit dem Lehrerberuf identifizieren und habe direkt zahlreiche Ideen und Vorstellungen davon, wie ich den Beruf ausleben möchte (gleichzeitig bin ich glaube ich Realist genug um zu verstehen, dass wohl nur ein Bruchteil davon umsetzbar ist)
- Spielt sich alles außerhalb der Privatwirtschaft ab
- Allgemeine Lockerheit und Humor
Was mich zweifeln lässt:
- Hohe Abbrecherquote und die Angst, anfallende Belastungen zu unterschätzen
- Zeit + Alter: Wurde dieses Jahr bereits 26 und wäre bei Studienbeginn im WS25/26 wohl um die 32 bei Eintritt ins Ref.
- Zweifel, ob ich fachlich dazu im Stande wäre (in Regelstudienzeit) bspw. ein Mathematikstudium durchzuziehen. Allerdings habe ich all die netten Ablenkungen der Studienzeit hinter mir und auch meine Bedürfnisse nach rauschhaften Erfahrungen sind größtenteils gestillt, sodass ich mir sehr gut vorstellen kann, wirklich Vollzeit-Plus, ernsthaft zu studieren.
- Aktuell befinde ich mich wegen einer leichten depressiven Episode in psychotherapeutischer Behandlung in einer Kassenpraxis, bin aber zuversichtlich, dass ich den Mist nachhaltig loswerde. Es kursieren ja zahlreiche Gerüchte, dass das einer Verbeamtung im Wege stehen könnte, hatte hierzu aber inzwischen auch Anderes gelesen. Hoffe ohnehin, dass sich hier noch was tut, aber vielleicht weiß ja auch jemand mehr dazu?
- Berufsaussichten und Wahl des Arbeitsortes
- Finanzierung des Zweitstudiums (soll hier nicht unbedingt diskutiert werden)
Ich würde auch sehr gerne praktische Erfahrungen aus dem Schulalltag kennenlernen und würde mich auch über Tips bezüglich eines Praktikums oder einer Hospitanz freuen. Ich kann mir auch gut vorstellen, zunächst mal als Schulbegleiter zu starten. Lasst mich gerne wissen ob ich ansatzweise eine realistische Vorstellung von Eurem Beruf habe und was ihr sonst so darüber denkt und evtl. vor Beginn des Studiums gerne gewusst hättet! Freue mich über jede Art der Rückmeldung, bspw. auch nur zu Teilaspekten.
Liebe Grüße,
Lennart
PS: Entschuldigt bitte den großen Textbatzen (erstes ToDo vermutlich lernen, schneller zum Punkt zu kommen) ich dachte aber, ich schreib mir einfach mal ohne großes Konzept von der Seele.