Was 1966 als "unschöne Schrift" galt...

  • Ich hab neulich mein Geschichten-Heft (kreatives Schreiben) aus der Grundschule gefunden. Das Heft war voll und anscheinend haben wir auch als Grundschüler schon Geschichten geschrieben, die sich über 3 oder 4 Seiten zogen. Wenn man heute Gymnasialschüler in Klasse 7 hat, die keine 10 zusammenhängenden Sätze aufs Papier bringen, fragt man sich schon, was da zwischenzeitlich passiert ist und ob nicht einige wesentliche Kompetenzen mehr und mehr verloren gehen.


    Aber ja, Präsentieren konnte ich als Grundschüler und vermutlich auch Mittelstufenschüler nicht. Ich behaupte allerdings, dass das zu späterem Zeitpunkt leichter aufholbar ist, als defizitäres Lesen und Schreiben.



    Ich kann nicht mal Mogeleiversuch unterstellen, wenn ich Vokabeltests korrigiere.
    Nein, einige SuS können kein n von m, kein a von e oder o, ob der t einen Strich hat oder nicht, egal ...

    Was ich nicht lesen kann, werte ich als Rechtschreibfehler.Es gibt nunmal einen Standard, wie ein a oder ein e aussehen soll, und der wurde halt nicht erfüllt. Ist das komplette Wort nicht entzifferbar, ist es ein Wortfehler. Und zusätzlich gibts noch Abzug in der kommunikativen Textgestaltung ("[...] erstellt einen leserlichen Text [...]").

    Gibt natürlich ständig Palaver.

  • chilipaprika , ich verstehe, was du meinst. Aber ich hab noch alles mögliche für Vokabeltests gelernt und habe bis heute echte Probleme, mit Nativespeakern zu sprechen, weil mir mein Gestammel unheimlich unangenehm ist.


    Ich finde es beneidenswert, wenn Jugendliche angstfrei in Fremdsprachen kommunizieren, auch wenn's grammatikalisch falsch sein sollte.


    Vielleicht kann Schule nicht alles leisten?

  • ...Wenn man heute Gymnasialschüler in Klasse 7 hat, die keine 10 zusammenhängenden Sätze aufs Papier bringen, fragt man sich schon, was da zwischenzeitlich passiert ist und ob nicht einige wesentliche Kompetenzen mehr und mehr verloren gehen.

    Wieso ist so ein Schüler in Klasse 7 noch da? In Sachsen ist 5/6 Orientierungsstufe und es wird Oberschule empfohlen, wenn einer den Anforderungen offenbar nicht gewachsen ist.

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    chilipaprika , ich verstehe, was du meinst. Aber ich hab noch alles mögliche für Vokabeltests gelernt und habe bis heute echte Probleme, mit Nativespeakern zu sprechen, weil mir mein Gestammel unheimlich unangenehm ist.


    Ich finde es beneidenswert, wenn Jugendliche angstfrei in Fremdsprachen kommunizieren, auch wenn's grammatikalisch falsch sein sollte.


    Vielleicht kann Schule nicht alles leisten?

    "Meine Jugendlichen" kommunizieren gar nicht. Weder angstfrei noch mit Angst.

    Und kein Muttersprachler würde sie verstehen.
    Ich verstehe sie nur, weil ich weiß, dass sie jede Endung (falsch) aussprechen, die unregelmäßigen Verben (falsch) regelmäßig konjugieren, usw..

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    Wieso ist so ein Schüler in Klasse 7 noch da? In Sachsen ist 5/6 Orientierungsstufe und es wird Oberschule empfohlen, wenn einer den Anforderungen offenbar nicht gewachsen ist.

    Mein Lieblings-Selbstzitat:

    Zitat

    Bundesland! Bundesland!


    ich mache es aber einfacher und erfinde eine neue regelmäßige Antwort.

    NRW! NRW!


    (Ich kann nicht für Maylins Schüler sprechen, aber ich bin SICHER: das Kind ist in Erdkunde, Geschichte, Chemie und Kunst super! (naja, eine 3) )

  • Und kein Muttersprachler würde sie verstehen.

    also ich verstehe, was Du sagen willst (und wenn ich Französischvertretung habe, stellen sich mir auch immer die Haare zu Berge und ich empfehle immer, einfach in den ersten beiden Jahren zu pauken, dann muss man das quasi nie mehr) aber gerade FranzösInnen stellen sich auch oft schrecklich an, wenn AusländerInnen Französisch sprechen. In Griechenland hingegen wird man gleich Ehrenbürger der Stadt, wenn man einmal Ya-mas stammelt. +g

  • Ich hab neulich mein Geschichten-Heft (kreatives Schreiben) aus der Grundschule gefunden. Das Heft war voll und anscheinend haben wir auch als Grundschüler schon Geschichten geschrieben, die sich über 3 oder 4 Seiten zogen.

    Ich hatte schon Schüler:innen, die in Klasse 2/3 lange Texte verfasst haben. Derzeit ringt man bei einigen um jeden Satz.


    Die Aufsatzerziehung ist übrigens zusammengestrichen worden, auch befinden Klassenarbeiten. Ich versuche, es unterzubringen, aber es gibt viel zu viel Inhalt für zu wenige Stunden und bräuchte noch viel mehr Übungszeit, wenn die Sachen wirklich (und oft ausschließlich) in der Schule geübt werden.

  • Wieso ist so ein Schüler in Klasse 7 noch da? In Sachsen ist 5/6 Orientierungsstufe und es wird Oberschule empfohlen, wenn einer den Anforderungen offenbar nicht gewachsen ist.

    Weil wir in NRW sind. Meine vormalige Schule war sechszügig und es kamen so lustige Ansagen, wie es dürfen maximal 8 Schüler abgegeben werden (mangels Schulplätzen an anderen Schulen). Obwohl schon absurd wenig abgeschult wurde, gabs in der Kommune Zeitungsartikel und Stimmen politischer Vertreter, die den Gymnasien die "hohen" Abschulungsquoten vorwarfen und dass man es sich mit Abschulungen zu leicht mache. Wer die Anmeldung bewerkstelligt, wird mit großer Wahrscheinlichkeit auch irgendwie durchgezogen.

  • (Ich kann nicht für Maylins Schüler sprechen, aber ich bin SICHER: das Kind ist in Erdkunde, Geschichte, Chemie und Kunst super! (naja, eine 3) )

    In Erdkunde nicht ☝️ Ich hab tapfer Förderplan um Förderplan um Förderplan geschrieben. Nützt halt hix realistische Noten zu geben, wenn keiner mitmacht^^

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    also ich verstehe, was Du sagen willst (und wenn ich Französischvertretung habe, stellen sich mir auch immer die Haare zu Berge und ich empfehle immer, einfach in den ersten beiden Jahren zu pauken, dann muss man das quasi nie mehr) aber gerade FranzösInnen stellen sich auch oft schrecklich an, wenn AusländerInnen Französisch sprechen. In Griechenland hingegen wird man gleich Ehrenbürger der Stadt, wenn man einmal Ya-mas stammelt. +g

    Ja, die Franzosen sind eigen, aber ich kann es wirklich so behaupten, weil ich irgendwann meiner (muttersprachlichen) Freundin Audio-Aufnahmen hab hören lassen (sie ist Lektorin an der Uni und lehrt Didaktik. Ab und zu muss ich sie auch auf den Boden der Realität zurückholen).
    Sie versteht es WIRKLICH nicht.

    Aber es soll ja nicht Ziel von 4 Jahren Unterricht sein, dass die Kids "je travaillé tu travaillésss il travaillé (ja..) ils travaillénnt" aussprechen, wenn sie einen Text vorlesen. (es ist die Präsenz-Konjugation). Vom freien Sprechen spreche ich nicht mal.

    Sorry, Mecker-Thread, ich bin total desillusioniert und wütend auf dieses System.

  • Ich finde es beneidenswert, wenn Jugendliche angstfrei in Fremdsprachen kommunizieren, auch wenn's grammatikalisch falsch sein sollte.

    Also da kann ich chilipaprika leider nur bestätigen: Das klappt im Englisch, aber absolut nicht im Französisch, auch nicht in der Schweiz, 5 km vor der Landesgrenze zu Frankreich und 15 km vor der innerschweizerischen Sprachgrenze. Wir haben Jugendliche, denen der kalte Schweiss auf die Stirn tritt, wenn sie in Delémont auf der Strasse einen Satz auf Französisch sagen sollen. Bewundernswert finde ich da die Kolleginnen und Kollegen, die einfach nicht aufgeben und eine Mathe-Klasse notfalls an die EPFL verschleppen, damit die nur irgendwie mal den Mund aufbekommen. Fragt mich eine Kollegin letztens ganz besorgt: "Es geht dann da irgendwie um Plasma ... Was ist das? Muss ich darüber irgendwas wissen wenn ich mit denen da hingehe?!" Nein, R. du liest bitte überhaupt nichts über Plasma, die Schöfli sollen selber fragen was sie interessiert. Auf Französisch. Die schaffen das.

  • Ich erinnere mich daran, dass du, Chilipaprika, mal geschrieben hast, dass Französisch bei euch keinen allzu guten Ruf hat.

    Bei uns ist die Resonanz gegenüber der Sprache, gegenüber dem Fach ein gutes Stück besser. Die meisten Schüler, die sich für Französisch entscheiden, freuen sich anfangs auf das Fach. Klar, Vokabeln- und Grammatikpauken ist anstrengend, aber locker bei der Hälfte der Schüler bleibt die Freude am Fach die Sek I durch erhalten.

    Es gibt auch bei uns die Schüler, die auch nach mehreren Jahren damit kämpfen, unregelmäßige Verben im Présent zu konjugieren.

    Um an das anzuknüpfen, was du schreibst, setzen die tollsten Didaktikkonzepte erst an der Stelle an, an der zumindest die Grundlagen an Volabular und Grammatik vorhanden sind. Und diese fehlen leider oft. Nicht, weil die Schüler dazu nicht intelligent genug wären, sondern weil das klassische Auswendiglernen in den ersten zwei Lernjahren nicht ernst genommen wurde. Und sind erst einmal Lücken vorhanden, kriegst du diese ab dem 3. Lernjahr kaum noch ausgebügelt.

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    Französisch hat keinen schlechten Ruf.
    Also nicht schlechter als Latein.

    Lernen steht schlecht im Kurs und neben Mathe ist die zweite Fremdsprache einfach das einzige Lernfach und somit Hassfach Nummer 2 / Nummer 1.


    Ach, ich korrigiere mich: Hassfach vielleicht erst am Ende der Mittelstufe. Sie sitzen auch zum Teil lieb da. Aber können tun sie nichts.

  • Ja, die Franzosen sind eigen, aber ich kann es wirklich so behaupten, weil ich irgendwann meiner (muttersprachlichen) Freundin Audio-Aufnahmen hab hören lassen (sie ist Lektorin an der Uni und lehrt Didaktik. Ab und zu muss ich sie auch auf den Boden der Realität zurückholen).
    Sie versteht es WIRKLICH nicht.

    Aber es soll ja nicht Ziel von 4 Jahren Unterricht sein, dass die Kids "je travaillé tu travaillésss il travaillé (ja..) ils travaillénnt" aussprechen, wenn sie einen Text vorlesen. (es ist die Präsenz-Konjugation). Vom freien Sprechen spreche ich nicht mal.

    Sooo kompliziert ist das doch aber auch wieder nicht, regelmäßige Verben zu konjugieren? :gruebel:


    Meine Mutter hat als Kind französische "Besatzer" in der Wohnung gehabt und war mit deren Kindern dicke befreundet, sie hat Französisch immer geliebt und vielleicht habe ich deswegen nicht so pauschal dicht gemacht. Aber die Sprache ist halt tatsächlich nicht so präsent im Alltag. Mehr Schüleraustausch, Klassenfahrten, Ausflüge ins Elsass bringens wahrscheinlich auch nicht...? Es tut mir echt Leid für dich :liebe:

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    Ich werde es überleben, aber interessant ist es, weil ich nie gerne Französisch studiert habe, es ist ein Gelegenheitsfach, weil ich nach einer Woche Latein (wäre auch jetzt nicht viiiiel besser) festgestellt habe, dass das Niveau in Deutschland "leicht höher" ist und weil meine Philosophie-Lehrerin vom Studium abriet (im Endeffekt riet sie mir vom frz Studium und in Deutschland hätte es gepasst. Inhaltlich. Sprachlich hätte ich die ersten Jahre schon echt gestockt).

    Augen auf bei der Fächerwahl, ich muss damit leben und kann leider nicht sagen, dass der Glaube an Frankreich mir abhanden gekommen ist und ich die Fakultas zurückgebe ;)

  • "Meine Jugendlichen" kommunizieren gar nicht. Weder angstfrei noch mit Angst.

    Und kein Muttersprachler würde sie verstehen.
    Ich verstehe sie nur, weil ich weiß, dass sie jede Endung (falsch) aussprechen, die unregelmäßigen Verben (falsch) regelmäßig konjugieren, usw..

    Ich lache übrigens über den Beitrag, weil ich genau weiß, wie das klingt, was du beschreibst und selber im Unterricht damit zu kämpfen habe, weil nicht einmal die Präsensendungen einfach mal korrekt gelernt werden.

    Ich sitze ja alljährlich mit in der Prüfungskommission Klasse 10 und bei manchen klingt das dann eben auch noch in der Abschlussprüfung genau so- in manchen Jahrgängen sogar bei erschreckend vielen.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Ich sitze ja alljährlich mit in der Prüfungskommission Klasse 10 und bei manchen klingt das dann eben auch noch in der Abschlussprüfung genau so- in manchen Jahrgängen sogar bei erschreckend vielen.

    Oje! Da kapieren wir schwerfälligen Erwachsenen diese spezielle Aussprache ja im VHS - Kurs schneller! Bei uns sind eher diese Färbungen der Nasallaute nicht korrekt.

    Mich wundert, was ihr beschreibt, also was Chiili beschrieben hat mit der Konjugation im Präsens. Obwohl ich nur 2 +1 Jahre Französisch ( das letzte Jahr als AG) in der Schule hatte, ist bei mir diese Aussprache ohne Probleme hängengeblieben. Und das, obwohl man früher nicht so viel frei gesprochen hat wie heute, sondern gelesen, übersetzt, die Grammatik gepaukt und die Vokabeln geübt hat.

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    EBEN!
    Das ist ein Generationsding. Es ist nicht komplex, aber trotzdem zu schwierig.
    Ich erlebe jetzt im deutschen Französischunterricht, was wir im französischen Englischunterricht durchgespielt haben: Weil keiner wusste, wie man etwas ausspricht und es lächerlich klingt, das th richtig auszusprechen, hat keine*r versucht, es richtig zu machen.
    Meine SuS (die Hälfte) versuchen es nicht mal. Ich sage es vor, sie wiederholen es falsch (ich rede NICHT über die Nasale.)

  • es hat vielleicht auch was mit der Sprachreihenfolge zu tun:

    ich hatte Französisch als erste Fremdsprache (wir haben ja in Rhl-Pflz. ohnehin eine ganz andere Beziehung zu dem Land; ich denke, ich war - angefangen von der Grundschule - etwa 6 mal in unserer Partnerschaftsstadt in Frankreich) und habs schon damals nicht verstanden, wie meine Freunde in der Parallelklasse mit Englisch als 1. Fremdsprache sich derartig anstellen konnten, das -s in der 3. Person Singular anzuwenden. Ich mein.. wie schwer kann das bitte sein? Ich hab in den ersten zwei Jahren wirklich sehr viele Stunden damit verbracht, Verben vor mich hin zu konjugieren - hatte irgendwo schonmal geschrieben, dass das ja anscheinend Französische Kinder auch machen müssen. Englisch als 2. FS war ein Klacks, nach Französisch - ich hab manchmal garnicht glauben können, dass das schon alles war. Die in der Parallelklasse haben sich dann mit Latein und Französisch unendlich schwer getan.

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