Verpflichtung zur kommissarischen Schulleitung?

  • Liebe KollegInnen,


    ich arbeite als Lehrerin für Sonderpädagogik an einer inklusiven Grundschule in einem Ballungsgebiet in NRW.

    Ich arbeite im Grunde sehr gerne an dieser Schule, insbesondere weil unser Kollegium wirklich spitze ist und wir mit unseren verschiedenen Professionen wirklich gut auf Augenhöhe zusammenarbeiten können. Natürlich kämpfen auch wir mit den üblichen Rahmenbedingungen und Personalmangel, aber ich denke wir bieten unseren Schülerinnen und Schülern ein gutes schulisches Umfeld.


    Nun ist es aber so, dass unsere Konrektorin die Schule seit etwa zwei Jahren in kommissarischer Funktion leitet. Einige Wochen vor den Sommerferien hat sie -für uns überraschend, aber aus nachvollziehbaren Gründen- bekannt gegeben, dass sie in wenigen Monaten, also im Laufe des gerade begonnenen Schuljahres, ebenfalls in den Ruhestand gehen wird.


    Eine neue Leitung ist nicht in Sicht und die Schulaufsicht geht nicht von einer schnellen Neubesetzung aus, auch wenn es immer Überraschungen geben könnte.

    Also steht im Raum, dass jemand aus dem Kollegium die kommissarische Leitung übernehmen muss. Freiwillig möchte dies keiner tun.

    Uns wurde gesagt, dass es dann in der Regel nach Dienstalter geht. So steht es auch in der BASS. Ich bin davon ausgegangen, dass das Dienstalter nach Jahren gezählt wird. Das Schulamt sagte jedoch, dass zuerst die Besoldungsstufe zählt und dann die Dienstjahre. Da ich als Sonderpädagogin A13 verdiene und meine Regelschulkolleginnen (wir haben keine männlichen Lehrer) A12 (glaubt mir, ich weiß wie unfair dies ist, wenn ich die tägliche Arbeit der Kolleginnen sehe und bin froh, dass dies bald angeglichen wird) würde dies bedeuten, dass ich ganz vorne mit dabei wäre, wenn es um die kommissarische Leitung geht.

    Ich bin drei Jahre aus meinem Referendariat raus, also keine blutige Anfängerin mehr, aber ich habe noch nicht einmal einen kompletten Grundschuljahrgang durchgebracht. Ich erachte mich als überhaupt nicht qualifiziert für eine Leitungsposition.

    Im neuen Sozialindex liegen wir auf Stufe 8, wir haben einen hohen sonderpädagogischen Bedarf und die zweite Sonderpädagogikstelle ist unbesetzt, bzw. wird durch Abordnungen zeitweise ausgefüllt. Für unsere 12 Klassen bin ich also größtenteils alleine verantwortlich und habe derzeit aufgrund eines Krankheitsfalls für voraussichtlich noch einige Monate zudem eine Klassenleitung.


    Eine ersre Beratung, einfach nur zur Information, durch meine Gewerkschaft ergab übrigens, dass die es anders sehen und die Dienstjahre ausschlaggebend seien.

    Das Schulamt sagte schon vor Wochen, dass es zur Klärung an die Bezirksregierung gegeben worden sei.

    Nun lese ich aber im Internet, dass jede zehnte Grundschule in NRW ohne Schulleitung ist. Wir sind also definitiv kein Einzelfall. Wie kann es da sein, dass so etwas wie das Dienstalter nicht geklärt ist?


    Mich beschäftigt das wirklich sehr, auch wenn noch nichts entschieden ist.

    Arbeitet von euch jemand an kommissarisch geführten Schulen? Wie wurde es da geregelt? Und wie lange werdet ihr schon kommissarisch geleitet?


    Ich wäre wirklich dankbar von euren Erfahrungen zu hören, auch wenn die natürlich nicht 1:1 übertragbar sind.


    Vielen Dank!

  • Hey,

    zu deiner eigentlichen Frage kann ich leider nichts sagen, aber an meinem Wohnort gibt es eine Grundschule, an der sowohl die Rektoren- als auch die Konrektorenstelle nicht besetzt ist. Sie haben dort jetzt ein sogenanntes "Schulleitungsteam" eingesetzt, das aus vier Kolleginnen besteht (jede ist Klassenleitung in einer anderen Stufe). Optimal ist das nicht, aber vielleicht wäre das auch ein Modell für eure Schule, damit nicht eine Person alles machen muss.

    Alles Gute!

  • Mal kurz Google bemüht und diese Seite vom VBE gefunden:
    https://www.vbe-rechtsdatenban…ow_a&hid=8&sid=42&aid=520

    Am Ende muss dies dann der dienstälteste/die dienstälteste Kollege / Kollegin sein. Hierbei kommt es nach dem Wortlaut aus § 60 Abs.2 Satz 2 SchulG sowie hier des § 32 Abs.4 Satz 1 ADO nicht auf das Statusamt an. Dienstälteste/Dienstältester ist derjenige, der das höchste Dienstalter nach Beendigung der Probezeit vorzuweisen hat.

    Für Grundschulen bedeutet dies also, dass nicht die an der Schule mit A 13 besoldeten sonderpädagogischen Lehrkräfte vorrangig heranzuziehen sind, sondern es allein darauf ankommt, wer im Kollegium das höchste Dienstalter hat.

    «Wissen – das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn man es teilt.» (Marie von Ebner-Eschenbach)
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  • Danke für eure Antworten! Ich habe gar nicht damit gerechnet, so spät noch welche zu erhalten.


    Zum Thema Schulleitungsteam:

    Das ist bei uns auch im Gespräch und ich würde auch gar nicht ausschließen, dort mitzumachen. Dennoch muss wohl auch dort benannt werden, wer an Position 1 und 2 ist. Da geht es um Vollmachten und Berechtigungen, bspw. für Unterschriften.


    Danke auch dir Wolfgang! Ja, der VBE ist die Gewerkschaft, die mich beraten hat.


    Das Schulamt bezieht sich jedoch auf genau die gleichen Paragraphen und sagt, dass da eben nicht draus hervorgeht, dass das Dienstalter von der Besoldung unabhängig sei.

    Es hängt wohl alles daran, wie Dienstalter definiert ist. Und dass das nicht eindeutig geklärt sein soll, verwirrt mich.

    • Offizieller Beitrag

    Das Schulamt bezieht sich jedoch auf genau die gleichen Paragraphen und sagt, dass da eben nicht draus hervorgeht, dass das Dienstalter von der Besoldung unabhängig sei.

    Es hängt wohl alles daran, wie Dienstalter definiert ist. Und dass das nicht eindeutig geklärt sein soll, verwirrt mich.

    Interessant, wie euer Schulamt das auslegt. Da steht ja explizit " übernimmt die dienstälteste Lehrerin oder der dienstälteste Lehrer, sofern nicht eine andere Vertretungsregelung getroffen ist".

    Also: keine Diskussion - du bist raus. Laut ADO.


    (Aber wenn du dich in einem Team dort einbringen willst: du wirst es nicht bereuen. Garantiert nicht.)

  • (Aber wenn du dich in einem Team dort einbringen willst: du wirst es nicht bereuen. Garantiert nicht.)

    Entweder macht es Spaß und man merkt, dass man selbst mal SL sein möchte. Oder man lernt, dass man definitiv keine SL sein möchte.

  • Im oben angegebenen Zitat vom VBE steht eindeutig:
    "Dienstälteste/Dienstältester ist derjenige, der das höchste Dienstalter nach Beendigung der Probezeit vorzuweisen hat."

    Die kommissarische Schulleitung soll von jemand übernommen werden, der viel Erfahrung im Schuldienst besitzt. Erst, wenn man unzählige Konferenzen und Situationen miterlebt hat, kann man - ohne Schulungen für SL durchlaufen zu haben - eine Schule adäquat leiten.
    Das ist ein komplexes System, das zudem viele Fallstricke aufweist.

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  • Mir wurde das - als Dienstältester - auch schon angetragen. Ich habe mich gewehrt, denn wie "kann" ich kommissarisch eine Schule leiten, auf deren SL-Stelle ich mich nie hätte bewerben dürfen. Ich habe zwar immer an Städtischen Katholischen Grundschulen (NRW halt) gearbeitet, aber wegen der "falschen" Religion war Schulleitung an diesen Schulen für mich umöglich. Das war mein Hauptargument. Außerdem kann eine Schule auch beschließen, dass es nicht der Dienstälteste macht. Wenn jemand anderes "bereit" ist, vereinfacht es das Prozedere natürlich.

    So geschah es dann, aber die dann seit Jahren eingesetzte kommissarische Schulleitung ist auf Grund der Arbeitsbedingungen jetzt auch nicht (mehr) bereit zu einer ernsthaften Bewerbung.

    Ich fasse mal ein paar Zitate von oben zusammen:

    Zitat

    - Aber wenn du dich in einem Team dort einbringen willst: du wirst es nicht bereuen. Garantiert nicht.

    - Das ist ein komplexes System, das zudem viele Fallstricke aufweist.

    - Entweder macht es Spaß und man merkt, dass man selbst mal SL sein möchte. Oder man lernt, dass man definitiv keine SL sein möchte.

    Es ist deine Entscheidung, aber die vielen "Abers", die zur Vorsicht raten, solltest du berücksichtigen. Einmal im System Schulleitung, ist es schwer, gesund wieder heraus zu kommen. Das mag anekdotisch sein, aber an meiner letzten Schule habe ich es jahrelang erlebt.

  • Achtung, nur falls hier später mal jemand anderes reinschaut. Dies ist wie fast alles bundeslandabhängig.


    In BW gibt es auch die Regelung, dass der Schulleiter bei Nichtvorhandensein eines Stellvertreters durch den dienstältesten Lehrer vertreten wird (§42 SchG).
    Hier ist allerdings gängige Auslegung, dass die dienstälteste Lehrkraft die Person mit dem nächsthöheren (Beförderungs-)Amt ist (siehe z. B. GEW-BW, Seite 810; ebenso andere Kommentare zum Schulgesetz).
    Dies ist, zumindest an z. B. Gymnasien auch sinnvoll, da es ja die Abteilungsleiter gibt, die vorrangig in die Pflicht müssen.

    In der Realität aber ist es eigentlich immer so, dass die Schulaufsichtsbehörde da sehr schnell jemanden benennt, wenn SL und sSL länger ausfallen sollten.


    Edit: Und als Ergänzung: Man muss begrifflich zwischen Vertretung und kommissarischer Leitung unterscheiden (zumindest wieder in BW - ich vermute, dass es anderswo ähnlich ist).

    Das eine ist ein Automatismus, damit das System in Problemsituationen immer irgendwie handlungsfähig bleibt, solange noch zumindest eine Lehrkraft dienstfähig ist.
    Das andere ist eine Setzung durch die Schulaufsicht.

  • Es ist deine Entscheidung, aber die vielen "Abers", die zur Vorsicht raten, solltest du berücksichtigen. Einmal im System Schulleitung, ist es schwer, gesund wieder heraus zu kommen. Das mag anekdotisch sein, aber an meiner letzten Schule habe ich es jahrelang erleb

    Leider habe ich auch schon viele SL gesehen und erlebt, die da nicht gesund rausgekommen sind. Mein persönliches Fazit: Der Job respektive Beruf ist geschenkt zu teuer.

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • Leider habe ich auch schon viele SL gesehen und erlebt, die da nicht gesund rausgekommen sind. Mein persönliches Fazit: Der Job respektive Beruf ist geschenkt zu teuer.

    Ich hatte einen SL, der als Seminarschulrat dann die Schulleitung übernommen hatte. Er war fachlich kompetent, menschlich "kernig", jedoch immer geradlinig und einschätzbar. Als Mitglied der "erweiterten Schulleitung" mit Aufgaben in Projektleitung, Evaluation und Schulentwicklung habe ich gesehen, wie viele Nerven man als SL auch im Umgang mit Eltern und KuK benötigt - und beansprucht. Es gibt andere Arten, glücklich zu werden. Für mich war das nie eine Alternative. Dazu war auch das "Schmerzensgeld" an GHS zu gering. Mittlerweile werden SL an kleineren GHS nicht mehr mit A12 + Zulage abgespeist, sondern kommen mittlerweile auch auf A13 oder sogar A14. Dafür müssen KuK an Gymnasien keinen Ferientag opfern, Abende in Gemeinderatssitzungen verbringen, Nachmittage lang Statistiken füllen oder Elterngespräche und Verhandlungen mit Handwerkern führen.
    Für diese Tätigkeit war mein latenter Masochismus nicht stark genug ausgeprägt. Da hab' ich mein "Säckel" lieber mit EDV-Kursen am Abend, durch freie Zeiteinteilung mit Kunst und dem Buchverkauf sowie meinen Webseiten aufgefüllt ;)

    Aber jetzt muss ich zurück an die EÜR. Montag ist Abgabeschluss.

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  • Ich habe mich gewehrt, denn wie "kann" ich kommissarisch eine Schule leiten, auf deren SL-Stelle ich mich nie hätte bewerben dürfen.

    In die Richtung habe ich beim Ausgangspost auch gedacht. Vielleicht könntest du im Zweifelsfall argumentieren, dass die die falsche Schulform / Laufbahn hast. Da ist der Unterschied A12 / A13 ja in deiner Situation nochmal grundsätzlich anderer Natur als es bei A13/A14/A15 an Gymnasien wäre.

  • Da ist der Unterschied A12 / A13 ja in deiner Situation nochmal grundsätzlich anderer Natur als es bei A13/A14/A15 an Gymnasien wäre.

    BTW: Ein Hauptschulkollege, der wie ich über das Aufstiegsprogramm auf A13 gekommen war, hatte sich auf die Konrektorenstelle einer benachbarten Schule beworben. Da diese nur mit A12 + Zulage besoldet war, hätte er für "die Ehre" auf einen Teil seines Gehalts verzichten müssen. Wie er sich entschieden hat, kann sich jeder denken ;)
    Er hat die Stelle dann kommissarisch (ohne Ernennung und Gehaltskürzung) übernommen und - als die Stelle als Schulleiter frei wurde - diese mit Gehaltszuwachs (nachdem die Gehälter in Ba-Wü angepasst wurden) übernommen...

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  • In die Richtung habe ich beim Ausgangspost auch gedacht. Vielleicht könntest du im Zweifelsfall argumentieren, dass die die falsche Schulform / Laufbahn hast. Da ist der Unterschied A12 / A13 ja in deiner Situation nochmal grundsätzlich anderer Natur als es bei A13/A14/A15 an Gymnasien wäre.

    Sind die Grundschulen in NRW nicht mittlerweile auch mit A13 besoldet?

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