Fast 3 Millionen Jugendliche ohne Berufsabschluss

  • Ich bespreche das mit meinen Kindern und schaue mir mit ihnen die Zugangsvoraussetzungen für die Studienfächer an, die sie interessieren und auf die sie sich im BG vorbereiten wollen. Und ja, letztendlich entscheide ich. Und ich würde auch entscheiden, ob meine Kinder am Gymnasium Französisch oder Latein als zweite Fremdsprache wählen. Weil es eben nach wie vor relevant ist.

    Erziehung zur Mündigkeit stelle ich mir anders vor und bin dankbar auch anders aufgewachsen zu sein.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Ich war schon immer ein Geschichtefreak und wollte deswegen Latein lernen.


    Und woher weißt du dann, dass man das Latinum an der Uni mal ganz schnell en passant nachgeholt hat?

    Aber das nur nebenbei.


    Diese Begründung einer Zwölfjährigen ist in der Tat bemerkenswert - diejenigen, die ich (auch aus dem Freundes- und Bekanntenkreis) kenne, argumentieren überwiegend damit, was befreundete Mitschüler:innen wählen. Ist ja auch nachvollziehbar.

    Lieber Lösungen statt Probleme diskutieren. :handschlag:

  • Ich habe Geschichte studiert und dort viele Mitstudenten, die Latein an der Uni nachgeholt haben. War kein großes Ding, die haben deswegen auch nicht länger studiert als ich. Sie hatten über drei Semester einen zweistündigen Kurs mehr.

  • Meine Tochter hat Medizin studiert. Das Latinum für Mediziner hat sie in einem Semester begleitend abgehakt.

    Das ist kein "Latinum für Mediziner", sondern ein Minikurs für lateinische Nomenklatur. Das hat mit dem Latinum, das man bspw. für Geschichte oft noch benötigt, genau gar nichts zu tun.

  • Und woher weißt du dann, dass man das Latinum an der Uni mal ganz schnell en passant nachgeholt hat?

    Geht. Problemlos. Hatte am Gym Französisch, auf meinen eigenen Wunsch hin. Faszination für die Sprache und die Kultur. Für mein Studium (F Lehramt) war ein Latinum vonnöten. Das ich wegen der zweiten Fremdsprache F natürlich nicht nachweisen konnte. Also: Unikurse. Innerhalb von 2 Semestern mit großem Interesse und einem viel tieferen Verständnis für Sprachen und sprachliche Strukturen im Allgemeinen nachgeholt.


    Diese Begründung einer Zwölfjährigen ist in der Tat bemerkenswert - diejenigen, die ich (auch aus dem Freundes- und Bekanntenkreis) kenne, argumentieren überwiegend damit, was befreundete Mitschüler:innen wählen. Ist ja auch nachvollziehbar.

    Du hältst nicht viel von der eigenen Meinung von jungen Jugendlichen, oder?

  • Es ging um die Möglichkeit, ans allgemeinbildende Gymnasium wechseln zu können.

    Aber warum ist das wichtig?

    Was ist an einem Abitur von einem beruflichen Gymnasium schlechter als an einem Abitur von einer allgemeinbildenden Schule? Das man für eine Handvoll Studiengänge das Latinum braucht, ist vernachlässigbar. Das holt man im unwahrscheinlichen Fall, dass man ausgerechnet einen dieser wenigen Studiengänge wählt, in drei Semestern mit 2 SWS nach. Dafür hat man mit einem Abitur aus dem passenden Zweig Vorteile in Ausbildung und beim Studienbeginn.

  • Du hältst nicht viel von der eigenen Meinung von jungen Jugendlichen, oder?

    Wenn Meinungen gut und nachvollziehbar begründet sind, spielt das Alter keine Rolle … Wenn mein Kind so argumentiert hätte wie du, hätte ich ihm Französisch als dritte Fremdsprache vorgeschlagen. Zumal meine Kinder in der glücklichen Situation sind, französische Verwandte zu haben, die sie mindestens einmal im Jahr besuchen. Und nein, das Argument, dass sie dann doch ohne Anstrengung eine super Note in Französisch hätten, hätte ich nicht gelten lassen.

    So sind sie halt, die Linksautoritären …. (Achtung, Ironie …)

    Lieber Lösungen statt Probleme diskutieren. :handschlag:

  • Zu den 3 Mio Jugendlichen ohne Abschluss gehören auch einige von meiner Schule (BS in Hessen). Genau wie bei Humblebee haben wir sogenannte Berufsvorbereitungsklassen, die den Hauptschulabschluss als Ziel haben.

    Ich habe keine offiziellen Zahlen, nach meinen Erfahrungen der letzten Jahre sind es ca 50% (Tendenz steigend), die letztlich ohne Abschluss gehen. Am Fachniveau scheitert es in den wenigsten Fällen, es liegt nahezu ausschließlich an mangelnder Anwesenheit und sozialen Konflikten. Als KlassenlehrerIn kommt man kaum noch hinterher, es vergeht keine Woche ohne Drama. Damit diese Kids höhere Abschlusschancen haben, bräuchte es eine viel intensivere Betreuung.

    Bei 50% liegt der Anteil derjenigen, die ohne Abschluss unsere "Berufseinstiegsklassen" wieder verlassen, zwar m. E. an meiner Schule nicht, aber bei ca. 30% schon. Ansonsten stimme ich deinen Ausführungen vollumfänglich zu.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Weil sie eventuell Latein für viele Studienfächer brauchen und nicht unbedingt ein Semester zum Nachholen des Latinums verlieren wollen.

    Wie viele S*S kennst du denn, die das bisher getan haben? Das interessiert mich dann doch.

    ...

    Meine Bekannte aus BW hatte schon zweimal diesen Fall: Schüler, denen gesagt wurde, mit dem mittleren Bildungsabschluss aus der 2BFS (Pflege) hätten sie alle Möglichkeiten. Da gab es dann viel Enttäuschung, als der Wechsel ans allgemeinbildende Gymnasium auch mit sehr guten Noten nicht möglich war. Klar konnten diese Schüler am BG Abi machen: Das bedeutete dann aber ein Jahr länger bis zum Abi und Latinum an der Uni nachholen.

    Spätbeginnend wird man Latein sowie kaum irgendwo in der Eingangsstufe der Oberstufe finden, da man kaum das Latinum erwerben könnte.

    Auf der Website der Altphilologen findet man dazu Folgendes:

    "Das Latinum ist ein bundeseinheitlich anerkannter Abschluss und wird i. d. R. nach fünfjährigem, aufsteigenden Lateinunterricht erreicht. In Ausnahmefällen kann es bereits nach drei Jahren mit einer schriftlichen und mündlichen Prüfung abgeschlossen werden." https://www.altphilologenverba…20Klasse%2010%20oder%2011.


    Wenn also solche S*S unbedingt nach drei Jahren das Latinum erhalten möchten, müssten sie zusätzlich zu den Abiturprüfungen noch jeweils eine weitere schriftliche und eine mündliche Prüfung absolvieren. Der Andrang dürfte sich von daher in Grenzen halten.


  • Wenn Meinungen gut und nachvollziehbar begründet sind, spielt das Alter keine Rolle … Wenn mein Kind so argumentiert hätte wie du, hätte ich ihm Französisch als dritte Fremdsprache vorgeschlagen.

    Meine Frau hatte Französisch gewählt, weil dort Freunde von ihr drin waren und SuS, die sie aus der Schach AG kannte. Ihre Mutter hat nachdem sie davon erfahren hatte, darauf bestanden, dass sie in Latein wechselt, weil das ja so wichtig sei. Dort wurde sie dann erstmal drei Jahre lang gemobbt und niemanden hat es interessiert. Hauptsache die Eltern bekommen ihren Willen. Diese Fixierung auf Latein ist mir vollkommen unverständlich. Für Schüler ist es auch wichtig, dass ihre Freunde in den Kursen sind. Ob sie mit 13 Französisch, Spanisch oder Latein wählen, ist für ihre Zukunft vollkommen egal.

  • Und woher weißt du dann, dass man das Latinum an der Uni mal ganz schnell en passant nachgeholt hat?

    ...

    Ähem, weil viele von uns (ich z.B.) genau das getan haben. Und ich denke nicht, dass die an den Unis das Niveau angehoben haben.

  • Aber warum ist das wichtig?

    Was ist an einem Abitur von einem beruflichen Gymnasium schlechter als an einem Abitur von einer allgemeinbildenden Schule? Das man für eine Handvoll Studiengänge das Latinum braucht, ist vernachlässigbar.

    Es gibt zum Beispiel - zumindest in BW - am beruflichen Gymnasium derzeit keinen Englisch-Leistungs- bzw. Erweiterungskurs. Und meiner ganz persönlichen Ansicht nach sollte es an Schulen, die die allgemeine Hochschulreife vergeben, auch die Möglichkeit zum Erwerb des Latinums geben. - Oder eben die Möglichkeit, an ein Gymnasium zu wechseln, wenn die Noten stimmen. Dass es dazu andere Meinungen gibt, zumal bei denen, die das dreigliedrige Schulsystem favorisieren, ist klar und auch nicht schlimm. Solange jede/r gut informiert eigene Entscheidungen (auch für minderjährige Kinder …) treffen kann, ist das alles in Ordnung.

  • Es gibt zum Beispiel - zumindest in BW - am beruflichen Gymnasium derzeit keinen Englisch-Leistungs- bzw. Erweiterungskurs.

    Ist das schlimm?

    Zitat

    Und meiner ganz persönlichen Ansicht nach sollte es an Schulen, die die allgemeine Hochschulreife vergeben, auch die Möglichkeit zum Erwerb des Latinums geben. - Oder eben die Möglichkeit, an ein Gymnasium zu wechseln, wenn die Noten stimmen.

    Zumindest in Hessen gibt es allgemeinbildende Gymnasien, die gar kein Latein mehr anbieten.

  • Für einen Berufsabschluss muss man erst einmal einen Schulabschluss geschafft haben.

    Man kann auch ohne Schulabschluss eine Ausbildung machen (nachzulesen u. a. hier: IHK AusbildungsScouts: Ausbildung ohne Schulabschluss – geht das? (bihk.de) . Gerade gestern hatte ich Unterricht in einer Berufsschulklasse des zweiten Ausbildungsjahrs "Kauffrau/Kaufmann im Einzelhandel" und "Verkäufer*in", in der zwei Berufsschüler noch keinen Schulabschluss haben. Wenn sie im Sommer kommenden Jahres die Abschlussprüfung zum Verkäufer absolvieren und den erfolgreichen Abschluss der Berufsschule erreichen, erhalten sie den Hauptschulabschluss.

    Von Bayern weiß ich, dass es Möglichkeiten für diejenigen gibt, die den Mittelschulabschluss nicht schaffen, ihn anderweitig nachzuholen.


    Ist das auch in anderen Bundesländern so?

    Ja, in allen deutschen Bundesländern müsste es, wenn ich mich nicht komplett täusche, die Möglichkeit geben, einen Schulabschluss an einer beruflichen/berufsbildenden Schule oder auch im Abendschulbereich nachzuholen.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

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  • Meine Frau hatte Französisch gewählt, weil dort Freunde von ihr drin waren und SuS, die sie aus der Schach AG kannte. Ihre Mutter hat nachdem sie davon erfahren hatte, darauf bestanden, dass sie in Latein wechselt, weil das ja so wichtig sei. Dort wurde sie dann erstmal drei Jahre lang gemobbt und niemanden hat es interessiert. Hauptsache die Eltern bekommen ihren Willen. Diese Fixierung auf Latein ist mir vollkommen unverständlich. Für Schüler ist es auch wichtig, dass ihre Freunde in den Kursen sind. Ob sie mit 13 Französisch, Spanisch oder Latein wählen, ist für ihre Zukunft vollkommen egal.

    Das Mobbing hat doch nichts mit der Wahl eines Faches zu tun, dass niemand etwas dagegen unternommen hat auch nicht.

    Ich habe nirgendwo geschrieben, dass jeder Latein machen MUSS, sondern nur, dass es unter bestimmten Umständen die Möglichkeit geben SOLLTE.


    Die Frage nach Erziehungsstilen ist eine davon ganz unabhängige Diskussion.

    Lieber Lösungen statt Probleme diskutieren. :handschlag:

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