Rede von Bärbel Bas

  • Meine anekdotische Erfahrung, ich hatte (erst) einen Sinti-und-Roma-Jungen ein Jahr lang in meiner Klasse, danach ist er umgezogen. Er hat sehr oft gefehlt, war aber kein schlechter Schüler. Was mir hauptsächlich in Erinnerung geblieben ist:


    Der Vater hat alle unsere Wandertage und Unterrichtsgänge begleitet, dabei oft seinen Jungen an der Hand gehalten. Er hat das damit erklärt, dass im Dritten Reich Sinti-und-Roma-Kinder aus den Schulen verschleppt worden seien und er seinen Jungen sozusagen zur Mahnung und Aufrechterhaltung der Erinnerung daran begleite. Sinti-und-Roma-Eltern hätten ausdrücklich das Recht dazu. Ich habe das in Absprache mit der damaligen Schulleiterin nicht weiter nachgeprüft und ihn immer mitgehen lassen, obwohl wir nichts dazu gefunden haben. Um die anderen Kinder hat der Vater sich auf den Ausflügen nicht gekümmert, was man durchaus verstehen kann. Die anderen Kinder kannten auch nicht den Grund, warum er immer mitkam.


    Hatte hier jemand schon einen ähnlichen Fall, oder habt ihr schon davon gehört, dass es so ein Recht oder einer Vereinbarung zwischen Staat und Sinti-und-Roma-Verband oder ähnliches gibt?

    Ich hatte schon öfter Kinder ( sogar 2 Generationen) einer ansässigen Sinti oder Roma Großfamilie. Vor 20 Jahren haben die Kinder dieser Familien häufig gefehlt, waren aber nicht unbegabt. Man konnte damit rechnen, dass am Ende des Schuljahrs und auch am Anfang das Kind fehlte. Ein Schulleiter versuchte es einmal mit Bußgeld, doch das hat keine Einsicht gebracht.

    Aufgrund der entstandenen Lücken hatten zu meinem Bedauern die meisten keine Chance auf eine weiterführende Schule. Das Reden mit den Müttern hat nichts genutzt, auch wenn sie es gerne anders gehabt hätten - sie waren den Regeln des Clans unterworfen. Zu Tagesausflügen durften die Kinder mitfahren, bei Schullandheimen nicht. Es war keine Geldfrage. Besuche von Klassenkameraden waren zuhause nicht erwünscht, so weit ich weiß auch umgekehrt nicht. Die Kinder - vor allem die Mädchen - fielen in der Schule durch große Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft auf.


    In den letzten fünf Jahren hat sich das bei manchen Familien etwas geändert. Der Schulbesuch wurde regelmäßiger (ich würde einmal sagen, das war der Generationenwechsel) und manch einer hatte jetzt doch eine Chance auf eine weiterführende Schule. In einer meiner letzten Klassen war es für die anderen Eltern ungewöhnlich und sie haben sich gefreut, dass auch einmal eine Familie am Klassenfest teilnahm. Allerdings war es immer noch nicht möglich, dass man die Kinder bei Schullandheimaufenthalten mitschickte.


    Diese Begründung, die dir Herr Bernd genannt wurde, kenne ich nicht. Wegen des Schullandheimaufenthaltes erhielt ich keine Begründung. Aber bei uns in der Schule war schon bekannt, dass die Angst um ihre Kinder eine Rolle spielt.

  • Ich habe im anderen Thread zu AfD gerade einen Link eingestellt, der auch hier passt.


    https://www.schwaebische.de/re…ladingen-abgesagt-2759172


    Die Angst vor Diskriminierung ist noch vorhanden, ich nehme sie ernst. (Auch hier ist der Nachname "verräterisch".)

    Dass die Veranstaltung in Burladingen aus latenten Ängsten abgesagt wurde, kann ich nachvollziehen. Der Ort war schon immer eine Hochburg der NPD, der Republikaner und nun der aus diesen Gruppierungen herüberge"bleichten" AfDler. (Europawahl: 27%) Da waren Konflikte und Ausschreitungen vorprogrammiert.

    «Wissen – das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn man es teilt.» (Marie von Ebner-Eschenbach)
    Meine Beiträge können Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten

  • Der Artikel, den Kris24 verlinkt hat, beleuchtet die Thematik recht genau. Dass die Aussage von Bärbel Bas trotz des "oft" pauschale Vorurteile in beide Richtungen (SInti und Roma / Lehrkräfte) bestätigt, sollte klar sein.

    Dass Bärbel Bas darauf hinweist, dass Schüler aus der Gruppe der Sinti und Roma benachteiligt werden und ihnen keine Leistungsfähigkeit zugetraut wird, ist gut. Probleme löst man nämlich nicht, indem man sie unter den Teppich kehrt.

    Du pauschalisierst hier sogar noch stärker.

  • Der Artikel, den Kris24 verlinkt hat, beleuchtet die Thematik recht genau. Dass die Aussage von Bärbel Bas trotz des "oft" pauschale Vorurteile in beide Richtungen (SInti und Roma / Lehrkräfte) bestätigt, sollte klar sein.

    Du pauschalisierst hier sogar noch stärker.

    Ich habe eher das Gefühl, dass sich hier einige auf den Schlips getreten fühlen. Sowas ist mir tatsächlich egal. Man muss nicht uns Lehrkräfte in Schutz nehmen, wenn wir immer noch Schülergruppen haben, die systematisch benachteiligt werden.

Werbung