Rede von Bärbel Bas

  • Ich habe gestern in der Tagesschau einen Ausschnitt der Rede von Bärbel Bas in Auschwitz (Gedenktag der während des Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma) gehört.


    Eine Aussage hat mich doch ziemlich irritiert "Und Lehrer und Lehrerinnen trauen Sinti und Roma oft keine Leistung zu." Das erlebe ich nämlich so absolut nicht, und ich frage mich daher schon, was Frau Bas zu dieser Behauptung bringt. Gibt es dazu irgendwelche Studien? Oder ist es einfach mal so dahergeredet?


    Habt ihr den Ausschnitt zufälligerweise auch gesehen und wie habt ihr ihn empfunden?

  • Ich hab's nicht gesehen bzw. gehört, aber es ist wahrscheinlich dahergeplappert. Gut, dass Sinti und Roma selten Kevin oder Schackeline heißen... ...sonst wäre es schlüssig :autsch:

  • Vermutlich ist es " die Henne und Ei"- Frage. Ich hoffe, dass es sich aktuell ändert. Aber auch hier im Forum haben sich viele hier vor kurzem skeptisch geäußert zur verbindlichen Grundschulempfehlung nach Klasse 4. Bei uns am Gymnasium landen auf jeden Fall viel weniger Kinder als prozentual es sein müssten. Wir haben hier eine große Gruppe seit Jahrhunderten, Überlebende der Nazizeit. Frühere Kollegen, inzwischen alle pensioniert, haben noch offen rassistische Bemerkungen geäußert. Das passiert inzwischen nicht mehr, aber Thema ist der Hintergrund immer noch.


    Ein Artikel dazu stand in der Zeit.


    https://www.zeit.de/2023/14/si…le-diskriminierung-studie

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  • Mit Henne und Ei meine ich, Ablehnung des Schulsystems durch Eltern und Kinder, die in der Schule Diskriminierung erfahren. Und leider reicht manchmal nur ein Lehrer, der die Vorurteile der Eltern bestätigt.

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  • Und nun die ersthafte Antwort: Ich möchte niemandem seine Diskriminierungserfahrung absprechen. Das steht mir nicht zu und grundsätzlich sind Sinti und Roma mit Sicherheit eine ethnische Gruppe, über die es viele Vorurteile gibt.

    Das ganze so platt zu thematisieren, wie Frau Bas es macht, hilft niemandem, es birgt eher die Gefahr, dass daraus eine selbsterfüllende Prophezeiung wird - wer die Diskriminierung schon vorher erwartet, wird sie vermutlich auch erleben. Tatsächlich hatte ich schon einige Sinti im Unterricht, in keinem einzigen Fall ist mir das von selbst aufgefallen. Ich glaube auch nicht, dass sich mein Bild der SuS durch den Erhalt der Information verändert hat, aber das wird wohl jeder von sich behaupten, ob es stimmt, kann ich nicht mit Sicherheit beurteilen.

    • Offizieller Beitrag

    Also ich wüsste in der Regel gar nicht, wer in meinen Lerngruppen welcher ethnischen Gruppe angehört. Vor diesem Hintergrund kann ich Juden/Jüdinnen, Sinti und Roma gar nicht diskriminieren (dass ich keine herablassenden Bemerkungen gegenüber diesen Ethnien mache, versteht sich wohl von selbst.)

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Ich finde die Aussage auch merkwürdig, vielleicht spielen da aber persönliche Erfahrungen rein. Sie kommt aus Duisburg, was seit der EU Osterweiterung eine große Zuwanderung von Sinti und Roma erfahren hat, die nicht wirklich reibungslos verläuft. Wer weiß, was ihr da evtl. zugetragen wurde und welche Wahrnehmung sie hat.

  • Ich hatte mal eine Roma in der Klasse und weil meine damalige SL sich mehrfach abfällig über sie geäußert hat, habe ich mal reflexartig meine Kaffeetasse etwas zu laut auf den Tisch gestellt und das Lehrerzimmer verlassen. Daraufhin wurde ich zu einem SL-Gespräch einbestellt und mir wurde vorgeworfen, ich hätte mit der Hand auf den Tisch geschlagen, was nicht stimmt. Also, in manchen Köpfen ist schon noch eine Denke drin.

  • Ich wüsste gar nicht, ob ich jemals ein Kind aus der Gruppe der Sinti und Roma unterrichtet habe.

    Ist das immer so offensichtlich oder woher war euch, z.B. dir Zauberwald das damals bewusst?

    In einer Kleinstadt wie meiner sind viele Namen und Adressen bekannt, es sind Großfamilien. Es reichen wenige im Kollegium, die es wissen.


    Ich weiß sicher nicht immer, wer zu diesen Gruppen gehört (es gibt noch weitere außer Sinti und Roma), aber von einigen erfuhr ich es mit einer Bemerkung wie "was kann man anderes von diesen erwarten".


    Allerdings habe ich es zum letzten Mal ca. vor 10 Jahren gehört, ich bin mir sicher, dass heute sofort von vielen widersprochen wird. Früher gab es auch Widerspruch, aber nur leise.

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  • Ich habe gestern in der Tagesschau einen Ausschnitt der Rede von Bärbel Bas in Auschwitz (Gedenktag der während des Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma) gehört.


    Eine Aussage hat mich doch ziemlich irritiert "Und Lehrer und Lehrerinnen trauen Sinti und Roma oft keine Leistung zu." Das erlebe ich nämlich so absolut nicht, und ich frage mich daher schon, was Frau Bas zu dieser Behauptung bringt. Gibt es dazu irgendwelche Studien? Oder ist es einfach mal so dahergeredet?


    Habt ihr den Ausschnitt zufälligerweise auch gesehen und wie habt ihr ihn empfunden?

    Ja, es gibt Studien, eine ist im verlinkten Zeitartikel angesprochen.


    Es war ein Gedenktag, sie sagte oft, nicht immer. Jetzt kann man diskutieren, was oft bedeutet. 60 % einer befragten Gruppe ist nicht selten. Hätte sie nichts gesagt, wäre ihr vielleicht totschweigen vorgeworfen worden?

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  • Danke für den Artikel, der, wie ich finde, das Thema ganz gut von mehreren Seiten beleuchtet.


    Sie sagte "oft", das stimmt, aber wenn man den Satz mal in Gänze liest, dann bedeutet er doch eigentlich, dass die Lehrer Sinti und Roma systematisch benachteiligen. So kam er jedenfalls gestern bei mir an. Besser hätte ich es gefunden, sie hätte gesagt "Manche Lehrer und Lehrerinnen trauen Sinti und Roma keine Leistungen zu", weniger verallgemeinernd. Kris und Zauberwald berichten hier ja auch beide, dass sie eher früher diese Erfahrungen gemacht haben.

  • Meine anekdotische Erfahrung, ich hatte (erst) einen Sinti-und-Roma-Jungen ein Jahr lang in meiner Klasse, danach ist er umgezogen. Er hat sehr oft gefehlt, war aber kein schlechter Schüler. Was mir hauptsächlich in Erinnerung geblieben ist:


    Der Vater hat alle unsere Wandertage und Unterrichtsgänge begleitet, dabei oft seinen Jungen an der Hand gehalten. Er hat das damit erklärt, dass im Dritten Reich Sinti-und-Roma-Kinder aus den Schulen verschleppt worden seien und er seinen Jungen sozusagen zur Mahnung und Aufrechterhaltung der Erinnerung daran begleite. Sinti-und-Roma-Eltern hätten ausdrücklich das Recht dazu. Ich habe das in Absprache mit der damaligen Schulleiterin nicht weiter nachgeprüft und ihn immer mitgehen lassen, obwohl wir nichts dazu gefunden haben. Um die anderen Kinder hat der Vater sich auf den Ausflügen nicht gekümmert, was man durchaus verstehen kann. Die anderen Kinder kannten auch nicht den Grund, warum er immer mitkam.


    Hatte hier jemand schon einen ähnlichen Fall, oder habt ihr schon davon gehört, dass es so ein Recht oder einer Vereinbarung zwischen Staat und Sinti-und-Roma-Verband oder ähnliches gibt?

  • Habe gerade den beeindruckenden Lebenslauf von Bärbel Bäs von Hauptschule über das Abendstudium zur Personalmanagement-Ökonomin (VWA) bis zur Präsidentin des Deutschen Bundestages durchgelesen.
    Eine Kompetenz zur Beurteilung der Zustände an Schulen konnte ich daraus nicht ableiten.
    https://www.bundestag.de/abgeo…fien/B/bas_baerbel-857120

    «Wissen – das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn man es teilt.» (Marie von Ebner-Eschenbach)
    Meine Beiträge können Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten

  • Habe gerade den beeindruckenden Lebenslauf von Bärbel Bäs von Hauptschule über das Abendstudium zur Personalmanagement-Ökonomin (VWA) bis zur Präsidentin des Deutschen Bundestages durchgelesen.
    Eine Kompetenz zur Beurteilung der Zustände an Schulen konnte ich daraus nicht ableiten.
    https://www.bundestag.de/abgeo…fien/B/bas_baerbel-857120

    Du meinst, man benötigt keine Berater, muss jede Studie selbst durchführen, damit man mitreden darf?


    Wer kann die Situation an allen Schulen gleichzeitig beurteilen? An allen Werkrealschulen und Gymnasien auf dem Land oder in der Stadt, im Osten oder Westen?

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  • Dass Sinti und Roma zu den benachteiligten Gruppen in Deutschland gehören, hielt ich bisher für Allgemeinwissen. Dass Bärbel Bas darauf hinweist, dass Schüler aus der Gruppe der Sinti und Roma benachteiligt werden und ihnen keine Leistungsfähigkeit zugetraut wird, ist gut. Probleme löst man nämlich nicht, indem man sie unter den Teppich kehrt. Und als Bundestagspräsidentin ist Bärbel Bas in der Lage, Probleme in die Öffentlichkeit zu tragen. Von daher sage ich: gut so!

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