Classroom Management: eher streng oder wie jetzt?

  • Das Problem ist, dass du noch nichts zu reflektieren hast. Du wirst loslegen müssen und aus deinen Fehlern lernen.

    Wieso ist ein 4-Augen-Gespräch automatisch "streng"? Wieso kann man kein Mitleid wegen Folgen des Lockdown haben und gleichzeitig "streng" sein oder gar "konsequent"? Definiere doch erst mal, was du überhaupt meinst.

    Ja, das ist eine Binsenweisheit, bringt dich aber auch nicht weiter. Rumschreien tut man dann, wenn schon fiel schief lief und man k.o. ist, der Geduldsfaden reißt und nicht, weil man es für "streng" oder "konsequent" hielte.


    Wenn du erlebt hast, dass Elternanrufe oder Sitzplanänderung etwas bringen, dann mach das und schau hinterher, was es bewirkt hat.

    Ok, danke für deine Tipps!

  • Hej, ich unterrichte zwar an einer Förderschule, aber mit Störungen kenne ich mich gut aus ;)

    Ich bevorzuge die "anfangs streng"-Variante, dabei ist aber eines wichtig: individuelle Regeln - also es mag durchaus etwas geben, was eigentlich nicht ok wäre, bei dir aber eben schon.

    Und streng bleiben würde ich das ganze Schuljahr, aber eben mit individuellen Einschränkungen.

    Ich muss dazu auch nochmal in den Thread kretschen.

    Mir wurde auch empfohlen anfangs streng zu sein (von sehr alten und erfahrenen Kolleginnen) . Nachgeben wäre dann immer noch möglich.

    Hat damit auch jemand gute Erfahrungen gemacht?

  • Ja. Am Anfang die "Zügel enger" halten bewährt sich auch aus meiner Sicht sehr. Ob das nun "streng" ist, weiß ich gar nicht - ich würde eher sagen, möglichst konsequent, transparente Erwartungen, klare Linie, schnelle Reaktionen bei denjenigen, die die Grenzen austesten. Aus Schülersicht wird das sicherlich als "streng" beschrieben, aber es geht nicht darum, Angst und Schrecken in der Klasse zu verbreiten oder so. Man kann ja trotzdem freundlich und zugewandt sein.

  • Ja. Am Anfang die "Zügel enger" halten bewährt sich auch aus meiner Sicht sehr. Ob das nun "streng" ist, weiß ich gar nicht - ich würde eher sagen, möglichst konsequent, transparente Erwartungen, klare Linie, schnelle Reaktionen bei denjenigen, die die Grenzen austesten. Aus Schülersicht wird das sicherlich als "streng" beschrieben, aber es geht nicht darum, Angst und Schrecken in der Klasse zu verbreiten oder so. Man kann ja trotzdem freundlich und zugewandt sein.

    Streng sein finde ich aber sehr anstrengend.

    Das ist mein Fazit aus den letzten Monaten.

    Es ist wie dauerhaft Gegendwind zu geben.

  • Arbeit kann manchmal anstrengend sein, aber wir haben eben einen Auftrag, für den es mal nötig sein kann

    Das stimmt.

    Die Frage ist, wann sollte man etwas nachgeben?

    Ich versuche vom Gefühl her fast zu streng zu sein und mir ist von Schülern zu Ohren gekommen, dass man mich auch Stufen übergreifend als streng ansieht.

    Einerseits denke ich mir, nur ein strenger Lehrer ist ein guter.

    Andererseits will ich bei den Schülern auch nicht wie eine Gouvernante wirken.

  • Streng sein finde ich aber sehr anstrengend.

    Das ist mein Fazit aus den letzten Monaten.

    Es ist wie dauerhaft Gegendwind zu geben.

    Als Klassenlehrer lohnt es sich das durchzuziehen. Es sind ja längst nicht alle in einer Klasse Rabauken, am Gym hast du vielleicht 2-3 Kinder die immer Stress machen (wenn du sie lässt) und den größten Teil eben mitziehen. Nimm die Rädelsführer ins Auge und dokumentiere das (Extraaufgaben, Eltern anrufen, kein "4 gewinnt" zulassen), dann pariert auch der Rest und das Ganze bleibt arbeitsökonomisch.

  • Als Klassenlehrer lohnt es sich das durchzuziehen. Es sind ja längst nicht alle in einer Klasse Rabauken, am Gym hast du vielleicht 2-3 Kinder die immer Stress machen (wenn du sie lässt) und den größten Teil eben mitziehen. Nimm die Rädelsführer ins Auge und dokumentiere das (Extraaufgaben, Eltern anrufen, kein "4 gewinnt" zulassen), dann pariert auch der Rest und das Ganze bleibt arbeitsökonomisch.

    Ich bin noch kein Klassenlehrer.

  • Streng sein finde ich aber sehr anstrengend.

    Das ist mein Fazit aus den letzten Monaten.

    Es ist wie dauerhaft Gegendwind zu geben.

    Ja, klar, so ist das. Wie bei der Erziehung der eigenen Kinder. Nennt man Arbeit.

    Aber du wirst auch belohnt für Konsequenz: Die Schüler kennen deine Grenzen und halten sich leichter daran. Klarheit ist immer angenehm!

  • Das stimmt.

    Die Frage ist, wann sollte man etwas nachgeben?

    Ich versuche vom Gefühl her fast zu streng zu sein und mir ist von Schülern zu Ohren gekommen, dass man mich auch Stufen übergreifend als streng ansieht.

    Einerseits denke ich mir, nur ein strenger Lehrer ist ein guter.

    Andererseits will ich bei den Schülern auch nicht wie eine Gouvernante wirken.

    Streng bedeutet nicht automatisch humorlos und distanziert. Du kannst trotzdem du selbst sein, auch wenn du regeln durchsetzt. Aber ich mache den Job schon sehr lang und überlege immer noch manchmal, ob ich hätte anders handeln können. Man lernt auch in unserem Beruf nie aus.

  • Ich glaube meine Schöfli würden mich gar nicht als "streng" bezeichnen. Sie haben Angst davor, was ich mir alles so merke und wie schnell ich bin. Ich kann, wenn ich will, insbesondere wahnsinnig schnell und gut reden. Das ist meine deutsche Geheimwaffe gegen die trägen Schweizer :D


  • Andererseits will ich bei den Schülern auch nicht wie eine Gouvernante wirken.

    Meiner Einschätzung nach spielt für die heutigen Schüler Gerechtigkeit und Plausibilität bei (Klassen-)Regeln eine deutlich größere Rolle als noch vor 2 Jahrzehnten und noch früher. Damals wurde etwas noch eher hingenommen, da es sich nicht schickte, einer Autoritätsperson zu widersprechen, selbst wenn es subjektiv als unfair empfunden wurde. Heute hinterfragen Schüler viel und wenn eine Anweisung nicht als "plausibel" interpretiert wird, wird sie entweder gar nicht erst umgesetzt oder von heftigen Diskussionen begleitet. Du glaubst gar nicht, wie oft ich schon "Aber Schüler X machte auch nicht..." oder "Als Schüler X das-und-das machte, sagten Sie auch nichts." hören durfte

    Man kann es nie allen Recht machen, aber die Wahrscheinlichkeit ist am größten, wenn bestimmte Regeln von Anfang an transparent kommuniziert werden und deren Einhaltung auch jedes Mal auf's Neue eingefordert wird. Selbst dann wird der Eine oder Andere mit den Augen rollen, weil es manchmal mit Abstrengung verbunden ist und man nicht immer so kann wie man es gerne würde, aber da müssen sie einfach durch - ohne Regeln geht nicht. Wenn die Schüler eines Tages in einer Autoritätsposition sind (Vorgesetzter, Elternteil, etc.), dürfen sie ihre eigenen Regeln definieren. Solange sie in deinem Unterricht sitzen, gelten deine Regeln - und zwar in jeder Unterrichtsstunde. Überraschungen gibt es auch keine, sie wurden alle in der ersten Woche besprochen und sind daher jedem bekannt.

  • Meiner Einschätzung nach spielt für die heutigen Schüler Gerechtigkeit und Plausibilität bei (Klassen-)Regeln eine deutlich größere Rolle als noch vor 2 Jahrzehnten und noch früher. Damals wurde etwas noch eher hingenommen, da es sich nicht schickte, einer Autoritätsperson zu widersprechen, selbst wenn es subjektiv als unfair empfunden wurde. Heute hinterfragen Schüler viel und wenn eine Anweisung nicht als "plausibel" interpretiert wird, wird sie entweder gar nicht erst umgesetzt oder von heftigen Diskussionen begleitet. Du glaubst gar nicht, wie oft ich schon "Aber Schüler X machte auch nicht..." oder "Als Schüler X das-und-das machte, sagten Sie auch nichts." hören durfte

    Man kann es nie allen Recht machen, aber die Wahrscheinlichkeit ist am größten, wenn bestimmte Regeln von Anfang an transparent kommuniziert werden und deren Einhaltung auch jedes Mal auf's Neue eingefordert wird. Selbst dann wird der Eine oder Andere mit den Augen rollen, weil es manchmal mit Abstrengung verbunden ist und man nicht immer so kann wie man es gerne würde, aber da müssen sie einfach durch - ohne Regeln geht nicht. Wenn die Schüler eines Tages in einer Autoritätsposition sind (Vorgesetzter, Elternteil, etc.), dürfen sie ihre eigenen Regeln definieren. Solange sie in deinem Unterricht sitzen, gelten deine Regeln - und zwar in jeder Unterrichtsstunde. Überraschungen gibt es auch keine, sie wurden alle in der ersten Woche besprochen und sind daher jedem bekannt.

    Ich habe mehrmals erlebt, dass meine Regeln, wenn ich bei lauten Gesprächen ermahnte, mit Gekicher reflektiert wurden.

    Offenbar fand man es witzig, wenn ich mit meinem doch recht jungen Aussehen klare Grenzen ausspreche.

    Ich habe das ignoriert. Mittlerweile bin ich mir nicht mehr so sicher, ob das der optimale Weg ist.


    Ich habe zu meiner eigenen Schulzeit erlebt, wie eine Lehrerin in der Oberstufe regelrecht fertig gemacht wurde.

  • In dem Fall braucht es eine Eskalationshierarchie, die du in solchen Fällen Schritt für Schritt abarbeitest (die auch den Schülern transparent bekannt sein sollte) und bei der du dir zu 100% sicher bist, dass du sie bis zum letzten Schritt durchgehen kannst, ohne dass sie dir am Ende von höherer Stelle (z.B. Schulleitung, ggf. auch Kollegen) kassiert wird.


    Du hast in zwei Situationen verloren:

    1. Du setzt deine Regeln nicht konsequent genug durch.

    2. Deine verhängten Konsequenzen werden von höherer Stelle kassiert.


    Beides kriegen Schüler sehr schnell raus und dann wird es richtig unangenehm.

  • Beispiel: Der Schüler soll eine Strafarbeit machen, weil er sich mehrfach daneben benommen hat und ihm dies vorher als Konsequenz aufgezeigt wurde, aber bei der Durchführung scheitert es daran, dass Kollegen oder die Schulleitung (ggf. in Anwesenheit des Schülers) sagen, dass besagte Strafarbeit doch nicht zu verrichten sei (da unverhältnismäßig o.ä.).

  • Offenbar fand man es witzig, wenn ich mit meinem doch recht jungen Aussehen klare Grenzen ausspreche.

    Glaub mir, das liegt nicht an deinem Aussehen. Ich habe eine Kollegin, die hat mit 25 bei uns angefangen zu unterrichten, da sah sie noch so jung aus, dass man sie im Fortgeschrittenenpraktikum der 3. Klassen nicht von den Jugendlichen unterscheiden konnte. Es war ruhig im Praktikumsraum und alle haben konzentriert gearbeitet. Es gab NIE auch nur im Ansatz ein disziplinarisches Problem in ihrem Unterricht. Sie ist klar in ihren Ansagen, sehr strukturiert in der Unterrichtsvorbereitung, unterrichtet auf einem sehr hohen Niveau, schnell und effizient. Dabei ist sie immer freundlich und geht auf die jungen Leute zu, wann immer es nötig ist. In diesen Merkmalen sind wir uns beide sehr ähnlich.


    Ich selbst sehe auch immer noch deutlich jünger aus als ich bin. Ich habe mit Anfang 30 angefangen zu unterrichten und pflege immer schon ein eher freundschaftliches Verhältnis zu meinen Klassen, in der Sprache bin ich oft sehr viel flapsiger als die oben beschriebene Kollegin. Da hat sich manch einer schon gewaltig verschätzt und sich entsprechend erschreckt, wenn dann die erste scharfe Ansage kam, wenn einer meinte die Zeit im Unterricht verplappern zu müssen. Es geht um die Sek II, die sind sehr einfach zu disziplinieren. Wer nicht will, macht die Tür von aussen zu, das geht bei mir furchtbar schnell und es passiert immer nur einmal und nie wieder. Dass das überhaupt gelegentlich passiert ist der Preis den ich dafür bezahle, dass ich gerne mal dumme Witze mache. Meine Kollegin hat ein einfacheres Leben, die ist keine Sprücheklopferin. Trotzdem ist sie überaus beliebt bei den jungen Leuten, ich übrigens auch.


    Im August kommt eine neue Kollegin, die ist gerade mal 24. Ich kann dir jetzt schon sagen, die wird keine Probleme haben. Sie ist beeindruckend intelligent, wortgewandt und selbstsicher im Auftreten, ich kann mir nicht vorstellen, dass sich einer traut, der blöd zu kommen.


    Heisser Tipp: Lass die Ermahnerei bleiben. "Matthias, Sie haben heute offensichtlich Besseres zu tun als meinem Unterricht zu folgen. Das ist in Ordnung, aber mich nervt die Tratscherei. Packen Sie bitte Ihren Kram zusammen und gehen Sie."

  • Heisser Tipp: Lass die Ermahnerei bleiben. "Matthias, Sie haben heute offensichtlich Besseres zu tun als meinem Unterricht zu folgen. Das ist in Ordnung, aber mich nervt die Tratscherei. Packen Sie bitte Ihren Kram zusammen und gehen Sie."

    Hach, das würde ich so manches Mal gerne sagen, geht leider in der GS nicht. Sowas von schade 😉.

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