Neue neue Rechtschreibung (2024)

  • Der "erweiterte Infinitiv mit zu" ist wieder da. Nach über 2 Jahrzehnten, in denen man da kein Komma setzen musste (im Normalfall), muss man nun wieder. Gibt es eigentlich auch wieder die eine Ausnahme davon, die es in der alten Rechtschreibung vor 1996 gab? Wer erinnert sich? Steht da leider nicht. Muss ich wohl das Buch kaufen?!

    Zitat

    (5) Das Kapitel Zeichensetzung wurde auf der Basis sprachwissenschaftlicher und didaktischer Erkenntnisse vollständig neu systematisiert, vereinfacht und gestrafft. Dabei wurde eine Regeländerung vorgenommen: Infinitivgruppen („erweiterter Infinitiv mit zu“) werden verbindlich durch Komma abgetrennt.


    Es nervt mich aber. Da hat man den Schülern mühsam Regeln beigebracht und Schreibweisen geübt und geübt. Nun gelten sie schon wieder nicht mehr. Muss man jetzt immer alle paar Jahre neue Wörterbücher kaufen und 300-400 Seiten durchlesen, um auf dem aktuellen Stand zu sein? Und mit jeder neuen "Duden-Ausgabe" neue Schulbücher kaufen? Mindestens neue Wörterbücher? Das ist wohl der tiefere Sinn dahinter.


    Nachzulesen hier: Neue neue Rechtschreibung (2024)


    Der Urheber: Rat für deutsche Rechtschreibung

  • Ist das neu, dass die Dreifachkonsonanten durch Bindestrich getrennt werden dürfen?

    z.B. See-Elefant oder Bett-Tuch oder Schiff-Fahrt


    Sieht für mich sehr gewöhnungsbedürftig aus und der Bindestrich stört etwas meinen Lesefluss. Ich glaube, ich bleibe bei Betttuch und Schifffahrt, obwohl ich mich auch daran noch nicht wirklich gewöhnt habe. (Das waren noch Zeiten, als der dritte Konsonant weggefallen ist, außer bei der Betttruhe gegenüber der Bettruhe).


    Was mich schon 1996 gestört hat, sind aber vor allem die vielen alternativen Schreibweisen, die zugelassen sind. Da fehlt mir dann etwas die Verbindlichkeit bei der Rechtschreibung. Kein Wunder, dass dann jeder schreibt, wie er will. Man hat ja mal gelernt, dass es in vielen Fällen verschiedene Möglichkeiten gibt. Aber die Spagetti und der Jogurt ohne h sind jetzt wieder verboten.

  • Komposita durften schon lange durche Bindestrich getrennt werden, insbesondere um die Lesbarkeit zu erhöhen.


    Sind Spagetti und Jogurt nicht mehr zugelassen, oder führt das Amtliche Regelwerk sie einfach nur nicht mehr auf?


  • Nein, die Bindestrich-Varianten gibt es seit 1996.


    Schreibvarianten finde ich nicht problematisch. Man entscheidet sich für eine und die nutzt man. Wenn es nun Varianten gibt, die kaum genutzt werden, verstehe ich noch weniger, dass sie abgeschafft werden. Die können ja nicht verwirren, da sie ja kaum genutzt werden.


    Andererseits hat man ja nun vor allem bei den Anglizismen lauter Variantenschreibungen (siehe Link):

    Fake News / Fakenews / Fake-News, ... Last-minute-Angebot / Last-Minute-Angebot, Out-of-the-box-Denken / Out-of-the-Box-Denken ... gefakt/gefaked. Warum stört man sich da nicht an den Variantenschreibungen? Werden diesbezüglich wenig benutzte auch gestrichen? Wenn ich es richtig sehe, streicht man immer nur eingedeutschte Schreibweisen, aber "Streik" bleibt "Streik" und wird nicht wieder zu "strike".


    Problematischer als Varianten, die kaum genutzt werden (weil sie kaum bekannt sind?), finde ich das Hin und Her und dass man kaum hinterherkommt, das alles zu erfassen, mitzubekommen, sich zu merken und dann zu vermitteln! Alle paar Jahre gilt nicht mehr, was ich den Schülern zuvor beigebracht habe. Schon wieder sind alle Lehrbücher nicht mehr korrekt, denn garantiert hat man dort den "Infinitiv mit zu" oft ohne Komma, wie es bis vor Kurzem richtig war, nun aber wieder nicht. DAS schafft doch erst das Rechtschreibchaos, über das alle klagen.


  • Danke für die Info. Bis eben wusste ich gar nicht, dass die Rechtschreibregeln immer wieder geändert und angepasst werden. Das ist mir als Lehrkraft bisher nie kommuniziert worden; gerade die Sache mit dem erweiterten Infinitiv finde ich interessant, weil ich in meinen Arbeiten viel Zeichensetzung korrigiere.

  • Ich weiß nicht...


    Gefühlt wurden schon bei der Reform in den 90ern arbiträre Regeln durch andere arbiträre Regeln ersetzt.

    Irgendwie kommen mir diese Reformprojekte wie eine Beschäftigungstherapie für irgendwelche Germanistikprofs vor.


    Weder kam da bisher der große Wurf der Vereinfachung und Vereinheitlichung heraus, noch wurde die Sprache an die sich wandelnde Realität der jungen Menschen angepasst.

  • Es nervt mich aber. Da hat man den Schülern mühsam Regeln beigebracht und Schreibweisen geübt und geübt. Nun gelten sie schon wieder nicht mehr.

    Der Punkt der Zeichensetzung beim erweiterten Infinitiv ist aber eine deutliche Vereinfachung der alten neuen Regeln und insofern begrüßenswert, als gefühlt zwei Drittel der Schüler*innen und mindestens ebenso viele Lehrkräfte die Regel falsch angewendet haben.

  • Der Punkt der Zeichensetzung beim erweiterten Infinitiv ist aber eine deutliche Vereinfachung der alten neuen Regeln und insofern begrüßenswert, als gefühlt zwei Drittel der Schüler*innen und mindestens ebenso viele Lehrkräfte die Regel falsch angewendet haben.


    Das würde mich genauer interessieren.


    Die Rechtschreibreform 1996 stellte die Kommasetzung beim "Infinitiv mit zu" im Wesentlichen frei. Man musste also nicht mehr zwischen einfachem und erweitertem Infinitiv mit zu unterscheiden, die beide jeweils Ausnahmen beinhalteten, wo doch oder doch kein Komma gesetzt werden musste, Zunächst war das Komma nach 1996 nur in einer Variante Pflicht (weiß nicht genau, wie man die nennt, wo er sich auf ein Nomen bezieht, glaube ich),


    Dann wurde als Reform der Reform das Komma auch wieder Pflicht bei Konstruktionen wie "um zu, anstatt ... zu, ohne zu".


    Nun ist das Komma wieder immer Pflicht beim erweiterten Infinitv mit zu. Warum ist das einfacher gegenüber "weitgehender Kommafreiwilligkeit"?


    Nun müssen alle wieder unterscheiden, ob es sich denn um einen einfachen oder einen erweiterten Infintiv mit zu handelt. Das war vor 1996 immer das Hauptproblem. Viele beherrschten es eben nicht! Und vermutlich gibt es auch wieder die Ausnahmen von früher, wo beim einfachen Infinitiv mit zu, der eigentlich ohne Komma steht, doch ein Komma gesetzt werden muss und wo beim erweiterten Infintiv mit zu, der eigentlich ein Komma hat, doch kein Komma steht (alte Regeln vor 1996). Dazu kommt dann womöglich wieder der "verschränkte Infinitiv mit zu", wo weiterhin (?) ein Komma stehen kann oder nicht. Letzteres meine ich im neuesten Regelwerk auch gesehen zu haben.


    Wieso ist das jetzt einfacher, als wenn es meistens fakultativ/freiwillig ist? Zumal wenn die meisten Leute das Komma ja eben nicht setzen?

  • Der "erweiterte Infinitiv mit zu" war nie weg, auch wenn viele Lehrer ihn einfach nicht mehr unterrichtet haben. Das Komma blieb in zahlreichen Fällen verbindlich, in ihren Sätzen mussten die Schüler beim erweiterten Infinitiv häufiger das Komma setzen, als sie es weglassen konnten. Die Regeln waren sehr unübersichtlich, so dass ich meinen Schülern schon vor der Neuregelung beigebracht habe, es einfach immer zu setzen. Zwar gibt es auch hier die berühmte Ausnahme (bei der man beim "erweiterten Infinitiv mit zu" kein Komma setzt), die kommt aber in Schülertexten selten vor.

    • Offizieller Beitrag

    Ich hatte mir das Leben ganz einfach gemacht: grundsätzlich überall ein Komma, egal ob Pflicht oder freiwillig.
    Aus Leser*insicht: das fehlende (freiwillige) Komma ist sooo nervig, ich bin froh, wenn /dass ich jetzt als Korrekturleserin nicht nur sagen kann "glaub mir, es wäre schön, wenn..", sondern "es muss so".
    Danke also für die Information.

  • Ich hatte mir das Leben ganz einfach gemacht: grundsätzlich überall ein Komma, egal ob Pflicht oder freiwillig.
    Aus Leser*insicht: das fehlende (freiwillige) Komma ist sooo nervig, ich bin froh, wenn /dass ich jetzt als Korrekturleserin nicht nur sagen kann "glaub mir, es wäre schön, wenn..", sondern "es muss so".
    Danke also für die Information.


    Ich habe auch weiterhin das Komma gesetzt (wo man es setzen konnte).


    Aber wie gesagt, die Schüler müssen nun wieder zwischen einfachem und erweitertem Infinitiv mit zu unterscheiden. Eben das konnten sie früher schon nicht. Beim einfachen IMZ dürfen sie ja nomalerweise kein Komma setzen. Die Tendenz war immer, dass sie keins gesetzt haben, wo man es setzen musste. Deshalb hatte man es ja weitgehend freigestellt.


    Wir werden es nun also wieder mit vielen fehlenden Kommas (Kommata) zu tun haben und mit mühseligen Unterscheidungsübungen zwischen erweitertem und einfachen IMZ (inklusive Ausnahmen).


    Frage: Im Englischen setzt man in vergleichbaren Satzkonstruktionen doch auch kein Komma, oder? Stört das auch beim Lesen?

  • Der "erweiterte Infinitiv mit zu" war nie weg, auch wenn viele Lehrer ihn einfach nicht mehr unterrichtet haben. Das Komma blieb in zahlreichen Fällen verbindlich, in ihren Sätzen mussten die Schüler beim erweiterten Infinitiv häufiger das Komma setzen, als sie es weglassen konnten. Die Regeln waren sehr unübersichtlich, so dass ich meinen Schülern schon vor der Neuregelung beigebracht habe, es einfach immer zu setzen. Zwar gibt es auch hier die berühmte Ausnahme (bei der man beim "erweiterten Infinitiv mit zu" kein Komma setzt), die kommt aber in Schülertexten selten vor.


    War das nicht die Variante, wenn der erweiterte IMZ dem Satz als Subjekt vorausgeht? Dann setzte man auch beim erweiterten IMZ kein Komma? Das ist nicht so selten.


    Ich schaue später mal nach.

  • War das nicht die Variante, wenn der erweiterte IMZ dem Satz als Subjekt vorausgeht? Dann setzte man auch beim erweiterten IMZ kein Komma? Das ist nicht so selten.

    Ja, richtig, das ist die Variante. In einem vierseitigen Aufsatz kommt der erweiterte Infinitiv vielleicht 20mal vor. Der als Subjekt vorangestellte vielleicht einmal, wenn überhaupt. Natürlich kann er vorkommen und natürlich wird man ihn deshalb auch ansprechen, intensiv üben würde ich aber die Standardsachen (vor allem das Komma bei allen möglichen Nebensätzen). Manche lernen es ja doch :)

  • Ja, richtig, das ist die Variante. In einem vierseitigen Aufsatz kommt der erweiterte Infinitiv vielleicht 20mal vor. Der als Subjekt vorangestellte vielleicht einmal, wenn überhaupt. Natürlich kann er vorkommen und natürlich wird man ihn deshalb auch ansprechen, intensiv üben würde ich aber die Standardsachen (vor allem das Komma bei allen möglichen Nebensätzen). Manche lernen es ja doch :)


    Ah, ok, dann brauche ich ja nicht zu recherchieren. 8) Danke.


    Sei es, wie es sei. Alle Lehrwerke (Wörterbücher, Lehrbücher, Arbeitshefte) sind nun auf einen Schlag wieder nicht mehr korrekt. Ich habe Arbeitshefte für Rechtschreibübungen für meine Klasse bestellt. Da sind nun lauter Fehler drin. Die Kinder sehen das und prägen sich die Fehler ein. Du wirst mir sagen, na, dann müsse ich eben darauf hinweisen, das stimme nicht mehr (Panter, Tunfisch, Spagetti nur noch ohne h, obligatorisches Komma beim IMZ...). Ja, ich kann das machen. Ich weiß das ja nun. Aber so viele Lehrer bekommen gar nicht mit, dass sich da wieder etwas geändert hat. Oben schrieb jemand, er höre zum ersten Mal, dass da alle paar Jahre Regeln und Schreibweisen geändert werden und jemand anderes bedankte sich für den Hinweis, weil er/sie es noch nicht mitbekommen hatte, dass seit 1. Juli eine "neue neue Rechtschreibung" gilt. Die meisten bekommen aber gar nichts mit und unterrichten munter weiter die nicht mehr korrekten Regeln und Schreibweisen.


    Und da vermutlich in ein paar Jahren wieder einiges geändert wird, denn es wird ja immer alle paar Jahre etwas geändert, frage ich mich, was ich jetzt eigentlich vielleicht schon wieder "umsonst unterrichte", weil es beim nächsten Mal verändert wird. Ich wünsche mir, dass Regeln und Schreibweisen mal wenigstens ein Menschenalter lang Bestand haben.

  • Gefühlt wurden schon bei der Reform in den 90ern arbiträre Regeln durch andere arbiträre Regeln ersetzt

    Für mich ändert sich zum Glück nichts. Die alte konnte ich nicht und die neue hat daran nicht geändert.

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