Allgemeine Unruhe in der Klasse, dir Kinder können nicht zuhören

  • Hallo, ich bin Referendarin in einer ersten Klasse.

    Die Klasse ist super unruhig.

    Ich plane meine Erklärphasen immer mit sehr kurzen Impulsen.

    Allerdings komme ich garnicht zum erklären, da die Kinder nicht leise werden oder, sobald es leise ist, wieder anfangen zu reden, wenn ich auch spreche.


    In der Klasse wird schon eine Verhaltensampel, Stermchensystem, Klangschale, Klatschrythmus, positive Verstärkung, Ermahnungen und Leisefuchs genutzt.


    Jede Erklärphase, das Morgenritual, jeder Sitzkreis dauert Ewigkeiten, weil die Kinder nicht zuhören können, auch nicht, wenn ein Kind grade mit Reden dran ist.


    Das Problem ist in meinem Unterricht sehr stark, aber bei meiner Mentorin können die Kinder genauso nicht zuhören, sie reagieren nur etwas schneller auf die Ruhesignale meiner Mentorin. Bei ihr gibt es aber, meiner Meinung nach, garkeine Strafen für unmögliches Verhalten, deshalb fällt es auch mir schwer, Strafen zu verteilem, wenn sie es auch nicht macht.


    Da an der Unruhe so viele Kinder beteiligt sind, ist es auch schwer, dafür einzelne Kinder zu sanktionieren, da der Überblick fehlt, wenn so viele laut sind.


    In meiner anderen Klasse, einer 3. Klasse, klappt alles super und ich kann auch selbst für Ruhe sorgen, weil durch die Klassenlehrerin schon ein Grundstock an sozialen Kompetenzen in der Klasse vorhanden ist. In der 1. Klasse ist es auch bei der Klassenlehrerin viel zu unruhig.


    Was soll ich nur tun?

    Ich habe im Oktober Prüfung und wenn die Kinder weiterhin garnicht zuhören, werde ich garantuert durch die Prüfung fallen.

    Hilfe! Ich hoffe ihr habt Tipps für mich. :autsch:

  • Hast du das Gefühl, dass sie sich tendenziell alle schlecht konzentrieren können oder stören welche bewusst? Wenn es um bewusstes Stören geht, würde ich anders vorgehen, als wenn die Klasse überfordert scheint.


    Einen Sitzkreis, in dem 25 Kinder etwas sagen und die anderen zuhören sollen, würde ich ggf. erst mal ganz lassen oder es bewusst üben. Zum Beispiel mit dem Spiel Kofferpacken oder Varianten. Und das Ganze als Herausforderung, als Spiel formuliert. "Wir wollen heute üben, richtig gut zuzuhören, ich bin gespannt, wer Luchsohren hat..." Ziel: Fokus verbessern. Ziel noch nicht: empathisch zuhören und hinterher wissen, was Lisa, Jens und Murat alles in den Ferien erlebt und wie sie sich dabei gefühlt haben.


    Will sagen: die Kinder könnte man versuchen, ins Boot zu holen, das gemeinsame Ziel ist es, dass es ruhiger wird und wir aufeinander aufpassen, das ist doch viel schöner etc.


    Und auch du musst dich disziplinieren lernen, auf jede Störung sofort reagieren, konzentriert bleiben, nicht zu sehr an den geplanten Unterricht denken, mehr auf die Kinder konzentrieren. Das ist natürlich Übungssache. Helfen kann m.E., die eigenen Ziele und Schwerpunkte zu verlagern. Der Unterrichtsbesuch ist heute egal, das Sachunterrichtsprojektziel auch erst mal, heute geht es nur darum, Minute für Minute den Fokus auf die Kinder zu haben- auch das kann man bis zu einem gewissen Grad planen: wie wird der Sitzkreis gebaut, welche Reihe darf zuerst ihre Stühle nehmen und nach vorne schleichen usw.


    Die Ansagen im Frontalunterricht sind übrigens hilfreich bei dieser Übung: nimm jetzt den roten Stift in die Hand. Nicht den blauen, den roten. Nicht klappern, nur in die Hand nehmen. Auch Clara, auch Maxim. Toll, wie Heinz schon seinen roten Stift leise in der Hand hält... to bei continued. Je genauer du Minischritte im Vorfeld durchdenkst, desto ruhiger wird es werden.

  • Und: Bis Oktober ist noch viel Zeit, da kann man noch viel üben.

    Wenn die Kinder es einfach nicht KÖNNEN, nützen außerdem auch „Strafen“ nichts; was sollte das bewirken? Durch welche Strafen kann ein unruhiges Kind lernen, ruhig zu sein?

    Ich denke auch, du musst konsequent bleiben und nur ganz minikleine Ziele verfolgen. Geduldig mit dir und der Klasse. Deine Prüfungsstunde musst du eben dementsprechend an die Lernvoraussetzungen anpassen.

    Abgesehen davon werden die Kinder in der Prüfungssituation sicher mucksmäuschenstill sein und alles, was du zur Beschreibung der Lerngruppe angebracht hast, wird gar nicht sichtbar sein 😉.

  • Vielen Dank für die tollen Tipps bisher. Nein, ich hab das Gefühl, dass sie sich tendenziell schlecht konzentrieren können. Die größten Störer haben mich schon auf dem Schulhof umarmt, wenn sie mich sehen, sie machen es nicht, weil sie mich hassen.

    Wir haben zum Beispiel Montag morgens immer einen Erzählkreis, in dem vorgelesen wird, was ein Kind am Wochenende mit dem Klassentier erlebt hat und nur 5 weitere Kinder vom Wochenende erzählen. Dazu werden dann jeweils 2 Fragen gestellt und beantwortet.

    Weil das Morgenritual schon 15 Minuten gedauert hat, weil sie sich auch da nicht gegenseitig zuhören können und man ewig wartet, bis es leise wird, habe ich den Kindern gestern gesagt, dass wir nur bis 8 Uhr 30 im Sitzkreis bleiben, also "nur" 11 Minuten, und ich sehr gespannt bin, wie viel sie schaffen, zu erzählen und dass ich erwarte, dass alle gut zuhören.

    Letztendlich haben 2 Kinder erzählt. Vorgelesen wurde nichts, weil das Kind das Klassentier Buch nicht dabei hatte. Die Fragen an das 2. Kind haben wir schon nach 8 Uhr 30 beantwortet. Gefühlt haben wir von den 11 Minuten 5 Minuten erzählt und 6 Minuten auf Ruhe gewartet. Das finde ich wirklich katastrophal und es zeigt auch sehr wenig Respekt für die erzählenden Kinder.

    Außerdem hab ich das Gefühl, je länger man auf Ruhe wartet, desto langweiliger wird auch den Kindern, die noch nicht gestört haben, und die steigen dann auchnoch mit ein.

    Ich habe den Kreis nicht abgebrochen, weil sie ja üben sollen, im Kreis zuzuhören. Deshalb wollte ich ihnen transparent machen, wie viel Zeit verloren geht.

    Aber abgesehen davon können sie ja nichtmals im Plenum zuhören.

  • @McGonnagall, was bedeutet denn, konsequent bleiben ohne Strafen und wie lernen unruhige Kinder, ruhiger zu sein?


    So viel Zeit ist nicht mehr bis Oktober, wir haben jetzt erstmal 6 Wochen sommerferien ab übernächster Woche.

  • Meine Beobachtung ist, dass die Kinder oft gar nicht verstehen, was erwartet wird.

    Sie wissen es einfach nicht besser, sie empfinden die Störungen anders, sie verstehen die Konsequenzen nicht.

    Es gibt schon sehr viele Systeme in der Klasse, das scheint wenig zu helfen, da ist es richtig, auf die Suche zu gehen.

    Eine Sanduhr kann helfen, dass sie sehen, wie die Zeit abläuft.


    Drastischer ist, dass du dich mal abbrichst und dann erläuterst, warum.

    Beim nächsten Mal kannst du es wiederholen und z.B. die Unterbrechungen zählen, mit den Fingern, Muggelsteinen, irgendetwas, das es visualisiert, und bei einer bestimmten Anzahl eben wieder abbrichst.


    Als Alternative gehen andere Sozialformen, Sprechmühle o.a., wobei man sich ja zwischen den Phasen bewegen kann. Das kann man ausprobieren, und wieder sein lassen, wenn die Bewegung die Kinder eher aufputscht.


    Zum Zuhören selbst gibt es auch Übungen, da würde ich aber nicht auf ein Unterrichtsgespräch setzen, sondern auf Mal-Aufträge oder Bewegungsspiele, bei denen es auf genaues Hören ankommt.


    So oder so ist es eine große Herausforderung, eine große 1. Klasse zum leisen Arbeiten zu führen, das ist gar nicht so ungewöhnlich, wenn auch immer wieder erschreckend. In der 3. Klasse sind schon sehr viel älter und der Groschen ist in der Regel gefallen.

    Schwierig bleibt es, da du nur Fachlehrerin bist.


  • Leider hat "Unruhe" in der Klasse sehr oft mit Baumängeln zu tun. Viele Klassenzimmer sind "Hallen" - die genau dies tun.
    Durch verschärfte Brandschutzbestimmungen wurde das Problem in den vergangenen Jahren sogar verschärft.
    Im Prinzip müssten besonders die Eingangsklassen mit Nachhall vermeidenden Maßnahmen ausgestattet werden, damit sich die Kinder nicht von Beginn an daran gewöhnen, Mitschüler übertönen zu müssen. Das Problem ergibt sich nämlich besonders aus der Selbstwahrnehmung der eigenen Sprechlautstärke - was wiederum durch den Raum bedingt ist.
    Einige Bemerkungen und Linkhinweise zum Thema findest du hier:
    https://www.autenrieths.de/schulhausgestaltung.html#Akustik

    «Wissen – das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn man es teilt.» (Marie von Ebner-Eschenbach)
    Meine Beiträge können Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten

  • Wir haben zum Beispiel Montag morgens immer einen Erzählkreis, in dem vorgelesen wird, was ein Kind am Wochenende mit dem Klassentier erlebt hat und nur 5 weitere Kinder vom Wochenende erzählen. Dazu werden dann jeweils 2 Fragen gestellt und beantwortet.

    Weil das Morgenritual schon 15 Minuten gedauert hat, weil sie sich auch da nicht gegenseitig zuhören können und man ewig wartet, bis es leise wird, habe ich den Kindern gestern gesagt, dass wir nur bis 8 Uhr 30 im Sitzkreis bleiben, also "nur" 11 Minuten, und ich sehr gespannt bin, wie viel sie schaffen, zu erzählen und dass ich erwarte, dass alle gut zuhören.


    Verstehe ich das richtig: Ihr habt zuerst ein Morgenritual, welches Ruhe, Zuhören und Konzentration von den Kindern verlangt und anschließend noch den Morgenkreis, der Ruhe, Zuhören und Konzentration verlangt?


    Ich finde das zu viel hintereinander. Nicht nur für eine 1. oder 2. Klasse.

    Insbsondere der Montag ist ein Tag, an dem viele Kinder unruhig aus dem Wochenende kommen oder noch müde sind. Den obigen vermuteten Ablauf würde von meinen derzeit 5 Klassen der Klassenstufen 4 bis 6 eine schaffen.


    Als ich Berufsanfängerin war (lange her, auch meine letzte 1. Klasse ist 9 Jahre her), hatte ich als Morgenritual einen Begrüßungskreis, im Stehen, da 28 Kinder und kleiner Raum. Nachdem es 15 Minuten dauerte, bis wir "Guten Morgen!" sagen konnten, habe ich dem noch ein paar Wochen Zeit gegeben und es dann abgeschafft. Mit schlechtem Gewissen, denn ich hatte im Vorbereitungsdienst genau solche Dinge gelernt. Heute würde ich es noch viel schneller wieder abschaffen (oder gar nicht damit beginnen). Im Nachhinein empfinde ich es als Verschwendung von Zeit.

    Auch dieses "Erzählen vom Wochenende" hat mich schon immer angestrengt: Die meisten Kinder sind keine guten Erzähler und es wird immer langweiliger für alle Beteiligten. Auch das habe ich in den letzten Klassen zuerst verschriftlicht und dann weggelassen oder nur noch ab und zu mal gemacht


    Darfst / kannst /willst du die Abläufe ändern?

    Meine Idee wäre in einer derartigen Situation: Alle sitzen am Platz, Leiseritual (Klatschen, Glocke was auch immer) - warten bis es leise ist - "Guten Morgen!" - Arbeit an einer individuellen Aufgabe. Wer das Klassentier hatte, liest kurz vor oder nach der Frühstückspause vor. Erzählungen vom Wochenende würde ich komplett weglassen.

    Individuelle Aufgabe: Etwas, bei dem die Abläufe klar sind und nicht (lange) zugehört werden muss. Maximal 2 min Erklärung. Wochenplan, Lernstrecke, was auch immer. Darunter könnte die Aufgabe sein: "Schreib und male vom Wochenende" und das könnte dann einem Partner vorgelesen und gezeigt werden, dazu könnte kurz erzählt werden. Alternativ (wenn es auch dafür zu unruhig ist): Du sammelst die Aufgaben ein und schreibst einen Satz drunter, ggf. Stempel / Sticker. So werden alle Kinder "gesehen" und die Konzentration nicht so stark überfordert.


    Dazu Höraufgaben, da wurde schon einiges beschrieben. Beim Zaubereinmaleins gibt es zudem auch "Hörbingos", die man zum Üben einsetzen kann. Ich würde aber immer nur eine ganz kurze Zeit dafür verwenden und möglichst nicht am Montag die 1. oder 2. Stunde.

    Dazu kurze Aufgabenerklärungen, ggf. kurze Hauptsätze.

    Nicht zu lange auf Ruhe warten, schnell verbal eingreifen (falls möglich): "Ich freue mich schon über Tisch 1 / Max / Isolda. In der Türreihe sind 5 Kinder leise/fertig/unterrichtsbereit... " Das motiviert andere Kinder, auch das erwünschte Verhalten zu zeigen, auch die dann erwähnen. Kinder, die es nicht mitbekommen, ebenfalls erwähnen. ("Leo, Theodora, ihr auch!")


    Es bleibt allerdings eine anstrengende Aufgabe und man muss auch mit sich selbst gnädig sein, wenn man "angemontagt" ist und mal selbst nicht so gut alles managen kann.

    SCHOKOEIS!


    Ich lese und schreibe nach dem Paretoprinzip.

  • Nicht zu lange auf Ruhe warten, schnell verbal eingreifen (falls möglich): "Ich freue mich schon über Tisch 1 / Max / Isolda. In der Türreihe sind 5 Kinder leise/fertig/unterrichtsbereit... " Das motiviert andere Kinder, auch das erwünschte Verhalten zu zeigen .....

    Meine Erkenntnis beim Unterrichten der Kleinen (1./2. Klasse) auf den Punkt gebracht:


    - immer einzelne oder Gruppen wegen erwünschten Verhalten loben, der gewollte Nachahmeffekt, auch gelobt zu werden, ist stärker als bei den Größeren

    - an den Ehrgeiz appelieren: Mal sehen, wer es schafft, sofort.... und dann einzelne loben, z.B. Peter schafft es ruhig zu sein, Luise schafft es usw.

    - eine Kollegin hat das mit der Stoppuhr und persönlicher Ansprache erreicht

    - Zwischendurchspiele in Petto haben, wenn die Konzentration absinkt - ich habe dann gerne Bewegungsspiele gemacht


    Nachdem ich mit verbalen positiven Verstärkern, die ich sofort eingesetzt habe, gearbeitet habe, hat das schon viel besser geklappt im Verhältnis zu negativer Sprache.

    In den letzten Jahren habe ich öfter Vertretungen in 1/2 gemacht und da haben diese og. Ansprachen, obwohl ich eine fremde Lehrerin war, gut gezogen. Mein "Trick" war, dass ich sagte, ich wäre die Klassenlehrerin einer 3. /4. Klasse und ich wollte mal sehen, ob sie so leise sein könnten wie meine "große" Klasse. Da wollten die meisten dann wie die Großen sein. ;) Das Lob muss natürlich als Verstärker immer wieder kommen, sonst verflacht das mit der Zeit.

  • Im Kreis leise sitzen ist ja eine der schwierigeren Herausforderungen für die Kinder. Man sitzt ungemütlich, ist von links und rechts abgelenkt, hat ein Gegenüber, dem man Blicke zuwerfen kann und soll sich dabei auch noch leise und konzentriert verhalten.

    Um das einzuüben würde ich mit einer extrem kurzen Zeit anfangen: Die Kinder schleichen sich leise in den Kreis (leise wie die Katzen auf der Jagd oder so), dann sitzen sie dort und vielleicht macht ihr ein Stillespiel (z.B. Glocke rumgeben, die nicht klingeln darf). Dann schleichen sie sich zurück auf ihren Platz, und wenn das geschafft ist, gibt es einen Stern an die Tafel als Zeichen. Bei 10 Sternen spielt ihr im Kreis einmal Flüsterpost oder sowas. Dann könnt ihr es langsam steigern und irgendwann klappt dann vielleicht auch das Erzählen und Zuhören besser.


    Schreiben / malen vom Wochenende statt erzählen mache ich auch gerne. Wenn man das am Schuljahresbeginn anfängt und immer ins gleiche Heft schreibt, hat man am Ende eine Art Tagebuch, wo man auch noch die Entwicklung gut sehen kann.

  • Das mit dem Erzählen vom Wochenende mache ich inzwischen auch nicht mehr. Erstens ist es wirklich für die anderen Kinder meist langweilig, denn die meisten Erzählungen sind ja in etwa so: "Dann sind wir zum Spielplatz gegangen, dann haben wir geschaukelt, dann bin ich gerutscht. Dann ist meine Schwester hingefallen, ..." und zweitens habe ich in den letzten Jahren gemerkt, dass auch mich solche Erzählrunden mehr und mehr nerven. Da ich eh täglich in der Vorviertelstunde für die Kinder ansprechbar bin, können sie mir Dinge, die ihnen wichtig sind, da erzählen und das reicht eigentlich auch völlig aus.

    Wir erzählen nur noch jeweils nach den Ferien und dann auch erst in der 2. oder 3. Stunde, wenn insgesamt schon mehr Ruhe eingekehrt ist.


    Auch ich habe in diesem Jahr eine 1. Klasse, die sehr gern plaudert. Und sie reden häufig dazwischen und unterbrechen bei Erklärungen oder wenn ein anderes Kind etwas erzählt/beantwortet.

    Bei mir wirkt inzwischen recht gut, dass ich die Zeit stoppe, wie lange sie es schaffen, nicht dazwischenzureden, ohne dass sie aufgerufen wurden. Jedesmal, wenn sie es schaffen, die letzte Top-Zeit zu überbieten, gehen wir ein paar Minuten früher in die Pause, weil wir ja Zeit gespart haben, die sonst durch Unruhe verloren gegangen wäre.

  • ... (z.B. Glocke rumgeben, die nicht klingeln darf).

    Oh, das ist eine schöne und simpel umzusetzende Übung. Hast du noch andere Sachen in der Art, die du machst?


    Ich muss allerdings sagen, wenn ich von eurer Geduld lese, dass ich selbst nicht der Typ für ständige Stilleübungen bin :zungeraus: Aber ich trainiere weiter, man will ja auch sein eigenes Repertoire stets erweitern...


    Edit:

    Meine Beobachtung ist, dass die Kinder oft gar nicht verstehen, was erwartet wird.

    Sie wissen es einfach nicht besser, sie empfinden die Störungen anders, sie verstehen die Konsequenzen nicht.

    This! Das Gefühl habe ich auch, liegt offenbar nicht nur am Förderbedarf...

  • Meine Beobachtung ist, dass die Kinder oft gar nicht verstehen, was erwartet wird.

    Sie wissen es einfach nicht besser, sie empfinden die Störungen anders, sie verstehen die Konsequenzen nicht.

    Das ist wirklich oft der Fall. Kinder nehmen Lautstärke in der Klasse völlig anders wahr.


    Ich "trainiere" die Kinder am Anfang, wenn ich sie kriege und erkläre ihnen, dass, wenn mein Arm oben ist, die Klasse SOFORT den Mund zumachen muss, weil ich nicht schreien möchte, Lautstärke für meine Musiker-Ohren fies ist und ich ihnen dann etwas sagen will. Dies gebe ich zu Anfang als Spiel aus: sie dürfen wild durcheinander reden und wenn ich den Arm hebe, müssen sie SOFORT ruhig sein. Beim ersten Mal ist es meist noch träge und viele Kinder kriegen den Absprung nicht mit. Das kommuniziere ich und schon beim zweiten Mal ist es mucksmäuschenstill, wenn mein Arm hoch geht. Das spiele ich zwei, dreimal mit ihnen und lobe sie natürlich über alle Maßen, wenn sie das hinkriegen, dann sind sie konditioniert und die Konditionierung hat ihnen einen heiden Spaß gemacht. Zudem spreche ich leise und lasse mich auch nicht verleiten, über die Klasse drüberzuschreien. Klar, das hält nicht ein ganzes Schuljahr, aber nach ein paar Wochen erinnere ich sie einfach liebevoll dran und wiederhole das Spiel.


    Da ich zudem die Schulchöre habe, die bei uns 70 Kinder im Erstie-Chor und 130 Kinder im Schulchor (Klassen 2-4) zählen, ist diese Maßnahme absolut vonnöten, sonst würde ich verrückt. :D


    Bei mir funktionieren zudem:


    - Mich sofort bei demjenigen/derjenigen bedanken, die als Erste mit mir das Leisezeichen machen, das wirkt sich sofort auf andere aus, weil sie auch ein Danke kriegen wollen.

    - Stille-Minute: (klappt beim ersten Mal NIE, beim zweiten Mal vielleicht, beim dritten Mal wissen sie, was ich danach frage und sind sehr ruhig) Die Kinder sind eine komplette Minute komplett still, ohne einen Mucks - und hinterher dürfen sie erzählen, was sie gehört haben, was im Umfeld zu hören war, als sie ganz leise waren. Da sie antworten wollen, sind sie wirklich leise. Ich erkläre allerdings vorher auch, dass es sein kann, dass Kinder beim ersten Mal lachen müssen, weil sie sowas nicht kennen und dann unsicher sind. Unsicherheit wird oft mit Lachen überspielt (wisst ihr natürlich, erkläre ich aber den Kindern - und auch die Ersties kriegen das verstanden) - und da keiner als unsicher gelten will, ist das Lachen oft recht schnell Geschichte. Wenn sie es geschafft haben, fordern die Kinder die Ruheminute auch ein ("Können wir mal wieder Ruheminute machen??") oder wollen sie sogar steigern ("dürfen wir mal ZWEI Minuten??").

    - Ritual mit Entspannungsmusik - alle Kinder legen ihre Köpfe auf den Tischen ab und hören eine Minute der Musik zu.

    - "Die Uhr tickt": alle Kinder müssen so leise sein, dass sie die Uhr ticken hören. Wer sie hört, darf sich melden. Alternative: etwas fallenlassen, das sehr leise aufkommt, wie ein Blatt oder ein Pin oder sowas.


    Aber: bei einer Klasse, die es schwer hat mit Konzentration und Fokus, gäbe es auch die Möglichkeit, mit fokussierter Bewegung anzufangen.

    Leise Musik an und dann Befehle wie: "stell dich auf die Zehenspitzen"/"Tippe dir mit geschlossenen Augen auf die Nase"/"Hebe das linke Bein an" etc. Keine schnellen Bewegungen, weil das wieder Unruhe schafft und nur Bewegungen, die die Kinder auch ohne Umfallen können, sonst hast du immer Clowns, die sich hinschmeißen.


    Es ist IMMER erst laut und unkoordiniert, bis sich so ein Ritual richtig eingeschliffen hat. Bei manchen Klassen dauert es länger, bei anderen geht es schneller. Wichtig ist aber immer die Klarheit in den Anforderungen/den Ansagen. Die Kinder müssen verstehen, warum sie das tun sollen, was wir von ihnen möchten.

    Blowing out someone else's candle doesn't make yours shine any brighter.

  • Wow, eure Antworten sind so toll und richtig hilfreich <3 Ich werde die ersten Ideen direkt morgen ausprobieren.)


    Ihr dürft mir aber gerne noch mehr tipps geben. ich bin sehr froh über jeden. :)

  • Ich konditioniere die Kinder auf ähnliche Weise auf die Triangel, aber auch bei mir hält es nicht unendlich, was aber auch an mir liegt.


    Außerdem gibt es keine „Stille Minute“, finde ich gut, aber das Spiel „Wer zuerst spricht, hat verloren“, während es eine leise Einzelarbeit gibt, deren Aufgabe schon bekannt oder geklärt und begonnen ist, sodass Fragen sich eher erübrigen. In der Regel verliere ich das Spiel … und gewinne gleichzeitig auch eine immer längere leise Zeit.

  • Wir machen hin und wieder ein Geräuschespiel: Alle legen den Kopf auf den Tisch und schließen die Augen. Ein Kind darf in der Klasse umherschleichen und drei Geräusche machen (z.B. Schulranzen auf und zu, Kreide an der Tafel/Strich mit Stift etc), anschließend dürfen die Kinder sich melden und raten, was sie gehört haben. Das Glockenspiel habe ich früher oft gespielt, ist eine gute Erinnerung. „Minute schätzen“ finden die Kleinen oft auch spannend: Jeder macht die Augen zu, wenn eine Minute rum ist, meldet man sich. Wer ist am nächsten dran? Der Trick ist auch hier, so leise zu sein, dass man die Uhr hört…

  • Das Leisesein als Spiel einzuführen, ist übrigens insgesamt erfolgreich durch die Bank. Wie man es nennt, ist ja eigentlich wurscht, wenn es den gewünschten Effekt hat und man Erfolg erfahren hat.


    zB ist es bei uns die Regel, absolut leise durchs Schulhaus gehen "zu sollen". Nunja...super, wenn eine ganze Klasse eine Treppe runter muss und quer durchs Gebäude.


    Ich gehe in "Stufen".


    Stufe 1: "Ich bin freiwillig leise" - es wird weder gesprochen, noch geschubst, gekitzelt oder sonstwie Quatsch gemacht, weil die Kinder das selbständig wollen und freiwillig tun.


    Schaffen sie das, lobe ich sie über alles und sage ihnen, wie stolz ich auf sie bin.

    Schaffen sie das nicht, ist das noch kein Weltuntergang, aber die Klasse rutscht auf Stufe 2 beim nächsten Mal.


    Stufe 2: "Ich MUSS leise sein". Lehrkraft-Anweisung. Es gibt kein Pardon. Wer kichert, redet oder sonstwas macht, kassiert sofort und ohne weitere Ermahnung einen "Ichzeit-Bogen". Das ist ein Blatt Papier, auf dem die "Verfehlung" nochmals klar kommuniziert ist (Widersetzung einer Anweisung etc) und das Kind selbständig in eigenen Worten aufschreibt, wie es die Situation wahrgenommen hat (da gibt es auch Bilder zu) und was es verbessern könnte. Unterschrieben wird es vom Kind, einem Elternteil und der Lehrkraft.


    Die Kinder LIEBEN es. Sie fordern selbständig die Stufen ein und sagen auch ehrlich, auf welcher Stufe sie gerade stehen.

    Ich habe mal eine Klasse aus Versehen Stufe 1 laufen lassen, da gab es sofort Entrüstung: "Aber der X hat doch geredet, wir müssen Stufe 2 laufen!" :D


    Klare Grenzen sind nicht nur wichtig, sondern auch von Kindern gewünscht. Sicherlich, es testet immer mal ein vorwitziges Kind aus, ob ich echt Ernst mache. Mache ich. Immer. Brauche ich nur einmal zu machen, danach ist Stufe 2 IMMER erfolgreich - und je älter sie werden, desto seltener gibt es Stufe 2, weil die Kids sich auch immer freuen, wenn sie ankommen und ich ihnen sage, wie stolz ich auf sie bin, weil sie das SO toll hingekriegt haben.


    Dieses Stufensystem geht übrigens auch für Stillarbeit, allerdings dauert es bei Ersties, bis sie es verinnerlicht haben, da braucht es etwas Geduld, immer wieder Erklären und ausprobieren. zB stoppe ich beim Gehen JEDESMAL, wenn ein Erstie redet, weil er/sie wieder vergessen hat, dass wir ja ohne Reden gehen. Jedesmal. Wenn wir drei, viermal gestoppt haben, murren die Ersten schon "jetzt sei doch mal still..."

    Die Älteren sind sofort leise, wenn beim Arbeiten die Stufe ausgerufen wird und manchmal fragen sie auch selbst danach. Beim Gehen ist die Stufe selbstverständlich. Da reicht es, wenn ich "Stufe eins und los!" sage.


    Ich stelle immer wieder fest, dass Kinder durch klare Regeln und Ordnungen Sicherheit gewinnen. Ich mache alles IMMER gleich, es gibt für alle immer dieselben Ansagen und dieselben Konsequenzen - und dann spielt sich sowas ein. Bei Ersties braucht es halt oft etwas länger Zeit.


    Das Gute: sie sind nach den Sommerferien Zweities...und das ist gar nicht so wenig, was da an Veränderungen in den sechs Wochen passiert. Man wundert sich immer wieder. ;)

    Blowing out someone else's candle doesn't make yours shine any brighter.

  • @McGonnagall, was bedeutet denn, konsequent bleiben ohne Strafen und wie lernen unruhige Kinder, ruhiger zu sein?


    So viel Zeit ist nicht mehr bis Oktober, wir haben jetzt erstmal 6 Wochen sommerferien ab übernächster Woche.

    Konsequent bleiben bedeutet für mich: wenn ich Ruhe in bestimmten Situationen möchte oder z.B. möchte, dass die Kinder sich melden, statt reinzurufen, weise ich nicht nur immer auf diese Regel hin, ich ignoriere auch konsequent alle Zwischenrufe und lobe die, die sich melden. Strafen machen keinen Sinn bei Kindern, die eben nicht leise sein können bzw. vielleicht nicht wollen. Dann empfiehlt es sich zu fragen: warum wollen sie nicht?

    Und ich empfehle dir, deine Ansprüche runterzuschrauben. Kinder heute lernen nicht innerhalb weniger Wochen ruhig zu sein. Einige benötigen Jahre, einige lernen es nie. Wenn du eine Klasse hast, in der es sehr unruhig ist, kannst du mit vielen Übungen mehr Ruhe reinbringen und mit konsequentem Einfordern und Klaren Regeln und Ritualen Vieles verbessern, aber du brauchst trotzdem Zeit, solltest nicht zu viel auf einmal erwarten und deine Prüfung am Ende deiner Lerngruppe anpassen.

    Außerdem teile ich die Auffassung, dass Kinder die Situation anders wahrnehmen. Vielen ist es egal, ob du redest oder nicht, ob sie dich verstehen oder nicht, was um sie herum passiert - sie verstehen nicht, weshalb du Ruhe möchtest, weil ihre Bedürfnisse anders sind. Frag dich, warum du Ruhe möchtest? Du hast natürlich ein bestimmtes Ziel im Kopf, das du in deiner Stunde verfolgst. Ist den Kinder das klar? Warum sollten sie das auch wollen? Vielleicht hilft hier noch mehr Transparenz, was das Ziel der Stunde angeht?

  • Da ich selbst dieses Erzählen vom Wochenende bei 25 Kindern ermüdend finde, schreibe ich bei älteren Kindern ab und zu, aber nicht jede Woche eine Montagsgeschichte ins Geschichtenheft. Die dürfen sie sich gegenseitig oder am nächsten Tag vor der Klasse vorlesen, also wer möchte.

    Die jüngeren Kinder dürfen würfeln. 1 Würfelpunkt bedeutet zum Beispiel: Mit wem hast du gespielt? Wenn das Kind nur diese eine Frage beantwortet hat, kommt schon das Nächste. Das würfelt vielleicht die 2 und hat die Frage: Wo bist du gewesen? Nur diese Frage wird beantwortet. Entsprechend den Würfelpunkten gibt es nur 6 unterschiedliche Fragen. So können sich die Kinder austauschen, es dauert nicht so lange und das Würfeln mit dem großen Schaumstoffwürfel macht Spaß. Dass die Kinder die Fragen anfangs noch nicht lesen können, macht nichts. Sie können sich das schnell merken und es gibt auch einen Aushang, was die einzelnen Würfelpunkte bedeuten.

  • Vielleicht sollte man auch gar nicht so viele unterschiedliche Ruhesignale verwenden. Das wirkt irgendwie verwirrend bis hilflos. Wenn das eine nicht funktioniert, probiere ich das andere... Nimm doch nur 1 und das wird eingefordert. Es sollte ganz klar sein, was es bedeutet und nicht noch ein anderes nehmen und versuchen, ob das klappt.... Eins sollte sitzen. Wer sich nicht daran hält, kommt auf gelb und dann auf rot.

Werbung