Allgemeine Unruhe in der Klasse, dir Kinder können nicht zuhören

  • Noch zwei Tipps:

    Versuche bei zusätzlichen bei anderen erfahrenen Erst- und Zweitklasslehrerinnen zu hospitieren und schau, wie sie die Kinder zur Ruhe bringen. Du wirst da Lehrerverhalten finden, wie viele es hier quasi übereinstimmend beschrieben haben und doch wird jeder seine individuelle Weise haben. Beobachte spezifisch die Reaktion auf Unruhe. Aus irgendeinem Grund war ich zufällig mit im Unterricht der besagten Kollegin, die ich oben beschrieb und ich war fasziniert von ihrer Art und habe mir davon etwas abgeguckt. Man muss natürlich die beobachteten Methoden für sich adaptieren. Ewig warten, bis es ruhig wird, würde ich nicht, sondern mit Loben anfangen, wer schon ruhig ist und die Regel jetzt schon einhält. Auch wie man die Stimme in solchen Situationen einsetzt, ist wichtig.


    Frage eine erfahrene Kollegin, der du vertraust, ob sie bei dir hospitiert und dir aus der Beobachtung Tipps geben kann.


    Gut, dass du eine Beziehung zu den Kindern versuchst aufzubauen, doch wie Quittengelee schon schrieb: Bei der Lautstärke und der Aufmerksamkeit geht es nicht ums Mögen und nicht Mögen. Die Kinder sind nicht dir zuliebe ruhig ohne weitere Aktionen, sondern das hängt von vielen Faktoren ab. Deswegen musst du klar kommunizieren, dass jetzt Ruhe sein muss. Und wie gesagt, übers Lob klappt es bei den Kleinen normalerweise noch am besten. Das ist ja auch eine positive Zuwendung. Ich denke, das Ganze wird so oder so ein längerer Prozess werden.

  • Ich habe eine unruhige 1. Klasse nur in einer Doppelstunde Kunst. Die besteche ich immer mit einer Lobblüte. Ich male einen kleinen Kreis an die Tafel und die Kinder wissen schon, dass es nach guten Phasen immer 1 Blütenblatt gibt, das ich dazu male, zum Beispiel, wenn das Vorbereiten des Arbeitsplatzes für das Malen mit Wasserfarben gut funktioniert hat, gibt es die erste. Wenn jemand aus Versehen Wasser verschüttet, ist nicht so schlimm. Es geht um einen einigermaßen geordneten Ablauf ohne Streitereien, was da schon viel bedeutet.... Wurden am Ende der Doppelstunde 5 Blätter hingemalt, gibt es am Ende eine kleine Belohnung (z.B. ein Spiel oder wir hören 15 Minuten eher auf und gehen auf den Pausenhof). Hier muss die ganze Klasse mitmachen und zwischendrin erinnere ich die Störenfriede daran, dass sie mithelfen sollen, dass die Blüte voll wird.

    Das wird aber nicht oft geschafft.

  • Heute habe ich so wie gestern die Kinder in der OGSbesucht und mit ihnen Uno, Fußball etc. gespielt, um mehr Beziehung aufzubauen. Da werde ich dann von Kindern umarmt die den Unterricht stören...

    Daran siehst du, dass du das auf keinen Fall persönlich nehmen solltest. Gerade Erstklässer sagen nicht: "Oha, keine richtige Lehrerin, die nehme ich nicht ernst". Bei Viertklässern ist das schon anders, da hatten wir mal den Fall, dass eine unserer Viertklässerinnen zu einem UPlus-er (Anfang 20) sagte: "Sorry, aber auf Sechzehnjährige höre ich generell nicht." Gab natürlich ein Nachspiel, war aber für denjenigen erst einmal echt schlimm. Aber das ist auch eher die Ausnahme. Generell ist die Akzeptanz für Menschen, die einen Unterricht führen, schon hoch, auch wenn es Jüngere und keine jahrelangen Lehrkräfte sind. Wir hatten vor kurzem eine Studentin da, 1,55 groß, 20 Jahre alt - die Kinder haben sie verehrt und abgöttisch geliebt, weil sie so war, wie sie war. Sie hat sich die Butter nicht vom Brot nehmen lassen und war klar in ihrer Sprache.


    Wenn Ende der ersten Klasse immer noch Kinder wild reinrufen, weil sie etwas schon können, also fehlende Impulskontrolle at its best beweisen, dann empfinde ich die Klassenregeln nicht wirklich als gut kommuniziert von der Klassenlehrkraft übers Jahr (oder es fehlt ne Diagnose oder sowas). Bei sowas bin ich streng und unterbinde es, auch in der Ersten und auch schon Anfang der Ersten. Das geht durchaus freundlich, aber vor allem jedes Mal - und wenn sich Kinder so gar nicht dran halten, ist ein Gespräch in der Pause mit ihnen dran, in dem klar gesagt wird, warum das nicht geht (und auch bestärkt wird, dass man toll findet, dass sie so viel können und man sie wirklich sehr gern mag, dass aber sowas einfach nicht geht).


    Ich bin ein Mathe-Honk, daher kann ich keine fachlichen Ideen beisteuern, aber ich schätze, dass dein "Gruppenfokus" einfach noch ausbildbar ist. Du machst das ja auch noch nicht so lange. Wenn du denen etwas erklärst, die etwas noch nicht verstanden haben, sind andere natürlich im Leerlauf. Leerlauf ist immer schlecht, weil sich so Lautstärkeherde sehr schnell entwickeln. Hab für die Schnellen immer was parat, das du ihnen geben kannst (für die Flotten unter euch, die sich sicher sind, liegen hier noch zwei Profi-Blätter, holt sie euch gern), so dass du den Langsameren vielleicht etwas ruhiger erklären kannst, was Sache ist. Und sobald die Kinder was von "Profi" hören oder von "Meisterblättern" oder sowas, sind die auch voll dabei in der Regel.


    Ich habe zB eine dritte Klasse in Englisch und Musik. Alles in allem herzensgute Kids, leider mit vielen Baustellen (in der Klasse ist echt viel zusammengekommen) und durch die Bank wild. Bin ich in anderen Klassen sanfter und etwas bedächtiger, bin ich hier die "Soldatenmutter", ich weiß nicht, wie ich es anders beschreiben soll. Ich bin auch lustig und herzlich, aber ich treibe sie durch, treibe sie an, muss währenddessen auf der anderen Seite einmal hinräuspern - und vor allem meine Stunden bis in die letzte Sekunde vorbereitet haben. EINE Sekunde Leerlauf und die Klasse explodiert. Gar nicht, weil sie das nicht anders könnten, sondern weil ihre sanfte Klassenlehrerin sehr viel Leerlauf hat und sie das Hochfahren gewöhnt sind. Überlässt man die Klasse einen Moment sich selbst, ist kein Stein mehr auf dem anderen - also brauchen sie Power, um ihre eigene Energie in Produktivität umzusetzen und nicht in Stören.


    Vielleicht könnte das eine Möglichkeit sein, die Heterogenität deiner Klasse (Schnelle, Langsame, Laute, Leise) etwas besser zusammenzubringen, indem du klarere Linien fährst, den Unterricht straff strukturierst, ihnen keine Zeit gibst, in eigenen Gedanken hochzukochen, die Schnellen beschäftigst und die Langsameren betreust. Zudem kleinere Schritte, was hier schon angeraten wurde, kürzere Erklärphasen, nicht alles auf einmal.


    Übrigens: was sagt denn deine Ansprechpartnerin/dein Ansprechpartner dazu? Bei uns werden die werdenden Lehrkräfte immer betreut - plus Gespräche mit der Klassenlehrerin - sowas müsste schon in den Griff zu kriegen sein.

    Auf jeden Fall wünsche ich dir viel Erfolg bei deinem UB. (Wars doch, oder?)

    Blowing out someone else's candle doesn't make yours shine any brighter.

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