Konzept Vereinbarkeit Familie und Beruf

  • Als Deutsch/Englisch-Lehrer traue ich mich jetzt einfach mal zu sagen, dass es für uns Neuphilologen - und das bist du ja auch - schon so ziemlich zutrifft.

    Ich kenne aber - außer meinen Kollegen - keine Neuphilologen. Unsere Freunde und Bekannte haben alle andere Berufe und nein, die verdienen nicht alle so wenig.


    Besteht dein Bekanntenkreis nur aus Neuphilologen?

  • Das habe ich nicht gesagt. Aber wenn ich mich frage, ob ich mich gut oder schlecht bezahlt fühle, dann vergleiche ich mich halt mit anderen Leuten, die eine ähnliche Qualifikation haben, nicht mit dem Chefarzt, dem Topmanager oder dem Selbständigen Ingenieur.

    Alles andere erscheint mir wenig sinnvoll, ganz egal wie mein Bekanntenkreis ist.

    Im Übrigen kenne ich auch Versicherungsvertreter, einen Busfahrer und eine Krankenschwester. Soll ich mich mit denen auch vergleichen?

  • Deine Schulleitung muss dich also nach deinen Wünschen zu fragen, sie muss diese aber nicht erfüllen.

    Hessenkonform fragt unsere SL eventuelle Wünsche ab, also "ich hätte gern eine 11.Klasse in Geschichte", aber nicht die Einsatzzeiten. Wann diese Geschichtsstunden liegen, wissen wir nicht

  • Viele Punkte davon treffen auch auf andere Berufe zu. Mein Mann (Home Office fast immer möglich) ist da z.B. flexibler als ich v.a. seit Corona gilt hier Vertrauensarbeitszeit in vielen Jobs, in denen HO möglich ist. Bei den meisten wird die Arbeitszeit allerdings richtig erfasst, was bei Lehrern nicht der Fall ist und daher viel Arbeit gar nicht gesehen / registriert wird.

    Jeder hat grundsätzlich Anspruch auf Teilzeit und auf Kind-Kranktage, das ist nichts Lehrer-spezifisches. Unkündbarkeit, Mietzuschlag ist auch nicht Lehrer- sondern beamtenspezifisch. "Kein Karriereknick" ist auch witzig, wenn man überhaupt wenig Karrieremöglichkeiten hat. Örtlich nahe der Arbeitsstelle: Das hängt auch sehr von dem Bundesland / der Gegend ab. Bei mir an der Schule pendeln einige 1,5-2 h täglich, weil sie, als Lehrerüberhang war, schlicht keine Stelle an ihrem Wohnort bekamen und der Wechsel ist oft nicht so einfach (insb. bei Dienstherrenwechsel Stadt/Staat).


    Versteh mich nicht falsch, ich bin sehr zufrieden mit meiner Situation und meine Kinder aus dem Alter raus, wo das für uns noch relevant ist, aber dass immer behauptet wird, der Lehrerberuf sei per se ein familienfreundlicher Beruf, stimmt so einfach nicht, Es hängt von vielen Faktoren ab und andere Berufe haben dafür andere Vorteile, beispielsweise habe ich mehrere Freundinnen, die einen Betreuungszuschuss vom AG bekommen haben oder man kann mal eher Schluss machen, wenn z.B. ab 12:00 mittags Personalversammlung ist, und woanders länger arbeitet. Alles eine Sache der Perspektive.

  • Im Zusammenhang mit der Diskussion hier sind auch unbedingt außerplanmäßige Zusatztermine zu nennen. Auch das scheint sehr unterschiedlich gehandhabt zu werden.


    Manche Schulen sind vor den Sommerferien so weit, wenigstens vorläufige Jahrespläne an die Kollegien herauszugeben. Somit gibt es grobe Orientierungsmöglichkeiten für Eltern.


    Andere geben die Pläne (trotz gezielter Nachfrage ;) ) erst zum Beginn des Schuljahres heraus. In meinen Augen ist das ein Unding, sollte unbedingt verpflichtend einheitlich gehandhabt werden und hat klar mit Fürsorge dem Beschäftigten gegenüber zu tun.

  • Zu dem Thema kann ich noch beitragen, dass bei uns mein Mann jahrelang das Bringen in den Kindergarten bzw. auch das Fertigmachen der Grundschulkinder in der Früh übernehmen musste (und konnte, da er Gleitzeit hat und erst um 9 beginnen musste, während ich um 7.45 im Klassenzimmer stehen musste, keine Sekunde später, und daher die Wohnung weit vor meinen Kindern verlassen musste).


    Des Weiteren sollte man auch mal bedenken, dass man als Lehrer*in an sich nicht einfach mal so frei nehmen kann. Ich habe es schon oft geschrieben, ich habe die Einschulung meiner Kinder verpasst, weil ich in diesen Jahren stets selbst eine erste Klasse hatte. Sowas vergisst man nicht. Ich finde es nach wie vor schade und es wurmt mich.

    Auch zu den morgendlichen Adventsfeiern konnte ich nie kommen, beinahe alle anderen Eltern konnten sich da jeweils problemlos frei nehmen oder eben ihren Arbeitsbeginn verschieben.


    Also ja, Ferien sind praktisch und nachmittags / abends freie Zeiteinteilung ist praktisch, aber es gibt durchaus auch Nachteile.

  • Kathie: Das Problem ist hier wohl weniger die Schule als Arbeitsort, sondern der Schulleiter als Vorgesetzter. Nehmen wir mal das Beispiel mit der Einschulung deiner Kinder: Da wird doch angenommen, dass du unersetzlich seist, und das ist schlichtweg eine falsche Annahme der Schulleitung. Im Zweifelsfall ist jeder von uns ersetzbar. Nehmen wir an, du würdest dir am Tag vor der Einschulung deiner Klasse das Bein brechen. Dann könntest du ja auch nicht kommen. Es müsste ein Kollege übernehmen oder eben zur Not die Schulleitung. Man findet eine Lösung. So, warum soll das nicht auch gehen, wenn du am selben Tag einen sehr wichtigen Termin hast und das rechtzeitig ankündigst?

    Aber auch in der Privatwirtschaft ist nicht jeder Chef super locker - da gibt es auf jeden Fall auch solche und solche.

  • Das ging mir in allen Teilen genauso. Besonders wenn ich den zweiten Abschnitt lese, dass man nicht zur Einschulung des eigenen Kindes gehen konnte, das habe ich genauso erlebt. Das vergisst man nie.

  • Das finde ich richtig krass und habe ich noch nirgends an Schulen so erlebt. Sowohl die Schulleitung selbst als auch Kollegen gehen natürlich zu Einschulungen ihrer Kinder.


    Ich bin ja kein Fan von Extrawurst, aber das wäre ein Fall, wo ich - glaube ich - meine Abwesenheit ankündigen würde und am entsprechenden Tag dann auch nicht da wäre. Mit allen Konsequenzen.

  • Wenn man selbst Erstklässler bekommt und immer an allen Schulen donnerstags Einschulung ist, habe ich nicht frei bekommen. Ist ja doof, wenn man eingeschult wird und die Lehrerin nicht da ist

  • Ich finde auch, dass die Klassenlehrerin der neuen 1. Klassen/5. Klassen irgendwie schon bei der Einschulung da sein sollte.

    Alle anderen Lehrer halte ich hingegen für freistellbar.

  • Das sehe ich auch so, die Eltern nehmen sich ja an diesem aufregenden Tag oft frei und wollen dann natürlich die Lehrerin des Kindes sehen und keine Vertretung - und deshalb habe ich mich damals auch nicht groß "gewehrt", dennoch hängt es mir irgendwie nach, dass ich selbst für meine Kinder diesen Meilenstein nicht miterleben konnte.

  • Als meine letzten 5er eingeschult wurden, war ich auch nicht da, weil ich nach einer OP noch eine Woche über die Sommerferien hinaus krank geschrieben war. Haben die Kinder ohne Schäden überlebt. Mir fällt wirklich kein Grund ein, warum man für die Einschulung eigener Kinder nicht freigestellt werden können sollte.


    Und wenn es wirklich partout nicht geht, warum auch immer, dann muss man ja nicht ausgrechnet in diesem einen Jahr eine Klasse 1 oder 5 kriegen.

  • Hier wäre es unvorstellbar, dass man als Eltern die Einschulung seines eigenen Kindes verpasst, weil man dienstlich bei der Einschulung an seiner Schule als Lehrkraft einer 1. Klasse gefordert ist. Hier würde man das den Eltern erklären und die Kollegen/den Kollegen vertreten lassen. Eine neu gebildete Klasse hat keine schlechteren Startchancen, weil ihre Klassenlehrkraft am Einschulungstag nicht anwesend ist.

  • Wenn man selbst Erstklässler bekommt und immer an allen Schulen donnerstags Einschulung ist, habe ich nicht frei bekommen. Ist ja doof, wenn man eingeschult wird und die Lehrerin nicht da ist

    Dann gibt man denjenigen, die das im Kollegium betrifft halt in dem entsprechenden Schuljahr keine 1. Klasse, damit sie an der Einschulung der eigenen Kinder problemlos anwesend sein können.


    Ich habe als Kind verdammt oft auf meinen Vater verzichten müssen, weil der bei wichtigen Anlässen eigene wichtige Anlässe an seiner Schule hatte, an denen er verpflichtend teilnehmen musste. Das ist auch aus Kinderperspektive echt bitter, wenn der Beruf der Eltern gefühlt „ständig“ vor den Bedürfnissen der Kinder nach gemeinsamer Zeit kommt. Seit er pensioniert ist kann er das endlich ganz anders machen und ich und meine Geschwister oder eben auch die Enkelkinder spüren, wie wichtig ihm jeder noch so kleine Moment in unserem Leben ist.


    SLen sind nicht für die Kinder ihres Kollegiums zuständig, wohl aber dafür, dass dieses eine gesunde Balance finden kann zwischen Beruf und Familie im Sinne der Fürsorgepflicht. Dazu gehört auch, solche zentralen, einmaligen Termine im Leben der eigenen Kinder nicht ständig verpassen zu müssen des Berufs willens.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Dann gibt man denjenigen, die das im Kollegium betrifft halt in dem entsprechenden Schuljahr keine 1. Klasse, damit sie an der Einschulung der eigenen Kinder problemlos anwesend sein können.

    Ich denke, das ist an vielen Grundschulen gar nicht möglich, weil die übrigen Kollegen meist schon eine Klasse leiten.

  • Bei meiner eigenen Einschulung war meine Mutter gar nicht dabei, weil sie selbst eine 1. Klasse bekam und mein Vater nur ca 10 min, weil er selbst in seine Schule musste.

    Fand ich jetzt nicht schlimm, war halt so.

    Heutzutage ist mir das nicht mehr begegnet, dass Kinder ohne Eltern da sind, meist sind sogar noch Großeltern und weitere Verwandtschaft dabei. Ich selbst habe frei bekommen am jeweils ersten Schultag meiner Kinder, bei einem Kind war das sogar mein erster Arbeitstag (mit Klassleitung noch dazu) nach Elternzeit an der neuen Schule, trotzdem kein Problem.

    Sollte wirklich einzurichten sein für jeden Kollegen!!

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