Eltern beschweren sich über mündliche Note

  • Hallo zusammen,

    ich bin Englischlehrerin an einer Realschule in Bayern. Es geht um die mündlichen Noten, die ich in diesem Fach vergebe. Eine Schülerin ist sehr still und wie ihre Mutter sagt „schüchtern“. Letztere beschwert sich regelmäßig über die befriedigenden bis ausreichenden Noten ihrer Tochter. Zum zweiten Mal jetzt bekomme ich nach Herausgabe des Notenauszugs die Empörung dieser Mutter zu spüren. Sie hätte viel mehr mündliche Note erwartet als nur eine. Zudem verstehe sie nicht warum Exen genauso viel zählen wie mündliche Noten, das würde ja die Gesamtnote verschlechtern. Die Schülerin ist wirklich sehr still, meldet sich ab und an oder ich muss sie aufrufen. Das ist definitiv nicht besser als eine „3“.

    Schriftlich ist sie stärker. Ich rege mich so über diese Vorgehensweise der Mutter auf und habe eigentlich wenig Lust ihr zu erklären, dass ich diejenige bin, die die Noten macht und die SuS im Unterricht „erlebt“. Die Tochter sei niedergeschlagen und auch in Geographie bekäme sie „nur 4er und 3er“.


    Könnt ihr mir vllt Tipps geben, wie ich mit dieser Mutter umgehen soll? Vllt habt ihr das ja auch mal selbst erlebt?

    Danke vorab für eure wertvollen Tipps!🙏🏻😊

  • Könnt ihr mir vllt Tipps geben, wie ich mit dieser Mutter umgehen soll? Vllt habt ihr das ja auch mal selbst erlebt?

    Danke vorab für eure wertvollen Tipps!🙏🏻😊

    Ich habe ganz gute Erfahrung damit gemacht, die zugrunde liegenden Bewertungskriterien (vorab) bekannt zu geben, anhand dieser Kriterien kurz die Einschätzung zu erläutern und damit verbunden gleich Tipps mitzugeben, was jeweils konkret im Unterricht getan werden kann, um sich kriteriengeleitet zu verbessern.

  • Hallo im Forum,


    bei solchen Eltern ist es immer wichtig alles genau zu dokumentieren. Also wann hast du die Note erhoben, was hast du gefragt...

    Damit kannst du den meisten schon den Wind aus den Segeln nehmen.


    Wichtig auch, wenn die Schülerin schüchtern ist, dann ruf sie regelmäßig auf und schau was kommt. Bewerte die Qualität nicht die Quantität. Denn nur die Meldehäufigkeit macht noch keine gute Note.

    Zudem verstehe sie nicht warum Exen genauso viel zählen wie mündliche Noten, das würde ja die Gesamtnote verschlechtern.

    Da würde ich der Mutter einfach den Auszug aus dem Gesetz vorlegen und darüber nicht diskutieren.

    Die Tochter sei niedergeschlagen und auch in Geographie bekäme sie „nur 4er und 3er“.



    Hast du sie in Geographie auch? Oder warum beschwert sich die Mutter darüber bei dir?

  • Manche Dinge sind in Bayern klar geregelt.

    Anzahl der "mündlichen" Noten (kleine Leistungsnachweise). Es gibt eine gewisse Mindestzahl, die man haben muss, wenn man darüber geht, finde ich, dass man versuchen sollte, von allen SuS ungefähr gleich viele zu haben. Ob die Eltern mehr Noten erwarten oder nicht, muss mich nicht interessieren, solange ich die Mindestzahl im Halbjahr (oder bei Leistungsstandsberichten auch insgesamt im Schuljahr) habe.

    Anderer Gesichtspunkt: zu viele Noten erhöhen (laut Aussage anderer Eltern) den Druck / entwerten bestimmte Noten ...

    Stegreifaufgaben zählen zu den kleinen Leistungsnachweisen und - es sei denn der Lehrer gibt rechtzeitig vorher eine andere Gewichtung bekannt - zählen eben genau so viel, wie Abfragen oder Unterrichtsbeiträge (und wenn man sie anders gewichtet, zählen die meisten Lehrkräfte sie wohl eher mehr).

    Und ja, ich bin eigentlich auch nicht glücklich, dass eine Stegreifaufgabe (schriftlicher Leistungsnachweis) zu den anderen kleinen Leistungsnachweisen (Abfrage, Unterrichtsbeitrag, Referat) zählt - in einer Sprache. Aber es ist halt so, das sagt die Schulordnung und darüber muss man mit der Mutter nicht diskutieren (ich persönlich schreibe in Englisch deshalb immer wenig Stegreifaufgaben - schriftliche Leistungen bekomme ich durch die Schulaufgaben).

    Aber: In einem Punkt aufpassen: Wie häufig sich jemand meldet darf (offiziell) kein Grund für eine bestimmte Note sein. Auch dass ich sie aufrufen muss, soll keinen Einfluss auf die Note haben. Es muss zählen, was das Kind dann tatsächlich abliefert (das ist dann auch oft nicht besser wie eine 3 oder 4, weil man eben nicht weiß, ob das Kind gerade die Antwort parat hat oder nicht, man ruft einfach mal auf ...) Da fällt es dann auch leichter, einer Mutter zu erklären, warum das "nur" eine 3 ist ... mehrfach aufgerufen, in einigen Fällen was gewusst, in anderen nicht ... (ich mach mir in so einem Fall kurze Notizen und kann der Mutter dann eben auch sagen "Am Tag XY habe ich sie gefragt ... Antwort war falsch. In der gleichen Stunde ... Antwort war richtig. Einen Tag später aufgerufen und ... Ergibt dann eben eine "3", was übrigens "befriedigend" bedeutet). Offiziell muss ich bei uns sowieso jede Note mit einem Datum versehen, wann ich sie gegeben habe ...

    Ich sichere solche Noten dann aber auch gerne mit einer ganz klassischen Abfrage (nicht nur Vokabeln) ab. Kann die Schülerin die Vokabeln / die Grammatik / den Inhalt des Textes, habe ich auch kein Problem, ihr eine bessere Note zu geben.

  • Ich bitte um Entschuldigung für das Off-Topic: Was ist ein Notenauszug?

    In Bayern gibt es die Möglichkeit, dass in den Klassen 5-8 auf das Halbjahreszeugnis verzichtet wird und die Schüler stattdessen einen Auszug mit allen bis zu dem Zeitpunkt erhobenen Noten erhalten.


    Das spart einiges an Zeit, da keine Zeugnisse geschrieben werden müssen und die Eltern erhalten öfter einen Überblick über alle Noten.

  • Ich bitte um Entschuldigung für das Off-Topic: Was ist ein Notenauszug?

    In Bayern gibt es die Möglichkeit, das Zwischenzeugnis durch mehrfache Zwischenstandsberichte zu ersetzen, da kriegen die Eltern also einen Ausdruck der erzielten Noten in jedem Fach.

  • Wichtig auch, wenn die Schülerin schüchtern ist, dann ruf sie regelmäßig auf und schau was kommt. Bewerte die Qualität nicht die Quantität. Denn nur die Meldehäufigkeit macht noch keine gute Note.

    Genau das ist mir bei dem Ausgangsbeitrag ebenfalls direkt durch den Kopf gegangen. Nur, weil eine Schülerin sich selten eigenaktiv meldet bedeutet das längst nicht, dass die Fachleistung maximal befriedigend sein könnte. Insbesondere in der SEK.I- ich bin ebenfalls Realschullehrerin- haben wir auch die Verpflichtung, durch Aufrufen die Fachleistung zu prüfen, wo die SuS sich nicht ausreichend selbst melden würden.


    Wer dann prinzipiell richtige Antworten zu geben weiß, gleich ob nach eigenem Melden oder sonstigem aufgerufen werden, bekommt selbstredend auch die 2,0 und besser. Bewertet wird schließlich nicht die Frequenz des reinen Meldens, sondern die Qualität der Unterrichtsbeiträge im Plenum oder auch in Gruppen- und Einzelarbeiten.


    Sollte es bei dir Franconian tatsächlich rein basierend auf der Meldefrequenz maximal ein befriedigend geben für diese Schülerin, obgleich die Qualität ihrer Beiträge eine andere Note ergeben würde, dann ist die Reaktion der Muttervöllig angemessen und ein wichtiger Hinweis an dich, deine Notengebung zu verändern, um tatsächlich fachliche Qualität zu bewerten mit deinen Noten.

    Andernfalls wäre ich bei Seph , dass du möglicherweise deine Bewertungskriterien transparenter machen musst, um dann auch mit diesen zu argumentieren bei der Notengebung gegenüber SuS und Eltern.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Vielen Dank für die zahlreichen Beiträge! Ich habe die Schülerin nicht in Geographie, aber vermutlich teilt sie mir das mit, da ich gleichzeitig die Klassleitung bin.

    Ich vermute, sie will irgendwie auch den Frust an mir auslassen, da ihre Tochter ja niedergeschlagen sei. Die Kriterien hatte ich tatsächlich bereits erläutert, aber scheinbar hat das nicht geholfen-kann ich ja bei Gelegenheit wiederholen. Ich werde ihr einfach mal entsprechende Gesetzesauszüge zukommen lassen.

    Der Notenauszug wird bei uns immer vor einem bevorstehenden Elternsprechtag herausgegeben. Zwischen- und Jahreszeugnisse gibt es trotzdem.

    Herzlichen Dank nochmal! 😇

  • Bei meinen Kindern stand im Gymnasium unter jeder Klassenarbeit in jedem Fach die derzeitige mündliche Note, es waren also pro Fach mehrere im Halbjahr. Obwohl meine Kinder mündlich schlechter waren als schriftlich (die Lehrer nannten es die Zauberwaldsche Krankheit), war ich doch froh, so zu erfahren, dass die Mitarbeit anscheinend nicht so gut ist und habe es mit den Kindern besprochen. Schüchternheit ist aber keine Entschuldigung für mangelnde Mitarbeit, finde ich.

    Wir geben in der Grundschule eine Unterrichtsnote in den Fächern. Dazu zählen z.B. Qualität der Beiträge im Unterricht, Zuverlässigkeit bei Hausaufgaben und anderen Dingen, die vorzulegen sind, auch Ordnung, Motivation, Kreativität, Selbstständigkeit....

  • ...

    Ich vermute, sie will irgendwie auch den Frust an mir auslassen, da ihre Tochter ja niedergeschlagen sei. ..

    Manchmal hilft es, sich nicht sofort zu verteidigen, sondern das aufzugreifen und anzunehmen, was der andere anbietet. Wenn die Tochter niedergeschlagen ist, könnte man sagen, "Ja, das verstehe ich." Und dann könnte man etwas vorschlagen, das einen Ausweg anzeigt, etwa "Aber es gibt zum Glück wirklich Wege zu einer besseren mündlichen Note, den Ihre Tochter gehen kann. Als ersten kleinen Schritt könnte sie sich zum Beispiel vornehmen,...". Kann sie sich das auch vorstellen?

  • Könnt ihr mir vllt Tipps geben, wie ich mit dieser Mutter umgehen soll?

    Begründen wie die Note zusammen kam (am besten mit Beispielen was gefragt wurde, was sie geantwortet hat und was der Erwartungshorizont war) und den Unmut der Mutter ertragen bzw. versuchen nicht so viel daran zu denken.


    Ich unterstelle, dass viele, die sich über eine schlechte Note beschweren, sehr wohl wissen, dass diese gerechtfertigt ist, aber versuchen Druck auf Lehrer auszuüben. Falls das der Fall ist, sollte man nicht Zeit und Energie mit solchen Gesprächen vergeuden.

    Es ist kein Unmut über die Qualität Deiner Leistungsmessung, sondern lediglich deren Ergebnis.


    "Sie hätte viel mehr mündliche Note erwartet als nur eine."
    Man könnte nachfragen "Warum?" aber man kann es sich auch ersparen.

    • Offizieller Beitrag

    Sie hätte viel mehr mündliche Note erwartet als nur eine."
    Man könnte nachfragen "Warum?" aber man kann es sich auch ersparen.

    jaaa, was kann man nicht alles erwarten..... *Achselzuck*

  • Ich rege mich so über diese Vorgehensweise der Mutter auf und habe eigentlich wenig Lust ihr zu erklären, dass ich diejenige bin, die die Noten macht und die SuS im Unterricht „erlebt“. Die Tochter sei niedergeschlagen und auch in Geographie bekäme sie „nur 4er und 3er“.

    Manchmal hilft es, sich nicht sofort zu verteidigen, sondern das aufzugreifen und anzunehmen, was der andere anbietet. Wenn die Tochter niedergeschlagen ist, könnte man sagen, "Ja, das verstehe ich."

    Meiner Erfahrung nach sind die Kinder/Jugendlichen allenfalls "niedergeschlagen", weil die Mutter sauer ist, nicht wegen der an sich unspektakulären Noten. Mütter fühlen sich oft gekränkt, wenn ihre Kinder nicht spitze sind, sondern einfach normal, und schlagen dann auch mal verbal um sich. Das kann man einfach an sich ablaufen lassen. Ich würde der Mutter empathisch aber konsequent klarmachen, dass sie sich zurückziehen und das Kind selbstständig werden lassen soll. Mit der Zeit verstehen das die meisten und sind erleichtert und entlastet:


    "Ja, das verstehe ich. Dabei ist dieses Notenbild in der Pubertät absolut normal und in Ordnung. Ihre Tochter kann mich aber morgen in der Schule gene ansprechen. Ich werde sie beraten, was sie tun kann."

  • Die Schülerin ist wirklich sehr still, meldet sich ab und an oder ich muss sie aufrufen. Das ist definitiv nicht besser als eine „3“.

    Du vergibst also mdl. Noten rein anhand der Quantität der Meldungen? Ich glaube nicht, dass das so tragbar ist.


    Mdl. Noten sollten vor allem die Qualität der geleisteten Beiträge wiederspiegeln.


    Was sind denn deine Bewertungskriterien? Welche Deskriptoren benutzt du?

  • Du vergibst also mdl. Noten rein anhand der Quantität der Meldungen? Ich glaube nicht, dass das so tragbar ist.


    Mdl. Noten sollten vor allem die Qualität der geleisteten Beiträge wiederspiegeln.


    Nicht vor allem, sondern ausschließlich!
    Viele Kollegen verwechseln die mündliche Note mit Mitarbeit und dann gibt es auch noch die, die einfach gar keine mündlichen Noten geben. (Für Schüler und deren Eltern ist das natürlich absolut unrelevant, da zählt nur, ob es eine möglichst gute Note ist, und nicht wie diese zustande kommt. Das Zustandekommen wird nur kritisiert, wenn das Ergebnis nicht gefällt.)

  • Du vergibst also mdl. Noten rein anhand der Quantität der Meldungen? Ich glaube nicht, dass das so tragbar ist.


    Mdl. Noten sollten vor allem die Qualität der geleisteten Beiträge wiederspiegeln.


    Was sind denn deine Bewertungskriterien? Welche Deskriptoren benutzt du?

    Das kann man etwas bösartig so herauslesen, wurde von der TE aber keinesfalls so beschrieben. Sie hatte allerdings angemerkt, dass sie Englisch-Lehrerin sei und es würde mich wenig verwundern, wenn sich gerade in einer Fremdsprache die Messung von Qualität auch auf Sprechleistungen stützt.

  • Nicht vor allem, sondern ausschließlich!

    Derart apodiktisch kann man das wohl nicht formulieren. Ich denke, dass dies vom Bundesland abhängt (und in Bayern vermutlich auch so sein dürfte). Exemplarisch hierzu ein Auszug aus dem Kernlehrplan Mathematik (Sek 1) in NRW:

    Zitat

    Im Bereich „Sonstige Leistungen“ werden die Qualität und Kontinuität der Beiträge erfasst, die Schülerinnen und Schüler im Rahmen individuellen und gemeinschaftlichen Lernens erbringen. Dabei sollen auch solche Gebiete fachlichen Lernens und Leistens Berücksichtigung finden, die sich der Überprüfung in schriftlichen Arbeiten weitgehend entziehen. Dazu gehören Aspekte des Kommunizierens genauso wie explorative Phasen beim Modellieren, Problemlösen oder Argumentieren.

    Quelle: Schulentwicklung NRW - Lehrplannavigator S I - Hauptschule - Mathematik - Mathematik KLP - 3 Lernerfolgsüberprüfung und Leistungsbewertung

  • Manchmal hilft es, sich nicht sofort zu verteidigen, sondern das aufzugreifen und anzunehmen, was der andere anbietet.

    Diesen Tipp würde ich nicht nur als "Strategie" für das eigene Auftreten im Gespräch nehmen, sondern vielleicht auch als mentale Position.

    Ja, es gibt Eltern, die nur Stress machen wollen. Ja, es gibt Eltern, die einfach mal versuchen wollen, etwas besseres herauszuholen.

    Es gibt aber eben sicherlich auch Eltern, die wegen der Leistung ihrer Kinder besorgt sind (- egal ob dies objektiv gerechtfertigt ist oder nicht -) und sich rückversichern wollen, ob schulisch alles in Ordnung ist, bzw. sich Tipps für eine mögliche Verbesserung geben lassen wollen.

    Man darf als Bildungsbürger (- und der überwiegende Großteil der Lehrkräfte dürfte dem Bildungsbürgertum angehören -) auch nicht den Fehler machen, davon auszugehen, dass Eltern ihre Nöte immer adäquat artikulieren können. Was vielleicht wie ein Angriff oder eine Beschwerde klingt, kann oft auch ein Hilferuf oder Ausdruck von Unsicherheit oder Ängsten sein.

  • Du vergibst also mdl. Noten rein anhand der Quantität der Meldungen? Ich glaube nicht, dass das so tragbar ist

    In Bayern definitiv nicht. Mündliche Beiträge sind eine Holschuld der Lehrkraft.

    „Think of how stupid the average person is, and realize half of them are stupider than this.“ - George Carlin

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