Zunächst ganz lieben Dank für dein ausführliches Feedback. Ich versuche mal Einiges herauszugreifen, weil ich dazu noch Nachfragen habe.
In ruhigen Wochen bereite ich guten Unterricht vor. Ich versuche mein Unterrichtsmaterial so zu gestalten, dass es auch langfristig nutzbar ist. Ansonsten arbeite ich auch mit Schulbüchern. In korrekturintensiven Phasen bereite ich nichts vor, sondern verwende das alte Material oder improvisiere. Das geht gut. Die SuS lernen trotzdem etwas. Unterrichtsvorbereitung und Orga kann man auch in den Schülerarbeitsphasen machen. Korrigieren geht dann meist nicht so gut, da es zu laut ist.
Genau, so mache ich das inzwischen ja auch schon - ich bereite in Klausurphasen wenig bis gar nichts mehr vor. Und auch die Orga versuche ich in Schülerarbeitsphasen zu machen. Hier bin ich aber z. B. auch nur begrenzt erfolgreich, weil ich hierzu z.B. WLAN-Empfang benötige, der leider häufig instabil ist oder schlicht nicht funktioniert. Wenn du dann dreimal versucht hast, ins Netz zu kommen, um potentielle Entschuldigungen zu kontrollieren und immer stürzt das Netz dann ab - und zwischendurch hast du noch zahlreiche Nachfragen zu dem, was zu erarbeiten ist, ist das maximal nervenzehrend.
ZitatKlausuren lese ich prinzipiell nur einmal und zwar schnell. Bei Aufsätzen unterstreiche ich bei schwachen Arbeiten nur die groben Fehler. Die Feinheiten lasse ich weg. Das ist auch im Sinne der schwachen SuS, die total überfordert wären, wenn ich ihnen ihre Arbeiten komplett rot markiert zurückgeben würde. Das kommuniziere ich meinen SuS auch so. Ich sage ihnen, dass das jetzt erst einmal die wichtigsten Fehler sind, auf die sie sich konzentrieren sollten. Sobald diese Fehler nicht mehr gemacht werden, können wir uns die Feinheiten anschauen. Das erspart mir eine Menge Arbeitszeit und ist meines Erachtens sogar pädagogisch sinnvoller. Einen Erwartungshorizont bekommen sie auch von mir.
So mache ich das ja auch - und anders hätte ich ja jetzt die Masse an Klausuren gar nicht bewältigt bekommen. War trotzdem viel Arbeit.
Die Korrektur der zentralen Prüfungen muss natürlich den Vorgaben entsprechen. Ich bitte dann um Korrekturtage.
Ich habe tatsächlich noch nie gehört, dass man Korrekturtage beantragen kann. Ist bei uns nicht möglich. Die einzige Möglichkeit, es zu schaffen, waren in der Vergangenheit "Nachtschichten" (mit dem Erfolg, dass ich dann öfters krank war anschließend, weil es zu viel war für meinen Körper) oder eben selbstgewählte bewusste "Auszeiten" - was ich dann wirklich irgendwann gemacht habe, weil es nicht mehr anders ging. Und hatte dann trotzdem immer ein schlechtes Gewissen.
"Ok, für diese Abiprüfung hast du jetzt 60 Minuten Zeit. Dann musst du fertig sein." So arbeite ich automatisch schneller.
Bei 57 Deutschklausuren komme ich dann auf 57 Stunden umgerechnet. Ich habe aber weder Ferien, noch eine Betreuung für mein Kind in der nächsten Zeit. Dafür weiterhin Unterricht. Und was ich auch festgestellt habe, ist, dass ich nicht durchgängig korrigieren kann. Ist das bei dir auch so, bzw. hast du da einen Tipp für mich? Nach ca. 4-5 Stunden Deutschaufsätzen kann ich einfach nicht mehr und muss zumindest eine längere Pause machen. Und diese Pausenzeiten habe ich auch nicht.
Nun zum emotionalen Aspekt: Wir sind da alle anders. Mir fällt es leicht, Distanz zu wahren. Ich bin meinen SuS gegenüber freundlich und respektvoll. Ich versuche ihnen beim Lernen(!) zu helfen und sie zu motivieren. Ich sage ihnen, dass die Schule ein Hilfsmittel ist, um ein gelungenes Leben zu führen, aber manchmal ist die Schule eben gerade nicht das richtige Mittel und das ist ok. Dann ist ein anderer Weg vielleicht der richtige. Ich zeige meinen SuS, wo sie auf diesem Weg Rat finden. Aber ich bin nicht ihr Freund. Sie haben idealerweise eigene Freunde. Und ich bin definitiv kein Therapeut oder Sozialarbeiter. Da gibt es andere Menschen, die eine tolle Arbeit leisten.
Das ist bei mir wohl der springende Punkt - es fällt mir eben nicht leicht und ich hoffe sehr, dass das mit mehr Erfahrung noch kommt. Es gibt immer öfter Begebenheiten oder Erfahrungen, die meine SuS machten und machen, die mich sehr und nachhaltig beschäftigen. Weil ich sie auch immer öfter unmittelbar mitkriege. Vor ein paar Monaten hat mir eine Schülerin ihren Suizid angekündigt - das war nicht ohne und hat mich lange verfolgt. Obwohl es gut ausgegangen ist aufgrund von mir unmittelbar eingeschalteter fachkundiger Hilfe, weiß ich immer noch nicht, wie "stabil" das Mädchen ist. Und solche Begebenheiten oder ähnliche Begebenheiten häufen sich. Und nicht selten bin ich die erste Ansprechpartnerin (warum auch immer). Und ich verweise auch immer auf die Hilfsangebote, die es gibt. Aber erste Ansprechpartnerin bin oft ich. Eine Freundin von mir wird aus diesem Grund dem Schuldienst den Rücken zukehren: Sie hat festgestellt, dass ihre SuS was ganz Anderes brauchen, als das, was sie ihnen geben kann. Und findet es für sich selbst sinnstiftender, wenn sie in die therapeutische Richtung geht längerfristig. So ist es bei mir definitiv nicht - ich stelle nur die Überforderung fest aufgrund dieser ganzen Themen und dass für viele meiner SuS etwas ganz Anderes wichtiger ist als mein Unterricht. Das ist manchmal zugegebenermaßen auch schwer für mich: ICH finde Marketing z. B. total spannend.