Diagnostik und Anschlussförderung

  • Das Impaktmagazin behandelt in der aktuellen Ausgabe die (digitale) datengestützte Diagnostik & Förderung: https://www.wuebben-stiftung-b…rch_Daten_Februar2024.pdf


    Es wird auf Kanada und Singapur verwiesen, die in Ländervergleichstest sehr erfolgreich abschneiden, obwohl die Bedingungen bezüglich z.B. Benachteiligung und Landessprache als Zweitsprache in Kanada wohl vergleichbar sind. Als Faktor für diesen Erfolg wird die datengestützte Diagnostik und Anschlussförderung angegeben. Ich versuche, den Stand bezüglich (digitaler) Diagnostik und anschließenden Fördermaßnahmen an unserer Schule zusammenzufassen, und komme ehrlicherweise zum Schluss, dass die einzige konkrete Diagnostik bei mir die Hamburger Schreibprobe ist und die Anschlussförderung sicherlich verbesserungswürdig. Im kommenden Schuljahr erproben wir zumindest LaLeTu als digitale Lesediagnostik, doch die Anschlussförderung ist auch da noch ungeklärt.


    Mich interessiert, wie es an eurer Schule aussieht: Welche Diagnostik-Instrumente nutzt ihr und welche konkreten Ansätze und Materialien bilden bei euch in welchem Rahmen (Einbettung in den Klassenunterricht, Förderung in Kleingruppen, Einzelförderung) die Anschlussförderung?

  • Wir hängen Testungen nicht besonders hoch und machen nichts Umfassendes.


    In Klasse 2+3 nutzen wir die HSP mit online-Auswertung (inzwischen von Klett aufgekauft)

    und in Klasse 1-4 den Stolperwörter-Test (frei verfügbar),

    einige nutzen auch die Testhefte vom Lisum oder Auszüge davon.


    Den PLT habe ich mir angesehen, aber er ist an sich wie ein Teil des Lisum-Tests und basiert auf dem Erkennen von Wörtern, mir ist ein Satzzusammenhang wichtig und aussagekräftiger.


    Wenn es Stunden gibt, kann man Förderung als Kurs anbieten (Rechtschreibung). Die Stunden stehen zwar im Erlass zum Fördern, nicht aber in der Stundentafel, man ist also auf Überhang angewiesen, den man selten hat und noch seltener über das Jahr bewahren kann.


    Alternativ habe ich (über Corona) in Anton Kurse angelegt, in die ich die Kinder zuweise, also gezielte Rechtschreibübungen, die sinnvoll zu wiederholen sind.

    Sinnvoll finde ich, Fehlerschwerpunkte zu sehen und zu setzen.


    Lesen integriere ich differenziert in den Unterricht und gebe den Eltern im Gespräch Hinweise zum Lesestoff oder Beratung, seltener zusätzliches Silben-Material zu ohnehin stark differenziertem Material im 1. Schuljahr.

    Mein Studium ist eine Weile her, gute FoBi gab es über die Akademie für Leseförderung (ALF Hannover) und ich hatte Zugang zu Biss, auch zum Teilbereich Leseförderung. Darüber bin ich bemüht, das Lesetandem im Unterricht einzusetzen, das muss aber in den regulären Stunden unterkommen.


    In Mathe hakt es m.M.n. immer an den gleichen Stellen, das ist quasi vorhersehbar, sodass man es vorentlasten kann. Derzeit hatte ich das Glück einer Ma-Förderstunde in KL. 2, über die ich viel auffangen konnte, sodass mehrere Kinder gut aufgeholt haben und nun ohne Probleme mitarbeiten.


    Weitaus schwieriger finde ich die Förderung, die außerhalb der üblichen Schwierigkeiten benötigt wird, z.B. seltenere Förderbedarfe oder deutliche Defizite in mehreren Bereichen einschließlich Wahrnehmung und Merkfähigkeit.

    Nicht leistbar finde ich das Fördern von Dyskalkulie, nicht zuständig sehe ich mich bei Logopädie.


    Auch bei uns gibt es keine immer gleiche Förderung, was an der immer anderen Stundenversorgung liegt. Selbst die DaZ-Stunden sind nicht fix, da würde ich sagen, dass wir ein Konzept haben und bemüht sind, es umzusetzen, aber dennoch Luft nach oben ist.


    In mehreren Teilbereichen würde eine gezielte Förderung eine genauere Diagnostik erwarten lassen, die dann auch eine besser abgestimmte Förderung bedeuten würde, aber das wäre dann sehr aufwändig und ich sehe nicht, wie es derzeit ermöglicht werden kann.


    Testmöglichkeiten waren auch irgendwo in Biss aufgeführt, mein Zugang ist aber abgelaufen, sodass ich keinen Zugriff mehr habe.


    Mich würde interessieren, ob jemand mit online-Diagnose von schroedel arbeitet und im Anschluss die angebotenen Arbeitshilfen nutzt - und wie.

  • Habe selbst leider keine Erfahrungen, aber war mein Abschlussprüfungsthema: die Uni Rostock/ Rügener Inklusionsmodell haben da ganz gut und ausführlich geforscht. Ich meine, da ist sogar ein Tool entstanden, dass im Grunde genau das macht, was du suchst.

  • Richtig guter Hinweis, JoyfulJay , das Rügener Inklusionsmodell spielt auch eine wesentlich Rolle in meinen Überlegungen. Wir haben in zwei Wochen einen pädagogischen Ganztag zum Thema und werden dort anhand der Mehrebenenprävention dieses Modells auch unsere aktuelle Praxis der Kleingruppenförderung reflektieren. Des Weiteren bin ich über Qualis auf das Niveaustufen-Modell nach Wember gestoßen, mit dem wir nun unseren Klassenunterricht bzw. die Differenzierung unserer Lernzeitenpläne anschauen wollen. Ich bin gespannt, ob die Zuordnung der bisherigen Materialien im Jahrgangsteam und dann der Vergleich mit den anderen Stufen so ertragreich wird, wie ich es mir vorstelle und erhoffe.


    Danke für die ausführliche Antwort, Palim . Ich bin auf Klasseneben ein großer Fan der Lautlesemethoden wie den Lautlesetandems und in NRW sind diese ja nun auch verpflichtend eingeführt. In Mathe habe ich immer noch das Gefühl, dass viele Kinder die Themen nicht in der Zeit, die wir haben, nachhaltig lernen. Da ist vieles mit dem nächsten Thema wieder vergessen. Die Förderstunde ist da manchmal ein Tropfen auf den heißen Stein. Super, dass du da so erfolgreich arbeitest und die Erfahrung hast, Probleme präventiv anzugehen.


    Wie du auch sagst, sehe ich noch ein großes Problem in der personellen Ausstattung. Generell muss man sich entscheiden, ob man mehr und häufiger Kleingruppen aus dem Unterricht ziehen möchte oder ob man mehr und häufiger Doppelbesetzungen in der Klasse haben möchte. Auch bei uns ist es so, dass diese Doppelbesetzungen dann aber natürlich als erstes Opfer für Vertretungsunterricht werden.


    Zur Diagnostik bei schroedel kann ich leider nichts sagen.

  • Generell denke ich immer, dass es nur Sinn macht, eine Diagnostik zu erheben, wenn es auch Kapazitäten gibt, um die Folgerungen daraus umzusetzen. Auch muss die Diagnostik zur Lernmethode , die angewendet wird , passen.


    Damit meine ich: Als ich zum ersten Mal mit dem Stolle testete (früher: Metze: Stolperwörterlesetest) unterrichtete ich noch 1:1 nach Lesen durch Schreiben von Reichen - laut lesen, war kein Thema, Lesetraining überhaupt auch nicht - Lesen kommt durch das Schreiben. Nur nach dem ersten Jahr in einem schwachen Umfeld lasen nur die 3 Kinder im befriedigenden Bereich, die zu Hause Begleitung erfuhren. Mit dem Schnell-lesen hatte keiner jemals vorher Berührung - also waren die Ergebnisse ganz klar geschuldet, dass die Diagnose nicht mit der Methode zusammenpasste. Ich schaute in die Tobi Fibel, die der Begründer des Stolle-Testes herausgab und siehe da, im Übungsmaterial tauchten schon Vorübungen und Übungen zum Stolperwörtertest auf, so dass es klar war, dass die Kids besser abschlossen als die nach der Lesen durch Schreiben Methode.


    Anderes Beispiel: In meiner Studienzeit wurde Rechtschreibung alleine nur durch Lernwörter, wöchentliche Diktate vermittelt, wozu brauchte man da: phonologische Bewusstheit? Wenn ich mit dem Anlautbogen anfange zu üben, ist dies eine Grundvorraussetzung, um überhaupt die Laute abzuhören.


    By the way frage ich mich, wann wird wieder erst das Lesen, dann das Schreiben vermittelt (in der Schweiz gibt es diesen Ansatz und er wird wohl erfolgreich praktiziert (Leseschlau - die Verbindung von Lesen und phonologischer Bewusstheit, bevor geschrieben wird). Das passt bestimmt gut zu einem Einzugsgebiet mit hohem Anteil an Kinder mit einer anderen Herkunftssprache.



    Will damit sagen: Was man erhebt, hängt vom didaktisch/methodischen Hintergrund ab. Gut finde ich, wenn es nicht nur die Erhebung gibt, sondern auch passgenaue Förderung, die einfach für den Lehrer ist.

    Den Hype um die Hamburger Schreibprobe konnte ich nie so ganz verstehen, denn gerade in Klasse 1 und 2 wurden sehr wenige Wörter untersucht und dann auch Wörter/Rechtschreibphänomene, die nicht unbedingt so oft vorkommen.



    Recht unaufwändig und, wenn der Schulkreis beteiligt ist, finde ich den Lernserver Test, den man für alle 4 Schuljahre als Schule als Screenings kostenlos durchführen kann. Der ergibt eine Ampeldiagnostik und man hat die auffälligen Schüler herausgepickt. Die Eltern oder die Schule können den Test dann aufstocken und man bekommt Fördermaterial passgenau für das einzelne Kind. Ist auch nicht ganz optimal....


    flip

  • Generell denke ich immer, dass es nur Sinn macht, eine Diagnostik zu erheben, wenn es auch Kapazitäten gibt, um die Folgerungen daraus umzusetzen. Auch muss die Diagnostik zur Lernmethode , die angewendet wird , passen.

    Ja absolut, sonst bringt es kaum etwas und ist nur eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die Lehrkraft.



    Damit meine ich: Als ich zum ersten Mal mit dem Stolle testete (früher: Metze: Stolperwörterlesetest) unterrichtete ich noch 1:1 nach Lesen durch Schreiben von Reichen - laut lesen, war kein Thema, Lesetraining überhaupt auch nicht - Lesen kommt durch das Schreiben. Nur nach dem ersten Jahr in einem schwachen Umfeld lasen nur die 3 Kinder im befriedigenden Bereich, die zu Hause Begleitung erfuhren. Mit dem Schnell-lesen hatte keiner jemals vorher Berührung - also waren die Ergebnisse ganz klar geschuldet, dass die Diagnose nicht mit der Methode zusammenpasste. Ich schaute in die Tobi Fibel, die der Begründer des Stolle-Testes herausgab und siehe da, im Übungsmaterial tauchten schon Vorübungen und Übungen zum Stolperwörtertest auf, so dass es klar war, dass die Kids besser abschlossen als die nach der Lesen durch Schreiben Methode.

    In dem Fall ist es ja weniger die Methode als die Inhalte und Ziele. Die Methode nach Reichen scheint die Leseflüssigkeit anscheinend als nicht so wichtig zu erachten. Ich denke aber, heute ist man sich über die Wichtigkeit einig. Hinzu kommt, dass eine Diagnostik reliabel, objektiv und valide sein soll - das ist sie mMn nicht, wenn ein Lehrwerk extra auf eine Diagnose vorbereitet.


    By the way frage ich mich, wann wird wieder erst das Lesen, dann das Schreiben vermittelt (in der Schweiz gibt es diesen Ansatz und er wird wohl erfolgreich praktiziert (Leseschlau - die Verbindung von Lesen und phonologischer Bewusstheit, bevor geschrieben wird). Das passt bestimmt gut zu einem Einzugsgebiet mit hohem Anteil an Kinder mit einer anderen Herkunftssprache.

    Wie sinnvoll die Trennung von Lesen und Schreiben ist, möchte ich anzweifeln, aber angesichts der Unterschiede, mit denen die Kinder eingeschult werden, scheint es mir auch sinnvoll, ein wenig vor dem Lesen und Schreiben und damit mit phonologischer Bewusstheit anzufangen. Ich habe mir Leseschlau und den Lernserver kurz angeguckt und mit Christa Röber ist da ja eine profilierte Didaktikerin dabei, die auch ein - noch nicht zugelassenens -, online kostenlos verfügbares Lehrwerk mitenwickelt hat: Die Kinder vom Zirkus Palope. Bei beiden von dir genannten Angeboten, findet man Aspekte wieder, die mir für den Anfangsunterricht gefallen. Eine enge Verbindung zwischen Buchstaben, Lauten und Mundbildern zum Beispiel habe ich ebenso noch nicht umgesetzt wie die gebärdenunterstützte Einführung der Buchstaben. Das kommt auf jeden Fall in meine persönliche Evaluation meiner aktuellen Klasse in der Schuleingangsphase.

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