Gendern in den Abiturklausuren in NRW

  • Ich habe über eine mir bekannte Schulleitung gehört (kann hier leider nicht schreiben von wem genau), dass von der Bezirksregierung (ich glaube es war Münster) ausdrücklich gesagt wurde, man müsse auch in NRW die Genderschreibweisen mit Sternchen etc. als falsch kennzeichnen.

    Hat jemand von euch dazu irgendwelche valideren Infos?


    (Werde natürlich nach dem Wochenende versuchen, von der Bezirksregierung bzw. vom Schulministerium dazu eine entsprechende Bestätigung oder Negierung zu erhalten.)

    Die Weisheit des Alters kann uns nicht ersetzen, was wir an Jugendtorheiten versäumt haben. (Bertrand Russell)

  • Da viele der werten Kolleg:innen sowieso ein Haufen von Verstößen gegen die Sprachrichtigkeit im Deutschen übersehen, fände ich es nur konsequent, wenn sie die laut Rechtschreibrat (noch) fehlerhafte Schreibweise ebenfalls konsequent ignorierten.

  • Natürlich muss man das, immerhin ist diese Schreibweise ja objektiv falsch.

    Naja, sie wird vom Rat für deutsche Rechtschreibung nicht empfohlen. Das bedeutet nicht, dass sie generell falsch ist, denn der Rat spircht ja nur für amtliche Schriften. Der Duden sieht das zum Beispiel anders. Für die Schule bzw. insbesondere für die Oberstufe obliegt die Regelung für Bewertungen ebenfalls nicht dem Rat, sondern der Bildungspolitik (s. https://www.rechtschreibrat.co…gs-Begruendungspapier.pdf, S. 8). Ich wüsste nicht, dass es in NRW entsprechende Vorgaben gibt. Im Sinne der Schüler*innen würde ich aber selbstverständlich keine Fehler in Abiturklausuren suchen, wo sie nicht zwingend zu suchen sind. Gerade für den Deutschunterricht ist eine Nutzung gendersensibler Sprache doch außerdem Ausdruck von Kompetenz im Umgang mit Sprache und derer gesellschaftlichen Wirkung.

  • Natürlich muss man das, immerhin ist diese Schreibweise ja objektiv falsch.

    So objektiv finde ich das gar nicht. Rechtschreibnormen sind grundsätzlich willkürlich gesetzt und gerade wenn es von oben keine klare Vorgabe gibt, würde ich im Interesse der Schüler keinen Fehler anstreichen. Ich bin da aber grundsätzlich eher liberal eingestellt. Sofern ich erkenne, dass ein Schüler etwas systematisch macht und den Eindruck erzeugt, dass er Schreibweisen reflektiert verwendet, fällt das unter Sprachkompetenz und wird ohnehin nicht als Fehler bewertet. Wenn jemand konsequent <ss> statt <ß> schreibt, dann ist das für mich genauso in Ordnung wie zu gendern. Dass ich damit eher allein auf weiter Flur stehe, ist mir bewusst, aber fachlich kann ich das rechtfertigen.

  • "Abi" ist nicht vom amtlichen Regelwerk abgedeckt.

    #Zesame:!:


    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

  • Mein erster Besuch beim Internetauftritt des Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus - und prompt der erste Treffer in puncto atemberaubende Konstruktion bei der Einhaltung von "amtlichem Regelwerk":



    Quelle: https://www.km.bayern.de/meldu…nieurinnen-und-ingenieure

    #Zesame:!:


    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

  • MarieJ

    Hat den Titel des Themas von „Gendern im Abi NRW“ zu „Gendern in den Abiturklausuren in NRW“ geändert.
  • Natürlich muss man das, immerhin ist diese Schreibweise ja objektiv falsch.

    Es ging mir um die Frage, ob da in letzter Zeit eine entsprechende Anweisung seitens einer Bezirksregierung ergangen ist.

    Der Rechtschreibrat hatte ja den schulischen Umgang mit den diversen Sonderzeichen in die Verantwortung der Bildungsministerien gestellt.

    Die Weisheit des Alters kann uns nicht ersetzen, was wir an Jugendtorheiten versäumt haben. (Bertrand Russell)

  • Gerade für den Deutschunterricht ist eine Nutzung gendersensibler Sprache doch außerdem Ausdruck von Kompetenz im Umgang mit Sprache und derer gesellschaftlichen Wirkung.

    Gendersensible Sprache und das gendern mit Sonderzeichen sind nicht das gleiche.

  • Gendersensible Sprache und das gendern mit Sonderzeichen sind nicht das gleiche.

    Das stimmt, gendersensible Sprache ist der übergeordnete Begriff für verschiedene Möglichkeiten. Hier wurde ja nach der Schreibweise mit Gender-Sternchen gefragt. Dies ist eine Form der gendersensiblen bzw. -gerechten Schreibweise.

  • Ich für meinen Teil (Deutschlehrerin in BaWü) streiche die gegenderten Formen nicht an -

    hierbei zählt nicht meine Meinung, dass sich die Sprache weiterentwickelt und die Jugendlichen hier

    der Tatsache Ausdruck verleihen, dass sie alle Menschen meinen, sondern die Tatsache, dass sich

    die Gesamtnote eines Deutschaufsatzes aus ganz anderen Faktoren ergibt:


    - der präzisen und abwechslungsreichen Ausdrucksweise - die ist nämlich schwierig! Hat die Schülerin/der Schüler

    einen breiten, sehr gut entwickelten Wortschatz, der Ideen präzise in Worte fasst?

    - ist der Satzbau ebenso gut entwickelt? Spielen. Nebensatzvariationen und auch andere Konstruktionen einen Rolle?

    - ist das Interpretationsergebnis tiergehend? Wird auf Inhaltsparaphrase zugunsten einer sehr kritischen Interpretation verzichtet?


    Wenn das alles gegeben ist und die Rechtschreibung und die Interpunktion sicher sind, dann spielt es überhaupt keine Rolle,

    ob auf jeder Seite eine gegenderte Form steht. Niemals würde ich vom Notenbereich sehr gut abweichen, wenn alles außer der

    Rechtschreibung dieser einzelnen Substantive richtig wäre.


    Und wenn die Aufsätze aus anderen Gründen nur befriedigend oder ausreichend oder gar mangelhaft sind, dann spielen die 10-20

    gegenderten Formen ebenfalls keine Rolle.


    Wichtig ist mir das Gesamtpaket.


    Und dass die Schülerinnen und Schüler auch die Doppelform nutzen können, das erkläre ich ihnen von Beginn an.

    Ich selbst tue das auch und lege sehr viel Wert auf eine geschlechtersensible Sprache. Nutzt jemand das generische Maskulinum,

    dann ist das ihre/seine Sache und auch in Ordnung (zumindest auf der orthographischen Ebene korrekt).


    Und ansonsten kann man ja auch als Lehrerin und Lehrer abwarten, ob die Drittkorrektur von oben moniert, dass man keinen

    Punkt abgezogen hat - im Endeffekt wäre es meines Erachtens wie gesagt falsch, einen Abituraufsatz deswegen abzuwerten.


    So nach dem Motto: eine ergiebige und sehr kritische sowie eigenständige Interpretation der Faust-Stelle ist gelungen, aber

    leider leider gendert Mäxchen, daher gebe ich ihm nur 12 und nicht 13 Punkte. Das wäre ja absurd.


    Viele Grüße,

  • Und ansonsten kann man ja auch als Lehrerin und Lehrer abwarten, ob die Drittkorrektur von oben moniert, dass man keinen

    Punkt abgezogen hat - im Endeffekt wäre es meines Erachtens wie gesagt falsch, einen Abituraufsatz deswegen abzuwerten.

    Und im Grunde kann einem das auch egal sein, so lange es eben von oben keine klare Vorgabe gibt. Ich weiß nicht, wie das BW handhabt, in NRW hält sich das Schulministerium jedenfalls sehr zurück. Ich meine deren Tenor war: Es ist nicht verboten, aber auch nicht erlaubt.

  • Man könnte doch auch anstreichen, wenn es objektiv gesehen orthographisch falsch ist, dies dann aber als "Wiederholungsfehler" werten (weil ja konsequent durchgezogen) und daher gibt es am Ende keine Auswirkung auf die Note.

  • Man könnte doch auch anstreichen, wenn es objektiv gesehen orthographisch falsch ist, dies dann aber als "Wiederholungsfehler" werten (weil ja konsequent durchgezogen) und daher gibt es am Ende keine Auswirkung auf die Note.

    Auch das ist in einzelnen Bundesländern so geregelt. Siehe verlinkter Artikel.

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