Duales Studium- eine gute Idee?

  • Sachsen-Anhalt führt wohl einen Dualen Lehramtsmaster ein. Klingt eigentlich recht sinnvoll, weil praxisbezogen. Allerdings bleibt m.E. das Problem des spezifisch auf Schule ausgerichteten Studiums. Was sagt ihr?


    https://www.zeit.de/news/2024-…-studiengang-fuer-lehramt


    (Auf der Seite des Kumis habe ich allerdings noch keine Info dazu gefunden.)

    Gibt es in BW jetzt auch, dürfte mutmaßlich nach und nach also in allen BL kommen, um vielleicht auch Abbrecherquoten zu reduzieren bzw. ein Angebot zu haben für potentielle Studierende, die sich ein deutlich praxisbezogeneres Studium wünschen.

    Was das am Ende inhaltlich taugt, wo es besser ist, als das aktuelle Studium oder eben auch welche Schwächen damit einhergehen, werden wir letztlich erst in ein paar Jahren wissen, wenn die ersten Absolventinnenund Absolventen an den Schulen aufschlagen. Bis dahin sehe ich das erst einmal als konstruktiven Versuch, junge Menschen für ein Lehramtsstudium zu begeistern, die die bisherigen Angebote vielleicht nicht abholen konnten, sowie als deutlich bessere Alternative, als immer mehr Leute ohne Lehramtsstudium, einschlägiges Studium und ohne ausreichende Nachqualifikation an die Schulen zu holen als Lehrkräfte.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Ich finde ein praxisorientierteres Studium nicht verkehrt. Es käme allerdings darauf an, wie das begleitet wird und was dabei im Praxisteil das Ziel ist; und ich kann auch nur für die Grundschule sprechen. Fakt bei uns ist: Aufgrund von Lehrkräftemangel werden Studenten immer früher als Vertretungslehrkräfte angeheuert. Da unterrichten sie dann tw auch im Bachelor schon 8-10 Stunden mehr oder weniger eigenverantwortlich, Im Master tw deutlich mehr und deutlich eigenverantwortlicher, und niemand begleitet, unterstützt das oder gibt Rückmeldungen dazu. Am Ende haben die Studenten dann viel Erfahrung, aber nur, wenn sie gute, wohlwollende und fürsorgliche SL und KuK haben, haben sie etwas gelernt. Insofern finde ich es gut, wenn ein duales Studium dann darauf abzielen würde, dass koordiniert, mit Mentoren und in Kontinuität in der Praxis gelernt wird und die Theorie parallel an der Uni gelehrt wird.

  • Allerdings bleibt m.E. das Problem des spezifisch auf Schule ausgerichteten Studiums

    Ich sehe das nicht so eng. Eine Ausbildung bei der Polizei eröffnet auch nur sehr eingeschränkte alternative Möglichkeiten, dito in der öffentlichen Verwaltung, und es gibt noch mehr Beispiele. Es wird also zumindest nicht schlechter.

    „Think of how stupid the average person is, and realize half of them are stupider than this.“ - George Carlin

  • Was sagt ihr?

    Was bringen 1 oder 2 Praxistage? Das finde ich schlechter als die zusammenhängenden Praktikumsphasen.

    • Bei allen mehrstündigen Fächern sieht man dann nur einen Teil der Stunden.
    • Schulische Belastungen, die zum Abbruch/Ausscheiden aus dem Dienst führen, erfährt man erst in Vollzeit.
    • Wer betreut die Studis bei ihrem Praxistag?
  • Was bedeutet die im Artikel angesprochene "Verzahnung" des Masters mit dem Referendariat? Ist nach dem Master noch ein Referendariat notwendig? Falls nicht, fände ich das gut. Insgesamt halte ich ein "duales Lehramtsstudium" aber für eine Form der Deprofessionalisierung und fürchte, dass nicht die richtigen Leute dadurch angesprochen werden. Ein Studium mit ausreichend (sinnvollen) Praxisphasen und -elementen geht auch anders.

  • Was bringen 1 oder 2 Praxistage? Das finde ich schlechter als die zusammenhängenden Praktikumsphasen.

    • Bei allen mehrstündigen Fächern sieht man dann nur einen Teil der Stunden.
    • Schulische Belastungen, die zum Abbruch/Ausscheiden aus dem Dienst führen, erfährt man erst in Vollzeit.
    • Wer betreut die Studis bei ihrem Praxistag?

    In meiner Studienordnung gab es mehrere Praktika während des Lehramtsstudiums. Neben Blockpraktika waren darunter auch mehrere Tagespraktika (ich meine, es waren in zwei der drei Fächer Tagespraktika zu absolvieren). Tagespraktika liefen dann über ein Semester, wobei man an einem festen Wochentag in diesem Semester an einer Schule war als Praktikumsgruppe, reihum Unterricht gehalten hat eine Stunde lang und im Anschluss diesen gemeinsam mit einer Lehrperson von der Hochschule, sowie der regulären Lehrkraft der Klasse reflektiert hat. Den restlichen Unterricht tun in dem Fach in der Woche haben wir nicht gesehen, das war aber kein Problem, da es klare Zuweisungen von Themen gab, die wir dann eben in Stunde X umzusetzen hatten.


    Ich habe das tatsächlich als deutlich ergiebiger empfunden als die Blockpraktika, weil es erheblich engmaschiger begleitet und betreut wurde und auch deutlich detaillierter und mit mehr Zeit sämtliche Unterrichtsversuche aufgearbeitet wurden, inklusive der gemeinsamen Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten. Gerade im Hinblick auf das Ref und was dort dann verlangt wurde habe ich davon am meisten profitiert.

    Ich würde insofern annehmen, dass es letztlich sehr stark auf die genaue Umsetzung ankommt, wie ergiebig diese Praxistage dann sind.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

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  • Ich hatte Tagespraktika mit enger Betreuung durch Uni-Dozent:innen, insgesamt über 4 Semester verteilt mit verschiedenen Schwerpunkten,

    zusätzlich mehrere Blockpraktika, die eher durch die Mentor:innen der Schulen betreut waren, von der Uni kam auch mal jemand vorbei.

    Hilfreich waren alle, es gab zu der Zeit Unis mit weit weniger Praktika und so gut wie keiner Betreuung dabei. Den Unterschied konnte man auch zu Beginn des Refs deutlich bemerken.


    Das Ref haben sie alle nicht ersetzt, das ist dann doch noch mal etwas anderes,

    wobei es auch im Ref ganz unterschiedliche Bedingungen geben kann.


    Aus heutiger Sicht hatte ich viel Glück, fast immer an tolle Dozent:innen und Mentor:innen gekommen zu sein. Mir hat das sehr geholfen. Ich denke, dass darin ein Mehrwert läge, wenn Lehrkräften die Ausbildungsleistung anerkannt/ entlastet werden würde und man darüber eine bessere Betreuung gewähren würde. Dazu gehört auch, dass die ständige Überlastung und der Lehrkräftemangel eine gute Ausbildung stark beeinträchtigt.


    Aber eine gute Betreuung kostet Geld, Studierende, die man schnell in den Unterricht stellen kann, scheinen kostengünstig zu sein.

  • Schulische Belastungen, die zum Abbruch/Ausscheiden aus dem Dienst führen, erfährt man erst in Vollzeit.

    Ist das nicht Teil des Plans?

    „Think of how stupid the average person is, and realize half of them are stupider than this.“ - George Carlin

  • Für mich lässt der Artikel zu viele Fragen offen als dass ich mir ein abschließendes Urteil bilden könnte.


    Für welche Schulformen wäre ein solches duales Studium gedacht? Ich hielte es zum Beispiel für die "Regelschulen" (Grundschule, Hauptschule, Realschule, Gymnasium) zumindest inhaltlich weniger sinnvoll. Für andere Schularten (BBS, Gemeinschaftsschule, etc.) könnte ich es mir eher vorstellen.


    Außerdem stellt sich mir die Frage, wie die einzelnen Schulen dann ausgewählt würden. Da gibt es ja schon individuell sehr viele Unterschiede. Ich hätte da Bedenken, dass die Quote der Abbrecher eher noch steigt, wenn die Schulen nicht mit Bedacht ausgewählt werden.


    Dass man was verdient, ok. Das tut man aber auch mit einem Nebenjob während des Studiums, für den man ja locker Zeit hat und wo man vllt sogar noch mehr verdient als die Ausbildungsvergütung. Gerade mit den "side hustles" die heute so möglich sind... Da würde ich schon stark bezweifeln, dass das Geld ein Lockmittel wäre.

  • Was bringen 1 oder 2 Praxistage? Das finde ich schlechter als die zusammenhängenden Praktikumsphasen.

    • Bei allen mehrstündigen Fächern sieht man dann nur einen Teil der Stunden.
    • Schulische Belastungen, die zum Abbruch/Ausscheiden aus dem Dienst führen, erfährt man erst in Vollzeit.
    • Wer betreut die Studis bei ihrem Praxistag?

    Finde ich ehrlich gesagt nicht. Man kann Theorie und Praxis besser miteinander verzahnen. In der Theorie Erlerntes in der Praxis ausprobieren und Fragen, die in der Praxis auftreten, theoretisch aufarbeiten. Dazu müssen aber auch die Veranstaltungen entsprechend ausgerichtet sein, dass dies möglich ist. Im Ref ist man ja auch nur 3 Tage an der Schule und es vergeht kein Tag, an dem man nicht dazu lernt.

    Wer Fehler findet darf sie behalten und sich freuen! :victory:

  • Für welche Schulformen wäre ein solches duales Studium gedacht? Ich hielte es zum Beispiel für die "Regelschulen" (Grundschule, Hauptschule, Realschule, Gymnasium) zumindest inhaltlich weniger sinnvoll. Für andere Schularten (BBS, Gemeinschaftsschule, etc.) könnte ich es mir eher vorstellen.

    Warum bewertest du es für die GMS anders als für die HRS/Gym?


    Da im Artikel die Fächer genannt sind, sind GS wohl nicht gemeint, alle Kombinationen verweisen eher auf SekI, denke ich.

    Damit beginnt man dort, wo der größte Mangel herrscht.

    Ob es dann um eine Erhöhung des Praxisanteils, um eine Erprobung eines Dualen Studiums geht oder darum, möglichst zügig Lehrkräfte in den Unterricht stellen zu können, da man die Ausbildung um 2 Jahre (Ref) kürzt, ist dann unklar. Wie es im Anschluss mit dem Gehalt aussieht, auch.

  • Laut Artikel geht es zunächst um Lehrkräfte an Sekundarschulen. Da ist der Bedarf am größten und ich denke schon, dass das Geld lockt. Nicht extra arbeiten gehen zu müssen, sondern für den Praxisanteil Geld zu bekommen und dann nach dem Studium fertig zu sein, könnte schon manchen locken, denke ich.


    Das stimmt allerdings echt bedenklich:

    ...Aufgrund von Lehrkräftemangel werden Studenten immer früher als Vertretungslehrkräfte angeheuert. Da unterrichten sie dann tw auch im Bachelor schon 8-10 Stunden mehr oder weniger eigenverantwortlich, Im Master tw deutlich mehr und deutlich eigenverantwortlicher, und niemand begleitet, unterstützt das oder gibt Rückmeldungen dazu. ..

    Bei uns wurde auch massiv Zeit mit den Mentor*innen gekürzt. Das stellt übrigens auch einen Nachteil für die Mentor*innen selbst dar, weil die dann ihre Klassen und Fächer abgeben müssen.

  • ...Insgesamt halte ich ein "duales Lehramtsstudium" aber für eine Form der Deprofessionalisierung und fürchte, dass nicht die richtigen Leute dadurch angesprochen werden. ...

    Achso stimmt, wenn das Ref ohne Zeitzugabe ins Studium integriert werden sollte, kommen ja die Studieninhalte wesentlich zu kurz.

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