Rückkehr zur bindenden Grundschulempfehlung in BaWü

  • Zu erkennen, dass man sich geirrt hatte- wie flächendeckend G8 einzuführen- und solch einen Fehler zu korrigieren ist meines Erachtens aber kein Rückschritt.

    Generell nicht, mit der quasi flächendeckenden Rückführung zu G9 hat man allerdings eine Chance verpasst, Gesamtschulen zu profilieren und finanzielle Mittel dort einzusetzen, wo sie noch einen Unterschied machen können. Das ist nicht das 3. Jahr in der Oberstufe.


    Aber die Industrie-Nationen liegen punktemässig so nah beisammen, lässt sich das daher überhaupt belegen?

    Meine Quelle: https://www.bpb.de/themen/bild…systemen-zusammenhaengen/


    Gern. Wo kommt der 2. Lehrer bei uns her?

    Eindeutig eine Verfehlung Bildungspolitik quasi seit der Bundesrepublik (Stichwort Schweinezyklus), ja.

  • Kanada hat vergleichbar große Klassen. Kanada hat seit 30 Jahren Sonderschulen abgeschafft und gilt als Vorbild in Sachen Inklusion. Kanada hat ebenfalls eine hohe Zuwanderungsquote. Kanada hatte ähnliche Herausforderungen im Bildungssystem wie wir. Sie sind ein Beispiel für eine Land, das bei PISA die letzen Jahre gut abschnitt und die Entkopplung von Herkunft und Leistung vergleichsweise gut schaffte.

    In Kanada wandern in der Regel hochqualifizierte Arbeitskräfte zu. Hochqualfizierte Eltern sorgen in der Regel dafür, dass ihre Kinder Leistung zeigen und unterstützen sie entsprechend. Zudem sprechen die meisten Einwanderer bereits Englisch, wenn sie einwandern. Die wenigstens Kinder werden in Kanada ohne Sprachkenntnisse eingeschult.


    Wenn wir hier die selbe personelle Ausstattung hätten, wie in Kanada, könnten wir auch Inklusion leisten. Haben wir aber nicht. Das liegt sogar mal ausnahmsweise nicht am Geld. Man kann da soviel Geld drauf werfen, wie man will, die Fachkräfte wachsen nicht auf Bäumen.

  • Generell nicht, mit der quasi flächendeckenden Rückführung zu G9 hat man allerdings eine Chance verpasst, Gesamtschulen zu profilieren und finanzielle Mittel dort einzusetzen, wo sie noch einen Unterschied machen können. Das ist nicht das 3. Jahr in der Oberstufe.

    Auch wenn das gerne vergessen wird, geht es grundlegend in diesem Thread um BW, auf das ich mich auch immer beziehe. Hier gibt es schlicht keine Gesamtschulen in nennenswerter Anzahl, da von den ursprünglich vier Pilotschulen aus einem Schulexperiment der 70er nur noch drei übrig sind. Die Schulform hat sich hier in BW nicht durchsetzen können. Unsere Gemeinschaftsschulen haben dagegen mehrheitlich keine gymnasialen Oberstufen, sondern enden nach Klassenstufe 10. Die haben ganz andere Probleme als G9 oder G8.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Kanada hat vergleichbar große Klassen. Kanada hat seit 30 Jahren Sonderschulen abgeschafft und gilt als Vorbild in Sachen Inklusion. Kanada hat ebenfalls eine hohe Zuwanderungsquote. Kanada hatte ähnliche Herausforderungen im Bildungssystem wie wir. Sie sind ein Beispiel für eine Land, das bei PISA die letzen Jahre gut abschnitt und die Entkopplung von Herkunft und Leistung vergleichsweise gut schaffte.


    Kanada sieht sich selbst als multikulturelles Land. Dort gibt es festgelegte, verbindliche Einzugsgebiete. Kanadas Schüler*innen lernen bis zur sechsten Klasse in der primary school zusammen. Kanadas Schulen sind Ganztagsschulen. Man setzt auf enge Diagnostik und Anschlussförderung. Daten werden digitale erhoben und in Schulen, zwischen Schulen und über Kreise hinaus verglichen. Teamteaching und Lehrer*innenkooperationen sind wesentliches Merkmal kanadischer Schulen.

    Du meinst das Land, in dem nur etwas über die Hälfte der indigenen Bevölkerung einen High School- Abschluss schafft im Vergleich zu über 90% der Restbevölkerung, innerhalb von Reservaten sogar noch weniger Jugendliche? Das Land, in dem Ärzten, die indigene Frauen nach einer Geburt zwangssterilisieren lediglich auf die Finger geklopft wird in Form einer Rüge? Das mit der „Multikulturalität“ endet dort nämlich bis heute ganz schnell, wenn es um die Menschenrechte der First Nations geht. Herkunft und Leistung sind zumindest bezogen auf deren Angehörige bis heute nicht entkoppelt.


    Wenn du also schon Beispiele nennen möchtest, dann bitte schau dir die Länder realistisch an und zitier nicht nur die schöne, heile, weiße PR- Welt, die man von sich selbst erzählen möchte.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Finde ich absolut auch einen wichtigen Aspekt für das Gesamtbild. (Post-)Kolonialismus der First Nations in Kanada ist gleichzeitig ein bedeutsames wie sehr spezifisches Problem. Es negiert für mich nicht komplett die positiven und wirksamen Ansätze des Bildungssystems, die eben von der vergleichenden Bildungsforschung auch als solche herausgestellt werden und Vorbild für Deutschland sein können.


    Die Vorstellung, den kanadischen Multikulturalismus auf Deutschland zu übertragen, ist also utopisch. Dennoch können die Deutschen von Kanada lernen. Gemäß dem Motto von Max Weber "Man muss das Utopische denken, um das Mögliche zu erkennen" kann der kanadische Multikulturalismus eine Orientierungsmarke sein - ein Leuchtturm, der vage und grob die Richtung angibt, in die Überlegungen zu Migration und Integration gehen können.


    Wenn du also schon Beispiele nennen möchtest, dann bitte schau dir die Länder realistisch an und zitier nicht nur die schöne, heile, weiße PR- Welt, die man von sich selbst erzählen möchte.


    Die PISA-Studie entspringt keiner kanadischen PR-Abteilung. Die Bundeszentrale für politische Bildung sicher auch nicht. Wie divers man dort jeweils aufgestellt ist, kann ich nicht beurteilen.

  • Man sollte hierbei auch erwähnen, dass in Kanada, wie in den meisten anglophonen Ländern und im großen Gegensatz zu Mitteleuropa, Zuwanderung(shintergrund) weniger eine Rolle spielt als die ethnische Zugehörigkeit (USA: race, Kanada: visible minotity). Und ja, wie bereits erwähnt, bekleckern sich beide Länder im Umgang mit ihren jeweiligen Ureinwohnern nicht gerade mit Ruhm.

  • Finde ich absolut auch einen wichtigen Aspekt für das Gesamtbild. (Post-)Kolonialismus der First Nations in Kanada ist gleichzeitig ein bedeutsames wie sehr spezifisches Problem. Es negiert für mich nicht komplett die positiven und wirksamen Ansätze des Bildungssystems, die eben von der vergleichenden Bildungsforschung auch als solche herausgestellt werden und Vorbild für Deutschland sein können.


    Die PISA-Studie entspringt keiner kanadischen PR-Abteilung. Die Bundeszentrale für politische Bildung sicher auch nicht. Wie divers man dort jeweils aufgestellt ist, kann ich nicht beurteilen.

    Die Pisa- Studie wird letztlich von Herrschenden entwickelt, gemacht und umgesetzt. Wo diesen ein ausreichendes, kritisches Bewusstsein für den eigenen Umgang mit Minderheiten fehlt, wird das im Zweifelsfall auch nur unzureichend abgebildet.

    Auch eine Bundeszentrale für politische Bildung ist im Zweifelsfall nicht unfehlbar- würde diese auch nie von sich selbst behaupten. Die Position die du zitierst ist genau das: Eine persönliche Position und Meinung, die deshalb längst nicht das komplette Meinungsspektrum innerhalb der bpb abbildet. Das darf man dann aber auch einfach selbst kritisch einordnen, wenn man es schon zitiert.


    Für mich werden die scheinbar positiven Aspekte des kandischen Bildungssystems erheblich relativiert und negiert, wenn ich mit bedenke, dass ganze Bevölkerungsgruppen darüber völlig unzureichend wahrgenommen oder gar gefördert und ausgebildet werden. Am Ende des Tages ist deren Bildungssystem nicht besser als unseres. Wie bei uns sind bedauerlicherweise für bestimmte Bevölkerungsgruppen Herkunft und Leistung untrennbar verbunden, wie bei uns zielt das Bildungssystem vorrangig darauf ab bestimmte Bevölkerungsgruppen abzuholen und zu fördern, nicht aber darauf tatsächliche Bildungsgerechtigkeit für sämtliche SuS zumindest anzustreben.

    Für manche Gruppierungen ist das kanadische System vielleicht wirksamer, bei denen wir Nachholbedarf haben. Wenn ich mir den Umgang mit den First Nations in Kanada vergegenwärtige meine ich aber, dass wir zumindest niemandem in dem Maß entrechten hierzulande, wie das in Kanada völlig selbstverständlich bis heute einem relevanten Teil der eigenen Bevölkerung angetan wird.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Man kann berechtigterweise einwenden, dass der Umgang speziell mit den First Nations das Gesamtbild komplett relativiert und negiert. Was es allerdings nicht negiert, sind die Maßnahmen, die Kanada im Allgemeinen ergreift. Ganztagsschulen, längeres gemeinsames Lernen, verbindliche Einzugsgebiete. Stattdessen diskutieren wir hier über mehr Selektion und damit so ziemlich dem Gegenteil.

  • Was mir im Unterricht aber immer wieder aufgefallen ist: Es wird genau das falsche Schuljahr wiederholt, gerade wenn es um Defizite im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich geht.

    Exakt das ist der Grund, warum ein ledigliches Wiederholen eines Schuljahres überhaupt nichts bringt. Da ist es ressourcenschonender vernünftig die Defizite zu diagnostizieren und dort die Förderung anzusetzen. Dafür müsste da System umgebaut werden und Stellen freigesetzt oder neu geschaffen werden.

  • Man kann berechtigterweise einwenden, dass der Umgang speziell mit den First Nations das Gesamtbild komplett relativiert und negiert. Was es allerdings nicht negiert, sind die Maßnahmen, die Kanada im Allgemeinen ergreift. Ganztagsschulen, längeres gemeinsames Lernen, verbindliche Einzugsgebiete. Stattdessen diskutieren wir hier über mehr Selektion und damit so ziemlich dem Gegenteil.

    Kanada selektiert aber eben auch, nur weniger offensichtlich als das hierzulande zumindest für uns, die wir das System kennen, stattfindet. Der Umfang mit den First Nations IST eine systemimmanente Form der Selektion und Diskriminierung.


    Noch mal: Für manche Gruppen, die hier in Deutschland schlechter integriert sind stellt das kanadische System ein besseres Angebot dar. Das sind dann eben zufällig genau die Gruppen, die dir besonders am Herzen liegen, weshalb dir das vermutlich besonders positiv auffällt. Für die First Nations ist das kanadische Bildungssystem und zwar ganz gleich ob für Mitglieder mit oder ohne Behinderung keine bessere Alternative. Dass über die Hälfte einer relevanten Bevölkerungsgruppe infolge systematischer Diskriminierung gar keinen Schulabschluss schafft wäre hier in Deutschland nicht so lange tragbar. Möglicherweise hätten wir also am Ende zumindest im Rahmen unseres Bildungssystems das bessere Angebot für diese Bevölkerungsgruppe.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Kanada liegt hinter der Schweiz, die ein dezentales 3-stufiges Bildungssystem hat. Frankreich ist schon immer schlecht, obwohl es das zentralisierteste Bildungssystem Europas hat. Estland ist europäischer Sieger und hat ein sehr konventionelles Gesamtschulsystem mit großen Klassen, alten Lehrern und Frontalunterricht:


    https://deutsches-schulportal.…e-ins-digital-wunderland/


    An der Spitze sind die Asiaten, die einfach mehr arbeiten. (Was nach dem Artikel zu urteilen auch das Geheimnis Estlands ist).


    Die Pisa-Studie äußert sich auch nicht allzuviel zu der Systemfrage. Das einzige, was ich gefunden habe ist ein Abschnitt wie folgt: Erfolgreiche Länder haben i.a.


    " ... kürzere Schulschließungen, weniger Hindernisse für den Distanzunterricht, Gewährleistung der Sicherheit in den Schulen und einer größeren Disziplin,konsequente Einbeziehung der Eltern in das Lernen der Schüler*innen, spätere Aufteilung der Schüler*innen, Verringerung der Klassenwiederholungen, gute personelle und materielle Ausstattung der Schulen, Förderung von Peer-Tutoring und eine Kombination aus Schulautonomie und Verfahren zur Qualitätssicherung. ..."


    Eine Untersetzung mit Daten gab es nicht dazu und es wird auch kaum weiter ausgeführt. Insbesondere bei den Klassenwiederholungen stellt sich die Frage, wierum da die Kausalität ist.


    Die Interpretation der Pisa-Ergebnisse und besonders ihrer möglichen systemischen Ursachen wird im Großen und Ganzen der Phantasie und den persönlichen Meinungen von Journalisten, Politikern und Lehrern überlassen.

  • Deine Antworten beziehen sich irgendwie gar nicht mehr auf meine Aussagen, CDL , ich weiß gar nicht, was ich darauf antworten soll. Ich habe nie widersprochen, dass der Umgang mit den First Nations Diskriminierung ist und selbstverständlich zum Gesamtbild dazugehört und fand auch deine erste Antwort in der Hinsicht sinnvoll, als dass diese Diskriminierung natürlich bei der Betrachtung des kanadischen Bildungssystems benannt werden muss.


    Die spezifische Diskriminierung der First Nations in Kanada ändert aber ja nichts an den allgemeinen Vorteilen der benannten Systemmerkmale des kanadischen Bildungssystems. Es sind nicht die Ganztagsschulen, das längere gemeinsame Lernen oder die verankerten multiprofessionellen Teams, welche zur Diskriminierung der First Nations in Kanada führen.


    Das sind dann eben zufällig genau die Gruppen, die dir besonders am Herzen liegen

    Welche Gruppen liegen mir denn besonders am Herzen und welche weniger?

  • Du hattest in früheren Posts selbst einige Gruppierungen bereits benannt (u.a. Menschen mit Behinderung), deren schulische Situation in Deutschland dir offenkundig besonders am Herzen liegt. Ich suche dir jetzt sicherlich keine passenden Beiträge von dir heraus, da du wohl selbst und deutlich genauer als ich mir das anhand deiner Beiträge erschließen kann weißt, welche Gruppierungen das sind. Den „weiß sie, was sie da eigentlich schreibt“- Test bestehe ich aber problemlos.


    Dass du den Zusammenhang zwischen deinen Beiträgen und den meinen nur bedingt erkennst habe ich verstanden. Deshalb habe ich versucht das in mehreren Beiträgen aufzugreifen, was aber nichts zu ändern scheint. Ob das jetzt an meiner Argumentation und Ausdrucksweise liegt, daran, dass du gerade den Wald vor lauter Bäumen nicht siehst (was eher mein Eindruck ist, der aber täuschen kann, bin zugegeben seit einiger Zeit nicht ganz auf der Höhe mental als Folge diverse Nahrungsmittelunverträglichkeiten, die akut aufgekommen sind) oder vielleicht auch eine Mischung aus beidem sei dahingestellt. Vielleicht tut einfach ein Cut an der Stelle gut und wir lassen das beide sacken, um ggf. zu einem späteren Zeitpunkt an anderer Stelle anknüpfen zu können mit neuem Verständnis (oder auch verständlicher formulierten Argumenten).

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

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