Rückkehr zur bindenden Grundschulempfehlung in BaWü

  • Wie gesagt, lässt sich das so pauschal nicht sagen. In Bayern, bei verbindlicher Regelung, sind an der Realschule die Hälfte der Schüler dort, obwohl sie auch an ein Gymnasium könnten.

    Was denkst du, worin der Unterschied liegt, was macht Bayern anders? Und sind die Hauptschulen (oder wie die Bezeichnung lautet) ebenso beliebt?

  • Für die Mittelschule finde ich leider keine Zahlen, inwieweit sie von Schülern besucht werden, die auch an andere Schulformen könnten.

    Bei uns sind die Realschulen beliebt, weil sie einen guten Ruf haben. Das betrifft zum einen die Lehrer (Meinung ist: "kümmern sich mehr als die vom GY") und auch die Schüler, die als sozialverträglich angesehen werden. Außerdem bieten die Realschulen, die ich so kenne, ein ähnliches Zusatzangebot wie die GY (Reisen, Austausch, Wahlfächer).

    Zudem gilt die Realschule natürlich schon auch als der "einfachere Weg". Dort wird auch damit geworben, dass man es am GY natürlich schwerer habe und man nach der Realschule ja auch noch das Abitur draufsätteln könne. Am GY kommt in Bayern schon in Klasse 6 die 2. Fremdsprache, das schreckt ab.

    Außerdem sind die beruflichen Perspektiven auch mit Mittlerer Reife sehr gut. Man hat nicht das Gefühl, den Kindern etwas zu verbauen.

  • Wer von Euch jemals im gewerblichen Bereich gearbeitet hat, kann das vielleicht nachfühlen, was ich meine. Ich habe es erlebt, was es bedeutet, wenn sich die Kommunikation am Arbeitsplatz auf Floskeln wie "Mahlzeit!" - "wie geht's"-"muss ja" beschränkt und die einzige Abwechslung die unterschiedlichen Nacktfotos im Spind sind. Höher qualifizierte Arbeitsplätze bringen nicht nur mehr Geld, sondern eine völlig andere Lebensqualität mit sich.

    Oje, da wird mir fasrt übel! Eigene Erfahrungen zur Schablone zu machen ist kein Argument, passiert hier gerade wieder vermehrt. Es gibt anspruchsvolle "gewerbliche Bereiche", die ohne Abitur aber auch ohne "Nacktfotos im Spind" von ganz normalen Menschen besetzt werden und keine arroganten, abgehobenen Studierten (natürlich auch ein Klischee) benötigen. Dieses Herabwürdigen anderer Bildungsabschlüsse im Vergleich zum Abitur geht mir mächtig auf den Keks.

  • Doch, PrimaBallerina.


    Ich habe mir mein Studium seinerzeit komplett selber finanzieren müssen, und durch diverse Hilfsjobs einen ungefilterten Einblick in die Lebensrealität in etlichen Unternehmen gewinnen dürfen.


    Nicht die Tätigkeiten an sich waren für mich dabei das Deprimierende, sondern die jeweiligen kollegialen Umfelder. Eine qualifizierte Arbeit zu haben, bringt viel mehr Privilegien mit sich, als es dem auf Einkommen und Karrierechancen beschränkten üblichen Fokus entspricht.


    Meine Sichtweise hat IMHO auch nichts mit Arroganz zu tun. Sensiblere Naturen gehen in solchen Arbeitsumfeldern unter. Das zur Kenntnis zu nehmen, finde ich nicht überheblich. Natürlich wird es immer Ausnahmen geben, aber die Tendenz ist überdeutlich.

  • Wie gesagt, lässt sich das so pauschal nicht sagen. In Bayern, bei verbindlicher Regelung, sind an der Realschule die Hälfte der Schüler dort, obwohl sie auch an ein Gymnasium könnten.

    Das liegt sicherlich auch daran, dass die Erfahrung zeigt, dass man sich mit einem Schnitt von 2,33 (oder auch 2,0, je nachdem wie hart die Noten durch häusliches Lernen erarbeitet wurden bzw. wie großzügig die GS die Noten verteilt hat) auf dem Gymnasium relativ schwer tut. Die Eltern dieser Kinder wählen deshalb häufig lieber die RS.

    An die MS kommen selten Schüler, die 2,66 oder besser hatten, deshalb findest du wohl auch keine Zahlen dazu (s. dein nächster Beitrag). An die MS geht man, weil man muss und nicht, weil man will.

  • Selbst mein Bruder, der eine Schreinerlehre gemacht hatte und nach ein paar Jahren als Schreinergeselle aus finanziellen Gründen zu Saarstahl ans Band wechselte, war schockiert über den Umgang miteinander (du A....gib mir mal den Hammer rüber usw...), so dass sie ihn gleich in eine andere Abteilung steckten.

  • Ich habe ab meinem 15. Lebensjahr in fast allen Ferien gearbeitet, um mir bestimmte Wünsche zu erfüllen oder eben auch zur Finanzierung des Studiums ab einem bestimmten Zeitpunkt. Vom Lager über den Verkauf, bis hin ins Büro waren dabei meine Einsatzbereiche je nach Alter und Erfahrung. Das erste richtig miese kollegiale Umfeld habe ich dann erlebt als ich nur mit studierten Menschen zusammengearbeitet habe und eine Kultur des hintenrum schlecht Redens übereinander bis hin zum Mobbing einzelner und vornerum den Vorgesetzten in den Allerwertesten kriechen erlebt habe. Davor habe ich zwar eine Menge, aber ehrlicher Gespräche erlebt unter den KuK, sowie in manchen Betrieben Chefs, die meinten das Arbeitsrecht mit Füßen treten zu dürfen.


    Bildung macht Menschen weder freundlicher, noch ehrlicher, noch anständiger. Manche Menschen können dank dieser ihre Bosheiten einfach nur besser rhetorisch verpacken und verstecken. Weniger oder auch einfach nur andere Bildung macht umgekehrt Mensen nicht automatisch übergriffiger, unfreundlicher, unloyaler oder ignoranter den Gefühlen oder Bedürfnissen ihrer Mitmenschen gegenüber.


    Ach so: Ich bin definitiv eine sensible Natur, deshalb war ich vor zwei Jahren dann auch wegen Mobbings im Kollegium krankgeschrieben. Gebildete Menschen mit Abitur können nämlich wirklich bösartig sein, wenn ihnen kein ausreichender Einhalt geboten wird und sie dazu neigen entsprechend mit ihren Mitmenschen umzugehen, um sich selbst besser zu fühlen.


    Den respektvollsten Umgang am Arbeitsplatz habe ich übrigens erlebt als Betreuerin auf Lebenshilfefreizeiten mit und unter den schwerst mehrfach behinderten Erwachsenen (ausnahmslos unter anderem geistige Behinderungen), mit denen wir unterwegs waren im In- und Ausland. Das war immer komplett ehrlich im Umgang, schmerzhaft ehrlich zwar manchmal, aber dennoch letztlich unglaublich freundlich und vor allem empathisch im Miteinander. Von unseren Teilnehmenden hatte dabei niemand auch nur einen Hautpschulabschluss erreichen können infolge ihrer Behinderungen.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Den respektvollsten Umgang am Arbeitsplatz habe ich übrigens erlebt als Betreuerin auf Lebenshilfefreizeiten mit und unter den schwerst mehrfach behinderten Erwachsenen (ausnahmslos unter anderem geistige Behinderungen), mit denen wir unterwegs waren im In- und Ausland. Das war immer komplett ehrlich im Umgang, schmerzhaft ehrlich zwar manchmal, aber dennoch letztlich unglaublich freundlich und vor allem empathisch im Miteinander. Von unseren Teilnehmer hatte dabei niemand auch nur einen Hautpschulabschluss erreichen können infolge ihrer Behinderungen.

    An dem Punkt kann ich Dir zustimmen - und gleichzeitig habe ich diesbezüglich die schlimmsten Erfahrungen meines Arbeitslebens überhaupt gemacht.


    Ein junger Mann mit geistiger Behinderung, der jeden Tag von seinen Kollegen auf übelste Art lächerlich gemacht wurde, bis er in völliger Hilflosigkeit nur noch geweint hat.


    Diejenigen, die ihn gemobbt haben, waren allesamt Hilfsarbeiter, die es mutmaßlich selbst nicht einfach hatten. Etwas Vergleichbares habe ich in einem akademischen Umfeld später wirklich NIE erlebt, noch nicht einmal im Ansatz.

  • Diejenigen, die ihn gemobbt haben, waren allesamt Hilfsarbeiter, die es mutmaßlich selbst nicht einfach hatten. Etwas Vergleichbares habe ich in einem akademischen Umfeld später wirklich NIE erlebt, noch nicht einmal im Ansatz.

    Stimmt, Akademiker: innen, die behinderte Menschen mobben sind cleverer. Behaupten sie schützen zu wollen, indem sie sie fristlos entlassen wollen, sobald sie von der Behinderung erfahren oder dass ihre Arbeitsumgebung bedauerlicherweise nicht barrierefrei wäre, weshalb diese nicht dort arbeiten könnten, wobei die einzigen Barrieren die in den Köpfen sind. Alles selbst erlebt seit ich schwerbehindert bin.


    Akademiker: innen sind nicht qua Ausbildung bessere Menschen. Sie sind genauso bösartig, übergriffig, gewalttätig wie andere Bildungsgruppen, nur gelingt es ihnen qua Ausbildung oftmals erheblich besser dies zu cachieren und damit unter Umständen durchzukommen mit ihrem Verhalten. Menschen wie du, die ihnen dann qua Ausbildung zugutehalten im Zweifelsfall bessere Menschen zu sein tun ein Übriges.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Oje, da wird mir fasrt übel! Eigene Erfahrungen zur Schablone zu machen ist kein Argument, passiert hier gerade wieder vermehrt. Es gibt anspruchsvolle "gewerbliche Bereiche", die ohne Abitur aber auch ohne "Nacktfotos im Spind" von ganz normalen Menschen besetzt werden und keine arroganten, abgehobenen Studierten (natürlich auch ein Klischee) benötigen. Dieses Herabwürdigen anderer Bildungsabschlüsse im Vergleich zum Abitur geht mir mächtig auf den Keks.

    Wir versuchen nur die Realität zu erklären, hier: warum sind zu viele Kinder am Gymnasium. Dass das so ist, wissen wir alle, die Erklärung scheint nur nicht einhellig zu sein. Dass Eltern prinzipiell nicht in der Lage sind, das Leistungsvermögen ihrer Kinder einzuschätzen, greift jedenfalls zu kurz.


    Dazu gehört aber auch die gesellschaftliche Anerkennung verschiedener Berufe und Karriereaussichten etc. Ob man das persönlich gut oder richtig findet, ist nicht so sehr die Frage, sondern wie man das gesamtgesellschaftlich ändern will.


    Ich hab übrigens auch mal in einer Fabrik gejobbt und selbstredend will ich das nicht mein Leben lang machen, unter anderem aus den oben genannten Gründen.

  • warum sind zu viele Kinder am Gymnasium. Dass das so ist, wissen wir alle


    Ich bin nicht so prinzipiell der Meinung, dass zu viele Kinder am Gymnasium sind - außer aus der Perspektive, dass diese Schulform generell zu hinterfragen wäre. Es ist eine Folge der Bildungsexpansion und das finde ich gut, denn diese ist ein großer Schlüssel zu mehr Bildungschancen (an der Stelle extra nicht Chancengleichheit oder Bildungsgerechtigkeit).

  • Ich bin nicht so prinzipiell der Meinung, dass zu viele Kinder am Gymnasium sind - außer aus der Perspektive, dass diese Schulform generell zu hinterfragen wäre. Es ist eine Folge der Bildungsexpansion und das finde ich gut, denn diese ist ein großer Schlüssel zu mehr Bildungschancen (an der Stelle extra nicht Chancengleichheit oder Bildungsgerechtigkeit).

    Die Bildungsexpansion ist aber inzwischen übers Ziel hinausgeschossen bzw. in die falsche Richtung gegangen, denn schlaue Kids aus schwierigerem Umfeld trifft man dort ja eher weniger an, wie viele Studien zeigen (Stichwort "soziale Herkunft"). Stattdessen gibt es sehr viele Kids an Gymnasien, die "middlefrithom" sind, deren Eltern aber unendlich viel Kohle für Nachhilfe raushauen können. Die Chancen für diese Kids sind größer. Aber ob das wirklich so toll ist?

    Insofern hast du recht damit, dass das Gymnasium als Schultyp wurklich zu hinterfragen ist, finde ich.

  • Wir versuchen nur die Realität zu erklären, ... .

    Gut, aber die Realität besteht leider auch aus vielen Vorurteilen.

    Ich habe als Schüler, nach dem Abitur und auch während des Studiums immer wieder in verschiedenen "Fabriksken" in der Gegend um meinem Heimatort gearbeitet und dabei die unterschiedlichsten Leute kennengelernt. Umgangsformen und Verhaltensweisen habe ich nicht als abhängig vom Schulabschluss erfahren, Charaktere entwickeln sich in die eine oder andere Richtung, "kannsse nix machn".

    Die richtig fiese Typen waren dabei die, die sprachlich auf hohem Niveau die übelsten Gemeinheiten austeilten - auf dem Gymnasium. Das sprachlich niederschwellige Gefrotzel bei den Jobs, die ich während des Studiums gemacht habe, war selten beleidigend. Mobbing klappt "besser" bei den "Gebildeten". So die Erfahrungen aus meiner Blase.

  • Ich glaube, hier haben einige User einen sehr verklärten Blick auf die Realität. Manche zeichnen hier ein Bild von nichtakademischen Berufen als seien das nur ein paar gescheiterte Persönlichkeiten, die ihr Dasein als Bandarbeiter oder Reinigungskräfte fristen. Ich möchte mal daran erinnern, dass die Breite der Bevölkerung, ein Großteil der Mittelschicht, im nichtakademischen Bereich arbeitet. Je nachdem, wo ihr wohnt, sind es sicher 70-80% eurer Nachbarn. Unsere Gesellschaft besteht nicht nur aus Lehrern, Ärzten und Anwälten.

  • Ich glaube, hier haben einige User einen sehr verklärten Blick auf die Realität. Manche zeichnen hier ein Bild von nichtakademischen Berufen als seien das nur ein paar gescheiterte Persönlichkeiten, die ihr Dasein als Bandarbeiter oder Reinigungskräfte fristen. Ich möchte mal daran erinnern, dass die Breite der Bevölkerung, ein Großteil der Mittelschicht, im nichtakademischen Bereich arbeitet. Je nachdem, wo ihr wohnt, sind es sicher 70-80% eurer Nachbarn. Unsere Gesellschaft besteht nicht nur aus Lehrern, Ärzten und Anwälten.

    Na, was ein Glück. Das wäre auch zu unangenehm, nur diese Berufsgruppen um sich zu haben.

  • Gut, aber die Realität besteht leider auch aus vielen Vorurteilen.

    Ich habe als Schüler, nach dem Abitur und auch während des Studiums immer wieder in verschiedenen "Fabriksken" in der Gegend um meinem Heimatort gearbeitet und dabei die unterschiedlichsten Leute kennengelernt. Umgangsformen und Verhaltensweisen habe ich nicht als abhängig vom Schulabschluss erfahren, Charaktere entwickeln sich in die eine oder andere Richtung, "kannsse nix machn".

    Die richtig fiese Typen waren dabei die, die sprachlich auf hohem Niveau die übelsten Gemeinheiten austeilten - auf dem Gymnasium. Das sprachlich niederschwellige Gefrotzel bei den Jobs, die ich während des Studiums gemacht habe, war selten beleidigend. Mobbing klappt "besser" bei den "Gebildeten". So die Erfahrungen aus meiner Blase.

    Dem möchte ich zustimmen. Und was an meiner Schule (Gym mit niedrigem Sozialindex) an hinterhältigen Aktionen (on- und offline) auf - wie pepe es schreibt- gehobenerem sprachlichen Niveau passiert ist ekelhaft.

  • Abiturienten und Akademiker sind mit Sicherheit keine bessere Menschen. Aber sie bewegen sich sowohl in ihrer Schulzeit, als auch im Studium, als auch im Job in einem Umfeld, dass grob asoziale Verhaltensweisen viel niedrigschwelliger ahndet und ächtet, als es im Arbeitermilieu der Fall ist. Weiterhin bieten formal höher gebildete Milieus eine intellektuell anregendere Umgebung, Meinungsaustausch und Diskussionen erfolgen auf einem ganz anderen Level.


    In Summe ergibt sich daraus eine erhebliche, lebenslange Privilegierung und eine höhere Lebensqualität, die sich auch in einer signifikant längeren Lebensdauer niederschlägt.


    Ich kann daher absolut nachvollziehen, wenn Eltern ihre Kinder aufs Gymnasium pushen und alles dafür tun, damit sie dort auch erfolgreich sind.

  • Meine Tochter, hübsch, super Figur, lange blonde Haare, hat nach dem Abi beim Daimler am Band gearbeitet. Nach den 4 Wochen hat sie beschlossen, nie wieder. Als junge Frau wurde sie dauernd von mehreren Typen angemacht, egal welchen Alters, einer war 60, schon Opa und hat sie gestalked. Gibt es das wirklich überall? Vor den Dozenten an der Uni hat sie jedenfalls keine Angst und auch sonst hat sie noch nichts berichtet, obwohl sie mehrere Monate allein in Neuseeland war, bzw. ein Auslandssemester in Südamerika absolviert hat. Aber vllt. war das nur ein blöder Zufall.

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