Überforderung und Abbruchgedanken

  • Guten Morgen zusammen,



    ich bin seit dem 01.11.2023 Referendar an einer BBS in Rheinland-Pfalz und aktuell im 4. Monat. Es läuft leider überhaupt nicht gut und ich bin maximal frustriert. Meine Gedanken laufen schon auf den Abbruch hinaus. Seit dem 01.02. muss ich 10 Stunden eigenverantwortlich unterrichten.



    Folgende Gründe belasten mich:


    1) Ich bin überfordert und komme nicht hinterher, bekomme nichts auf die Reihe. Am 12.03. habe ich eine Unterrichtsmitschau und kann einfach nicht planen bzw. plane ich immer falsch. Mein Mentor hat mir jetzt Feedback gegeben, was ich verbessern soll, aber mir fehlt einfach die Kraft, alles von vorne zu machen.


    2) Ich bin nur am Schreibtisch und seit 4 Wochen schmerzen meine Handgelenke wegen Überlastung und es wird nicht besser, trotz Handbandage.



    Meinem Mentor habe ich das noch nicht mitgeteilt, mit den Abbruchgedanken, aber den anderen Referendaren in meiner Schule. Und sie meinten, ich solle noch nicht so früh abbrechen und erst eine Routine aufbauen, dann wird es mit der Zeit besser. Was kann ich noch tun, um von den Gedanken wegzukommen?



    Danke

  • Wo fällt es dir denn schwer bei der Planung?

    Methoden finden, Zeitplanung oder Stundenziele finden?


    In den ersten Monaten herrscht oft eine Art Praxisschock.

    Das ist bei vielen normal.

    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten.:rose:

  • Bist du sicher, dass deine Verfassung viel mit dem Ref als solchem zu tun hat? Oder können gesundheitliche Ursachen eine Rolle spielen? Ich würde auf jeden Fall erst Beratung aufsuchen, bevor ich so weitreichende Schritte unternehme.

  • Bist du sicher, dass deine Verfassung viel mit dem Ref als solchem zu tun hat? Oder können gesundheitliche Ursachen eine Rolle spielen? Ich würde auf jeden Fall erst Beratung aufsuchen, bevor ich so weitreichende Schritte unternehme.

    Ich war vorher vollzeitbeschäftigt im öffentlichen Dienst und hatte keine Probleme.

  • Bei den Methoden würde ich nicht so viel hin und herspringen.

    Methoden müssen auch erst mal eingeübt werden.


    Stundenziele ist ja im Grunde "nur" was soll am Ende der Stunde an Wissen mehr da sein.

    Das muss nicht immer super kompliziert sein. Jedoch wie man dahin kommt wird im Ref meist nicht gezeigt.



    Mit hat damals die Literatur dafür geholfen. Zum Beispiel: Unterricht gestalten: Sekundarstufe 1 und 2 von Berger

    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten.:rose:

  • Was würde dir ergänzend zu den guten Hinweisen von FreifrauvomWalde noch helfen, damit du besser vorankommen würdest bei der Planung? Kannst du dich mit anderen Anwärter: innen an deiner Schule auch inhaltlich zu deinen Fächern austauschen und vielleicht einfach mal Planungsideen durchsprechen bzw. kurz besprechen, ob Ziele und Methoden zusammenpassen?


    Ehe du weiter über einen Abbruch nachdenkst solltest du, wie von Quittengelee bereits angesprochen, unbedingt erst einmal Beratung in Anspruch nehmen. Also such mit deinen Mentoren oder auch deinem Seminar nicht erst dann das Gespräch, wenn das Kind bereits komplett in de. Brunnen gefallen ist, sondern jetzt, um erforderliche Hilfe zu erhalten, damit du erfolgreich die Ausbildung abschließen kannst hoffentlich.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

    Einmal editiert, zuletzt von CDL ()

  • Hey Nikoo,


    ich habe auch lange mit den Gendanken zum Abbruch gekämpft. Die Gedanken kamen schon früh am Anfang des Refs, aber ich habe mir dann nochmal gesagt: "Du hast jetzt lange daraufhin gearbeitet, warte wenigstens mal noch 2-3 Monate ab. Vielleicht ist es ja nur jetzt so schlimm und wird besser. Und außerdem, wer will denn schon einen Lehrer irgendwo anders in der Wirtschaft haben, falls ich abbreche."


    Nun, besser wurde es nicht. Aber die Angst, sein ganzes Leben wegzuschmeißen, wenn man jetzt einen neuen Weg einschlägt, die blieb natürlich trotzdem vorerst.

    Nach vielen Gesprächen mit Freunden und Bekannten, die selber auch einige Erfahrung in verschiedensten Bereichen im Recruiting haben, wurde mir allerdings immer mehr klar: Das Lehramtsstudium ist nicht annähernd so eine Sackgasse, wie man sich das gerne einredet. Menschen mit Köpfchen und eventuell noch didaktischen Fähigkeiten sind sehr gefragt.


    Daher habe ich dann nach knapp der Hälfte des Refs abgebrochen. Die letzten 2 Monate habe ich mich noch ein bisschen weitergebildet, um zukünftigen Arbeitgebern zeigen zu können, dass ich den nötigen Biss habe und mir neues sogar nebenberuflich aneignen kann.

    Und siehe da. 3 Bewerbungen geschrieben, 3 Angebote bekommen (1x direkter Quereinstieg, 2x bezahlte Praktika). Den direkten Quereinstieg hab ich dann genommen.


    Der Ausweg ist also da. Lass dir davor keine Angst machen. Besonders nicht von dir selbst. Aber es kann natürlich auch nicht schaden noch ein paar Wochen abzuwarten, ob es besser wird, bevor man zu schnell umsattelt. Mir hat das auch nochmal Gewissheit für die richtige Entscheidung gegeben.




    Fußnote: Ich weiß, meine Schreiberlaubnis hier im Forum ist damit verwirkt, aber ich würde meine Erfahrung für die vielen Refis mit ähnlichen Gedanken gerne demnächst noch einmal in einem Abschiedspost festhalten, wenn mir das gestattet ist.

  • Stell die Ansprüche an dich nicht so hoch. Du bist ja noch am Anfang. Wenn dir Abbruchgedanken kommen, sag dir: Das kann ich in 3 Monaten immer noch machen, jetzt warte ich erst mal die Mitschau ab.


    Und dann hörst du auf das Feedback und siehst weiter. Außer du hast das Gefühl, du bist an der Stelle, wo du bist, falsch. Dann besser gleich die Reißleine ziehen. Bei uns hat das auch einer gemacht, der dann in seinen alten Job zurückgekehrt ist. Gibt es bei dir diese Option?


    Nur am Schreibtisch sitzen ist ganz schlimm. Abgesehen von einer Handballenauflage, die helfen könnte, wäre Sport sehr wichtig, um die Muskulatur zu stärken und dich insgesamt zu lockern. Dann funktioniert auch das Gehirn wieder besser.

  • Ich hatte ähnliche Gedanken wie du - war gerade am Anfang nach der "Intensivphase" und vor den ersten UMs auch total überlastet und überfordert und habe teilweise auch nicht die Hilfe bekommen anfangs, die ich dringend gebraucht hätte. Zunächst: Es gibt mehr Leute, die aufgeben, als Leute, die scheitern. Daher bitte unbedingt erstmal weitermachen, es ist noch viel zu früh, um alles hinzuschmeißen. Suche dir allerdings schnellstmöglich Hilfe - am besten und effizientesten bei den Mitreferendaren und / oder jungen Lehrern, die gerade das Ref hinter sich haben. Ich habe "damals" das Glück gehabt, einen jungen Lehrer zu "finden", der mir einige Unterrichtsreihen von sich gezeigt hat - frag bitte nach solchen didaktischen Plänen. Mir ging damals dadurch ein Licht auf und mir war endlich klar, was konkret verlangt wird. Geholfen hat mir auch, bei anderen Mitreferndaren mit in die UMs und UBs zu gehen - die entsprechenden Entwürfe haben wir dann auch immer bekommen. Dadurch habe ich auch immer extrem viel gelernt und langsam lichtete sich der Nebel und ich wusste, was zu tun war.


    Bitte frage dich aber auch - und das ist gerade als Quereinsteiger wichtig - ob der Job dir grundsätzlich gefällt und du mit den SuS "kannst". Fachliches kannst du dir später einfacher "draufarbeiten" als ein grundsätzliches Verstehen und Klarkommen mit den SuS.

  • Grundsätzlich sollte man auch bedenken, dass der eigentliche Lehrerberuf wenig bis fast nichts mit dem Referendariat zu tun hat.

    Mir wurde gesagt, dass der spätere Alltag mit Vollzeitstelle viel stressiger als das Referendariat ist. Totaler Quatsch. Es ist nach dem Referendariat ungleich entspannter - zumindest wenn man nicht gerade an eine katastrophale Schulleitung gerät.

    Alleine der fehlende Druck durch Unterrichtsbesuche, Zukunftsängste, etc. macht das Leben SEHR viel leichter.

  • Grundsätzlich sollte man auch bedenken, dass der eigentliche Lehrerberuf wenig bis fast nichts mit dem Referendariat zu tun hat.

    Mir wurde gesagt, dass der spätere Alltag mit Vollzeitstelle viel stressiger als das Referendariat ist. Totaler Quatsch. Es ist nach dem Referendariat ungleich entspannter - zumindest wenn man nicht gerade an eine katastrophale Schulleitung gerät.

    Alleine der fehlende Druck durch Unterrichtsbesuche, Zukunftsängste, etc. macht das Leben SEHR viel leichter.

    Dem kann ich nicht zustimmen. Ich fand die Anfangszeit mit meiner Vollzeitstelle tatsächlich stressiger als mein Ref. Oder besser gesagt: Es war halt eine andere Art von Stress (26 Unterrichtsstunden in verschiedensten Klassen vorbereiten zu müssen bspw. fand ich - trotz guter Unterstützung meiner KuK - doch anstrengender als den Vorbereitungsaufwand für die Hälfte der Stunden während des Ref.).

    Ich muss aber dazu sagen, dass ich den Druck durch UBs nicht als so groß empfunden habe (klar war der da, aber ich fand das jetzt nicht schlimmer als andere Prüfungssituationen zuvor in meinem Leben) und Zukunftsängste hatte ich nie.

    Ich denke mal, dass ist sehr personenabhängig, was man nun als stressiger empfindet.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Seh ich ähnlich wie Humblebee. Der Stress wird zunächst nicht kleiner, zumindest bei mir war es so, sondern verlagert sich.

    Weg von dem Druck der Beobachtung und der Lehrproben, der perfekt geplanten Unterrichtsreihen und -einheiten hinzu der Masse an Stunden, die es zu bewältigen gibt, dem Einarbeiten in ganz neue Themen und Jahrgangsstufen, dem Sich-Selbst-Koordinieren im stressigen Schulalltag mit der vollen Verantwortung und den damit einhergehenden Zusatzaufgaben, die man als Refi so noch nicht hat.

  • Ich war vorher vollzeitbeschäftigt im öffentlichen Dienst und hatte keine Probleme.

    Das ist ein erheblicher Unterschied zum Referendariat und zum Lehrerberuf ansich. Merkst du ja gerade selbst.

  • Wenn man sich nach drei Monaten mit 10 Wochenstunden völlig überfordert und kraftlos fühlt, frage ich mich trotzdem, ob nicht eine Erkrankung vorliegen könnte. Ich will sie niemandem einreden, aber bevor ich einen so lang gehegten Plan abbreche, wäre ein Gang zum Arzt und zu einer Beratungsstelle zumindest überlegenswert, ganz unabhängig von der Unterrichtsplanung.

  • ich bin seit dem 01.11.2023 Referendar an einer BBS in Rheinland-Pfalz und aktuell im 4. Monat. Es läuft leider überhaupt nicht gut und ich bin maximal frustriert. Meine Gedanken laufen schon auf den Abbruch hinaus. Seit dem 01.02. muss ich 10 Stunden eigenverantwortlich unterrichten.

    Willkommen im Club. Das Referendariat ist besonders ein Test auf Stressresistenz. Die Klagen von Reffis sind Legion. Mach' dir das bewusst. Es liegt nicht an deiner Person, sondern an der Rolle, in der du dich befindest. Du bist Zwitter zwischen Lehrer- und Schülerdasein.
    Du kannst dich ja über die Suchfunktion hier im Forum umschauen, welche Klagen - und Tipps zu deiner Situation passen. Da wurde bereits SOOOO viel geschrieben. Ebenfalls empfehlenswert sind bestimmte FB-Gruppen wie "Referendariat - Selbsthilfegruppe" mit >25.000 Mitgliedern.

    Den Abbruch lässt du hübsch bleiben. Bist du a) Quereinsteiger oder hast du b) auf Lehramt studiert?
    Bei a) - Nun. Go back where you belong. Bei b) - Du wirst doch die ganzen Studienjahre nicht in die Tonne treten wollen!


    Wem das Wasser bis zum Hals steht, der sollte den Kopf nicht hängen lassen. Also: Kopf hoch! ;)

    «Wissen – das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn man es teilt.» (Marie von Ebner-Eschenbach)
    Meine Beiträge können Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten

  • Ich bin selbst auch um Ref, habe ebenfalls als Quereinsteigende zum 01.11. angefangen.

    Was ich als stressig empfinde:

    -Man ist überall neu und muss sich jede Information selbst zusammensuchen.

    -Man ist unter dauernder Beobachtung

    -Man hat Ängste, ob man nach dem Ref bleiben darf.

    -Man bekommt vom Studienseminar lauter Dinge erzählt, was man alles machen soll, es wird aber nie konkret und je nach Fach und Ausbilder widersprechen sich die Infos, dabei soll man aber seine Lehrerpersönlichkeit entwickeln

    -Unterrichtsskizzen und -entwürfe schreiben

    -Wenn man Pech hat, wissen die Mentoren nicht, wie sie einen unterstützen können, weil nicht klar ist, was das Seminar will.

    -Man arbeitet sich überall gleichzeitig neu rein--> kostet viel Zeit und man muss sich selbst zeitlich limitieren.

    -Man wird von der Schule zu allen möglichen Veranstaltungen eingeladen, damit man alles kennenlernt (ist zwar lieb gemeint,aber) -> mehr Zusatzveranstaltungen als die LK

    -Beschäftigungstherapie durch das Studienseminar aufgrund von schlechter, verpflichtender Dokumentationssoftware

    -Unterm Strich sehr hohe Wochensrbeitszeit, weil alles neu ist und man noch so viel für das Seminar erledigen muss.


    Was mir gefällt:

    -Ich liebe meine Klassen und mit ihnen zu arbeiten.

    -Ich darf mich mit Themen beschäftigen, die mich auch privat interessieren --> Vorbereitung macht Spaß.

    -sehr nette Kollegen

    -tolle Schulleitung

    -vergleichsweise (was man so hört) sehr gute Arbeitsbedingungen an der Schule.


    Da die negativen Dinge nach dem Ref zu einem großen Teil wegfallen, beiße ich die Zähne zusammen und freu mich auf das was kommen wird.


    Vielleicht kannst du ähnlich vorgehen und zunächst überlegen, was dich warum stresst und ob das nach dem Ref bleibt, oder irgendwann weniger wird.


    Wenn ich richtig gelesen habe, hast du deinen ersten Unterrichtsbesuch noch nicht gehabt. Lass ihn erstmal auf dich zukommen und hör dir das Feedback an. Vielleicht bist du ja auf einem guten Weg und merkst es selbst noch nicht so. Ich hatte bereits UBs und es ist halb so schlimm, wie ich dachte. Vielleicht ist es auch bei dir so. Wegen des hohen Vorbereitungsaufwandes: manchmal ist weniger mehr. Je mehr Routine man entwickelt, desto spontaner kann man auf Situationen im Unterricht regieren. Das gleiche gilt, wenn sich die eigene Planung im Unterricht als Quatsch rausstellt. Man muss dann eben flexibel reagieren und sich deswegen nicht stressen lassen.


    Ich drücke dir die Daumen, dass du die richtige Entscheidung für dich fällst.

    Wer Fehler findet darf sie behalten und sich freuen! :victory:

  • Dem kann ich nicht zustimmen. Ich fand die Anfangszeit mit meiner Vollzeitstelle tatsächlich stressiger als mein Ref

    Bei mir war es auch umgekehrt. 30 Stunden ohne Seminar findet ich wesentlich entspannter als 14 Stunden mit Seminar.

  • Grundsätzlich sollte man auch bedenken, dass der eigentliche Lehrerberuf wenig bis fast nichts mit dem Referendariat zu tun hat.

    Mir wurde gesagt, dass der spätere Alltag mit Vollzeitstelle viel stressiger als das Referendariat ist. Totaler Quatsch. Es ist nach dem Referendariat ungleich entspannter - zumindest wenn man nicht gerade an eine katastrophale Schulleitung gerät.

    Das kann ich überhaupt nicht bestätigen. Meine letzten beiden Jahre - unmittelbar nach dem Referendariat - waren bei mir zeitlich gesehen sogar anstrengender als das Referendariat. Lediglich der psychische Druck war weg. Jetzt in diesem Schuljahr - mit Stundenreduktion und eben auch schon auftretetenden Redundanzen durch bereits vorbereitete und unterrichtende Lernreihen - ist es wirklich besser geworden.

Werbung