An einer Primarschule in der Schweiz arbeiten - eine wenig beachtete Alternative?

  • CDL So etwas (Abordnungen an völlig unpassende Schulformen) muss man sich dort nämlich in der Tat nicht geben.

    Da stimme ich dir zu 100% zu! Ich weiss ja nicht welches Ausmass diese Abordnungen annehmen, aber es wird ja hoffentlich niemand auf den Gedanken kommen, eine Gymi-Lehrperson in die Grundschule zu versetzen. (wird sowas gemacht?)

    Schliesslich ist in der Primarschule nichts wichtiger, als für die Arbeit mit den kleinen Knirpsen zu brennen.


    Wahrscheinlich meinst du aber "nur" eine Abordnung zwischen den verschiedenen Sek1 Schulformen (Gymi, Realschule, Mittelschulen etc). Auch das scheint mir aber schon sehr gewagt, weil das ja ein richtiger Motivationskiller sein könnte.

  • Noch eine Nachfrage: Was passiert, wenn man leider keine Zusage von den schulscharfen Bewerbungen erhält? Kann man dann einfach ein Semester / ein Jahr als angestellte Lehrperson überbrücken und es dann beim nächsten Durchlauf nochmal versuchen? Oder muss man dann einfach den angebotenen Platz aus dem Listenverfahren annehmen?

    Und falls die schulscharfe Bewerbung erfolgreich war: Wie gut kann man dann später noch wechseln, wenn sich die Schule doch anders herausstellt, als man sich das vorgestellt hatte?

    Wenn man am Ende keinerlei Zusagen aus den schulscharfen Bewerbungen erhält kann man wahlweise:


    - einen angeboten Platz aus dem Listenverfahren annehmen oder auch ablehnen (vorausgesetzt, man bekommt über das Listenverfahren überhaupt einen Platz angeboten; bei Primarlehramt wird man allerdings nur dann keinen Platz angeboten bekommen, wenn man sich festgelegt hat auf komplett überversorgte Bereiche in BW wie Freiburg oder Heidelberg, für Gymnasiallehrkräfte sieht das aktuell noch deutlich anders aus)

    - sich im Nachrückverfahren noch einmal bewerben für spät ausgeschriebene, schulscharfe Stellen, die man dann ebenfalls annehmen oder ablehnen kann, so man diese erhält

    - eine beliebige Zeit als KV- Lehrkraft (KV= Krankheitsvertretung) überbrücken, ehe man sich z.B. in der nächsten

    Ausschreibungsrunde- ein Jahr später- erneut in einem der Bewerbungsverfahren oder auch allen (schulscharf, Listenverfahren, Sonderverfahren ländlicher Raum, Sonderverfahren besondere Zusatzqualifikationen, Sonderverfahren für schwerbehinderte Lehrkräfte, Nachrückverfahren aller Art) bewirbt


    Niemand muss einen angebotenen Platz annehmen. Die Bewerbung stellt noch keine Einwilligung in einen Arbeitsvertrag dar, schließlich können sich Lebensumstände verändern in den Monaten zwischen Bewerbung und der Zusage seitens eines RPs für eine Stelle. Bei mir hat so eine Veränderung dazu geführt, dass ich sämtliche schulscharfe Stellen, die mir zugesagt wurden ablehnen musste, weil diese bestimmte Rahmenbedingungen nicht erfüllt haben, die unerwartet zentral geworden waren.


    Wechseln kann je nach Schule, Schulart, Fächern, persönlichen Lebensumständen eher einfacher sein oder auch quasi unmöglich, wenn man nicht bereit ist zu kündigen/den Beamtenstatus aufzugeben und sich im Angestelltenverhältnis komplett neu zu bewerben oder aber sich auf eine Beförderungsstelle erfolgreich bewirbt am neuen Wunschort. Als Primar- Sek.I- Lehrkraft an einer Schule des ländlichen Raums kann es schnell quasi unmöglich werden zu wechseln. Auch als Mangelfachlehrkraft gleich welcher Schulart kann es ohne schwerwiegende Gründe (z.B. Pflege naher Angehöriger inkl. eigener Kleinkinder oder gesundheitliche Gründe) ohne Tauschpartner unmöglich werden zu wechseln je nach tatsächlicher Versorgung der eigenen Schule in diesem Fach. Das sind insofern Faktoren, die man bei der Annahme einer Stelle mit bedenken sollte.

    Wer beispielsweise im Schwarzwald irgendwo eine Stelle im ländlichen Raum annimmt, weil Freiburg nicht geklappt hat, um in der Stadt wohnen und pendeln zu können in der Hoffnung auf einen späteren Wechsel nach Freiburg oder in den Freiburger Speckgürtel wird eher früher als später feststellen, dass das nicht einfach funktionieren wird.

    Dafür bekommt man aber eine verdammt sichere Stelle im öffentlichen Dienst und profitiert vor allem als Beamter/Beamtin von deutlich höheren Nettobezügen, weil bestimmte Sozialabgaben entfallen für Beamte.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

    Einmal editiert, zuletzt von CDL ()

  • dominik89 Schulscharfe Stellen gibt es in Baden-Württemberg mindestens seit 2007, da habe ich mich erfolgreich hier beworben (und das Verfahren war damals schon nicht mehr ganz neu. Um 2000 gab es noch nicht, bei deinen Freunden ist es also eher 20 Jahre her.


    Und

    CDL wenn ich lese, dass in BW das Listenverfahren die Regel ist, dann bevorzuge ich doch stark das NRW-System. Hier ist schulscharf die Regel und Liste die absolute Ausnahme. Wenn man bereits in BW lebt, sehe ich den Schritt in die Schweiz da auch für heimatverbundene Lehrkräfte als nicht allzu groß an.


    Ich selbst würde, bei einer Abordnung an einer Grundschule auch über den Wechsel in die Schweiz nachdenken. So etwas (Abordnungen an völlig unpassende Schulformen) muss man sich dort nämlich in der Tat nicht geben.

    Ich kenne bis auf eine Ausnahme niemanden, der in den letzten 20 Jahren angefangen hat oder sich versetzen ließ, der sich nicht erfolgreich schulscharf beworben hat. Ich glaube daher nicht, dass das Listenverfahren die Regel hier ist.


    Listenverfahren kommt erst am Ende zum Zug, um nicht erfolgreiche Bewerber beim schulscharfen Verfahren auf nicht beliebte Schulen, deren Stellen noch offen sind, zu verteilen. Und man kann auch dann noch ablehnen.

    2. Möglichkeit für Listenverfahren (und das ist auch die Ausnahme, die ich kenne), sind Härtefälle. Jemand möchte unbedingt in eine Region und hat gute private Gründe, aber nicht gesuchte Fächer. Schulscharfe Stellen werden also nicht ausgeschrieben, dann kann es irgendwann trotzdem noch klappen.


    Ich finde daher unsere Mischung gut, nach mindestens 2 Ausschreibungen schulscharfer Stellen, werden erst direkt vor den Sommerferien die übrig gebliebenen Stellen im Listenverfahren vergeben.


    Mein Beitrag hat sich mit CDL ihrem überschnitten.

    Meine Beiträge werden auf einer winzigen Tastatur eines Tablets mit Autokorrektur geschrieben. Bitte entschuldigt Tippfehler. :mad:

  • CDL wenn ich lese, dass in BW das Listenverfahren die Regel ist, dann bevorzuge ich doch stark das NRW-System. Hier ist schulscharf die Regel und Liste die absolute Ausnahme. Wenn man bereits in BW lebt, sehe ich den Schritt in die Schweiz da auch für heimatverbundene Lehrkräfte als nicht allzu groß an.


    Ich selbst würde, bei einer Abordnung an einer Grundschule auch über den Wechsel in die Schweiz nachdenken. So etwas (Abordnungen an völlig unpassende Schulformen) muss man sich dort nämlich in der Tat nicht geben.

    Niemand muss sich in BW über das Listenverfahren bewerben. Wer will kann sich ausschließlich schulscharf bewerben, da die verschiedenen Bewerbungsverfahren sich zwar ergänzen aber jeweils eigenständige Verfahren sind.

    Den Schritt in die Schweiz gehen einige vor allem aus Südwürttemberg, weil sie damit dennoch nahe an Zuhause arbeiten können. Aus Nordwürttemberg ist das im Vergleich seltener der Fall, vor allem in Schularten, in denen man landesweit händeringend gesucht wird, wie eben als Primarlehrkraft, SEK.I- Lehrkraft, Förderschullehrkaft, Berufsschullehrkraft und zunehmend auch immer mehr Fächer und Regionen für gymnasiales Lehramt.


    Vielleicht solltest du erst einmal alle relevanten Fakten einholen, ehe du ein Bewerbungsverfahren beurteilst, dass du offensichtlich nicht vollständig erfasst hast oder auch beurteilst, wie es sich generell anfühlen könnten der Schweiz zu leben und zu arbeiten als Baden- Württemberger. Ich darf dir versichern, dass die Unterschiede vor allem zwischen Nordwürttembergern und Schweizern erheblicher sind, als von dir vermutet. Im grenznahen Raum sieht das natürlich anders aus, weil man dort seit Jahrhunderten eine andere Art von Kontakt hat miteinander, sich teilweise auch kulturell gemeinsam entwickelt hat und je nach Wohnort das Überqueren der Grenze sowieso fester Teil der Alltagswege ist, so dass die Grenze mehr und mehr zu einer fiktiven Größe wird.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Da stimme ich dir zu 100% zu! Ich weiss ja nicht welches Ausmass diese Abordnungen annehmen, aber es wird ja hoffentlich niemand auf den Gedanken kommen, eine Gymi-Lehrperson in die Grundschule zu versetzen. (wird sowas gemacht?)

    Schliesslich ist in der Primarschule nichts wichtiger, als für die Arbeit mit den kleinen Knirpsen zu brennen.


    Wahrscheinlich meinst du aber "nur" eine Abordnung zwischen den verschiedenen Sek1 Schulformen (Gymi, Realschule, Mittelschulen etc). Auch das scheint mir aber schon sehr gewagt, weil das ja ein richtiger Motivationskiller sein könnte.

    Erst Fakten abklären, dann urteilen. Danke.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Was ich verstanden habe: Du vergleichst deine Erfahrungen in den Kantonen in der Schweiz mit deinen Erfahrungen in BY vor vermutlich 15 Jahren.

    Und du möchtest wissen, ob das in BY weiterhin/generell der Realität entspricht.


    Du fragst allerdings nach Deutschland, dann doch wieder nach BY und BW.

    Ist der Lehrermangel an den Grundschulen immer noch ein grosses Thema? Gibt es den flächendeckend für ganz Deutschland oder nur in ausgewählten Bundesländern?

    Deutschland ist nicht BY und auch nicht Bayern-Württemberg.

    Die Nachfrage, ob du zu wechseln gedenkst, ist berechtigt, wenn du nach dem Mangel fragst und den Bedingungen, was man in welcher Form wählen kann.


    Man kann wählen, in welchem Bundesland man sich eine Schule sucht.

    Man kann wählen, ob man verbeamtet werden möchte, es gibt auch angestellte Lehrkräfte.

    Man kann unter Bedingungen eine Teilzeitstelle wählen, die am Deputat ausgerichtet ist, denn eine Arbeitszeiterfassung gibt es in D bisher noch nicht in Schulen, Bremen will jetzt etwas beginnen.


    Es gibt Bundesländer, die seit etwa 20 Jahren schulscharf ausschreiben, in einigen BL sind nahezu alle GS-Stellen derart ausgeschrieben.

    Durch den Lehrkräftemangel können seit etwa 10-15 Jahren in einigen BL die Ei zustellenden vorab die Schulen kontaktieren, Gespräche führen, Einstellungsgespräche führen, Wünsche angeben und werden am Ende gefragt, WELCHE Stelle sie annehmen wollen.

    Der Mangel ist dann immer dort größer, wo vielen der Standort weniger attraktiv erscheint, keine größere Stadt oder schlechter Sozialindex (oder vergleichbare Einschätzung, denn den Index führt nicht jedes BL), vielleicht auch hohe Lebenshaltungskosten in der Stadt.

    Dennoch müssen auch an diesen Schulen Lehrkräfte sein. Das jeweilige Land muss also überlegen, wie es dort den Mangel ausgleicht.


    Der Mangel besteht bis mindestens 2035 im Primarbereich, dazu geb es zumindest Zahlen, die die Kultusministerien aufgegriffen haben. Ob der Mangel in 10 Jahren dann ausgeglichen werden kann oder sich die Zahlen doch anders entwickeln, da kann man unterschiedlicher Meinung sein.


    Als angehende Lehrkraft in Deutschland kann man also überlegen, ob eines der Bundesländer in Frage kommt.

    Und ja, man kann auch überlegen, ob man in die Schweiz gehen will oder in den Auslandsschuldienst.

  • Schliesslich ist in der Primarschule nichts wichtiger, als für die Arbeit mit den kleinen Knirpsen zu brennen.

    Das wäre ein neuer Thread.

    Wenn es allein wichtig wäre, für die Arbeit mit Kindern zu brennen, wozu bräuchte es dann eine Ausbildung gleich welcher Art?

    Für die Arbeit in der Grundschule braucht man durchaus anderes, aber es ist gut, wenn man bedenkt, dass man mit Kindern arbeitet, wenn auch nicht allein mit ihnen.

  • eine Gymi-Lehrperson in die Grundschule zu versetzen. (wird sowas gemacht?)

    Schliesslich ist in der Primarschule nichts wichtiger, als für die Arbeit mit den kleinen Knirpsen zu brennen.

    Brennen? Bin ich ein Kamin? Ich bin Profi und arbeite für Geld. Und zwar in einer definierten maximalen Zeit. Wer für diesen Job "brennt", landet nur allzuoft im Burnout.


    Und: Ja, es hat Abordnungen von Gym-Lehrkräften an Förderschulen gegeben. Lies mal ein bißchen hier im Forum, da findest Du rege Diskussionen.

  • Und: Ja, es hat Abordnungen von Gym-Lehrkräften an Förderschulen gegeben. Lies mal ein bißchen hier im Forum, da findest Du rege Diskussionen.

    Nicht nur an Förderschulen und es wurden auch massig Studienräte direkt nach dem 2. StEx an Grundschulen eingestellt (und trotzdem als Studienräte bezahlt).

  • Nicht nur an Förderschulen und es wurden auch massig Studienräte direkt nach dem 2. StEx an Grundschulen eingestellt (und trotzdem als Studienräte bezahlt).

    Es ging um Abordnungen. Nicht um Einstellungen. Aber auch die gabs, da hast Du natürlich Recht. Wobei ich das etwas anders bewerte als eine Abordnung.

  • Es ging um Abordnungen. Nicht um Einstellungen. Aber auch die gabs, da hast Du natürlich Recht. Wobei ich das etwas anders bewerte als eine Abordnung.

    Steht doch auch dort, dass es andere Dinge sind, aber es die zusätzlich auch gab,

    Auch von anderen Schultypen, wobei hier eh die meisten die Ausbildung für 1-10 hatten an den Schulen, also nicht so weit weg.

  • Herzlichen Dank für die ausführlichen Beschreibungen. Nun habe ich einen deutlich besseren Überblick, wie das in deinem Bundesland abläuft. Mein anekdotisches Halbwissen (was ich immer zugegeben habe) zu Bayern und Baden-Württemberg ist in der Tat in vielen Bereichen veraltet oder unvollständig. Genau das ist der Austausch, den ich mir erhofft hatte. Ich melde mich ja nicht in einem Forum an und stelle gleich zu Beginn 8 Fragen, wenn ich schon alles wüsste. Ich behaupte nur, dass ich in der Schweiz eine gewisse Erfahrung hätte und lasse mir die nicht absprechen. In Bezug auf Deutschland würde ich das nie behaupten.


    Würdest du mir zustimmen, dass man deine Beschreibungen für den Raum BW mit dem Fokus Primarschule auf folgende zwei Aussagen verkürzen könnte?

    1) Wenn man sich nach dem Studium/Ref gründlich informiert und ein bisschen räumlich flexibel ist, hat man aufgrund der verschiedenen Verfahren gute Chancen, einen Platz in einer Schule zu bekommen, die zu den eigenen Vorstellungen passt.

    2) Wenn sich später die Lebenssituation nochmal ändert (oder man mit der Schule unzufrieden ist), kommt es auf eine Reihe von Faktoren, sodass es in vielen Fällen durchaus schwer bis unmöglich sein könnte, seine bisherige Schule zu verlassen. Wenn man bereit wäre, den Beamtenstatus aufzugeben, würde man allerdings wieder eine recht grosse Flexibilität gewinnen. (Die Beförderungsstelle klammere ich jetzt einmal aus, weil ich damit leider nichts anfangen kann)


    Wenn diese zwei verkürzten Aussagen etwa stimmen, dann werden wahrscheinlich die meisten Lehrpersonen zu Beginn ihrer Karriere recht verlässlich eine für sich passende Stelle finden und wenig Anreize haben, sich ausserhalb des eigenen Bundeslandes (oder gar in der Schweiz) umzusehen.

    Und wenn sich später die Umstände ändern sollten und man wirklich froh wäre, wenn das System nicht so starr wäre, sind natürlich nur noch die wenigsten Lehrpersonen bereit, weiter weg zu ziehen, weil oftmals schon das soziale Umfeld (inkl. Familie) eine immer grössere Rolle spielt.


    Da müsste man also schon sehr unzufrieden sein mit seiner aktuellen Schule, gleichzeitig nicht bereit sein, die Gehaltseinbussen im Angestelltenverhältnis zu "schlucken" und auch noch örtlich recht ungebunden sein, damit die Schweiz zu einer attraktiven Alternative wird.

    Würdest du dem zustimmen?


    Vielleicht solltest du erst einmal alle relevanten Fakten einholen, ehe du ein Bewerbungsverfahren beurteilst, dass du offensichtlich nicht vollständig erfasst hast oder auch beurteilst, wie es sich generell anfühlen könnten der Schweiz zu leben und zu arbeiten als Baden- Württemberger. Ich darf dir versichern, dass die Unterschiede vor allem zwischen Nordwürttembergern und Schweizern erheblicher sind, als von dir vermutet. Im grenznahen Raum sieht das natürlich anders aus, weil man dort seit Jahrhunderten eine andere Art von Kontakt hat miteinander, sich teilweise auch kulturell gemeinsam entwickelt hat und je nach Wohnort das Überqueren der Grenze sowieso fester Teil der Alltagswege ist, so dass die Grenze mehr und mehr zu einer fiktiven Größe wird.


    Und deiner Analyse zu den Unterschieden bzgl. der Schweiz und Süddeutschland würde ich durchaus zustimmen. Im grenznahen Raum würde ich die Situation auch so beschreiben, sodass dort der Wechsel über die Grenze sicher einfacher ist. Konsequenterweise ist es aus allen anderen Teilen Deutschlands ein grösserer Schritt. Aber ein grosser Schritt ist ja noch lange kein unmöglicher Schritt. Auch für einen Berliner wäre der Schritt ins ländliche Bayern ein grosser Schritt und trotzdem würde niemand bestreiten, dass das grundsätzlich für manche Menschen möglich ist. Und so ist es auch mit der Schweiz. Für die allermeisten ist es sicher wenig attraktiv (oder auch viel zu riskant) ins Nachbarland zu wechseln. Aber manch andere finden das Land auch einfach nur spannend und verbinden damit (verklärte) Urlaubsfantasien. Es darf ja zum Glück jeder selbst entscheiden, was er/sie sich zutraut. Wie gesagt, ich will niemanden überreden, sondern nur besser verstehen, warum die Situation so ist, wie sie ist und gleichzeitig meine persönlichen Erfahrungen anbieten, falls sich dafür jemand interessiert.


    Du hast mir auf jeden Fall ein gutes Stück weitergeholfen! Herzlichen Dank.


    Noch ein Nachtrag zur Abordnung: Wie wird das denn nun in deinem Bundesland gehandhabt? An tagesaktuelle Fakten kommt man da nunmal mit einer Google-Recherche nur schwer, da sich solche Praktiken ja sicher auch sehr schnell ändern und womöglich ja nicht mal ganze Bundesländer, sondern nur bestimmte Regionen betreffen? Bitte kläre mich auf! (Update: Danke an die Antworten von Sissymaus und Susannea!)


    Mein generelles Urteil bleibt aber das gleiche: Sollte jemals ein Gymi-Lehrer in irgendeinem Bundesland gegen seinen Willen an eine Primarschule geschickt worden sein (und es gibt verschiedene Zeitungsartikel, die sowas darlegen), dann halte ich das für ein Unding. Es mag sicher einige Gymi-Lehrer geben, die dann plötzlich in dieser Rolle aufgehen. Genau diese Lehrpersonen müsste man dann irgendwie ausfindig machen und / oder starke Anreize setzen, damit sie sich diesen Wechsel überlegen. Aber Primarlehrer muss man (analog zu den anderen Schulformen) nun mal aus Überzeugung sein, sofern wir nicht von kurzen Einsätzen von ein paar Monaten sprechen. Und diese Einstellung lasse ich mir nicht nehmen. Wo würdest du denn persönlich die Grenze ziehen? Soll der Staat Gymi-Lehrer auch in den Kindergarten schicken können? (In der Schweiz gehört der Kindergarten ganz offiziell zum Schulsystem, deshalb finde ich diese überspitze Frage gar nicht so abwegig).

  • Das hast du völlig richtig verstanden. Meine Erfahrungen mit Deutschland sind anekdotisch und veraltet. Herzlichen Dank, dass du mir so einen schönen Gesamtüberblick zu Deutschland gegeben hast! Und ich interessiere mich für alle Bundesländer gleichermassen. Aber da die Unterschiede zwischen den Bundesländern offenbar erheblich sind, macht es durchaus Sinn, für den Moment einfach eine Gegenüberstellung mit 1-2 Bundesländern zu versuchen. Da ich selbst aus Bayern komme und die gehörten Anekdoten aus Bayern und BW stammen, war das eben ein guter Anfang.


    Deinen Gedankengang zu meinen Wechselabsichten kann ich nachvollziehen. Aber das ist tatsächlich nicht der Fall. Ich möchte einfach gerne die Systeme vergleichen und (still und heimlich :P) vielleicht sogar ein bisschen Werbung für die Schweiz machen, weil man hier als passionierte Lehrperson (nach meinem persönlichen empfinden) recht viele Freiheiten hat und vielleicht sogar mehr Freude am Beruf finden könnte, falls es in Deutschland Rahmenbedingungen gäbe, die als einschränkend empfunden werden. Aber sicher wird hier nicht jeder glücklich, deshalb möchte ich sich nicht behaupten, dass irgendein Land grundsätzlich die Nase vorn hätte. Die bisherige Diskussion legt ja sogar nahe, dass sich die meisten Lehrpersonen in Deutschland recht gut mit ihrem System arrangieren können oder sogar die positiven Seiten überwiegen. Auch das ist für sich genommen ja schon mal eine gute Sache. In meiner eigenen Schulzeit war das damals noch nicht so. Ich hatte noch recht viele Lehrpersonen erlebt, die eigentlich schon lange keine Lust mehr auf ihren Beruf hatten und die Jahre zur Pension noch abgesessen sind. Zum Glück haben sich die Zeiten geändert!

  • Das wäre ein neuer Thread.

    Wenn es allein wichtig wäre, für die Arbeit mit Kindern zu brennen, wozu bräuchte es dann eine Ausbildung gleich welcher Art?

    Für die Arbeit in der Grundschule braucht man durchaus anderes, aber es ist gut, wenn man bedenkt, dass man mit Kindern arbeitet, wenn auch nicht allein mit ihnen.

    Ich würde nie behaupten, dass es nur darauf ankäme. Natürlich braucht es eine gute Ausbildung. Aber wenn einem die kleinen Kinder eigentlich ziemlich egal wären... wozu soll das führen? Das spüren die doch sofort und stellen dann ganz schnell die Arbeit ein.


    Andererseits habe ich schon Stellvertretungen erlebt, die keine oder kaum eine Ausbildung hatten und einfach eine grosse Begeisterung und ein grosses Talent/Gespür für Kinder hatten. Wenn man die eng begleitet, kann das zeitweise ganz gut funktionieren. Für eine Dauerlösung braucht es aber natürlich beides: Eine gute Ausbildung und eine Begeisterung für den Job/die Kinder. Die Ausbildung kann man eben notfalls auch nach und nach ergänzen, deshalb kommt es für mich eben an zweiter Stelle. Aber wie gesagt: beides wichtig!

  • dominik89 Was du zuletzt schreibst, klingt ganz anders als deine ersten paar Beiträge. Ja, da sind wir doch recht nah beieinander. Ich versuche dir mal die Widersprüche aufzuzeigen, die mich zu einer deutlich schärferen Antwort gebracht haben als es wahrscheinlich angemessen war. Dafür bitte entschuldige :rose:


    Du schreibst zu Beginn:


    Aus der Ferne frage ich mich allerdings, ob sich die Schweiz als potenzieller Arbeitsmarkt überhaupt auf dem Radar der deutschen Lehrpersonen befindet? [...] Aufgrund des aktuellen Lehrermangels ist es sogar so, dass man sich das Arbeitspensum mehr oder weniger frei aussuchen kann. Dass der Arbeitgeber da einfach seinen Willen durchsetzt, wäre aber in jedem Fall undenkbar.

    "Die Schweiz" ganz allgemein, es geht erst mal gar nicht spezifisch um einen bestimmten Kanton und eine bestimmte Schulstufe. Darauf meine Antwort, dass das so pauschal nicht stimmt, dass man hier beliebig dar Arbeitspensum verhandeln könne und dabei bleibe ich auch - es stimmt einfach nicht. Was du infolge übrigens selbst auch einräumst:


    In meinem Kanton bedeuten 28 Wochenlektionen ein 100% Pensum. Schlussendlich ist ein 100% Pensum aber kaum zu schaffen, weil die Arbeiten neben der eigentlichen Unterrichtstätigkeit so umfangreich sind, dass die meisten engagierten Lehrpersonen reihenweise Überstunden machen müssen (die dann auch nicht komplett in den Ferien abgebaut werden können, weil dort in der Regel die Vorbereitung weitergeht).

    Volià. Doch nicht alles so toll, wie es in deinem ersten Beitrag noch klang. Welches Pensum arbeitest du denn selbst? Ich schätze auf 80 - 100 %, du bist ein Mann. Natürlich hattest du noch nie Probleme dein Pensum zu "verhandeln", du arbeitest genau im Sinne der Schulleitung mutmasslich Vollzeit inkl. KLP-Funktion. Geh mal und frag die jungen Mütter in deinem Kollegium, wie toll sie ihre Teilzeit "verhandeln" konnten. Geh mal und frag die jungen PH-Absolventinnen (es sind zu 90 % junge Frauen), wie toll sie "verhandeln" konnten, ob sie zum Berufseinstieg vielleicht doch nicht grad sofort eine Klassenleitung übernehmen wollten. Müssen sie nämlich ganz oft weil's einfach viel zu wenig Primarlehrpersonen gibt. Alles was du infolge für den Kanton Zürich schreibst könnte irgendeine Kollegin aus dem Baselland ganz genauso schreiben. Die Situation ist überall im Land die gleiche, es gibt zu wenig Lehrpersonen für die Primar und Sek.


    Im Baselland arbeitet man für eine 100 % Stelle an der Primar übrigens nur 26 Wochenlektionen, ich glaube wir sind derzeit der Kanton mit der niedrigsten Pflichtlektionenzahl über alle Schulstufen hinweg. Nur arbeitet die 100 % an der Primar kaum irgendjemand weil es gar nicht möglich ist. Weil die Kolleginnen damit beschäftigt sind, den heilpädagogischen Förderbedarf zu organisieren und sich gegen amoklaufende Eltern zu wehren. Also die arbeiten dann eben schon 100 %, bekommen aber weniger Geld dafür, weil es offiziell Teilzeit ist. Exakt das schreibst du selbst übrigens auch für Zürich (siehe oben). Es wirkt in der Summe also etwas komisch, dass du den Kolleginnen und Kollegen hier im Forum die Primarschule in der Schweiz als tollen, alternativen Arbeitsort zu einer deutschen Grundschule verkaufen willst.


    Die Schulstufe mit den bei Weiten besseren Arbeitsbedingungen im Vergleich zu Deutschland ist die Sek II, vor allem das Gymnasium. Das ist hier die "Königsdisziplin" in die die Bildungsdirektionen landauf, landab auch das meiste Geld reinschiessen. Die gewerkschaftliche Solidarität mit der Primar und der Sek I ist zumindest bei uns im Kanton sehr gross. Ich behaupte, alle Kolleginnen und Kollegen würden gutheissen, was ich weiter oben schrieb: Wenn wir der Primarschule eine Reduktion des Vollzeitpensums "erkaufen" könnten, würden wir es gleich morgen tun. Die BKSD wird uns die Pflichtlektionenzahl von 22 auf 23 erhöhen, das kommt ziemlich sicher demnächst. Damit wäre Geld gespart, wir haben den teuersten Stundenlohn. Ich glaube allerdings kaum, dass das Geld bei den Kolleginnen und Kollegen der Primarschulen ankommt, leider verlässt uns ja auch irgendwann dann mal unsere gute Monica Gschwind.


    Mit Silvia Steiner habt ihr in Zürich übrigens auch eine von den Guten auf dem Posten sitzen, auch wenn sie von den populistischen Medien zur rechten Zeit des Grauens verrissen wird (der Tagi geht mir diesbezüglich in letzter Zeit echt nur noch auf den Sack). Stichwort "Poldis". Natürlich hat Frau Steiner recht damit, dass das Programm nicht verlängert werden sollte. Wir brauchen an den Primarschulen nicht noch weitere 600 Hausfrauen, die auch mal Kindern ein bisschen das Rechnen beibringen wollten (das ist jetzt bewusst sehr überspitzt ausgedrückt), wir brauchen eine komplette Überarbeitung der Ausbildung unserer Primarlehrpersonen und einen massive Steigerung der Attraktivität dieses Berufs. Das erreichen wir nicht, indem wir die Anforderungen an die Professionalität nur immer noch weiter absenken. Wir brauchen ein besseres Ausbildungsprogramm an den Pädagogischen Hochschulen, eine kleinere Pflichtlektionenzahl und mehr Assistenz, vor allem für die Zusatzaufgaben im heilpädagogischen Bereich.


    Aber vielleicht stimmst du mir zu, dass der PH-Unterricht derzeit (trotz der vielen Praktika) viel zu theoretisch ist.

    Nein, da stimme ich dir tatsächlich nicht zu. Die fachwissenschaftliche Ausbildung, vor allem in den Kernfächern, ist viel zu schlecht und müsste dringend vertieft werden. Du unterschätzt da glaube ich, dass du eben einen fachwissenschaftlichen Master im MINT-Bereich hast und für dich persönlich der Bereich an der PH einfach nicht so wichtig war. Der reguläre Weg an die PH führt in der Schweiz aber über die Fachmaturität Pädagogik und glaub mir, ich weiss sehr gut, was die Schülerinnen und Schüler können und vor allem was sie nicht können. Ich weiss ja, was ich ihnen beibringe und ich weiss, dass an der PH nicht mehr allzu viel dazu kommt (wenn überhaupt). Ich unterrichte gerade einen FMP-Kurs in Physik, die sind wirklich toll und man könnte noch sehr viel mehr mit ihnen vertiefen, wenn wir die Zeit dazu hätten. Haben wir aber nicht, letzte Woche hatten sie schon die schriftlichen Abschlussprüfungen.


    Was du infolge schreibst, was du gerne mehr an Praxisausbildung gehabt hättest, finde ich bedauerlich, dass das nicht passiert ist. Das ist gar nicht Aufgabe der PH sondern hätte man dir in den Berufspraktika beibringen müssen. Ich arbeite selbst als Praxislehrperson für die FHNW (herzlichen Glückwunsch zu deiner Ausbildung, das ist mutmasslich die schlechteste PH im ganzen Land), im Bereich Sek II sind uns die Praxisphasen in den letzten Jahren einfach sukzessive zugunsten irgendwelcher Schwurbel-Veranstaltung zusammengestrichen worden. Dann hatte man leider auch im Partnerschulprojekt keine Zeit mehr, neben der fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Vor- und Nachbereitung des Unterrichts mit den Studis sowas auch noch anzuschauen. So gut es ging, habe ich es immer gemacht. Aber man braucht Zeit um wirklich über Fallbeispiele zu sprechen und man braucht vor allem mehr Zeit in den Klassen um gewisse Probleme überhaupt erst zu sehen. Erfreulicherweise wird sich das künftig alles wieder ändern, die Leitung Berufspraktische Studien hat nämlich gewechselt. Weisst du, was im Bereich Sek II da die letzten Jahre ganz eindeutig das Problem war? Zu viele Deutsche in neuralgischen Positionen, die unser Bildungssystem in der Schweiz gar nicht kennen. Jetzt hat endlich wieder ein Schweizer übernommen, der selbst in der Schweiz auch unterrichtet hat. Magst du mir erzählen, wie das im Bereich Primar bei dir gelaufen ist? Ist ja die gleiche PH (du warst wahrscheinlich Campus Brugg/Windisch, ne?), das würde mich jetzt wirklich interessieren.


    [Fortsetzung folgt ...]

  • vielleicht sogar ein bisschen Werbung für die Schweiz machen, weil man hier als passionierte Lehrperson (nach meinem persönlichen empfinden) recht viele Freiheiten hat und vielleicht sogar mehr Freude am Beruf finden könnte, falls es in Deutschland Rahmenbedingungen gäbe, die als einschränkend empfunden werden.

    Was meinst du damit?

    Was sollen denn die Einschränkungen sein, die du annimmst und die die Lehrkraft eingrenzen oder die die Freude rauben?

  • Brennen? Bin ich ein Kamin? Ich bin Profi und arbeite für Geld. Und zwar in einer definierten maximalen Zeit. Wer für diesen Job "brennt", landet nur allzuoft im Burnout.


    Und: Ja, es hat Abordnungen von Gym-Lehrkräften an Förderschulen gegeben. Lies mal ein bißchen hier im Forum, da findest Du rege Diskussionen.

    Kann man nicht für den Beruf brennen und gleichzeitig Profi sein?

    Ich würde mir das für die Kinder in Deutschland und der Schweiz wünschen, dass sie von Lehrpersonen unterrichtet werden, die eine gewisse Begeisterung für ihren Job ausstrahlen. Denn bekanntlich ist Begeisterung ansteckend und kann dafür sorgen, dass sich Kinder für etwas öffnen, für das sie eigentlich nicht intrinsisch motiviert sind. Natürlich kann das nicht jede Lehrperson in allen Lebensphasen bieten und das erst recht nicht von früh bis spät. Aber wäre doch schön, wenn das das Ziel wäre?

    Natürlich alles mit Mass und Mitte. Es erwartet niemand, dass man für den Lehrerberuf sein Privatleben aufgibt. Aber eine Lehrperson, die nach Unterrichtsschluss prinzipiell nicht mehr für die Belange der Kinder verfügbar ist, weil die bezahlte Zeit abgelaufen ist, hat sicher ein ganz anderes Berufsverständnis als ich. Dass manche Menschen diesen Job nur zum Geldverdienen ausüben, muss ich natürlich trotzdem akzeptieren, auch wenn ich es persönlich tragisch finde.

  • Und deiner Analyse zu den Unterschieden bzgl. der Schweiz und Süddeutschland würde ich durchaus zustimmen. Im grenznahen Raum würde ich die Situation auch so beschreiben, sodass dort der Wechsel über die Grenze sicher einfacher ist. Konsequenterweise ist es aus allen anderen Teilen Deutschlands ein grösserer Schritt. Aber ein grosser Schritt ist ja noch lange kein unmöglicher Schritt. Auch für einen Berliner wäre der Schritt ins ländliche Bayern ein grosser Schritt und trotzdem würde niemand bestreiten, dass das grundsätzlich für manche Menschen möglich ist. Und so ist es auch mit der Schweiz. Für die allermeisten ist es sicher wenig attraktiv (oder auch viel zu riskant) ins Nachbarland zu wechseln. Aber manch andere finden das Land auch einfach nur spannend und verbinden damit (verklärte) Urlaubsfantasien. Es darf ja zum Glück jeder selbst entscheiden, was er/sie sich zutraut. Wie gesagt, ich will niemanden überreden, sondern nur besser verstehen, warum die Situation so ist, wie sie ist und gleichzeitig meine persönlichen Erfahrungen anbieten, falls sich dafür jemand interessiert.


    Du hast mir auf jeden Fall ein gutes Stück weitergeholfen! Herzlichen Dank.

    Der eine Schritt ist halt innerdeutsch, der andere ins EU-Ausland, die Schweiz ist zwar auf der Landkarte nah an Süddeutschland dran, aber dennoch ist sie nicht einmal ein EU Mitglied.


    Ich frage mich aber immer noch, was dich an den Beweggründen deutscher Lehrer, in Deutschland zu bleiben (was ja eigentlich das Normalste der Welt ist) so brennend interessiert, es kommt mir fast vor, als würdest du ein Buch schreiben wollen und wärst hier auf Recherche ;-).

  • Selbstverständlich darf ich dir dann erklären, wie es in den Primarschulen abläuft, die ICH ganz persönlich von innen gesehen habe.

    Sicher darfst du das, das habe ich auch gar nicht infrage gestellt. Ich glaube, du hast meine Antworten auch nicht sehr sorgfältig gelesen oder mindestens etwas interpretiert, was da gar nicht stand. Ich habe keine Ahnung vom konkreten Berufsalltag einer Primarlehrperson, ich käme auch nicht drauf, das zu behaupten. Aber über die allgemeinen Anstellungsbedingungen kann ich mich schon noch äussern, da weiss ich durch die Arbeit in der Gewerkschaft dann schon recht gut Bescheid.


    Diesbezüglich ein weiterer Widerspruch in deinen ersten Beiträgen:


    Den Ruf des Staatsexamens im allgemeinen will ich nicht beurteilen. Ich bin auch sehr skeptisch, dass das über alle Schulformen hinweg ähnlich gesehen wird.


    Ich bin einfach überrascht, dass ich in den Primarschulen der Schweiz (mit Ausnahme von Grenzstädten wie Basel und Kreuzlingen) im Verhältnis zu anderen Berufsgruppen verhältnismässig wenig Deutsche treffe. Klar gibt es in den grossen Städten in jeder Schule 1-2 Deutsche (dann aber meist DaZ Lehrpersonen oder Logopäden), aber wenn man das mit den Zahlen im Gesundheitswesen oder verschiedenen anderen Industriezweigen vergleicht, ist das einfach eine überraschend kleine Zahl.

    Hast du mal überlegt, warum das so sein könnte? Es ist genau das was ich schrieb: Die Anerkennung der deutschen Ausbildung macht nur Ärger. Es ist völlig korrekt was du schreibst, die deutsche Ausbildung zur Grundschullehrperson ist qualitativ deutlich besser als das schweizer Lehrdiplom für Primarschulen. Die deutsche Ausbildung ist aber mit dem schweizer Bildungssystem nicht kompatibel. Zu wenig Unterrichtsfächer, dann fehlt die heilpädagogische Zusatzausbildung oder weiss der Kuckuck was für ein Krampf und schon landet man trotz EDK-Anerkennung im falschen Lohnband. Ich bleibe dabei, du verklärst diesen Beruf. Die allermeisten Lehrpersonen arbeiten für Geld und nicht für "leuchtende Kinderaugen" und das ist auch sehr gut so. Ich hätte sowas von keine Lust, mich vom Kanton finanziell über den Tisch ziehen zu lassen nur weil irgendein Bünzli in der Behörde findet, meine Papierli aus dem Ausland ist nicht genehm. Noch dazu ist es von einem Kanton zum anderen dann auch noch unterschiedlich geregelt was die Sache noch viel willkürlicher erscheinen lässt als es ohnehin und objektiv betrachtet schon ist.


    Andererseits habe ich schon Stellvertretungen erlebt, die keine oder kaum eine Ausbildung hatten und einfach eine grosse Begeisterung und ein grosses Talent/Gespür für Kinder hatten. Wenn man die eng begleitet, kann das zeitweise ganz gut funktionieren. Für eine Dauerlösung braucht es aber natürlich beides: Eine gute Ausbildung und eine Begeisterung für den Job/die Kinder. Die Ausbildung kann man eben notfalls auch nach und nach ergänzen, deshalb kommt es für mich eben an zweiter Stelle. Aber wie gesagt: beides wichtig!

    Uh nein, da sind wir jetzt echt ganz weit auseinander. Das finde ich eine ganz gefährliche Einstellung, von "Begeisterung für die Kinder" lernen die keine Mathe und das ist immer noch die Kernaufgabe der Schulbildung. Ich werde nicht dafür bezahlt es mit meinen Jugendlichen lustig zu haben, auch wenn das noch so sehr in meinem Sinne ist, sondern zuallererst dafür ihnen die Fachinhalte meiner Unterrichtsfächer beizubringen. Dafür braucht es eine professionelle Ausbildung der Lehrpersonen. Im Bereich Sek II stehen wir da in der Schweiz sehr gut da, im Bereich Primar und Sek I eher nicht.

Werbung