Warum haben Lehrkräfte kein Büro?

  • Das ist schön. Und auch nett von Deiner Schule. Rechne Dir aus, wieviel Gehaltseinbußen Du tatsächlich hättest und überlege, ob das dienstlebenslang 24-Stunden-Dienste auf Klassenfahrten aufwiegt. Hast Du ein Kind mit besonderen Bedürfnissen, ist das sicher ein Vorteil. Für Kinder, die diese nicht haben, wäre das für mich kein Grund, dass Klassenfahrten nicht ordentlich bezahlt und mit Personal ausgestattet werden.

    Dir ist schon klar, dass es, sobald die 10 zulässigen "Kindkrank-Tage" im Jahr überschritten werden, für Angestellte regulär kein Gehalt mehr gibt?


    Insofern finde ich nicht, dass es sich um eine belanglose Kleinigkeit handelt, wenn der Arbeitgeber an dieser Stelle nicht so genau hinschaut.

  • Dir ist schon klar, dass es, sobald die 10 zulässigen "Kindkrank-Tage" im Jahr überschritten werden, für Angestellte regulär kein Gehalt mehr gibt?

    Ja, ist mir. Deswegen hatte ich auch ein Backup in Form einer Betreuung auch mit krankem Kind. Ich musste daher das nie in Kauf nehmen.

    Ich sehe jedoch nicht, dass ein Entgegenkommen bei kranken Kinder für einen begrenzten Zeitraum (die schlimme Phase ist ja in der Regel die erste KiTa-Zeit) den Arbeitgeber berechtigt, mich mit unzureichenden Arbeitsbedingungen zu belasten.

    Solche Situationen wie Wolfgang Autenrieth oben schildert können auch böse ausgehen und schon stehe ich vor Gericht und werde zusätzlich meines Lebens nicht mehr froh. Nein danke. Da nehme ich lieber in Kauf, dass ich mal ein paar Tage meines Arbeitslebens nicht bezahlt werde. Es gibt Leute, die schließen eine Zahnzusatzversicherung ab, fahren aber alleine mit Minderjährigen auf Klassenfahrt.


    Ist für mich aber auch völlig ok, wie Du das siehst. Du arbeitest an einer Privatschule und kannst damit aktiv entscheiden, ob Du das in Kauf nehmen willst. Ich würd es nicht machen und bin daher dringend für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen an öffentlich-rechtlichen Schulen. Es ist nicht hilfreich, dass so viele den Kram mitmachen und sich nicht gegen diese Zustände auflehnen.

  • Meiner Meinung nach hätte ich meinen Beruf verfehlt, wenn ich nicht in einer Ausnahmesituation wie einer Klassenfahrt auch bereit wäre, meinen Anspruch auf formal geregelte Arbeitszeit hintenan zu stellen.

    Ich stelle nichts hinten, dass auch nur ansatzweise mit meinem Leben und meiner Gesundheit zu tun hat. Das wäre unprofessional. Ich hätte jeden Beruf verfehlt.


    In den NRW-Vorschriften finde ich weder etwas von Teambuilding auf Klassenfahrten noch davon, dass ich mit den Schülerinnen ein Team builden soll.


    Wäre letzteres aber gewünscht, wäre ich zusammen mit den Schülerinnen Teilnehmerin bei der entsprechenden Maßnahme und nicht gleichzeitig

    Anleiterinnen. So handhaben wir das auch auf Teambuilding-Maßnahmen an unserer Schule. Das sind häufig Tagesprogramme und alle sind rechtzeitig zu Hause.

  • Klassenfahrten halte ich in ihrer Wirkung für völlig überschätzt.

    Was soll den die „Wirkung“ überhaupt sein. Das müsste man ja mal klar formulieren, um es verifizieren zu können. „Tragen zum Teambuilding“ bei halte ich eher für Blabla, als ein objektivierbares Kriterium.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Was soll den die „Wirkung“ überhaupt sein. Das müsste man ja mal klar formulieren, um es verifizieren zu können. „Tragen zum Teambuilding“ bei halte ich eher für Blabla, als ein objektivierbares Kriterium.

    Es geht meiner Meinung nicht darum, als Lehrer mit meinen SuS ein Team zu bilden. Sondern dass die SuS abseits des vertrauten Alltags lernen, sich als Gemeinschaft erfahren.


    Als Lehrer bin ich nicht Teil dieser Gemeinschaft, sondern der "Seminarleiter", die "Führungskraft", oder was auch immer hier der passende Begriff ist.


    Wenn ich meine Gesundheit durch ein paar Tage Klassenfahrt mit limitiertem Schlafbudget ernstlich gefährdet sehen würde, würde ich mir Gedanken machen, was in meinem Leben falsch läuft.

  • Und wozu ist das gut? Ernsthafte Frage.

    Wir stellen fest, dass die Ergebnisse der Abschlussprüfungen (zentral, bundesweit einheitlich) in diesen Jahrgängen erheblich besser als der Durchschnitt sind.

    Scheint dem Dienstherrn aber egal zu sein, da er keine adäquaten angemessenen Bedingungen für mich ermöglicht. Dann eben nicht.

  • Es geht meiner Meinung nicht darum, als Lehrer mit meinen SuS ein Team zu bilden. Sondern dass die SuS abseits des vertrauten Alltags lernen, sich als Gemeinschaft erfahren.

    Das können sie aber auch ohne, dass ich 24 Stunden pro Tag im Dienst bin.

    Als Lehrer bin ich nicht Teil dieser Gemeinschaft, sondern der "Seminarleiter", die "Führungskraft", oder was auch immer hier der passende Begriff ist.

    Das mache ich gerne im Unterricht oder auch außerhalb. Tagsüber, zu regulären Arbeitszeiten.

    Wenn ich meine Gesundheit durch ein paar Tage Klassenfahrt mit limitiertem Schlafbudget ernstlich gefährdet sehen würde, würde ich mir Gedanken machen, was in meinem Leben falsch läuft.

    Ja, womöglich ist in meinem Leben etwas falsch gelaufen. Man nennt das eine Krankheit. Wenn man die hat, muss man sich um sich kümmern. Noch besser kümmert man sich vorher, um gesund zu bleiben. Dazu sollte man erkennen, welche Momente krank machen, zu einer Erkrankung beitragen, dem Heilungsprozess entgegenstehen oder schlicht nicht mehr gehen, wenn man gebissen.


    Man kann das abtun, weil man sich selbst nicht in der Gefahr sieht, betroffen zu sein. Das kann sich rächen. Das war mein Fehler auch.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Und wozu ist das gut? Ernsthafte Frage.

    Weil die Sus im besten Fall von solchen Erfahrungen ein Leben lang profitieren.


    Ich habe als Teenager zusammen mit 4 Mitschülern auf einer Klassenfahrt mitten in der Nacht ein Segelboot geklaut. Wir sind auf die Nordsee rausgesegelt, haben unterwegs gemerkt, dass wir uns trotz teilweise vorhandener Segelkenntnisse überschätzt haben, und es dennoch im Morgengrauen wieder sicher in den Hafen geschafft. Wir haben alles ordentlich hinterlassen und es gerade noch rechtzeitig ins Bett geschafft, um nicht aufzufallen.


    Vielleicht ein extremes Beispiel, aber so etwas erzeugt ein Zusammengehörigkeitsgefühl auf Lebenszeit. Grundsätzlich vielleicht die Erfahrung von Gruppendynamik, mit ihren positiven und negativen Seiten. Im Schulalltag ist das in dieser Form nicht möglich.

  • Ich bin nicht sicher, ob ausgerechnet Schule den Raum für jugendliche Grenzerfahrungen bieten und Lehrer dafür Verantwortung tragen müssen. Solchen Blödsinn haben wir im Freundeskreis privat am Wochenende gemacht. Mit selbstgewählten Mitstreitern, nicht der schulischen Zwangsgemeinschaft.

  • Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass sich auch der staatliche Schulbetrieb sich nach und nach noch mehr in diese Richtung bewegen wird. Für beidseits berufstätige Eltern ist eine qualifizierte Ferienbetreuung der Kinder zwingend

    Das kann ich mir echt nicht vorstellen, besonders weil der private Sektor sich von festen Zeiten wegbewegt.

    Mein Senf als Privatschullehrer dazu: Wir haben reguläre Büroarbeitsplätze in der Schule. UND eine grundsätzliche Präsenzpflicht für die komplette vertraglich vereinbarte Arbeitszeit (- Ausnahmen sind in Abstimmung möglich). Der Schulbetrieb läuft bis auf 3 Wochen Schließzeit - je 1-2 Wochen zu Weihnachten und im Sommer - faktisch ganzjährig

    Das tut mir wirklich leid, dass es ihr so einen Blödsinn mitmachen müsst.

  • Weil die Sus im besten Fall von solchen Erfahrungen ein Leben lang profitieren.

    In welcher Form profitieren sie denn? Und woher wissen wir denn, dass sie es tatsächlich tun?


    Wenn Klassenfahrten so wichtig wären, sollten entsprechend professionell mit genügend Personal und entsprechenden Ressourcen durchgeführt werden.


    Ach, ja. Was ist denn in anderen Fällen als dem „besten“?


    PS: Auf die Idee, meine Schülerinnen ein Segelboot klauen zu lassen, bin ich noch nicht gekommen. Viertel wäre das Erlebnis noch intensiver gewesen, wenn eine von euch über Bord gefallen und ertrunken wäre — auch für die drei anderen.


    Probiert das doch beim nächsten mal.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Ach, ja. Was ist denn in anderen Fällen als dem „besten“?

    Z.B. einfach eine langweilige Reise?


    Nicht jede Unterrichtsstunde gelingt. Und auch nicht jede Klassenfahrt wird der Brüller. Find ich jetzt nicht weiter schlimm. Man kann nicht alle glücklich machen oder um wertvolle Erfahrungen bereichern. Aber manche schon.

  • Ich stelle nichts hinten, dass auch nur ansatzweise mit meinem Leben und meiner Gesundheit zu tun hat. Das wäre unprofessional. Ich hätte jeden Beruf verfehlt

    Aber die leuchtenden Kinder- und Busfahrerinnenaugen auf der Klassenfahrt...

  • Solchen Blödsinn haben wir im Freundeskreis privat am Wochenende gemacht. Mit selbstgewählten Mitstreitern, nicht der schulischen Zwangsgemeinschaft.

    Wenn du das privat machst, ist das halt ein privater Spaß. Wenn du das im schulischen Kontext machst, profitierst du ein Leben lang davon.

  • Z.B. einfach eine langweilige Reise?


    Nicht jede Unterrichtsstunde gelingt. Und auch nicht jede Klassenfahrt wird der Brüller. Find ich jetzt nicht weiter schlimm. Man kann nicht alle glücklich machen oder um wertvolle Erfahrungen bereichern. Aber manche schon.

    Das klingt nicht danach, als wenn man sonderlich viel Mühe und Zeit in so etwas investieren sollte. Danke für die Ehrlichkeit.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Weil die Sus im besten Fall von solchen Erfahrungen ein Leben lang profitieren

    im Ausnahmefall.


    Du überschätzt Klassenfahrten bei weitem.

    Ich habe als Teenager zusammen mit 4 Mitschülern auf einer Klassenfahrt mitten in der Nacht ein Segelboot geklaut

    Und das geht nur auf Klassenfahrt?


    Ich fahre auch gerne auf Klassenfahrt und trinke Bier mit meiner Klasse.

  • Z.B. einfach eine langweilige Reise?


    Nicht jede Unterrichtsstunde gelingt. Und auch nicht jede Klassenfahrt wird der Brüller. Find ich jetzt nicht weiter schlimm. Man kann nicht alle glücklich machen oder um wertvolle Erfahrungen bereichern. Aber manche schon.

    Oder man lässt den Quatsch mit den Klassenfahrten einfach, wenn deren Durchführung nicht rechtskonform möglich ist.

    Gut in die Klassengemeinschaft integrierte Schüler haben so oder so auch privat Kontakt und erleben etwas zusammen. Für nicht gut integrierte Schüler oder solche, die sogar gemobbt werden, sind Klassenfahrten die Hölle.

    Fahrten und Ausflüge gibt es auch von anderen Einrichtungen, als der Schule. Die sind fürs Erleben deutlich besser geeignet (und oft auch günstiger), als Klassenfahrten.

  • Ich fahre auch gerne auf Klassenfahrt und trinke Bier mit meiner Klasse.

    Ich auch, aber ohne Bier. :prost: [Gruppendynamische Getränke gab's bisher nur gemeinsam mit den Kolleg*innen]

    Die unterschiedlichen Einschätzungen von Sinn und Zweck der Klassenfahrten haben ihre Ursache doch sicher auch in Schulform und Jahrgangangstufe.

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