Liebe Kolleginnen und Kollegen,
an unserer Brennpunkt-Gesamtschule in NRW wird manchmal von Seiten der Abteilungsleitung II und den zugehörigen Beratungslehrern so getan, als wären wir als Schule bzw. Klassenleitung letztverantwortlich dafür, dass wirklich jeder Schüler, jede Schülerin den Übergang Schule-Beruf organisiert hat. Mich stört das sehr.
Wir machen und tun und viele reißen sich ein Bein aus für die Schüler*innen: Alle Standardelemente von KAoA werden hörig durchexerziert, wir haben überdurchschnittlich umfangreiche Praktika und verwenden in einigen Klassen mehr als die in einer durchschnittlichen Stundentafel vorgesehen AL-Stunden fast ausschließlich für die Berufsorientierung; eine ganze Armada von Berufsberatern und Berufseinstiegsbegleitern ist jeden Tag bei uns im Haus für die SuS ansprechbar.
Aber: Viele SuS interessiert es einfach nicht, sie kümmern sich nicht um ihre Zukunft, nehmen keine Ratschläge, Appelle, Aufforderungen, dieses oder jenes zu unternehmen, an. Völlige Gleichgültigkeit.
Ich sehe mich (zunehmend) nicht (mehr) in der Letztverantwortung dafür, dass eine Anschluss-Option bei wirklich jedem nach Klasse 10 vorliegt. Ich kann und möchte niemanden zu seinem Glück zwingen. Und ich möchte vor allem nicht, dass der fehlende Wille bzw. das fehlende Verantwortungsbewusstsein der Schüler*innen und ihres Elternhauses (oft die dritte Generation Empfänger von staatlichen Transferleistungen) zu meinem Problem gemacht wird, indem ich mir den Kopf über die Zukunft dieser Kinder zerbreche und unverhältnismäßig viel Zeit in die Beschaffung von Praktikumsplätzen etc. investiere.
Versteht mich bitte nicht falsch: Die Willigen bekommen von mir jede Unterstützung, die sie brauchen - und diejenigen, die "sanften Druck" benötigen, ebenfalls. Aber an die völlig Desinteressierten, die chronischen Schwänzer, die Unbelehrbaren möchte ich zukünftig nicht mehr meine Kapazitäten binden.
Meine Frage: Bin ich über meinen eigenen moralischen Kompass und das, was man eben so als Klassenlehrer für das Wohl seiner Schützlinge tut, hinaus dazu verpflichtet, Anschluss-Optionen nach Klasse 10 zu organisieren? Welche rechtlichen Pflichten habe ich bzw. hat die Schule? Was passiert denn, wenn einer am Tag der Zeugnisübergabe eben nichts hat, ohne Anschluss da steht?
Schönen Dank und Gruß!