Umfrage: Gewicht der Mitarbeit in der Zeugnisnote

  • Wieso bewertest du Äußerungen laufend? Das ist weder erforderlich noch sinnvoll. Unterricht ist keine andauernde Prüfungssituation.

    Ganz einfach: Weil die Vorgaben in Niedersachsen die Benotung aufgrund der kontinuierlichen Beobachtung des Lernprozesses fordern.

  • kon·ti·nu·ier·lich

    /kɔntinuˈiːɐ̯lɪç,kontinuiérlich/

    Adjektiv

    BILDUNGSSPRACHLICH•FACHSPRACHE

    [ohne Veränderung, Bruch] fortdauernd, lückenlos

    Fortdauernd und lückenlos kann man zwar wie du so interpretieren, dass damit jede Sekunde des Unterrichts gemeint wäre, das ist meines Erschtens aber eine allzu wörtliche und zu enge Interpretation, die ich nicht gedeckt sehe durch die weiteren Vorgaben zu Schule, Unterricht, pädagogischem Handeln und Leistungsbewertung meines Bundeslandes und die auch sonst niemand in meinem Bundesland so eng auszulegen scheint, sonst hätte ich das im Ref wohl nicht anders gelernt.


    Eine fortdauernde Beurteilung der Leistungen beinhaltet dabei allerdings gerade nicht nur, wie von dir in anderen Beiträgen in den Vordergrund gestellt, die Bewertung von Ergebnissen, sondern betrachtet den Gesamtprozess und die Entwicklung im Schuljahresverlauf. Das kann die vermeintlich „dummen Fragen“ dann auch ins rechte Licht rücken, weil diese ein wichtiger Teil sind eines erfolgreichen Lernprozesses. Um diesen Lernprozess im Schuljahresverlauf kriteriengeleitet so fair und gerecht wie möglich zu beurteilen muss ich nicht jede einzelne Sekunde bewerten, es reicht, mir regelmäßig Notizen zu machen, die ich mehrmals im Schuljahr dann zu mündlichen Noten zusammenfasse (normalerweise mache ich vor jeden Ferien eine mündliche Note, die die Notizen der Schulwochen davor zusammenfasst).

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Ja, ich denke, so oder ähnlich machen wir es doch alle...


    Die Frage für das Lehrer-Schüler-Verhältnis ist doch aber, ob der Schüler zu 100% darauf vertrauen kann, dass er nur zu bestimmten Zeiten beurteilt wird. Bei einer Klausur ist die Sache jedenfalls klar, zumindest weitestgehend in MatNatInf, ich denke aber, dass mit der Etablierung von Erwartungshorizonten auch in den anderen Fächern der Bewertungsspielraum glücklicherweise sehr gering geworden ist.


    Wissen die Schüler denn überhaupt konkret, wann sie mündlich beurteilt werden und wann sie frei reden können, ohne mit einer negativen Bewertung rechnen zu müssen?


    Macht Ihr das jeweils vorher bekannt im Sinne von: "Jetzt kommt eine bewertete Phase"?

    • Offizieller Beitrag

    ich empfehle, die Schüler anhand der Kriterien. nach denen du bewertest, eine Selbsteinschätzung vornehmen zu lassen.
    Darüber kann man gut ins Gespräch kommen, und oft leigen Lehrkraft und Schüler gar niocht so weit auseinander. Für das Vetrauensverhältnis kann solch ein Vorgehen nur hilfreich sein.
    Wichtig ist, dass den Schülern transparent ist, wie sie bewertet werden, worum es also geht.
    "Dumme" Fragen kenne ich im Übrigen nicht, es sei denn, ein Schüler will provozieren.
    Selbst Fragen, die die Aufgabenstellung betreffen, können sehr sinnvoll sein.
    In den höheren Klassen fragt schon niemand mehr:"Frau Friesin, reichen 4 Zeilen?"

  • Wissen die Schüler denn überhaupt konkret, wann sie mündlich beurteilt werden und wann sie frei reden können, ohne mit einer negativen Bewertung rechnen zu müssen?

    Schüler können immer frei reden. Eine mündliche Prüfung ist etwas ganz anderes, als Mitarbeit im Unterricht oder die Beobachtung des Lernprozesses. Niemand wird dafür bestraft, wenn er/sie etwas nicht weiß, eine "dumme" Frage stellt, einen Witz macht oder was auch immer. Die "dummen" Fragen sind meistens gar nicht so dumm, wie die Schüler vielleicht denken. Wenn man sich ein bisschen Mühe gibt und eine gute Beziehung zu seinen Schülern hat, wissen die das auch.

    Macht Ihr das jeweils vorher bekannt im Sinne von: "Jetzt kommt eine bewertete Phase"?

    Natürlich wissen die Schüler, wenn sie benotet werden. Mitarbeit im Unterricht und dad Beobachten des Lernprozesses ist nicht dasselbe, wie eine mündliche Prüfung.

  • Eine mündliche Prüfung ist etwas ganz anderes, als Mitarbeit im Unterricht oder die Beobachtung des Lernprozesses.

    Hier liegt vielleicht tatsächlich ein Missverständnis vor, dem ich in diesem Zusammenhang schon oft begegnet bin: Thema des Threads ist nicht die einzelne mündliche Prüfung wie z.B. im Abitur oder in einzelnen, v.a. sprachlichen, Fächern, die ggf. eine Klausur ersetzt. Also wo der Schüler einzeln im Gespräch mit Lehrer, (ggf. im Abi noch Beisitzer, Protokollant etc.) Prüfungsfragen bearbeitet, (in Fremsprache) kommuniziert o.ä. Da ist natürlich völlig klar, dass das eine Prüfungssituation ist.

    Hier ist die Rede davon, dass die Schüler während des Lernprozesses in einer normalen Unterrichtsstunde vom Lehrer beurteilt werden (können, sollen, müssen, je nach ministerieller Vorgabe)!

    Und da ist die aktuelle Frage, ob das kontinuierlich geschieht oder nur in Phasen. Wenn letzteres, woher die Schüler wissen, dass gerade eine Beurteilungsphase (für sie?) besteht.

  • Davon redet Schmidt doch: für die Beurteilung der Fachleistungen im Rahmen der Unterrichtsbeobachtung spielt es kaum eine Rolle, wenn mal Fragen nicht korrekt beantwortet werden können oder gezielte Verständnisfragen gestellt werden. Die hierauf gerichteten Kriterien sind i.d.R. sogar mit einer positiven Rückkopplung formuliert. Es zeichnet Schüler ja durchaus aus, zum Beispiel bei neuen Problemstellungen nach kleinen Hilfestellungen selbständig zur Lösung zu kommen. Daher muss sich davor auch niemand scheuen nachzufragen (und tut dies auch nicht). Das sieht wiederum in dedizierten (mündlichen) Prüfungssituationen durchaus anders aus. Hier kann die Nichtbeantwortung der beabsichtigten Prüfungsfragen durchaus deutlich negativ ausgelegt werden.

  • Mein Bauchgefühl sagt mir, dass keine gerechteren Noten dabei herauskämen, wenn ich endlose Tabellen führen und irgendwelche künstlichen Mittelwerte berechnen würde. Ich bin nicht immer sicher mit meinen Noten, aber es gibt halt auch nur 6 und da sind die SuS meist doch recht schnell einsortiert. Ich kann niemandem eine 2 geben, der keine Ahnung hat, und eine 1 ergibt sich rasch, wenn jemand stetig gut mitarbeitet, schlaue Fragen stellt (die beweisen, dass er/sie gerade gedanklich bei der Sache ist und sie durchschaut), mit den Aufgaben rasch und gut fertig wird etc. Im Dreier/Viererbereich gibt es immer Ermessen und bestimmt auch mal eine falsche Einschätzung, aber auf lange Sicht kennt man seine Leute doch und weiß, wo sie stehen. Und dann ist der Vergleich mit dem Arzt ganz passend, der aufgrund von erlerntem Bauchgefühl handelt (nicht die finale Diagnose stellt, aber sich eben auf den Weg macht mit Untersuchungen etc.).


    Bauchgefühl heißt nicht "Lust und Laune", sondern "die Erfahrung sagt es mir". Man kann sich irren. Ich fürchte, das lässt sich auch nicht vermeiden.

  • Hä, jetzt bin ich verwirrt.

    Ich unterrichte u. a. Kunst. Da bekommen die SuS Aufträge und Kriterienraster anhand derer ihre Produkte bewertet werden, je nachdem müssen sie auch Dokumentationen schreiben oder man kann auch mal einen Vortrag einbauen. Mündliche Mitarbeit bewerte ich da gar nicht und Verhaltensnoten sind bei uns streng verboten. Aber natürlich müssen sie im Unterricht mitarbeiten, sonst haben sie am Ende nichts zum abgeben und dann gibts logischerweise eine 1.

    In Sport gibts durchaus Prüfungen, halt einfach keine schriftlichen und in Musik gibts durchaus auch mal Theorieprüfungen (Tonleitern beschriften o. Ä.) läuft das alles unter Mitarbeit?

    In Kunst steht auch Kunstgeschichte im Bildungsplan, ebenso wie in Musik verschiedene Musikstile und Epochen zu behandeln sind.
    An Realschulen mag das anders sein. Bei der Schulfremdenprüfung für den Hauptschulabschluss hatte ich mal ein nettes Erlebnis mit einem Realschüler Klasse 10, der noch auf die Schnelle den Hauptschulabschluss erwerben wollte, damit er nicht ohne Abschluss dasteht.
    Als ergänzendes Fach hatte er Musik gewählt, als Spezialthema "Jazz". Was hatte ich mich gefreut.

    Prüfung. Schüler setzt sich. "Sie haben sich ein schönes Thema ausgesucht. Da bin ich gespannt. Können Sie uns etwas über Jazz-musik erzählen und vielleicht einige Musiker nennen, die Jazzmusik machen?"
    Schüler zückt sein Handy. Drückt auf Play. Es ertönt Glenn Miller. "Das ist Jazz." (Fein, denke ich. Hat er sich über 4 Minuten der Prüfungszeit gerettet. Miller spielt zwar Swing, zählt jedoch im weitesten Sinn auch zum Jazz) "Und wer spielt das?" "Ein paar Musiker mit Trompeten." "Können Sie uns noch andere Jazzmusiker nennen und etwas zum Glenn Miller Orchestra (so heißt die 'Band') erzählen?" "Nö. Das reicht doch." "Nicht ganz. Eine Frage: Was sind Trompeten?" "Blasinstrumente." Kennen Sie andere Blasinstrumente?" "Flöte." (Immerhin) Wann wurde diese Musik gespielt?" "So um 1800 herum". Er bekommt noch ein Notenblatt vorgelegt und soll einige Notenwerte und einen Notenschlüssel eintragen. 2 Von 8 trifft er leidlich. Die Prüfer einigen sich darauf, dass er Mängel hat, die sich eventuell beheben lassen und erteilen die passende Note. Sauer geht er von dannen. Das Niveau der Hauptschule hatte er sich wohl anders vorgestellt.

    «Wissen – das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn man es teilt.» (Marie von Ebner-Eschenbach)
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    • Offizieller Beitrag

    Sehr richtig. Selbsteinschätzung riecht nach Unsicherheit…das Rudel wittert sowas.

    ´Selbsteinschätzung heißt doch nicht, dass ich als Lehrer keine Einschätzung der Schüler vornehmen würde

    und schon gar nicht,

    dass über die Noten gehandelt wird.

    Die allermeisten Schüler schätzen sich erfahrungsgemäß übrigens korrekt ein bzw. als schwächer ein als der Lehrer es macht.

    "Handeln" über Noten wollte noch nie jemand.
    Ich habe keine Angst vor der Selbsteinschätzung der Schüler-

  • Die allermeisten Schüler schätzen sich erfahrungsgemäß übrigens korrekt ein bzw. als schwächer ein als der Lehrer es macht.

    Es gibt schon ein paar (wenige), die was anderes meinen als ich. Das ist aber für mich kein Grund für Präventivmassnahmen. Ich muss nicht allen das Leben schwer machen nur weil 2 Hanseln meinen, sie wären die Grössten. Das gehört ja zum Erziehungsauftrag denen beizubringen, dass sie vielleicht doch nicht ganz so grossartig sind.

  • ...Die allermeisten Schüler schätzen sich erfahrungsgemäß übrigens korrekt ein bzw. als schwächer ein als der Lehrer es macht...

    Und selbst wenn sie es noch nicht können, nichts hilft doch mehr dabei das zu lernen, als es zu tun. Jüngere SuS denken ja noch, die Note spiegelt die Zuneigung der Lehrkraft wider. Je genauer man es schafft, ihnen zu erläutern, wie Noten entstehen, desto besser können sie sich auf Leistungsbewertung auch vorbereiten.


    An der Förderschule höre ich oft genug ein "danke Frau Q!!!" Wenn die Kids eine gute Note bekommen. Entsprechend sind sie auf mich sauer, wenn es eine 4 ist. Das ist doch traurig.

  • Jüngere SuS denken ja noch, die Note spiegelt die Zuneigung der Lehrkraft wider.

    Auch "grosse Kinder" entschuldigen sich hin und wieder für schlechte Noten. "Es tut mir leid Frau S., es hat nicht an Ihnen gelegen." <3

  • Auch "grosse Kinder" entschuldigen sich hin und wieder für schlechte Noten. "Es tut mir leid Frau S., es hat nicht an Ihnen gelegen." <3

    Diese SuS haben dann die Bewertungskriterien offenbar verstanden und sind in der Lage, sich selbst einzuschätzen. Die Angst von Dr. Caligiari, was passiert, wenn man Jugendliche ihr Lernverhalten selbst einschätzen lässt, kann ich jedenfalls nicht nachvollziehen.

  • Die Angst von Dr. Caligiari, was passiert, wenn man Jugendliche ihr Lernverhalten selbst einschätzen lässt, kann ich jedenfalls nicht nachvollziehen

    Das gilt für viele Ängste dieses Users.

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