Da es eben Pseudo-Praxisbezug ist, ist das meiner Meinung nach schon ein Drama. Entweder echten Praxisbezug oder keinen.
Pisa aktuell
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Für mich wäre alles in Ordnung, wenn man in der Aufgabe nach dem Abstand der Bahnen, nicht nach dem der Planeten gefragt hätte, ich hätte dann sogar in Teil b noch nach dem größten und kleinsten möglichen Abstand der Planeten gefragt (wenn man Teil a vorher bearbeitet hat ist das auch nicht so schwer). Dann hätte ich sie gar nicht schlecht gefunden und für mich ist das auch kein "Pseudo-Realitätsbezug" weil es ein durchaus reales geometrisches Problem mit einer prinzipiell interessanten Fragestellung ist.
Das einzige Problem ist für mich der inhaltliche Fehler und der hätte in der Tat auffallen müssen und lässt bei mir ein leichtes Fragezeichen hinsichtlich der Prozesse bei der Testentwicklung entstehen.
(In Klasse 5 stelle ich tatsächlich eine einfache Version des Problems - mögliche Abstände bei drei gegebenen parallelen Geraden - regelmäßig als Transferaufgabe in Klassenarbeiten.)
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Mathematik ist die Kunst zu abstrahieren. Ob es sich nun um Planeten, um Erbsen auf einer Wiese oder um den Abstand von KfZ auf der Autobahn handelt, ist unerheblich. Was zählt, sind die Zahlen. Dann ist die Aufgabe eindeutig lösbar. So what?
Das ganze Geschichtenbrimborium drumrum ist was für Geologen (die per definitionem dafür jedoch nicht zuständig sind), Physiker oder Theologen.
Mathematiker interessiert das nicht. Die rechnen dir auch die siebte Wurzel von Pi auf 250 Millionen Nachkommastellen aus - ob das nun sinnvoll ist oder nicht - und geben dir dann einen Näherungswert für das Ergebnis an. -
Mathematik ist die Kunst zu abstrahieren.
Das ist ja grundsätzlich richtig, darf aber nicht dazu führen, dass die SuS ohne Rücksicht auf Verluste Zahlen aus der Aufgabe fischen um sie irgendwie miteinander zu verknüpfen. Wir hatten hier ja schon einmal eine Diskussion, in der es um Einheiten ging.
Ich erlebe so häufig, dass SuS zwar erklären können, welche Vorgänge sich abspielen, beim Berechnen aber nur Ziffern in den Taschenrechner tippen, dabei Dezimalvorsätze und Zehnerpotenzen außer acht lassen, auf „=“ drücken, ein Ergebnis hinschreiben und mit irgendeiner Einheit (am besten noch in eckigen Klammern) versehen. Und dann kreist das Elektron halt mit 10-27 m/s um den Kern und das Gitter hat einen Spaltabstand von 108 m
Und so ein Verhalten wird durch solche Aufgaben eben trainiert.
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Natürlich handelt es sich um einen mathematisch relevanten Inhalt, von dem ausgehend man interessante und mathematisch sinnvolle Fragestellungen ableiten kann.
"Probleme" entstehen meiner Erfahrung nach immer dann, wenn man umgekehrt denkt, also ausgeht von der Überlegung "Ich möchte eine Aufgabe über Differenzen von Stufen von Objekten, die auf einer Skala angeordnet sind stellen." und dann die Einkleidung nachträglich drum rum bastelt.
Leider ist diese Denkrichtung vorherrschend, insbesondere wenn es um zentrale Prüfungen geht. Im Zentralabitur gibt es regelmäßig wesentlich schlimmere Beispiele für eine völlig unsinnige Einkleidung der Art "Der Verlauf der Hauswand entspricht dem Graph folgender Funktion, bestimmen Sie die Stelle, bei der die Mauer am steilsten ist."
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Ja ... Aber genau das ist das zentrale Problem des Mathematikunterrichts der gesamten Mittelstufe. Ich bin keine Mathematikerin, was du schilderst ist schon gar nicht meine Denkweise. Wenn ich in der Chemie mal irgendwas "kompliziertes" rechne, dann sind es quadratische Gleichungen zum Stoffumsatz bei Gleichgewichtsreaktionen. Ich wähle die Zahlen *immer* so, dass sie auch realistisch sind, sonst können wir's gleich bleiben lassen. Wenn es nur um die quadratischen Gleichungen gehen soll, dann geht es um Mathe und dann ist es nicht mehr mein Problem. In der Chemie muss ich am Ende entscheiden, welche von zwei Lösungen, die eine quadratische Gleichung nun mal hat, chemisch überhaupt sinnvoll ist. Wenn ich diese Überlegung nicht mache, ist die Aufgabe für'n Arsch.
Wenn ich möchte, dass zu Beginn eines neuen Themas geübt wird, mit Zahlen aus einem Tabellenwerk z. B. umzugehen, dann kommuniziere ich das auch exakt so. Dann machen wir 5 Aufgaben nach immer dem gleichen Schema mit dem einzigen Sinn und Zweck "finde die relevanten pKS-Werte in der Säure-Base-Reihe", z. B. Erst wenn wir das können, können wir auch eine komplexe Kontextaufgabe lösen und der Kontext ist dann auch real und nicht erfunden. Im Idealfall haben wir ganz zu Beginn des Themas exemplarisch eine der Zahlen aus irgendeinem Experiment geholt, dann hat sie gleich auch eine Bedeutung.
Gerade in der Mathematik herrscht seit Jahren schon die Annahme, man müsse mit 13jährigen die Statik des Eiffel-Turms durchrechnen um sie für Mathe zu "begeistern". Daraus resultieren dann irgendwelche vollkommen surrealen Schätz- und Spür-Spielchen anstatt denen gottverdammt einfach "nur" das Bruchrechnen beizubringen. Und dann liest man hier von Leuten, die sonst selbst Team "Mathe muss man fühlen und spüren" sind, es sei ja wohl offensichtlich, dass die Aufgabe Bullshit ist und es ginge nur darum, Zahlen aus einer Tabelle abzulesen. Ja, genau dafür braucht man die Fühlerei und Spürerei in der Mathe eben gerade nicht.
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... "Mathe muss man fühlen und spüren"
Das Sonderbare ist, dass das noch nie jemand geschrieben hat. Du verstehst offenbar nicht, dass Grundschulmathematik im Wesentlichen den Zweck hat, Kindern das Stellenwertsystem, Größenvorstellungen, Daten darstellen und Grundlagen des Modellierens und Argumentierens zu vermitteln. Es gibt verschiedene Anschauungsmittel und Methoden, die Kinder dieses Verstehen lehren sollen, um sie vom zählenden Rechnen wegzubringen. Das ist genau das Gegenteil vom "irgendwie Fühlen". Du denkst, man muss den Kindern nur zeigen, wie etwas geht und sie müssen es nachahmen, egal ob sie es verstehen. So ist das aber nicht, es gibt Professuren für Didaktik der Grundschulmathematik, die sich genau damit beschäftigen, mit der Vermittlung der Grundschulmathe. Das kann man natürlich belächeln, oder, ganz verrückt, man gibt tatsächlich mal zu, wenn man von was keine Ahnung hat und das auch nicht ändern möchte.
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Antimon spricht doch gar nicht von der Grundschule. Sie schreibt von 13-jährigen und Bruchrechnen, also von Sek I.
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Es geht nicht um Grundschulmathematik, die ist überhaupt nicht das Problem. Meine Jugendlichen können in der Regel das, was sie in der Primar gelernt haben, sehr gut. Offensichtlich werden da Algorithmen noch eingeschliffen, danach dann fängt die Spürerei mit dem Eiffelturm an. Die Ts und Dreiecke, die sie malen (aka "Methode zum Dreisatzrechnen") kommen aus der Mittelstufe. PISA findet in der 9. Klasse statt, das ist sehr viel näher an meiner Baustelle als an deiner und ziemlich weit weg von der Primar.
Das "Sonderbare" ist übrigens, dass du nur liest, was dir gerade in den Kram passt respektive alles andere ignorierst bzw schnell wieder vergisst. Es war explizit Schmidt , der vor nicht allzu langer Zeit fand, man müsse in der Mathe mehr "schätzen und ein Gefühl für Zahlen entwickeln". Und jetzt ist plötzlich offensichtlich, dass es nur darum geht, stumpfsinnig Zahlen aus einer Tabelle abzulesen? Wo bleibt denn da das "Gefühl"?!
Du denkst, man muss den Kindern nur zeigen, wie etwas geht und sie müssen es nachahmen, egal ob sie es verstehen
Das kannst du dir noch 100 x zusammen phantasieren, ich habe das noch nicht ein einziges Mal geschrieben. Die besagte PISA-Aufgabe ist übrigens das Gegenteil von "Verständnis fördern". Sie erwartet, dass ein offensichtlicher Fehler in der Aufgabenstellung stumpfsinnig ignoriert wird. Hast du den Fehler denn selber gesehen?
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Bruchrechnung ist in 5/6 und selbstverständlich ist es ein ganz wesentlicher Teil einfach erst mal die Regeln zu trainieren.
Natürlich finden Mathelehrer es grundsätzlich interessant, Fragestellungen aufzugreifen, die sich aus einem Realbezug ergeben, aber das zwanghafte "Arbeiten in völlig gekünstelte Einkleidungen" kommt nicht von den Lehrkräften sondern "von oben", also aus dem Fortbildungsbetrieb, der Kompetenzorientierung, zentralen Vergleichsarbeiten, etc.
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Wer ist denn dieses mysteriöse "oben"? Am Ende vielleicht die hoch gelobten Mathe-Didaktiker*innen, die ja ach so viel Ahnung haben? Und wer macht denn die Prüfungsvorschläge fürs Abi z. B.? Nee, ich glaube nicht, dass das ausschliesslich die Schuld derer da "oben" ist. Ich weiss, woher unsere Lehrpläne für die Mittelstufe kommen. Natürlich sind daran Lehrpersonen beteiligt, die sich ein Denkmal setzen wollen.
5./6. Klasse ist bei uns nota bene Primarschule und die Lehrpläne sind nicht die gleichen, wie bei euch. In der Oberstufe kommt z. B. auch Differentialrechnung deutlich später als in Deutschland.
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Natürlich sind daran Lehrpersonen beteiligt, die sich ein Denkmal setzen wollen.
Es sind Lehrkräfte beteiligt, die berufliche Ziele haben und in einem System arbeiten, auf das sie nur sehr begrenzt Einfluss haben.
Wer sich mit einer fachliche Komponente beruflich weiterentwickeln möchte, wird keinen Erfolg haben, wenn er dies mit der Kernaussage "Mein Ziel ist, dass die Lehnenden wieder mehr elementares Rechnen ohne Sachbezug üben" verfolgt. Ich persönlich könnte nicht Landesfachberater Mathematik werden, weil ich die Vorgaben für die Art und Weise, wie dieses Amt umgesetzt werden soll, nicht überzeugend vertreten könnte. Trotzdem kritisiere ich nicht grundsätzlich die Personen, die solche Ämter anstreben.
Fachdidaktiker aus dem universitären Bereich interessieren mich persönlich praktisch nicht und nach meiner Erfahrung ist deren Einfluss auch Schule auch sehr begrenzt.
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Wahrscheinlich ist das eine gesunde Sichtweise auf die Dinge. Ich muss zugeben, ich hatte schon eine Art hämischer Freude daran, dass an der FHNW der Verantwortliche für die berufspraktischen Studien Sek II kürzlich ersetzt wurde. Unsere Studis dürfen mit den SuS jetzt wieder mehr üben und müssen weniger reflektieren und spüren. Es war das erste Mal, dass jemand von denen bei uns im Konvent (da durfte die neue Person das neue Konzept vorstellen) Applaus bekommen hat.
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Ein grundsätzliches Zahlengefühl ist sinnvoll und sogar wichtig.
Hier reden wir insbesondere von Runden und Schätzen, aber auch die Orientierung in Zahlbereichen und dem Verständnis, was eine mathematische Operation mit Zahlen anstellt. Pseudoanwendungsbezüge sehe ich in der Tat kritisch, vor allem, wenn die dahinterstehende Mathematik noch nicht richtig verstanden wurde. Dennoch ist eine ganz wichtige Frage im Mathematikunterricht "Kann dieses Ergebnis überhaupt stimmen?".
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Antimon spricht doch gar nicht von der Grundschule. Sie schreibt von 13-jährigen und Bruchrechnen, also von Sek I.
Primarstufe geht teilweise bis Klasse 6 und Bruchrechnung ist in Klasse 5 schon dran. Außerdem hatten wir das Thema schon öfter, z.B. zu schriftlichen Rechenverfahren.
Bruchrechnung ist in 5/6 und selbstverständlich ist es ein ganz wesentlicher Teil einfach erst mal die Regeln zu trainieren.
Regeln trainieren natürlich, aber erst nachdem die Kinder verstanden haben, was Zähler und Nenner überhaupt bedeuten. Dazu muss man nicht am Ende eine Aufgabe an den Haaren herbeiziehen, in der Fritzchen einen 138cm langen Holzpflock zu 3/5 in die Erde rammt, weil Fritzchen so ein Problem nie haben wird. Aber irgendwie muss man halt rausfinden, ob ein Kind 3/5 von was bestimmen und im Idealfall hinterher noch überprüfen kann, ob das Ergebnis überhaupt realistisch ist. Es gibt ja einen Unterschied, ob man mit den SuS gerade was erarbeitet oder ob man was überprüft und wie man das jeweils tut.
Also ja, künstlicher Anwendungsbezug ist albern, aber den erwartet die Mathedidaktik m.E. auch gar nicht, das sind eher die Schulbuchverlage. Auf der anderen Seite würde mich interessieren, wie man Schulleistung bei tausenden Jugendlichen sonst messen soll, wenn man sich nicht Aufgaben ausdenkt, die innerhalb von 20 min mit Papier und Bleistift oder per Drag and Drop zu lösen sind. Fehlerfreie Aufgabenstellungen natürlich vorausgesetzt...
Aber wahrscheinlich kann man diese Überprüferei und Vergleicherei genauso gut auch ganz lassen, wenn man sowieso nicht weiß, was man eigentlich rausfinden will. Mir fällt jedenfalls keine handfeste Erkenntnis ein, die irgendwer aus PISA der letzten Jahre mitgenommen hätte.
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Die Ts und Dreiecke, die sie malen (aka "Methode zum Dreisatzrechnen") kommen aus der Mittelstufe.
Ich weiß nicht, was du damit meinst. Offenbar beziehst du dich aber auf etwas, das entweder schweizspezifisch oder eine Methode deiner Kolleg*innen ist. Habt ihr mal darüber gesprochen, was die damit eigentlich bezwecken wollen und ob es tatsächlich so effektiv ist, wie gedacht?
Es war explizit Schmidt , der vor nicht allzu langer Zeit fand, man müsse in der Mathe mehr "schätzen und ein Gefühl für Zahlen entwickeln". Und jetzt ist plötzlich offensichtlich, dass es nur darum geht, stumpfsinnig Zahlen aus einer Tabelle abzulesen? Wo bleibt denn da das "Gefühl"?!
Dann sprich doch einfach Schmidt an und frage ihn, was er genau meint(e). Dann müsste niemand spekulieren, wen oder was genau du meinst und es ginge mal ohne persönlichen Angriff.
Und was die Testfrage ermitteln will, ist ja auch eine eigene Frage. Zunächst ging es darum, ob die Aufgabenstellung überhaupt eindeutig und korrekt gestellt ist. Welchen diagnostischen Wert sie hat, muss man extra bewerten, in diesem Falle sollte doch wahrscheinlich genau das passieren, was Schmidt schrieb, Zahlen entnehmen und Differenz ermitteln, oder nicht? Was übrigens ein Viertklässler theoretisch könnte...
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Welchen diagnostischen Wert sie hat, muss man extra bewerten, in diesem Falle sollte doch wahrscheinlich genau das passieren, was Schmidt schrieb, Zahlen entnehmen und Differenz ermitteln, oder nicht? Was übrigens ein Viertklässler theoretisch könnte...
In dem Augenblick, in dem man die Fragestellung ernst nimmt und versucht, sich die Situation zu verbildlichen, ist man bei einer anderen, wesentlich komplexeren Aufgabenstellung als vom Autor beabsichtigt.
Mich wundert schon sehr, dass hier eine eine Diskussion darüber nötig ist, ob so etwas passieren darf. Bei einen globalen Test sind solche Schlampereien ein No-Go.
Wir wollen doch gerade, dass die SuS lernen, erst nachzudenken, versuchen eine Fragestellung inhaltlich zu erfassen, bevor sie wild irgendwas rechnen. Nur dann ist auch möglich, die Plausibilität des erzielten Ergebnisses zu bewerten. Wenn wir ungenaue Formulierungen akzeptieren, wie sollen die SuS denn bitte erkennen, ob eine Frage tatsächlich so gemeint ist, wie sie gestellt wurde, oder vielleicht doch irgendwie anders?
Wie hier bereits mehrfach dargelegt, wäre die Aufgabenstellung ganz leicht "heilbar", wenn nach den Bahnabständen gefragt werden würde.
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nd es ginge mal ohne persönlichen Angriff
Den kannst du auch einfach so stecken lassen.
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Also ja, künstlicher Anwendungsbezug ist albern, aber den erwartet die Mathedidaktik m.E. auch gar nicht, das sind eher die Schulbuchverlage
Die da oben, die Schulbuchverlage... Genau, es sind immer irgendwelche mysteriösen "anderen", die sich diesen Hasenpfurz ausdenken. "Der Verlag" erwartet überhaupt nichts. Für den arbeiten Autoren und Editoren, die eigentlich Ahnung von der Sache haben sollten. "Die da oben" werden durch Lehrpersonen repräsentiert, die "da oben" in diversen Gremien eben mitarbeiten. Es kam ganz sicher noch kein Politiker auf die Idee, den kleinen Hans irgendeinen Pflock zu 3/5 in die Wiese schlagen zu lassen. Die haben besseres zu tun als sich so einen Mist auszudenken.
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ich denke, ich weiß was damit gemeint ist. Es ist kein Schweizerding. Ts und Dreiecke lehren bei uns (ein paar) Physikkollegen, wenn Schüler Formeln nicht richtig umformen können.
Ich ärgere mich, weil viele Schüler dann meinen, alles so umstellen zu müssen und den Sinn nicht verstehen und auch nicht mehr verstehen wollen.
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