Bin ich geeignet für den Lehrerberuf?

  • Guten Tag liebes Lehramts-Forum,

    Ich befinde mich noch im Lehramtsstudium für die Schulart Mittelschule und mache gerade mein studienbegleitendes Praktikum. Gestern habe ich meine erste Unterrichtsstunde im Uni-Kontext (mit Besuch von Dozentin etc) gehalten. Vor ca 2 Jahren habe ich mein Orientierungspraktikum gemacht und zwei Unterrichtsstunden zum Ausprobieren gehalten, damals war der Lehrer in der Klasse sehr zufrieden mit mir, hat mich sehr gelobt und gemeint ich soll unbedingt Lehrerin werden. Damals bin ich auch sehr gut mit der Klasse zurecht gekommen.


    So enttäuschend war dann zwei Jahre später meine Unterrichtsstunde gestern. Sie war fachdidaktisch gut vorbereitet, aber es haperte an anderen Dingen. Ich muss noch anmerken, dass es mir die letzten Tage mental nicht gut ging und ich an diesen Tag auch nicht bestens gelaunt war. Und ich zusätzlich noch meine Periode hatte. Es wurde kritisiert, ich wäre im Auftreten zu streng, würde sehr wenig lächeln und das wirkte unsicher. Außerdem war ich auch wenig präsent. Und sprachlich habe ich die Stunde nicht so schon gestaltet z.B. beim Einstieg „Ich habe euch ein Bild mitgebracht“ klang nicht so schön. Dann wurde ich viel früher fertig als im Zeitplan geplant. Beim Einstieg habe ich die Emotionen der Schüler nicht geweckt und beim Vorstellen der Ergebnisse sollte ich lieber einfach so Schüler aufrufen als sie es freiwillig machen zu lassen. Eine kleine Methode die ich noch machen wollte, habe ich dann auch noch vergessen. Am Schluss der Stunde wurde es auch zunehmend unruhig in der Klasse, obwohl sie eigentlich sehr leise ist.

    Gelobt wurde der gut strukturierte Aufbau der Stunde und das gut gestaltete Arbeitsblatt.


    Dieses Feedback hat mich ziemlich fertig gemacht, da ich mich als Lehrerpersönlichkeit positiver wahrgenommen hatte. Aber ich war ziemlich nervös, weil eine Dozentin aus der Uni zugeschaut hat und ich generell bei solchen Bewertungssituationen mich unwohl fühle. Trotzdem zweifle ich, ob ich für den Beruf geeignet bin. Ich habe auf der einen Seite sehr extrovertierte Seiten und kein Problem auf Menschen zuzugehen und habe sehr große Freude dabei, aber eben auch Tage an denen ich introvertiert bin.


    Die Klasse in dem Praktikum finde ich auch ein wenig schwierig. Sie ist sehr ruhig und schüchtern und da tue ich mir schwer in Kontakt mit den Schülern zu treten. In Arbeitsphasen gehe ich herum und versuche Schülern zu helfen die eine Frage haben, was aber auch nicht oft gelingt. Der Grund ist, dass es keine reguläre Mittelschulklasse ist sondern eine M-Klasse mit einem höheren Niveau. Und da ich das Fach Mathe nicht in der Uni habe, kann ich ihnen bei Fragen dazu nicht helfen. Und dazu haben sie eben die meisten Fragen. Ich habe auch das Gefühl dass ich mich generell wenig traue, weil ich auch nicht genau weis welches Verhalten von der Praktikumslehrerin erwünscht ist z.B. Darf ich Schüler zurechtweisen? Kann ich mit einem Schüler einfach anfangen zu reden oder halte ich ihn von der Arbeit ab?

    In Zwei Wochen halte ich meine nächste Unterrichtsstunde und ich mache mir Sorgen, dass sie wieder nicht gut wird und die Schüler mich z.B. nicht mögen. Außerdem weis ich auch nicht ob ich generell für den Job geeignet bin.

  • Nur kurz: du hast positive und negative Kritik geerntet.


    Die positiven Dinge behältst du bei, an den negativen arbeitest du. Alles normal bis hierhin.

  • Nur kurz: du hast positive und negative Kritik geerntet.


    Die positiven Dinge behältst du bei, an den negativen arbeitest du. Alles normal bis hierhin.

    Ergänzend zu diesem wirklich wertvollen Hinweis, noch der Hinweis, dass du bislang gerade einmal zwei Stunden Unterricht vor zwei Jahren (!) gehalten hast Karina.nln . Mit anderen Worten du hast quasi null Erfahrung bei der Unterrichtsplanung, Unterrichtsdurchführung, null Routinen, die dir Sicherheit geben könnten, nichts, was du aus dem Ärmeln schütteln könntest spontan, wenn es besser oder schlechter läuft als geplant. Sei also nicht so streng mit dir und bezweifle nicht direkt deine Berufswahlentscheidung, sondern arbeite einfach kontinuierlich weiter an dir während dieses Praktikums. Wenn du unsicher bist, wie du dich während Hospitationen verhalten sollst, dann frag deine Mentorin im Praktikum einfach, was diese von dir erwartet. So bekommst du Klarheit, ob es in Ordnung für diese wäre, wenn du SuS zurechtweisen würdest.


    Pick dir für die nächste von dir gehaltene Stunde maximal zwei Punkte heraus aus der Kritik zur ersten Stunde, die du versuchst gezielt anzugehen und besser zu machen. Plan bewusst mit ein, was du machen musst, damit diese beiden Punkte besser laufen können. Wenn das dann rund läuft kannst du dir die nächsten beiden Kritikpunkte vornehmen, wenn nicht, schaust du eben, warum es nicht geklappt hat, lernst dazu und versuchst es beim nächsten Mal auf einem anderen Weg besser zu machen. Wenn du unsicher bist, welche zwei Punkte du herausnehmen sollst, dann besprich das ebenfalls mit deiner Mentorin. So erfährt diese auch, wie du mit der erhaltenen Kritik konstruktiv umgehen möchtest, was ein Pluspunkt ist für dich.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

    Einmal editiert, zuletzt von CDL () aus folgendem Grund: Autofillpanne

Werbung