Umgang mit Förderschulkollegen an der Schule

  • Wenn Ichbindannmalweg von einer hohen Wahrscheinlichkeit für eine ASS spricht, sind sie doch vermutlich bereits im Diagnostik-Prozess. Warum man diesen erst ein Jahr vor der Einschulung starten sollte, erschließt sich mir nicht. ASS kann theoretisch ab 18 Monaten diagnostiziert werden.


    In der Theorie! In der Praxis sieht das anders aus. Die Diagnose ist offenbar teurer und wird sehr zurückhaltend vergeben. Wir mussten uns sogar anhören, dass es sich ja wohl um eine Modediagnose handelt, die alle Eltern gerne hätten !?! Heißt dann: jährliche Wiedervorstellung ohne Anspruch auf spezifische Förderung… bzw. Einholen von Zweitmeinung. Und wie immer: warten.

  • Wenn Ichbindannmalweg von einer hohen Wahrscheinlichkeit für eine ASS spricht, sind sie doch vermutlich bereits im Diagnostik-Prozess. Warum man diesen erst ein Jahr vor der Einschulung starten sollte, erschließt sich mir nicht. ASS kann theoretisch ab 18 Monaten diagnostiziert werden.

    Es geht ja aus dem ersten Post nicht hervor, wie alt das Kind ist, KiGa ist 3-6 Jahre.

    Ich würde die Diagnostik spätestens ein Jahr vorab angehen, offenbar ist diese Familie schon weiter.

  • Ichbindannmalweg

    Meine Perspektive ist eine andere: Ich kann so gut wie gar nicht auf andere Tätigkeiten verweisen, die GS-LuL auch haben,

    mögliche FöS sind bei uns offiziell nicht vorhanden (außer GE), es gibt wenige private Plätze und ansonsten ein Recht auf Inklusion.

    Die Kinder bleiben also in der Regelschule und ich muss mich damit auseinandersetzen, weil es der Alltag ist und man gemeinsam zu einer Lösung kommen muss und will, die für alle Beteiligten trotz allen Mangels eine möglichst gute Beschulung bietet.


    Das ist oft unabhängig von Diagnostik, die für eine I-Hilfe notwendig ist, ein sonderpädagogische Gutachten wird schulischerseits im Jahr vor der Einschulung erstellt, wenn frühzeitig genug bekannt ist, dass man es braucht. Ist das Kind bereits eingeschult, gelten vorgegebene Termine und Regeln, an die man sich halten muss. Bis auf weiteres (das können auch 3 Jahre sein) verbleibt das Kind in der Regelklasse.

  • Ich unterrichte an einem Gymnasium und auch wir kämpfen inzwischen mit Klassen, in denen über 30 Kinder sitzen, davon mehrere Geflüchtete (teils Analphabeten), die uns zugewiesen werden, mehrere Kinder mit individuellem Förderbedarf, in der Unter- und Mittelstufe zahlreiche deutlich Verhaltensauffällige


    Ich weiß nicht, aus welchem Bundesland du bist, aber zumindest für NRW kann ich mir das nicht vorstellen, da die Gymnasien nach der Erprobungsstufe alles aussortieren, was nicht ansatzweise in deren Schema passt und Schüler mit Förderbedarf (abseits von KM o.ä.) sind auch eher eine Seltenheit.


    Wir als Gesamtschule haben übrigens aktuell soviel fest zugewiesene Förderschullehrer: 0

  • Für jeden Bildungsminister sollte es ein Pflichtpraktikum mindestens zwei Wochen in jeder Schulform sein… vor Amtsantritt! Davon zwei Wochen ganz alleine in der von Eugenia geschrieben Klassenkonstellation 😈

    Das wäre die Theorie..


    Die Praxis:

    Schulamtsdirektor kommt …


    Alle Flure sollen vorher schön aufgeräumt werden, Bilder an die Flure.

    Normal hätten wir wegen Personalmangel aufteilen müssen … Haben wir dann mit Ikräften optisch geschönt …


    Damit es doch gut aussieht … 😎

  • Ich hab keine Lust mehr, mich hier zu rechtfertigen und aufzuzählen, was Förderschulkolleg*innen bei uns leisten, oder was in der Inklusion schief läuft.

    Ich verstehe auch ein Stück weit die FöS-Kolleginnen,

    Das bezweifle ich. Daher ein Vorschlag: du redest mal mit deinen Kolleginnen, wie ihr Alltag wirklich aussieht. Und dann übernimmst du eine Woche lang ihre Tätigkeiten und sie deine. Das Gras auf der anderen Seite ist nämlich nur solange grüner, bis man drüben war.

  • Da hilft nur eines: Zeiterfassung der Arbeitszeit für alle. So ist das wie mit den verschiedenen Fächern in den Kollegien: jeder denkt, er habe die meiste Arbeit….


    Wie hieß noch gleich dieser Spruch? Arbeit ist der bestverteilte Gegenstand … jeder glaubt er habe genug davon.

  • Ich hab keine Lust mehr, mich hier zu rechtfertigen

    Will das hier überhaupt jemand, warum so beleidigt? Alle gewinnen ihre subjektiven Eindrücke während ihrer (jahrelangen) Arbeit, da muss sich niemand persönlich angegriffen fühlen. Ich habe auch schon hervorragende Kolleginnen im Team gehabt, die als Sonderpädagoginnen eine ausgewogene Balance von "work" und "life" hinbekommen haben.

  • Will das hier überhaupt jemand, warum so beleidigt? Alle gewinnen ihre subjektiven Eindrücke während ihrer (jahrelangen) Arbeit, da muss sich niemand persönlich angegriffen fühlen. Ich habe auch schon hervorragende Kolleginnen im Team gehabt, die als Sonderpädagoginnen eine ausgewogene Balance von "work" und "life" hinbekommen haben.

    Ich kann das irgendwie schon verstehen. Wir Förderschullehrer sind hier wie im echten Leben oft in der Minderheit. Wir wissen, was wir leisten, wissen auch, dass das was eigentlich nötig wäre nicht leistbar ist und bekommen den (berechtigten) Frust der Regelschullehrer noch oben drauf.

    Ich sitze manchmal auch mit im Unterricht und komme mir dabei vor, wie ein deutlich überbezahlter Praktikant. Das liegt oder lag aber auch an mangelnder Kommunikation. Was soll ich tun, wenn ich vorher keine Planung der Kollegen bekomme? Gemeinsame Planungszeit findet nicht statt. Ja, ich weiß, dass da kaum Zeit und Raum für ist. Trotzdem. So können wir Förderschullehrer kaum etwas tun und das ist auch für uns extrem (!) unbefriedigend und frustrierend. An meiner Schule habe ich es inzwischen geschafft, die Kommunikation mit den meisten Kollegen einzufordern. Es fängt an, sich einzuspielen. Aber ich investiere meine Energien auch nur noch in den Teams, in denen das funktioniert. Das sind leider nicht alle und es gehen dabei leider Kinder "unter". Aber mehr als arbeiten und anbieten geht nicht.

  • Ich weiß nicht, aus welchem Bundesland du bist, aber zumindest für NRW kann ich mir das nicht vorstellen, da die Gymnasien nach der Erprobungsstufe alles aussortieren, was nicht ansatzweise in deren Schema passt und Schüler mit Förderbedarf (abseits von KM o.ä.) sind auch eher eine Seltenheit.


    Wir als Gesamtschule haben übrigens aktuell soviel fest zugewiesene Förderschullehrer: 0

    Da möchte ich vehement widersprechen. Mein ehemaliges Gymnasium "musste" alles durchziehen, was irgendwie ging. Wir haben mangels Schulplätzen an anderen Schulen regelmäßig die Ansage bekommen, dass man am Ende der Erprobungsstufe nur eine meist einstellige Anzahl an Schülern abgeben dürfe. In meinem ersten Jahr dort, in dem ich zwei Unterstufen-Klassen hatte und allein bei mir +15 Schüler im Defizit standen, wurde die Zahl 6 benannt (für einen damals sechszügigen Jahrgang mit vollen Klassen). Dass Gymnasien munter alles wegsortieren können, was nicht genehm ist, stimmt so definitiv nicht für alle Städte und Regionen.

  • Wenn ich das lese wird mir als Mutter Angst und Bange… unser Kind geht gerade erst in den Kindergarten, hat aber mit hoher Wahrscheinlichkeit eine ASS. Wir wohnen ländlich, hier gibt es gar keine Förderschule und schon der Kindergartenbesuch gestaltet sich schwierig.


    Heißt das für mich: wenn ich will, dass mein Kind eine adäquate Förderung erhält, muss ich das selbst machen? Wir decken alle Hauptfächer ab, allerdings SEK 1 und 2. Selbststudium von Sonderpädagogik und Primarstufe?

    Diagnostik machen und jetzt schon eine Teilhabeassistenz, die eine pädagogische Fachkraft ist (muss aus dem Bericht der Diagnostik hervorgehen), beantragen.

    Wer Fehler findet darf sie behalten und sich freuen! :victory:

  • Ich weiß nicht, aus welchem Bundesland du bist, aber zumindest für NRW kann ich mir das nicht vorstellen, da die Gymnasien nach der Erprobungsstufe alles aussortieren, was nicht ansatzweise in deren Schema passt und Schüler mit Förderbedarf (abseits von KM o.ä.) sind auch eher eine Seltenheit.


    Wir als Gesamtschule haben übrigens aktuell soviel fest zugewiesene Förderschullehrer: 0

    Ich unterrichte in Hessen. Und auch wenn man das sich nicht vorstellen kann - es ist immer mehr Realität. Natürlich nicht flächendeckend, aber mit zunehmender Tendenz. "Aussortieren", wie du es nennst, können wir entgegen der gängigen Vorurteile nicht ohne Weiteres. Abgesehen davon wächst auch die Zahl der beratungsresistenten Eltern, die ihre Kinder auf Biegen und Brechen auf dem Gymnasium halten wollen, selbst wenn es aufgrund der Leistungen oder der Schulbiographie keinen Sinn macht. In den letzten beiden Anfangsjahrgängen wurde von oben darauf bestanden, die Klassen bis zur äußersten Schmerzgrenze anzufüllen. Das heißt mehrere Klassen im Jahrgang mit über 30 Kindern, darunter, wie gesagt, Geflüchtete, die Analphabeten sind, Kinder mit deutlich auffälligem Sozialverhalten, Kinder mit individuellem Förderbedarf (in der Regel KM, Sehen / Hören, ES). Gut 1/3 der Kinder nicht für das Gymnasium empfohlen. Die abgebenden Grundschulen signalisieren, dass sie massiv überlastet sind und die Probleme nicht mehr stemmen können.

  • Diagnostik machen und jetzt schon eine Teilhabeassistenz, die eine pädagogische Fachkraft ist (muss aus dem Bericht der Diagnostik hervorgehen), beantragen.

    Wir haben es geschafft: die Diagnose steht und alle Anträge warten nur darauf, dass das ganze schriftlich kommt… Jetzt kommt hoffentlich Schwung in die Sache. Oberstes Ziel für uns ist es, dass das Kind so glücklich bleibt, wie es bislang ist, dafür wird er vieles lernen müssen …

  • Wir haben die auch aufgenommen und hatten sie in gleicher Größenordnung. Wenn Schulplätze da sind und es der Elternwunsch ist, werden die eben aufgenommen. Es war auch nicht zulässig Kinder mit Gymnasialempfehlung vorzuziehen, sondern bei mehr Anmeldungen als Plätzen wurde gelost.

  • Aber mehr als arbeiten und anbieten geht nicht.

    Genau das. Vor allem an Schulen, in denen offenbar Sonderpädagog*innen mit vielen Stunden arbeiten, wer den Luxus nicht für sich zu nutzen weiß, ist selbst verantwortlich.


    In Sachsen sind Förderschulkolleginnen in ihren eigenen Klassen Klassenleitung und fahren nach oder vor ihrem Unterricht an ihrer Stammschule in einzelnen Stunden an fremde Schulen. Und wenn man dort fragt, wie man sinnvoll unterstützen könnte, dies und jenes und noch was anbietet und nichts wird angenommen, dann kann man buchstäblich nicht helfen. Und so sonderbar die Bedingungen auch sind, wenn eine Schulleitung nach all den Jahren der Inklusionsdebatte immer noch überhaupt kein Konzept hat, null, nada, dann hat das schlicht und ergreifend mit mangelndem Willen zu tun.


    Eine Abstellkammer als Förderraum zur Verfügung stellen, ein Schlüssel dazu wäre ganz verrückt! Festlegen, wer differenziertes Material erstellt und dass welches erstellt werden muss. Überhaupt Aufgabenverteilung vornehmen für die Abminderungsstunden, die die Kolleg*innen durchaus bekommen und ein Förderheft bestellen, von dem Geld, das durchaus da ist. Zumindest schon mal alle Fachkolleg*innen informieren, welches Kind überhaupt Förderbedarf hat und welche Schule dafür zuständig ist, wäre professionell. Aber all das geht natürlich nur, wenn jemand will.


    Ich sehe an vielen Schulen unfassbares Desinteresse. Und damit meine ich nicht Herrn Müller oder Frau Schmidt, die sich persönlich für ihre SuS einsetzen, sondern Schulen, die einfach weiter ihren Stiefel fahren und klagen und jammern und an den anreisenden Förderschulleuten ihre persönliche Wut auslassen, gerade so, wie das auch hier mancher immer wieder tut. Natürlich immer schön süffisant, bloß keine echte Konfrontation mit Lösungen am Ende.


    Ichbindannmalweg, versuche, zu anderen Eltern mit behindertem Kind Kontakte herzustellen und dich umzuhören, welche Schule am besten mit Kindern umgehen kann, die Förderbedarf haben. Auch würde ich mich an eine Förderschule wenden, die für den Schulbezirk zuständig ist, auch wenn sie weiter weg liegt. Dort kann man dir wahrscheinlich am besten sagen, am welcher konkreten Schule dein Kind voraussichtlich am besten versorgt ist. Dort kennt man die Schulen des Sprengel von innen und die Schulleitungen persönlich, das kann einen Unterschied machen.

  • Passt jetzt nicht mehr ganz aber damals zum Eingangspost: wir Förderschullehrer sind natürlich auch oft sehr unzufrieden und unglücklich mit den Regelschullehrern ;)


    Die mühsam erstelltes differenziertes Material vergessen auszuteilen, die morgens vor dem Unterricht schnell bei EDUKI eine ganze Unterrichtseinheit runterladen, mir sie hinlegen mit den Worten "und du differenzierst diese bitte" und bei Fragen nach den Zielen der Einheit überhaupt keine wirkliche Ahnung haben. Sie lassen die SuS doch die "normale" Arbeit mitschreiben (die LEK kam wieder zu plötzlich oder sie haben die Kopien nicht gefunden), statt der differenzierten und darf dann schauen, was ich aus mühsam erreichten 4 von 50 Punkten noch eine Note hinbekomme. Die absolut nicht bereit sind, sich auf die Ziele des Förderplans einzulassen etc.


    Ich kenne beide Seiten, da ich lange als Regelschullehrer gearbeitet habe und ein Schultag, den ich selber vorbereite und nach meinen Vorstellungen durchführe ist tatsächlich ruhiger und entspannter.

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