Umgang mit Förderschulkollegen an der Schule

  • Hallo Community.


    Ich benötige euer Wissen bzw. eure Erfahrung. Bei uns an der Schule "unterrichten" drei Förderschullehrer. Mit diesen gibt es einige Probleme.

    Ich als Fachlehrer mache die Unterrichtsvorbereitung und unterrichte (zum Beispiel in Klasse 6 Geschichte). Nun haben wir einige Kinder mit Förderbedarf (Fördis) in der Klasse. Warum auch immer sind nie Förderschullehrer zur Unterstützung mit in "meinem" Unterricht. Wer muss nun für die Fördis differenziertes Material zur Verfügung stellen? Der Förderlehrer oder ich?

    Oftmals heißt es nämlich vonseiten der oben genannten Personen: "Der Fachlehrer habe dies tun".


    Dies behaupten die Förderkollegen auch, wenn es um die Erstellung von Kursarbeiten geht: "Der Fachlehrer..."


    Ist das an euren Schulen auch so? Bei uns gibt es momentan Krach bzgl. der Zuständigkeiten.


    Bundesland: NRW

    Schulform: Sekundarschule


    Liebe Grüße!

  • Schulart und Bundesland wären zielführend. Ansonsten bin ich eher bei dir. Ein Sonderpädagoge sollte für diese Aufgabe ausreichend qualifiziert sein. Natürlich solltest du dem Kollegen deine Stoffverteilung offenlegen.

    „Think of how stupid the average person is, and realize half of them are stupider than this.“ - George Carlin

  • Das kommt doch auf dein Bundesland und die Förderschwerpunkte an. Ich bin immer wieder erstaunt, wie wenig die (Regelschul-) Kolleg*innen über die auf sie zutreffenden Gesetze informiert sind.


    Edit:

    Lies mal hier, offenbar braucht es vor allem ein Konzept für die Schule, das die Aufgabenverteilung festlegt. Wenn es keins gibt, setzt euch so schnell als möglich mit der SL zusammen und erstellt eins.

    https://www.schulministerium.n…foerderung-im-gemeinsamen

  • Wer muss nun für die Fördis differenziertes Material zur Verfügung stellen? Der Förderlehrer oder ich?

    Oftmals heißt es nämlich vonseiten der oben genannten Personen: "Der Fachlehrer habe dies tun".


    Dies behaupten die Förderkollegen auch, wenn es um die Erstellung von Kursarbeiten geht: "Der Fachlehrer..."

    Zumindest in BW wäre sowohl die Erstellung differenzierenden Unterrichtsmaterials, als auch die Erstellung der Klassenarbeiten immer dann allein deine Aufgabe als Fachlehrkraft, wenn keine Förderlehrkraft regelmäßig mit im Unterricht sitzt bei dir und klar abgesprochen ist, dass diese bestimmte Teilaufgaben komplett übernimmt. Ich habe zahlreiche Förderschüler: innen mit im Unterricht sitzen, für die ich genau das leisten muss. Das gehört zum Job.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Warum auch immer sind nie Förderschullehrer zur Unterstützung mit in "meinem" Unterricht. Wer muss nun für die Fördis differenziertes Material zur Verfügung stellen? Der Förderlehrer oder ich?

    Du natürlich. Wie soll das auch anders gehen?

    Sie sitzen ja nicht Däumchen drehend irgendwo herum, sondern haben selbst Unterricht, Kleingruppenförderung oder Beratungsaufgaben und sind auch nicht die Unterrichtsvorbereiter für Unterricht, bei dem sie gar nicht anwesend sind.


    Übrigens brauchen eigentlich nicht nur GL-Kinder differenziertes Material, sondern alle Schüler in unterschiedlicher Ausprägung.


    Bei uns passen die Sonderpädagogen tatsächlich Klassenarbeiten (nach Vorlage des Fachlehrers) für GL-Kinder (Lernen) an und ergänzen mit eigenem Material, aber nur in den Fächern/Stunden in denen sie im Teamteaching dabei sind.


    Hab ich keinen Sonderpädagogen in meiner Stunde dabei, beraten sie mich nach Absprache und Bedarf, aber nicht in dem Sinn, dass sie mir Material erstellen.

  • Bei uns wird schwerpunktmäßig Deutsch, Mathe und Englisch abgedeckt. Auch da ist es zeitlich gar nicht möglich, den kompletten Unterricht vorzubereiten für die FÖ Schüler und auch nicht vorgesehen.


    Ich bin mit meinen wenigen Stunden für 7 Klassen zuständig. Das bedeutet für mich so schon, den Überblick über 21 Themen zu haben und zuzuarbeiten. Wenn ich jetzt auch noch mich um die Nebenfächer kümmern sollte ist das nicht machbar.

    Mein Aufgaben sind ja auch mehr als "nur" den Unterricht für die FÖ Schüler vorzubereiten.


    Vielleicht kannst Du Dich mit der Sonderpädagogin/dem Sonderpädagogen mal zusammensetzen und sie kann Dir Tipps geben, wie Du Deinen Unterricht ohne viel Aufwand differenzieren kannst, bzw. die Klassenarbeiten. Das ist meist nämlich gar kein Hexenwerk, wenn man ein paar Kniffe gelernt hat.

  • Hallo Eichhoernchen, würdest du ein paar dieser Kniffe hier angeben?

    Formulierung der Aufgaben in "einfacher Sprache"
    Reduktion des Anforderungsniveaus und der Anzahl der Aufgaben
    Verwendung von Multiple-Choice-Aufgaben
    Lückentexte
    ....

    BTW: Solche Aufgabenformate verwende ich in Tests auch für die gesamte Klasse, damit auch "normal schwächere" Schüler*innen ein paar Punkte ergattern können und nicht komplett ins Loch fallen. Sonst könnte ich auch an meiner Schulart das Notenspektrum nicht ausschöpfen. Es gäbe nur die Noten 1,2 und 6.

    «Wissen – das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn man es teilt.» (Marie von Ebner-Eschenbach)
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  • Hallo,

    das kommt natürlich auch immer aufs Fach und auf die SuS drauf an, was sie können.

    Tipps für Arbeiten wären z.B.

    - eine überschaubare Menge an Themen, die sie lernen müssen

    - Wortspeicher bei den Aufgaben vorgeben für Lückentexte oder Zuordnungen

    - Paare vorgeben, die nur verbunden werden müssen (z.B. bei Ländern und Hauptstädten).


    Beim Thema Satzglieder z.B. nur aufs Subjekt und Prädikat beschränken, das heißt, wenn die anderen SuS andere Satzglieder bestimmen, sollen die FÖS nur das Subjekt und Prädikat im gleichen Material finden.


    Bei mathematischen Themen können sie anfangs gut mitarbeiten, und verbleiben dann in den Basics und bekommen differenziertes Material (gibt ja ausreichend gutes. Klick!, Sekundo das Förderheft etc.).


    Texte in größerer Schrift, oder man schreibt kurz hinter die Aufgabe, in welchem Abschnitt sich die Antwort findet. Ist alles schnell in ein paar Minuten ergänzt. Dafür braucht man auch kein eigenes Material erstellen.


    Wenn sie schlecht lesen können ist es wichtig beim Vorlesen eines Textes drauf zu achten, dass die SuS den Vorleser gut verstehen können, vielleicht schon vorher 2 Höraufträge mitgeben ("Und Du achtest genau drauf, was Hunde fressen dürften." etc.).


    Auch bei anderen Aufgaben (" und Dich frage ich gleich, was 3x5 ist"), dann haben sie Zeit die Lösung zu suchen.


    Das sind jetzt schnell nur ein paar Ideen. Manchmal kommt das alles natürlich auch an seine Grenzen, aber das muss man sich so eingestehen und vielleicht den SuS auch mal im Einzelgespräch sagen.


    Liebe Grüße


    P.S. Die Liste darf gerne ergänzt werden.

  • Ich finde in der Inklusion problematisch, dass viele Regelschullehrkräfte kein Interesse daran haben, Lernzieldifferentes zu erstellen. In Sachsen werden die Stunden nach Kapazitäten zugeordnet, das kann je nach Landkreis und Förderschulart bedeuten, ein Kind hat Anspruch auf 0,5 Stunden "Beratung zur Inklusion" durch die Förderschule pro Woche. Man kann sich ausmalen, wie begeistert diese Beratung durch die Regelschulen oft aufgenommen wird und dass v.a. die L-Kinder entsprechend einfach mitlaufen. (Im Gegensatz zu soz-em stören sie ja den Unterricht nicht.)


    Dazu kommt bei lernzieldifferenter Beschulung, dass die Noten besser sein müssten, als die der Mitschüler*innen und damit wirklich viele Kollegen und Kolleginnen ein Problem haben. Dass es eine 1 geben müsste, wenn einer vorgegebene Wörter richtig in den Lückentext einfügt beispielsweise, halten viele in der Sek I nicht aus, denn "geschenkt wird dem Kind nix und überhaupt soll es nicht denken, dass es so gut ist".


    Mich ärgert es, dass nach rund 10 Jahren Inklusionsdebatte viele Schulen immer noch kein Konzept haben, wie sie diese umsetzen wollen. Das schließt natürlich die Aufgabenverteilung mit ein.

    Wir haben mitunter eine eigene Klassenleitung und fahren zwischen Unterrichtsstunden an andere Schulen, um dort zu beraten. Wenn man dann nicht mal einen Schlüssel fürs Klo bekommt und niemand einen Plan für irgendwas hat, dann darf sich die inkludierende Schule nicht beklagen, dass die Sonderpädagogen das machen, was sie für richtig halten.

  • Also in meiner Klasse erstelle ich immer das Material und die Arbeiten.

    Wir haben für Klasse 1-10 aktuell aber auch nur eine Förderlehrkraft.

    Das kann die Kollegin nicht leisten.

    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten.:rose:

  • Ich finde in der Inklusion problematisch, dass viele Regelschullehrkräfte kein Interesse daran haben, Lernzieldifferentes zu erstellen.

    Ich habe, als Regelschullehrkraft in Sek I, in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe von Förderkolleg*innen kennengelernt, die trotz teils rustikaler Arbeitsumstände und viel zu wenigen Stunden sehr engagiert zuarbeiteten.

    Gleiches gilt für viele Regelschulkolleg*innen in Gesamt-/Gemeinschaftsschule, bei denen das Erstellen von "Lernzieldifferentem" zum täglichen Handwerk gehört, ganz unabhängig von offiziell anerkanntem Förderbedarf bei förderbedürftigen SuS.


    Alle gemeinsam eint die Erfahrung, dass für eine bestmögliche Förderung viel zu wenig Stunden/Personal/Ressourcen zur Verfügung stehen. Ein leider trauriges Sparprogramm, bei dem viele betroffene Lehrkräfte mit viel Goodwill, manchmal an Selbstausbeutung grenzend, trotzdem versuchen, Unmögliches möglich zu machen.

    Was leider nur sehr begrenzt funktioniert.

  • Ich habe, als Regelschullehrkraft in Sek I, in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe von Förderkolleg*innen kennengelernt, die trotz teils rustikaler Arbeitsumstände und viel zu wenigen Stunden sehr engagiert zuarbeiteten.

    Gleiches gilt für viele Regelschulkolleg*innen in Gesamt-/Gemeinschaftsschule, bei denen das Erstellen von "Lernzieldifferentem" zum täglichen Handwerk gehört, ganz unabhängig von offiziell anerkanntem Förderbedarf bei förderbedürftigen SuS.

    Jo, deine Erfahrungen sind vielleicht andere als meine und auch andere als die des TE:


    Bei uns an der Schule "unterrichten" drei Förderschullehrer.

    ...

    Bei uns gibt es momentan Krach bzgl. der Zuständigkeiten.

    Das Problem sind eben oft die ungeklärten Zuständigkeiten und die Folge, dass mancher dann gerne über die Förderschulkolleg*innen herzieht und z.B. "unterrichten" in Gänsefüßchen setzt.

  • Ich finde in der Inklusion problematisch, dass viele Regelschullehrkräfte kein Interesse daran haben, Lernzieldifferentes zu erstellen.

    Nun - das ist bereits im Regelunterricht sinnvoll - und bei einer Verweigerung der Binnendifferenzierung eine unwürdige Einstellung.
    Jeder Referendar kann das Bestehen seiner Prüfung ohne Binnendifferenzierung vergessen.

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  • Ich habe die Themen mit der Förderschullehrkraft gemeinsam geplant. Ich habe das Material für die Regelschüler vorbereitet und sie das für die Förderschulkinder (waren Kinder von der G-Schule; sie kannte sich besser aus und hatte einen großen Fundus).

  • Bei wirklich zieldifferenter Beschulung braucht es zieldifferentes Material, nur selten kommen die SuS mit den normalen Materialien und wenig Unterstützung zurecht, aber ja, das gibt es auch.

    Im Alltag kann man es manchmal durch Aufgabenverteilung, Lesepartner etc. auffangen. Einerseits würde auch ich mir da mehr Unterstützung wünschen, andererseits kann man ja nicht immer alle Stunden absprechen und die FöS-Lehrkraft kommt ja nur Ahnung an vorbei.


    In NDS gibt es eine Dienstvereinigung des Landes mit den FöS, die sehr zu Lasten der Regelschullehrkräfte geht, was ich sehr ärgerlich finde.


    Auch überlege ich, ob die wenigen FöS-LuL-Stunden nicht besser eingesetzt wären, wenn die FöS-Kinder in kombinierten, jahrgangs- oder jahrgangsübergreifenden Lerngruppen bei den FöS-LuL Unterricht hätten, ganz ähnlich zu Koop-Klassen.

  • Ich finde in der Inklusion problematisch, dass viele Regelschullehrkräfte kein Interesse daran haben, Lernzieldifferentes zu erstellen.

    Nach meiner Erfahrung scheitert das meist nicht am fehlenden Interesse, sondern an der puren Überforderung. Ich unterrichte an einem Gymnasium und auch wir kämpfen inzwischen mit Klassen, in denen über 30 Kinder sitzen, davon mehrere Geflüchtete (teils Analphabeten), die uns zugewiesen werden, mehrere Kinder mit individuellem Förderbedarf, in der Unter- und Mittelstufe zahlreiche deutlich Verhaltensauffällige. Und Ziel ist das Abitur mit Studierfähigkeit. Da geht es nicht darum, ob man Interesse hat, Lernzieldifferentes zu erstellen, sondern darum, ob man das als einzelner Lehrer mit insgesamt über 200 Schülern überhaupt schafft. Dass Förderschullehrer bei uns im Unterricht präsent sind (auch bei Kindern mit Förderbedarf) ist die absolute Ausnahme. Eine Förderlehrerin, die ich kennengelernt habe, zerreißt sich zwischen mehreren verschiedenen Schulen, nicht alle am selben Ort, und ihrer noch existierenden spezialisierten Förderschule. Ich finde in der Inklusion problematisch, dass sie einfach einem bestehenden, überforderten System aufgepfropft wird und gesagt wird "Macht mal, wenn das nicht klappt, liegt es daran, dass ihr nur nicht wollt." Leider sehen auch Eltern oft diese Probleme nicht, sondern fordern (irgendwie auch verständlich) die optimale individuelle Förderung für ihr Kind ein, teils zunehmend aggressiv, nur können wir als Lehrer oft die Erwartungen gar nicht erfüllen.

  • in der Unter- und Mittelstufe zahlreiche deutlich Verhaltensauffällige

    Das nennt sich Pubertät, ist normal und war schon immer so.
    Dass sich an Gymnasien Sonderpädagogen nicht in Massen tummeln, liegt an der Schulart.


    BTW: Die Begriffe "Förderschule", "Förderschüler" und "Förderschullehrer" sind (zumindest in Ba-Wü) obsolet.
    BTW2: Sonderpädagogen spielen in derselben "Gehaltsklasse" wie Studienräte und sind keine "Hilfskräfte" für Gymnasiallehrer, die sich bei der Binnendifferenzierung überfordert fühlen.

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