Fühlt ihr euch auf schulische Inklusion durch das Studium gut vorbereitet?

  • Hallo liebe Community,


    ich bin Carina und arbeite im Presseteam der Aktion Mensch. Für eine Veröffentlichung recherchieren wir zu der Frage, ob und wie gut (zukünftige) Lehrkräfte durch das Studium auf die Inklusion in Schulen vorbereitet werden. Dabei interessieren uns besonders die Erfahrungen junger Menschen, die sich noch im Studium oder im Referendariat befinden.

    - Fühlt ihr euch durch das Studium gut auf Inklusion vorbereitet?

    - Ist Inklusion überhaupt Thema in eurem Studium?


    Über Antworten hier im Forum oder per Mail an carina.tillmann@aktion-mensch.de freue ich mich sehr.


    Liebe Grüße,

    Carina

  • Hallo liebe Community,


    ich bin Carina und arbeite im Presseteam der Aktion Mensch. Für eine Veröffentlichung recherchieren wir zu der Frage, ob und wie gut (zukünftige) Lehrkräfte durch das Studium auf die Inklusion in Schulen vorbereitet werden. Dabei interessieren uns besonders die Erfahrungen junger Menschen, die sich noch im Studium oder im Referendariat befinden.

    - Fühlt ihr euch durch das Studium gut auf Inklusion vorbereitet?

    - Ist Inklusion überhaupt Thema in eurem Studium?


    Über Antworten hier im Forum oder per Mail an carina.tillmann@aktion-mensch.de freue ich mich sehr.


    Liebe Grüße,

    Carina

  • - Fühlt ihr euch durch das Studium gut auf Inklusion vorbereitet?

    - Ist Inklusion überhaupt Thema in eurem Studium?

    Mein Studienabschluss ist noch keine 10 Jahre her. Über Inklusion habe ich im Studium nichts gelernt. Dafür über das politische System Chinas (ich habe nicht PoWi studiert).

  • Sitze aktuell an der Masterarbeit, bin also fast fertig mit dem Studium (Grundschullehramt):


    -Ist Inklusion Thema?


    Insgesamt ja, je nach Fachbereich mal mehr, mal weniger.

    In den Bildungswissenschaften wird es in den meisten Veranstaltungen zumindest in einer halben Sitzung oder so erwähnt, in den Situationen, wo man aus mehreren Seminaren nach Interesse eines wählen kann, gibt es oft eines oder zwei, die sich mit verschiedenen Facetten von Inklusion beschäftigen, die zum Überthema des Moduls passen. Die Qualität schwankt meiner Erfahrung nach sehr, von sehr idealistischen Veranstaltungen, die reale Bedingungen (insbesondere personell und zeitlich) kaum berücksichtigen, hin zu hilfreichen Veranstaltungen, die Theorie und Praxis ganz gut verzahnen (und eben allem zwischen diesen Extremen).


    In Mathematik ist in der Didaktik vieles zu Fördern und Diagnostik enthalten, was ich als einerseits recht hilfreich erlebe, was anderseits aber recht einseitig in Richtung Förderschwerpunkt Lernen geht. Im Sachunterricht wurde Inklusion oft erwähnt, wobei es recht selten darüber hinausging, dass Inklusion wichtig und gut ist, während die Berücksichtigung von SuS mit verschiedenen Eigenheiten / Förderbedarfen bei der Unterrichtsplanung nur am Rande und mE recht idealistisch und schon rein zeitlich kaum umsetzbar angegangen wurde. Außerdem einige Konzepte zur Differenzierung, z.B. durch offene Aufgaben, die aber recht theoretisch blieben. Im Bezugsfach Naturwissenschaften gab es einiges auch zum Umgang mit SuS mit anderen Förderbedarfen als Lernen, insbesondere im Kontext des Experimentierens, was ich als hilfreich, aber für die Grundschule nur bedingt umsetzbar erlebt habe.


    In den Praktika (zwei kürzere und eine längere Praxisphase) wurde an den Schulen die Inklusion, wie in NDS üblich, ebenfalls umgesetzt, und ich hatte die Gelegenheit, mitzuerleben, wie verschiedene andere Lehrkräfte mit Heterogenität in den Klassen umgehen, und konnte sicherlich auch einiges "mit den Augen klauen", was bei denen gut funktioniert hat (oder auch nicht). Im zweiten Praktikum und in der Praxisphase habe ich dann auch selbst Unterricht gehalten, in dem natürlich ebenfalls Kinder mit sehr heterogenen Eigenschaften saßen. Gerade in der Praxisphase, in der an meiner Schule die Heterogenität stark ausgeprägt war, konnte ich dadurch einige Erfahrungen zu Differenzierung, Zusammenarbeit in multiprofessionellen Teams, Förderplänen usw. sammeln.


    -Fühle ich mich auf Inklusion gut vorbereitet?


    Inklusion kommt mir zumindest nicht wie Neuland vor, und ich weiß ungefähr, was ich zu erwarten habe und wie man damit umgehen kann. Die beste Vorbereitung kann aber natürlich strukturelle Mängel, sei es personell, räumlich oder einfach zeitlich, nicht beheben, was bei mir schon ein etwas mulmiges Gefühl in Hinblick auf das Referendariat hervorruft.

  • Für eine Veröffentlichung recherchieren wir zu der Frage, ob und wie gut (zukünftige) Lehrkräfte durch das Studium auf die Inklusion in Schulen vorbereitet werden. Dabei interessieren uns besonders die Erfahrungen junger Menschen, die sich noch im Studium oder im Referendariat befinden.

    Das Problem an dieser Vorgehensweise ist, dass diese Gruppe noch gar nicht beurteilen kann, ob sie wirklich gut auf die Realität der Inklusion vorbereitet wurde. Das zeigt sich erst hinterher bei der ersten Stelle. Insofern lauft ihr da Gefahr, lediglich ein subjektives Gefühl abzufragen, dass einer objektiven Grundlage entbehrt.

  • In meinem Studium (Abschluss 2012) war Inklusion Thema, aber sehr idealisiert. Was für ein absolut gruseliges Unterfangen das in der Realität ist, steht auf einem völlig anderen Blatt. Nachdem ich noch nie und nirgends gut funktionierende Inklusion gesehen habe, frage ich mich, worauf die Uni da bitte "vorbereiten" soll. Kann sie meines Erachtens gar nicht. Außer, man schult starke Nerven und einen gesunden Umgang mit unerfüllbaren Erwartungshaltungen.

  • Hallo zusammen,


    vielen Dank für eure wertvollen Antworten bisher, das hilft mir wirklich sehr.

    Uns interessieren vor allem die Erfahrungen von jungen/jüngeren Menschen, da schulische Inklusion erst seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention im Jahre 2009 verpflichtend umgesetzt werden muss.

    Aber natürlich dürft ihr alle eure Erfahrungen und Einschätzungen dazu teilen. :)

  • Hallo zusammen,


    vielen Dank für eure wertvollen Antworten bisher, das hilft mir wirklich sehr.

    Uns interessieren vor allem die Erfahrungen von jungen/jüngeren Menschen, da schulische Inklusion erst seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention im Jahre 2009 verpflichtend umgesetzt werden muss.

    Aber natürlich dürft ihr alle eure Erfahrungen und Einschätzungen dazu teilen. :)

    Zu diesen jüngeren Menschen gehöre ich, da ich erst nach 2009 mit dem Studium (Lehramt) begonnen habe. Inklusion war bei uns im Studium kein Thema.

  • Zu diesen jüngeren Menschen gehöre ich, da ich erst nach 2009 mit dem Studium (Lehramt) begonnen habe. Inklusion war bei uns im Studium kein Thema.

    Ich habe 2017 mein 1. Staatsexamen gemacht; zumindest in manchen Pädagogikseminaren war bereits Inklusion ein Thema. Nachdem das aber in den höheren Modulen war, in denen man aus diversen Seminaren eigene Schwerpunkte setzen konnte, habe ich das tatsächlich nur am Rande mitbekommen, da ich einen anderen Schwerpunkt gesetzt hatte (Umgang mit Flucht und Migration im schulischen Bereich). In den Fachdidaktikseminaren spielte das in keinem meiner Fächer eine Rolle.

    Im Ref gab es dann mal einen Vortrag über Inklusion, der aber eher mittelprächtig war. Ich erinnere mich noch, dass meine konkreteren Fragen zur Umsetzung der hehren Vorstellungen in der schulischen Realität einfach ignoriert wurden seitens des Vortragenden. Das passte einfach nicht in dessen Konzept, uns die Idealvorstellung näher zu bringen. Nur arbeiten wir halt alle nicht in Wolkenkuckucksheim, sondern in den meisten Fällen an Schulen, die nur unzureichend für Inklusion ausgestattet sind.

    Persönlich war ich im Ref ja an einer Schule, die sehr viel für Inklusion gemacht hat, war auch in einer Inklusionsklasse eingesetzt, was ich super fand, nicht trotz, sondern gerade wegen der vielen verschiedenen Bedarfe meiner SuS, die den Unterricht für mich besonders spannend gemacht hatten. Das war aber auch eine Situation, in der es personell und räumlich komplett geklappt hat mit der Inklusion und damit einhergehender Differenzierung. An meiner aktuellen Schule sieht das völlig anders aus. Und obgleich ich angesichts meiner eigenen Schwerbehinderung auch weiterhin Inklusion aufgeschlossen gegenüberstehe, sehe ich mit blutendem Herzen, wie entsprechende Kinder an meiner aktuellen Schule auch in meinem Unterricht ein Stück weit untergehen, weil wir keine Doppelsteckungen haben, die Sonderpädagogin nicht konstant, sondern höchstens ausnahmsweise mal mit dabei ist, es keine Differenzierungsräume gibt und es- anders als an meiner Refschule- auch kein Kollegium gibt, das der Inklusion aufgeschlossen begegnet und insofern auch zur vertieften Zusammenarbeit bereit wäre, um die Situation für die SuS in der Klasse zu verbessern. Viele haben leider den Standpunkt, dass wenn Eltern sich unter solchen Umständen gegen eine Förderschule/SBBZ und für den Besuch eine Realschule entscheiden für ihr Kind, sie und damit letztlich auch das Kind selbst schuld seien, wenn sie keine guten Förderbedingungen vorfinden und erhalten würde.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Oh, ich hätte dich viel älter geschätzt.

    Ich bin auch etwas älter (aber noch unter 40), als Studienbeginn nach 2009 vermuten lässt, weil ich vorher/parallel noch etwas anderes studiert und gearbeitet habe. Das Studium Lehramt lief so nebenher und ging wegen anrechenbarer Leistungen auch schneller, als in Regelstudienzeit.

  • Bei mir war Inklusion quasi das durchgängige Thema im Studium.

    Es wäre sonderbar, wenn es anders wäre, angesichts deiner Schulform. Trotzdem beruhigend. ^^

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Es wäre sonderbar, wenn es anders wäre, angesichts deiner Schulform. Trotzdem beruhigend. ^^

    Inkludiert er denn Kinder ohne Beeinträchtigung? Ich meine, ist das Inklusion, wenn alle Kinder ca. auf dem ähnlichen Level mit ähnlichen Beeinträchtigungen sind? Ich hatte in meiner Abordnungszeit eine Inklusionsklasse teilweise in Doppelbesetzung mit einer Sonderpädagogin. Ein gutes Drittel bis die Hälfte der Kinder hatte einen festgestellten sonderpädagogischen Förderbedarf, die anderen waren ganz reguläre Grundschulkinder... das ist für mich Inklusion.

  • Inkludiert er denn Kinder ohne Beeinträchtigung? Ich meine, ist das Inklusion, wenn alle Kinder ca. auf dem ähnlichen Level mit ähnlichen Beeinträchtigungen sind? Ich hatte in meiner Abordnungszeit eine Inklusionsklasse teilweise in Doppelbesetzung mit einer Sonderpädagogin. Ein gutes Drittel bis die Hälfte der Kinder hatte einen festgestellten sonderpädagogischen Förderbedarf, die anderen waren ganz reguläre Grundschulkinder... das ist für mich Inklusion.

    Was Plattenspieler in seinem Unterricht macht/ machen muss kann ich dir nicht beantworten, dass Inklusion aber in einem sonderpädagogische Studium ein wesentlicher Mitbestandteil ist halte ich ungeachtet des späteren beruflichen Einsatzes für wenig überraschend. Schließlich weiß man als Sonderpädagoge nicht von Studienbeginn an, dass man auf jeden Fall nur an einem SBBZ eingesetzt werden wird, muss also auch für weitere Einsatzformen gerüstet sein.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

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