Klassenfahrt: Recht auf Einzelzimmer?

  • Was mich ärgert ist, dass das Ministerium ausdrücklich die rechtswidrige Handlungsweise der Schulleitung fördert, indem es in einem FAQ zum Theme Schulfahrten explizit schreibt, das LK selbstverständlich zur Entlastung des Budgets freiwillig auf Fahrtkosten verzichten dürften, sie müssten diese aber explizit vorher gegenüber der SL schriftlich versichern. Hierbei beruft sich das Ministerium aus § 3 Abs. 8 des Landesreisekostengesetzes. In dem steht aber nur drin, dass Landesbedienstete freiwillig verzichten könnten, indem sie nach der Fahrt keinen Antrag auf Erstattung stellen. Von vorher schriftlich versichern steht da nichts. Damit verstößt das Ministerium eigentlich vorsätzlich und wissentlich gegen die Intention des ergangenen Urteils.


    Ich nehme dies zum Anlass, dies nochmal in den mir zugänglichen Gremien zu erörtern.

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • Aus dem Urteil:

    "1. Ein Land verstößt als Arbeitgeber gegenüber seinen angestellten Lehrkräften gegen § 242 BGB, wenn es Schulfahrten grundsätzlich nur unter der Voraussetzung genehmigt, dass die teilnehmenden Lehrkräfte formularmäßig auf die Erstattung ihrer Reisekosten verzichten.2. Diese generelle Bindung der Genehmigung von Schulfahrten an den "Verzicht" auf die Erstattung von Reisekosten stellt die angestellten Lehrkräfte unzulässig vor die Wahl, ihr Interesse an einer Reisekostenerstattung zurückzustellen oder dafür verantwortlich zu sein, dass Schulfahrten, die Bestandteil der Bildungs- und Erziehungsarbeit sind, nicht stattfinden."


    Die Landesbehörde stellt sich nunmehr auf den Standpunkt, dass lediglich der Verzicht nicht mehr formularmäßig im Antrag vorgegeben sein darf. Eine persönliche Ergänzung ist nach Auffassung der Landesbehörde jedoch zulässig Damit verhält sie sich jedoch vollkommen konträr zum dem Tenor des Urteils. Das ist schlichtweg unverschämt und ich kann nur jeder LK raten, sich auf solche Begehrlichkeiten des Arbeitgebers nicht einzulassen.


    Wenn das Urteil in voller Länge interessiert:

    https://openjur.de/u/577529.html

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • So ist aus der Urteilsbegründung heraus folgendes noch zu rezitieren:

    "2) Mit der Übertragung der Verantwortung auf die Lehrer, einen Teil dieser Mittel selbst zu tragen oder die Verwirklichung der dem Land gemäß Art. 8 Abs. 1 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen obliegenden Bildungsaufgabe zu beeinträchtigen, bringt das beklagte Land die bei ihm angestellten Lehrer in einen unzumutbaren Gewissenskonflikt. Ihnen wird die staatliche Verantwortung für die Gestaltung eines guten und abwechslungsreichen Unterrichts aus rein fiskalischen Gründen aufgebürdet (vgl. Bayerischer VGH 2. August 2007 - 14 B 04.3576 - zu 2 c aa der Gründe, ZBR 2008, 270)."


    Genau dieser Gewissenskonflikt bleibt aber m.E. auch dann bestehen, wenn die LK auf Aufforderung der SL den aus dem Formular nunmehr gestrichenen Part nunmehr handschriflich hinzusetzt.

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • Genau. War schon immer so.

    Wenn sich die SL darauf berufen möchte, wenn das Geld man nicht reicht, wünsche ich ihr viel Spaß.


    Aber nochmal:


    Edit:

    Weil hier, Absatz 2.1.:

    "Die Schulen entscheiden über die Durchführung von Schulfahrten im Rahmen der der Schule für die Erstattung der Reisekosten der Lehrkräfte zur Verfügung stehenden Mittel..."


    steht ja ebenfalls nicht, dass Lehrkräfte nicht selber zahlen dürfen.

    Das muss da nicht stehen. Da steht auch nicht, dass man keine Bank überfallen darf, um die Finanzierung sicher zu stellen. Die "zur Verfügung stehenden Mittel" sind eben die, die das Land dafür eingeplant hat. Das finde ich ausreichend eindeutig. IANAL.


    Aber weiter, selbst wenn man meint, man dürfe noch andere Quellen anzapfen:


    Das ergibt sich mMn nur aus den entsprechenden Gerichtsurteilen?

    Nicht nur, sondern auch. In Folge der Gerichtsurteile kann der Verzicht nicht rechtsverbindlich erklärt werden. Somit kann die Schulleiterin eben nicht davon ausgehen, dass die Lehrerinnen eine Teil der Kosten übernehmen. Ein erklärter Verzicht ist rechliche Luft und sind eben keine zur Verfügung stehenden Mittel.


    Wenn ich fahren wollte, ginge ich wie folgt vor: Fahrtantrag stellen, unbedingt den Antrag für die eigenen Dienstreise unter vollständiger Kostenaufstellung einreichen. Wird beides genehmigt, wird auch gefahren. Sonst nicht. Danach Erstattung beantragen.


    Wenn die Fahrt nicht genehmigt wird, fahre ich nicht.


    Das ist die Rechtslage und die einzig mögliche Vorgehensweise.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

    4 Mal editiert, zuletzt von O. Meier ()

  • Das ist schlichtweg unverschämt und ich kann nur jeder LK raten, sich auf solche Begehrlichkeiten des Arbeitgebers nicht einzulassen.

    Eben. Am Ende hilft nur Sturheit.


    Wenn der Verzicht tatsächlich von der Lehrerin ausgeht, könnte man ja noch überlegen, wie man's macht. Wenn aber ein Verzicht eingefordert wird, ist man genau bei dem, was das Urteil als Arschnummer kennzeichnet. Verständnis habe ich für beides nicht.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • https://www.schulministerium.n…0der%20Schule%20entlasten.


    Auf Nachfrage von O. Meier das ist der Link zum Thema Klassenfahrten. Beim Thema Dienstrecht / Reisekostenerstattung bitte reinschauen. Sehr interessant was das Ministerium da so vom Stapel läßt inklusive Musterformular zur Verzichtserklärung. Perfekter Service für Schulleitungen.

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • https://www.schulministerium.n…0der%20Schule%20entlasten.


    Auf Nachfrage von O. Meier das ist der Link zum Thema Klassenfahrten. Beim Thema Dienstrecht / Reisekostenerstattung bitte reinschauen. Sehr interessant was das Ministerium da so vom Stapel läßt inklusive Musterformular zur Verzichtserklärung. Perfekter Service für Schulleitungen.

    Die sagen es doch selbst:

    Zitat


    ....Zuschüsse von Privatpersonen sind grundsätzlich unzulässig.

    Ein Verzicht auf Kostenerstattung ist doch ein Zuschuss.


    Das Formular ist ja echt frech. Wenn es sowas bei uns gäbe, würde ich der SL bei jeder Genehmigung einer Schulfahrt im Nacken sitzen und die Verzichtserklärungen archivieren.


    Bei uns scheitert die Erstattung der Reisekosten regelmäßig an der Faulheit der Lehrkräfte.

  • Grandios:


    Zitat

    Hingegen wurde die langjährige Verwaltungspraxis, bei der Genehmigung von Schulfahrten Verzichtserklärungen formularmäßig und damit systematisch abzufragen als unzulässige Rechtsausübung des Dienstherrn bewertet.

    Ein Musterformular für eine Verzichtserklärung finden Sie hier.

    "Ein Formular darf es nicht geben, deshalb hier ein Formular."


    Was ich auch spannend finde, es wird dort der Absatz 8 des §3 zitiert. Wenn ich online nach dem Reisekostengesetz recherchiere, finde ich nur 5 Absätze.


    Wie auch immer. Der Trick ist einfach. Nichts derartiges unterschreiben.

  • Ich frage mich gerade, ob es irgendeinen anderen Berufsstand gibt, der sich über Doppelzimmerunterbringung auf Dienstreisen überhaupt Gedanken machen muss. Nichtmals als Azubis sind wir so untergebracht worden.

    Ich halt das auch nicht für zumutbar.

    Eine Freundin von mir, Reisebranche und keine gehobene Position im Unternehmen, hat sich darüber beschwert, dass auf der Dienstreise beim Essen im Restaurant nicht alle Getränke erstattet wurden, es war wohl ein langer, feuchtfröhlicher Abend. (Das gesamte Essen im Hotelrestaurant + zwei Getränke wohlgemerkt schon).

    Ich bin mittlerweile dazu übergegangen gar keine Klassenfahrten mehr zu machen (trotz Dienstpflicht). Es ist einfach nicht zumutbar von den Arbeitsbedingungen.

  • Personalrat to the rescue

    Ja, aber irgendwann hat auch der ÖPR die Schnauze (mit Verlaub) voll. Da setzt man sich ein und dann (wie oben schon beschrieben) fallen einem die Kolleginnen und Kollegen in den Rücken, dass man ja trotzdem fahren könne, weil so schlimm wäre das gar nicht und leuchtende Kinderaugen usw.

    Alles leider schon gehabt.

  • Bei uns haben wir ein Gesamtbudget. Dia Lehrkräfte werden vorher darauf hingewiesen, dass nur dann die Fahrten genehmigt werden können, wenn freiwillig verzichtet wird. Alle machen mit und setzen damit neue Mitfahrer oder Klassenlehrer unter Druck, es ebenso so zu machen.

    Wenn jemand auf die Erstattung aller Kosten besteht, bekommt er diese auch auf Kosten der anderen, die noch weniger aus dem Topf bekommen. Alles nur, damit die geliebten Fahrten stattfinden können.


    Wie jemand , der alles einfordert, dann vor den anderen betrachtet wird, muss wohl nicht extra erläutert werden.


    Bislang haben noch alle brav verzichtet.

  • Eine Freundin erzählte mir unlängst, dass im Rahmen der GLK beschlossen wurde, dass mit jeder Klasse jedes Jahr (also 5-13) eine mehrtägige Fahrt unternommen werden muss. Die lieben Kleinen hätten ja soviel verpasst wegen Covid… Mit den 11. Klassen geht es jedes Jahr für drei Wochen nach Australien. Dafür geht eine Schulwoche und zwei Wochen Pfingstferien drauf. Jede Lehrkraft muss 3.000€ aus eigener Tasche bezahlen. Meine Freundin hätte vergangenes Jahr mitgehen sollen, weil sie da eben Klassenlehrerin einer 11. Klasse war. Sie konnte und wollte aber nicht. Ich hab ihr dann empfohlen, sich diese Dienstanweisung schriftlich geben zu lassen. Zack, war sie raus aus der Nummer. :gruss:

  • setzen damit neue Mitfahrer oder Klassenlehrer unter Druck, es ebenso so zu machen.

    Das ist ja genau das, was nach dem Urteil nicht sein darf. Und unser Ministerium setzt sich munter drüber weg. Das aber auch Kollegen den Kakao durch den sie gezogen werden auch noch selber aussaufen ärgert mich am meisten. Sorry. Aber ich konnte gerade nicht anders.

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

    • Offizieller Beitrag

    Offenbar. Ich find‘s auch krass. Vor allem, wenn man mehrere Kinder auf dieser Schule hat. Aber die Initiative ging wohl von den Eltern aus. Und das ist jetzt keine Privatschule oder so.

    richtig schlimm.
    Denn ich kann mir nicht vorstellen, dass es bei ALLEN so ist.
    Aber Gruppendynamik und der Wunsch, nicht aufzufallen .. Arme Schüler*innen, arme Eltern, die unter diesem Druck stehen.

  • Hatte die Diskussion auch schon. Da meinte der Organisator, das Amt zahlt für alle, die auf Hilfe angewiesen sind.


    Finde die Antwort schräg, da viele die Grenze für eine amtliche Zuzahlung oder Übernahme knapp verfehlen. Einer alleinerziehenden Mutter können auch 500€ sehr weh tun.

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