Ist die AfD eine demokratische Partei?

  • In der sog. "Prachtregion" Schmalkalden-Meiningen wird verhältnismäßig viel AfD gewählt und in verslumten Wessigroßstädten regieren CDU, SPD, und/oder Grüne. Tja, da steht die AfD mal wieder blöd da, würde ich sagen.

    Darum geht's doch. Die renovierte Touriregion mit Fachwerkhäuschen fühlt sich doch aber angeblich so abgehängt und von Ausländern überrannt.


    Mal ne Frage an die Protestwähler: gegen was genau richtet sich eigentlich der Protest? Bitte mal drei konkrete Verschlechterungen in eurem Leben nennen seit der Ampelregierung. Würde mich wirklich interessieren, selbst wenn man nicht die AfD unterstützt, muss es ja irgendwas geben, was Protestwahlen rechtfertigen würde.

  • Antimon, ich bezweifle, dass in MeckPomm irgendjemand heute noch ein Plumpsklo hat, weil die staatliche Infrastruktur versagt hat. Was du wahrscheinlich meinst, sind Klärgruben. Da werden die Abwässer in KleinAnlagen gesammelt und in regelmäßigen Abständen von einem Entsorgungsunternehmen abgeholt. Die gibt es tatsächlich noch, wenn die Häuser in Alleinlage sind oder bei sehr kleinen Dörfern. Aber natürlich kann man da ein ganz normales Bad betreiben. Und die gibt es im Westen auch noch. Ich habe Schüler, die ganz allein in einem alten Rodungsgebiet im Wald wohnen. Die haben noch so eine Sammelanlage. Selbst meine Nachbarn hatten bis vor ein paar Jahren so ein Ding, weil sie die Kosten für eine Hebeanlage scheuten. Und das ist alles im Westen.

    Ich wohne ja fast in Südthüringen. Die Infrastruktur im Landkreis Sonneberg ist wirklich gut, die Dörfer im Unterland sind alle super renoviert und blitzeblank, man hat die niedrigste Arbeitsquotenrate in den östlichen Bundesländern. Wer sich nicht genau auskennt, kann im früheren Grenzgebiet oft nicht mehr auseinanderhalten, ob man im früheren Osten oder früheren Westen ist. Ich finde es hier viel weniger runtergerockt als bei meinem Bruder in der Pfalz, wo ich mir immer vorkomme, als befände ich mich in meine Kindheit der 1980er Jahre zurückversetzt. Und trotzdem sind die Leute frustriert und wählen den ersten blauen Landrat.

  • Quittengelee


    Mögliche Gründe AfD zu wählen:


    Abstrakt:

    Migrationspolitik

    Energiewende

    Gesellschaftspolitik


    Etwas konkreter:

    Überfremdung, insbesondere in Großstädten

    gesellschaftspolitischer Frontalangriff auf konservative Werte

    Sozialsysteme immer schlechter

    Bildungsleistungen immer schlechter

    Energiepreise steigen

    Deindustrialisierung nimmt Fahrt auf


    Die Ampel führt in allen wesentlichen Bereichen die Politik von Merkel weiter.


    Jetzt warte ich ab ob inhaltlich diskutiert wird oder nur meine Sperrung gefordert wird.

  • Jetzt warte ich ab ob inhaltlich diskutiert wird oder nur meine Sperrung gefordert wird.

    Deine Sperrung wird sicher nicht wegen dieses Posts gefordert werden, mach dich nicht zum Opfer. Ob du schreibberechtigt bist, frage ich mich allerdings schon lange. Welche Fächer unterrichtest du denn an welcher Schulart? Dazu konnte ich bislang keinen einzigen Beitrag finden.

  • mann1337:

    Das sind keine wirklichen Gründe, denn die meisten Menschen wählen eben nicht AfD.


    Zwar haben wir ein Integrations-/Migrationsproblem, aber das ist im Kern ein europäisches und eher logistischer Natur.

    Die AfD macht daraus eine Art Kulturkampf: Überfremdung = Übernahme durch eine fremde Kultur, die den westlichen Lebensstil (Wie ist der eigentlich? Wie der von Höcke? Oder der von Kevin Kühnert? Oder ...? Oder ...?) verbieten will

    Hier werden dann andere Menschen zu gefährlichen Bedrohungen stilisiert.

    Das ist geradezu bösartig!

    Und die Leute lassen sich durch die Aktivitäten der AfD, Russland-Trolls, usw. auf den großen Social-Media-Plattformen aufwiegeln.


    Letzteres halte ich für das größte Problem. Chronisch Unzufriedene machen sich nicht mehr die Mühe, sich schlau zu machen, sondern befinden sich permanent in einer Bestätigungsblase.

    Hinzukommt, dass die Union das befeuert, um wieder an die Macht zu kommen. Diese Leute fühlen sich bestätigt. "Die Union sagt das ja auch!"


    Ich bin besonders mit der Bildungspolitik unzufrieden. Mich nervt, dass die FDP in der Ampel vieles komplett boykottiert und nicht nach den Regeln spielt. Ich denke auch, dass man zu spät auf die Herausforderungen der Migration, wie wir sie derzeit erleben, reagiert hat.

    Aber ich würde niemals AfD wählen.

    Bei uns würde man sagen, dass man ja mit dem Klammerbeutel gepudert sein müsste, wenn man das täte.

    Die AfD hat 0 Lösungsansätze parat. "Wir drehen alles zurück" ist nämlich keiner.

  • Ich habe nur ein Symptom von vielen beschrieben. In der DDR hatten die Frauen Arbeit, die Kinder waren betreut, das haben z. B. viele als gut empfunden. Also waren gute Dinge dann weg und zu viele schlechte Dinge sind geblieben. In der Summe kann ich den Frust sehr gut verstehen. Er ist im Westen nie ernst genommen worden, was zu noch mehr Wut und Verbitterung geführt hat. Die Diskussion hier zeigt's ja grade sehr schön. Wo ist das Problem, im Ruhrgebiet ist auch irgendwo eine Strasse kaputt. Na dann. Wenn man das Verständnis auch nach 34 Jahren nicht aufbringen kann, besteht wohl wenig Hoffnung auf nachhaltige Veränderungen.

    Ich habe durchaus Verständnis, dass das für heute ältere Generationen eine massive Transformation und Zäsur war und nachhängt. Warum junge Leute in so großer Zahl die AfD wählen, erklärt es für mich allerdings nicht unbedingt. Gerade in den letzten Jahren stehen die ostdeutschen Bundesländer in Sachen Wirtschaftsentwicklung im Bundeslandvergleich gar nicht so schlecht da, es herrscht Fachkräftemangel, etc.


    Ich wollte auch nicht mit "Westverhältnissen" relativieren, sondern lediglich anmerken, dass abgehängte Region = AfD (Protest)Wahl in meiner Wahrnehmung nicht ganz schlüssig ist, sondern noch andere Faktoren reinspielen müssen (aber das schreibst du ja auch).

  • Ich verstehe aber nicht, warum man dann die AfD wählt und was man sich davon an Verbesserung verspricht.

    Na, alle anderen Parteien haben schon gezeigt, dass sie es nicht können. Der AfD wird nur nachgesagt, dass sie es nicht kann, aber den Beweis dafür hat sie im Gegensatz zu den anderen Parteien noch nicht erbracht.

  • Bitte mal drei konkrete Verschlechterungen in eurem Leben nennen seit der Ampelregierung. Würde mich wirklich interessieren, selbst wenn man nicht die AfD unterstützt, muss es ja irgendwas geben, was Protestwahlen rechtfertigen würde.

    Ich wähle die AfD nicht, trotzdem mal eine Verschlechterung: Die übermäßige Migration


    Ich war es jedenfalls bisher nicht gewohnt, dass die Migranten in den Willkommensklassen sich erst auf Arabisch anschreien und dann in der Ausbildungswerkstatt mit Stechbeiteln aufeinander losgehen. Die dürfen gerne sofort wieder gehen und ihren Bürgerkrieg in ihrer Heimat ausfechten aber nicht hier!


    Selbst wenn wir das enorme Agressionspotential mal nicht beachten, ist es einfach die komplette Überforderung der Infrastruktur durch zu viele Zugezogene, als da wären zu nennen:

    • Wohnungen
    • Kindergartenplätze
    • Ärztliche Versorgung
    • Schulplätze


    Nein, wir schaffen das einfach nicht. Nur will das niemand von den Politikern wahrhaben.

  • Antimon, ich bezweifle, dass in MeckPomm irgendjemand heute noch ein Plumpsklo hat, weil die staatliche Infrastruktur versagt hat. Was du wahrscheinlich meinst, sind Klärgruben.

    Wie gesagt, wir hatten bis 2014 eine, jetzt haben wir eine eigene Kleinkläranlage, da wir nicht ans öffentliche Abwassernetz angebunden sind. Hat die ganze Straße hier. Zählt zum Stadtgebiet der 35000 - Einwohner- Stadt.

    Wir zahlen dadurch auch keine Abwassergebühren.

  • Antimon, ich bezweifle, dass in MeckPomm irgendjemand heute noch ein Plumpsklo hat, weil die staatliche Infrastruktur versagt hat

    Oh bitte, ich schrieb das Jahr dazu. Ich weiss schon, was ich meine.

  • Ja, das hast du geschrieben. 1999. Ich verstehe trotzdem nicht, warum deine Verwandten nicht wie üblich eine Klärgrube hatten, die viele, wie Magellan schrieb, mittlerweile auf moderne Kleinkläranlagen ungerüstet haben, die immer noch funktionieren und erlaubt sind? Ich kenne die Verhältnisse in Südthüringen ziemlich gut und dort waren die verbreitet. Da wurde schon zu DDR-Zeiten eben mithilfe der Dorfgemeinschaft eine Klärgrube in den Garten gebaut und man hätte ein Standardbad im Haus. Bist du sicher, dass deine Verwandten das nicht einfach nur individuell nicht auf die Reihe gebracht haben?

  • Warum junge Leute in so großer Zahl die AfD wählen, erklärt es für mich allerdings nicht unbedingt

    Das ist in der Tat ein beunruhigendes Phänomen, dass der Frust auf die nächste Generation vererbt wird. Meiner Meinung nach konnte das nur passieren, weil der Frust eben im Westen nie ernst genommen wurde. Nachvollziehen kann ich es wiederum auch. Ich meine, ich schrieb schon mal, ich bin mir sehr sicher, meine Mutter würde die AfD gut finden, würde sie noch leben. Natürlich bin ich damit aufgewachsen, dass mir ständig vorgeschimpft wurde, dass es der Türke nebenan ungerechtfertigterweise doch viel besser hat als wir. Das Gefühl dahinter ist "erst muss es *mir* besser gehen, dann darf auch der Türke da sein". Wie es dem Türken tatsächlich geht, wusste Mama freilich überhaupt nicht und dass ihre eigene Situation genau gleich schlecht wäre ohne den Türken, hat sie auch nicht verstanden. Wer dieses Gefühl nicht ernst nehmen kann, muss sich nicht wundern.

  • Bist du sicher, dass deine Verwandten das nicht einfach nur individuell nicht auf die Reihe gebracht haben?

    Ja. Und ich bin mir sicher, dass ich es gerade ziemlich unverschämt finde, dass du meinst, das beurteilen zu können.

  • Das sehe ich nicht so. Ich wollte nur darstellen, dass das von dir beschriebene Beispiel des Plumpsklos in MeckPomm von 1999 ein auf die Gesamtbevölkerung betrachtetes anekdotisches Einzelbeispiel sein muss, was als Erklärungsmuster nicht taugt.

    Brot war in der DDR übrigens auch immer vorhanden. Brot war sogar so subventioniert, dass die Leute es an ihre Schweine verfüttert haben: https://www.mdr.de/geschichte/…irtschaft-privat-100.html

    War billiger als Schweinefutter und eben immer erhältlich.

  • Ich glaube dir das doch. Ich will nur darauf hinaus, dass das Erfahrungen einer Minderheit sind, was nicht Wahlergebnisse von 30-50 Prozent erklärt. Das Brot wird knapp gewesen sein, weil die Mehrheit im Dorf unter der Hand das kostengünstige Brot an Schweine verfüttert hat, um sich nebenher einen Urlaub in Ungarn zu finanzieren. Genauso wie nur eine absolute Minderheit in den 1990ern in Oberbayern kein Warmwasser hatte.

  • Schmidt Ich schrieb nicht, dass irgendjemand Hunger leiden musste. Haste hoffentlich registriert. Ich schrieb auch mit keiner Silbe, dass für *mich* das alles eine Rechtfertigung wäre, die AfD zu wählen. Unter meinen Verwandten gab es einzelne, die 1989 zu den Montagsdemos nach Leipzig gefahren sind und es gab die, die 2015 *gegen* PEGIDA auf die Strasse gegangen sind. Bei uns hat nie irgendjemand "gejammert". Scheisse war es trotzdem und dass das immer wieder relativiert und nicht anerkannt wird, ist offensichtlich für viele Grund genug, die AfD zu wählen.

  • Darum geht's doch. Die renovierte Touriregion mit Fachwerkhäuschen fühlt sich doch aber angeblich so abgehängt und von Ausländern überrannt.


    Mal ne Frage an die Protestwähler: gegen was genau richtet sich eigentlich der Protest? Bitte mal drei konkrete Verschlechterungen in eurem Leben nennen seit der Ampelregierung. Würde mich wirklich interessieren, selbst wenn man nicht die AfD unterstützt, muss es ja irgendwas geben, was Protestwahlen rechtfertigen würde.

    Dass Rechte alles abgehängte Trottel seien, ist allerdings ein linker Erklärungsansatz, ebenso der angebliche "Protest". Geh besser davon aus, dass AfD-Wähler gefestigte Überzeugungen haben, wenn du ernst genommen werden möchtest.

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