Hallo zusammen,
ich bin Peter, 28 Jahre alt und habe mich hier angemeldet, um euch mal ganz ungeniert direkt nach einem Rat zu meinem aktuellen Dilemma zu fragen;
Ich bin Anfang diesen Monats von meinem Studienort, einer Stadt mit rund 80 000 Einwohner, die mir aber immer absolut groß genug war und dank Uni und Hochschule auch ein junges Publikum bietet, umgezogen in eine etwa 20km (trotzdem rund 25 Minuten Fahrtzeit mit dem Auto) entfernte Kleinstadt mit etwa 30 000 Einwohner. In der größeren Stadt habe ich seit 2015 gewohnt, dort studiert und auch die 1,5 Jahre Referendariat noch dort verbracht.
Hauptgrund für den Umzug in die Kleinstadt war, näher an meiner Schule (kann an meiner Refschule, die ich liebe, bleiben) zu sein. So war ich von der größeren Stadt aus immer 40-45, teilweise auch 50 Minuten, unterwegs, obwohl die Entfernung zu meiner Schule nur rund 35km betrug, weil die Verkehrslage ungünstig war. Von meiner neuen Wohnung in der Kleinstadt aus, werde ich nur noch 15 Minuten brauchen. Aktuell befinde ich mich noch in den Ferien ab 11.09. geht es wieder los.
Vor dem Umzug war ich mir eigentlich mit der Entscheidung, zugunsten von weniger Pendelei in die Kleinstadt zu ziehen, sicher. Ich konnte das Argument von anderen Kollegen, die (auch weiterhin) in der größeren Stadt wohnen, dass sich der längere Fahrtweg lohnt für die Tatsache, dass man in dieser Stadt eben viel mehr machen kann, zwar voll nachvollziehen. Allerdings war mein Gegenargument dann immer, dass ich aufgrund der Arbeitszeit (mag den Lehrerjob xtrem gerne, sehe ihn wirklich als Berufung und investiere auch gerne Zeit und Arbeit darin) die Möglichkeiten der größeren Stadt eh nicht mehr so nutzen kann und ich ja auch nicht ganz weg bin und für das ein oder andere Event und um Freunde zu treffen ja trotzdem noch in die größere Stadt kommen kann.
Ein Bereich, an dem ich konstant arbeiten muss, ist das Kennenlernen von neuen Leuten, das Aufbauen von Freundschaften, rauskommen, was erleben, nicht zu bequem werden auf dem Sofa:D. Das habe ich in den letzten 1,5 Jahren sehr vernachlässigt und es mir selbst gegenüber dann immer auf das Ref/ den Beruf geschoben. Das war quasi meine Ausrede, um es nicht mehr anzugehen und den Arsch mehr hochzubekommen. Hatte (und habe immer noch) aber auch mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen, die mich hier auch beeinträchtigen. Auf jeden Fall habe ich mir jetzt vorgenommen, diesen Bereich anzugehen, wieder mehr rauszugehen, Dinge unternehmen, Leute kennenlernen, Kontakte knüpfen, mir einen größeren Freundeskreis aufbauen.
Jetz habe ich das Gefühl, dass der Umzug in die Kleinstadt dafür möglicherweise genau der falsche Schritt war, da die größere Stadt ja eben hier sicher mehr Möglichkeiten bietet. Mein Argument, dass die Möglichkeit mehr zu erleben in der größeren Stadt die Pendelei aufwiegt, nicht gilt, weil man durch die Arbeitszeit und den Beruf gar nicht dazu kommt, diese zu nutzen (so wie beispielsweise zur Studienzeit) sehe ich inzwischen als (schwache) Ausrede, seinen Arsch nicht hochbekommen zu müssen. Ich meine, im Endeffekt liegt es ja an mir selbst und meiner Organisation und Disziplin, dass ich die Arbeit und Pendelei so hinbekomme, dass ich eben die Möglichkeiten der größeren Stadt dennoch immer wieder nutzen kann. Und es liegt auch an mir, trotz Arbeit und Pendeln meinen Arsch eben noch vom Sofa hochzubekommen für einen entspannten Barabend, oder was auch immer. Kurz gesagt: Das für mich ja eigentlich schon immer nachvollziehbare Argument meiner in der größeren Stadt wohnenden Kollegen, die Möglichkeiten dort wiegen das Pendeln auf, gilt eigentlich doch und auch für mich. Ich muss nur meinen Arsch hochbekommen und die Möglichkeiten auch nutzen.
Auf der anderen Seite ist es aber auch so, dass ich mich schon immer extrem schwer getan habe, aus meiner gewohnten Umgebung wegzuziehen. Dementsprechend war der Umzug aus meinem Heimatdorf in meine Studienstadt damals vor jetzt 8 Jahren auch ein ordentliches Drama. Ich habe das auch wirklich nur ganz langsam und Stück für Stück geschaft aus meinem Heimatdorf (nur eine Stunde mit dem Auto entfernt) wirklich loszukommen und richtig selbstständig zu werden in der Stadt und mir dort ein eigenes Leben aufzubauen. Irgendwann habe ich mich dann aber so wohl im eigenen Leben und in der Stadt gefühlt, dass ich manchmal ein (leichtes) Fremdheitsgefühl hatte, wenn ich alle paar Wochen mal meinen Heimatort besucht habe. Und so hat es mir jetzt ordentlich den Boden unter den Füßen weggezogen, als ich aus meinem geliebten Studienort in die natürlich (deutlich) weniger aufregende Kleinstatd gezogen bin, auch wenn diese, wie gesagt, nur rund 25 Minuten mit dem Auto entfernt und in derselben Region liegt. Auch mein berufliches Umfeld bleibt ja unverändert, in diesem bewege ich mich aber gerade wegen den Ferien eben nicht. Ich bin von einer WG in eine 2-Zimmer-Wohnung gezogen und wohne auch zum ersten Mal ganz allein in einer Wohnung. Das ist natürlich auch eine Umstellung, aber darin liegt, meinem Empfinden nach, nicht das Problem. Die eigene Wohnung fühlt sich immer noch als richtiger Schritt an, aber ich habe einfach wieder diese extremen Probleme, dass die gewohnte Umgebung nicht mehr um mich herum ist. Das merke ich auch ganz stark, wenn ich wieder in meiner Studienstadt unterwegs bin (nochmal, ist ja nicht so weit entfernt). Ich habe dort auch noch Kumpels, vor allem zu erwähnen sind 2 sehr enge Freunde, mit denen ich sicher auch weiterhin regelmäßig etwas unternehmen werde. Zudem will ich nach einjähriger Pause wieder mit Fußballspielen in einem Verein beginnen und werde hier jetzt auch mal probemäßig bei einem Verein in der größeren Stadt mittrainieren, da hier über einen bekannten Kontakt bestand und aufgekommen ist. Natürlich bestünde aber mit dem Umzug in die Kleinstadt jetzt auch die Möglichkeit, zu trainieren, in einer fremden Umgebung zurecht zu kommen und diesen Bereich anzugehen. Allerdings bin ich ja eben auch nicht in einer ganz neuen Region, sondern wenn man so will, nur eine Stadt weiter gezogen.
Lange Rede (sorry, not sorry), kurzes (mal schauen) Problem: Sollte ich einfach den Weg zurück in die größere, aufregender, aber natürlich auch bekannte Studienstadt ziehen und den privaten Neuanfang (so nenne ich das jetzt mal, also: wieder mehr rausgehen, Leute kennnenlernen, Freunde finden, Kontakte knüpfen, Dinge erleben, oder kurz: Spaß am Leben haben) so eher von innen heraus angehen oder in meinem neuen Wohnort, der Kleinstadt, bleiben und versuchen den Bereich "Problem mit fremder Umgebung" angehen.
Irgendwie fühlt sich der Umzug rückblickend wie eine Flucht vor dem inneren Schweinehund, einer weiteren Ausrede, nicht so sehr rausgehen zu müssen mir selbst gegenüber, ein Schritt in die Bequemlichkeit (auch durch weniger Pendelei, obwohl der Wunsch danach sicher legitm ist) an. Und ich denke mir, ich habe das Potenzial meiner Studienstadt nie ganz ausgeschöpft und das lag nur an mir und das hätte ich jetzt endgültig angehen können. Andererseits wäre der Rück(um)zug ja eben genau das, ein Rückzug vor der Angst vor der fremden Umgebung und somit auch eine Flucht.
Und jetzt zu sagen, naja jetzt schaue ich einfach mal, wie es sich entwickelt, den Weg zurück kann ich ja immer noch gehen, fühlt sich auch doof an. Das würde sich dann (Stand jetzt) nur nach einer Verzögerung des sowieso kommenden Weg zurücks in meinen Studienort anfühlen. Außerdem macht das meinen Kopf gerade ziemlich fertig und hier bald eine Entscheidung zu treffen, würde mir dabei helfen (hoffe ich), diesen mal wieder zu ordnen. Und bei einer Entscheidung pro Umzug zurück in die Studienstadt könnte ich mich dann eben auch auf Wohnungssuche begeben.
Vielen Dank schon mal an euch für potenzialle Ratschläge und für euer Lesedurchhaltevermögen!
Viele Grüße
Peter