Monetarisierung im Ganztag - Was spricht dagegen?

  • Grüß Gott zusammen,


    ich war bisher stiller Mitleser, aber nun liegt mir auch eine Frage auf der Zunge wo ich gerne mal eure Meinungen hören würde. Ich bin seit rund 5 Jahren + Ref an einer relativ großen Grundschule im Süden. Zwischenzeitlich ist unsere Schule auch zur Ganztagesschule geworden. Einigen bei uns im Kollegium geht es wie vielen hier im Forum (so wie ich das hier herauslese), dass der Druck auf uns Lehrer immer größer wird und sich dadurch schon gesundheitliche und familiäre Probleme entwickelt haben. Nun sind wir vor einigen Wochen auch informiert worden, dass sich unsere Schule im kommenden Schuljahr (trotz "Containerunterricht") nochmal um 2 Klassen vergrößert. Derzeit wird nicht nur der Nachmittagsunterricht sondern auch die komplette Nachmittagsbetreuung durch die Lehrkräfte gestemmt. Einige neuere Kolleg*innen haben in der GLK auch mal das Thema Monetarisierung der Nachmittagsbetreuung angesprochen um die Lehrkräfte zu entlasten, da mittlerweile alle inkl. Teilzeitkräfte 2-3 Nachmittage mitmachen. Allerdings hat der Schulleiter auf diese Frage etwas ungehalten reagiert. Eine Monetarisierung käme für SEINE Schule auf gar keinen Fall in Frage, das ist seine Entscheidung und die müssen wir hinnehmen. Es wurden keine Nachfragen zugelassen und eine Begründung gab es auch nicht.


    Wir haben es darauf hin im Kollegium mal überschlagen. Derzeit werden mehr als 56 Deputatsstunden, also 2 Vollzeit Lehrkräfte umgerechnet ausschließlich für die Nachmittagbetreuung eingesetzt. Lehrkräfte die wir eher im Unterricht gebraucht werden können.


    So viel erstmal zur Situation. Primär möchte ich jetzt nicht meinen Schulleiter an den Pranger stellen, bitte nicht falsch verstehen. Was mir unglaublich helfen würde wäre zu verstehen warum unser Schulleiter eine Monetarisierung so wehement ablehnen könnte? Einige von uns tun sich mit so einer Aussage wie: "Das ist meine Einscheidung, finde dich damit ab" ziemlich schwer. Deshalb würde ich gerne mal eure Meinung hören was denn tatsächlich gegen eine Monetarisierung spricht, mal abgesehen von einem vermutlich höhreren Verwaltungsaufwand? Schließlich wird, soweit ich das lesen kann, vom Land ja auch extra Geld für die Monatsriserung von bis zu 50% der Wochenstunden bereitgestellt.


    Grüße, Grumpy

    • Offizieller Beitrag

    was ist mit Monetarisierung gemeint? Das außerunterrichtliche Betreuungsangebot kostenpflichtig (für die Schüler*innen) machen (dadurch kommen weniger SuS -> Entlastung für die KuK?) oder den Kolleg*innen dafür (mehr) Geld geben? (wie entlastet es allerdings einen?)

    Ersteres wäre Sache des Schulträgers (womöglich auf Antrag der Schule), zweiteres erscheint mir unsinnig (in Deutschland)

  • Monetarisierung ist in Niedersachsen möglich und bedeutet, dass die Schule weniger Stunden bekommt und stattdessen ein Budget, mit dem sie Angebote im Ganztag durch externe Kräfte ausbringen kann. Da die in der Regel günstiger sind als Lehrerstunden, kann man ein umfangreicheres Angebot ausbringen, als dies ohne die Monetarisierung möglich ist.


    Haken bei der Sache: die Stunden werden gekürzt und es fallen nicht nur Stellen weg, sondern auch Einsatzmöglichkeiten, die für diejenigen, die sie jetzt bekommen, oft eine Entlastung bedeuten. Beispiel: Die Mittagsbetreuung wird erlassgemäß mit 50% angerechnet. Kapitalisiert man jetzt die Ganztagsstunden und nimmt dafür externe Aufsichten, dann kann auch kein Kollege diese Stunden mehr bekommen. Manch ein Kollege muss aber vielleicht sowieso bis in den Nachmittag da bleiben, isst sowieso in der Mensa und war ganz froh darüber, dabei nebenbei eine Aufsicht machen zu können, für die er eine halbe Stunde bekommen hat.


    Ähnliches gilt für andere Angebote im Ganztag. Es kann schnell passieren, dass das kapitalisierte Budget für neue Dinge ausgegeben wird und der Kollege, der seit 10 Jahren eine AG macht, an der er auch hängt, bekommt dann zu hören "Die Stundenanrechnung kannst du nicht mehr kriegen, weil wir die Stunden kapitalisiert haben, vielleicht, wenn du dich zukünftig vielleicht mit einer statt zwei Stunden zufrieden gibst ... ".


    Ich würde dringen empfehlen, vorher ganz genau zu klären, wer mit den kapitalisierten Mitteln dann was machen soll und was auf Lehrerseite für die fehlenden Stunden dann wegfallen soll.

  • Bitte entschuldigt wenn ich mich unverständlich ausgedrückt habe.


    Mit Monetarisierung ist gemeint, dass die Nachmittagsbetreuung (nicht der Unterricht, nur die Betreuung) teilweise durch Externe erbracht wird. z.B. Musikschulen, Sportvereine etc. die Schule bzw. der Träger bekommt dafür dann ein gesondertes Budget das ausschließlich dafür verwendet werden kann um die Leistung zu bezahlen. So zumindest liest es sich.

  • Sofern es um BW geht:

    Monetarisierung und Mittagspausenbudget - L-Bank


    Die Landeskreditbank Baden-Württemberg - Förderbank (L-Bank) wurde vom Kultusministerium mit der Abwicklung des Ganztagschulbudgets (Monetarisierung und Mittagspausenbudget) beauftragt.


    Ganztagsschulen gemäß § 4 a SchG können zur Einbindung außerschulischer Partner maximal 50 Prozent ihrer zusätzlich zugewiesenen Ganztags-Lehrerwochenstunden monetarisieren und damit verschiedene Angebote außerschulischer Partner (z. B. Vereine, Verbände, Institutionen) im Ganztagsschulbetrieb finanzieren. Die Schulleitung beschließt die Kooperation mit außerschulischen Partnern und entscheidet jedes Schuljahr neu, wie viele Lehrerwochenstunden dafür monetarisiert werden.

    Siehe auch:


    Fragen und Antworten zur Monetarisierung

  • Grumpy, meinst du den offenen oder den gebundenen Ganztag?

    Welches Bundesland (du schreibst vom Süden) ?


    An meiner Grundschule (Bayern) wird der offene Ganztag am Nachmittag (Essen, Aufsichten, Hausaufgabenbetreuung, Spielzeit, viele AGs) nur von Externen gestemmt. Die Externen werden in der Regel dafür bezahlt - es sei denn sie kommen von einem Verein und wollen es unbedingt anbieten. Dafür verantwortlich ist ein Hauptträger und - so weit ich weiß ist auch der Förderverein irgendwie beteiligt.

    Der gebundene Ganztag, den wir auch haben, wird vom Unterricht her am Nachmittag von Lehrern getragen.

    Insgesamt sind ein paar wenige Lehrkräfte ins AG- Angebot für beide Ganztagesformen eingebunden, den Rest machen Externe. Als Problem hat sich bei Externen herausgestellt, die gerne einmal ihr Hobby den Schülern beibringen wollten, dass sie mit ziemlichen Disziplinproblemen zu kämpfen hatten - kein Wunder, wenn man das nicht gewohnt ist.

    Aufsicht macht keine Lehrkraft am Nachmittag oder während der Mittagsschiene, wir, also die Lehrkräfte, haben vormittags eine begrenzte Morgenaufsicht und Pausenaufsicht, dazu die in Bayern an den Grundschulen üblichen Vorviertelstunden, die wie üblich zu den Dienstpflichten gehören und nicht aufs Deputat angerechnet werden.

    An deiner Vermutung ist sicher etwas dran mit der Betreuung. An unserer Schule sind die ganzen Schienen mit einem großen Verwaltungsaufwand verbunden. Die Schulleitung stellt manchmal auch dafür selbst Personal ein. Außerdem müssen Disziplinmaßnahmen Vor- und Nachmittags abgesprochen werden - das ist manchmal ganz schön schwierig, da man nicht unbedingt gelerntes Personal bekommt. An Absprachen arbeitet meine Schule schon jahrelang und inzwischen gibt es dafür extra gemeinsame Konferenzen.

  • Ich nehme fast an, dass es um BW geht. Insofern frage ich mich an der Stelle auch, ob ihr Grumpy73 aktuell zusätzlich zu euren Deputatsstunden en top in der Nachmittagsbetreuung mitwirkt ohne dafür Mehrarbeitsstunden abrechnen zu können infolge zu geringer Stundenzahl/ abzurechnen oder diese Stunden Teil eures Deputats sind?

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Dabei gibt es folgende Probleme:

    • Du musst Personal finden.
    • Das Personal muss (wirtschaftlich) verwaltet werden. Am einfachsten ist das natürlich über einen externen Träger.
    • Die kapitalisierten Stunden müssen "frei" sein. Das heißt in NRW z.B. dass die Schule in der Regel unterbesetzt sein muss. Besetzte Stellenanteile kann man nicht kapitalisieren.
    • Letztlich ist es eine Art Dumpingsystem, was höhere Löhne gegen niedrigere tauscht. Dem kann man natürlich entgegen halten, dass je nach Angebot auch eine niedrigere Qualifikation ausreicht und es z.B. Ressourcenverschwendung ist da einen überqualifizierten Lehrer einzusetzen.

    Letztlich hängt es von der Situation der Schule, dem lokalen pädagogischen Arbeitsmarkt, der Verfügbarkeit von geeigneten Trägern und den gewünschten Angeboten ab, ob das für eine Schule Sinn macht oder nicht.

  • Kleiner Hinweis noch auf mögliche Falle:


    Schule A und B sind beide nur zu 90% versorgt.

    Schule A beschließt, den Ganztag zu kapitalisieren, dadurch werden 25 Lehrerstunden in ein Budget umgewandelt, den Ganztag machen ab da externe Kräfte, die Versorgung steigt formal auf 100%

    Behörde sieht, dass Schule A jetzt zu 100% versorgt ist und B immer noch nur zu 90% und ordnet eine Lehrkraft mit halber Stelle von Schule A an Schule B ab.


    Sicher stark vereinfacht aber das Kernproblem ist tatsächlich so: Durch Kapitalisierung sinkt die Zahl euch zustehender Lehrerstunden, bei gleichem Personal steigt damit gleichzeitig die formale Versorgung und man wird weniger Neueinstellungen bekommen und eher abordnen müssen.

  • Insofern ist die Weigerung eures Schulleiters, so zu verfahren, eigentlich ein Schutzgedanke für das Kollegium. Die Hoffnung, dass durch Monetarisierung von Ganztagesstunden auf einmal Kapazitäten für die Regelversorgung freiwerden und damit innerhalb des geschlossenen Systems umdisponiert werden könnte, dürften sich nicht erfüllen.

  • Gegen eine Monetarisierung spricht je nach Schulstandort auch, dass man gar nicht ausreichend viel (geschweige denn qualifiziertes) "Personal" für eine externe Gestaltung des Nachmittagsbereichs findet. Und das jedes Jahr wieder, da eine Monetarisierung nicht immer wieder gewechselt werden kann (in NDS ist der Stichtag für eine entsprechende Mitteilung im Dezember - wer kann da schon abschätzen, wie im nächsten Sommer der "Personalmarkt" beim lokalen Sportverein o.ä. aussehen wird.)


    Wenn irgendwas im Ganztagsbereich nicht klappt, z.B. von Eltern als unzureichend wahrgenommen wird, hat die Schule (zunächst die Klassenlehrkraft, dann Schulleitung und Verwaltung) viel Kommunikation in alle möglichen Richtungen zu erledigen. Ohne allzuviel Einfluss nehmen zu können, solange das Angebot vertragsgemäß ausgestaltet wird. (Denn die Verantwortung etc. liegt dann beim jemand Externen, die Schulleitung ist hier nicht/kaum weisungsbefugt, denn ansonsten kann hier durchaus ein (ungewollter) unbefristeter Arbeitsvertrag mit dem Land entstehen, das Land würde sich Schadensersatz bei eurem Schulleiter vorbehalten.)


    Für eine Durchführung des Ganztagsbereichs durch Lehrkräfte (und somit gegen die Monetarisierung) spricht ebenfalls so einiges. Ich habe mir mal sagen lassen, dass es an Grundschulen teilweise schwierig ist, Vollzeit zu arbeiten, weil im Vormittagsbereich gar nicht ausreichend viele Stunden zur Verfügung stehen. Da sind dann Nachmittagsstunden sehr hilfreich. Im Ganztag lernt man (zumindest in der Sek I+II) die SuS noch einmal ganz anders kennen, das ist ein sehr sinnvoller Einblick. Vorbereitung und Nachbereitung der Mittagsaufsichten, Spielangebote, Arbeitsgemeinschaften sind auch deutlich einfacher (weniger zeitintensiv) als Unterricht (z.B. mit der Korrektur von Klassenarbeiten/Klausuren - ist vielleicht wieder anders im Vergleich zwischen Grundschule und Sek I+II).

  • Insofern ist die Weigerung eures Schulleiters, so zu verfahren, eigentlich ein Schutzgedanke für das Kollegium. Die Hoffnung, dass durch Monetarisierung von Ganztagesstunden auf einmal Kapazitäten für die Regelversorgung freiwerden und damit innerhalb des geschlossenen Systems umdisponiert werden könnte, dürften sich nicht erfüllen.

    So einen Schutzgedanken könnte und müsste man dann aber halt auch einfach erläutern als SL, damit man sein Kollegium nicht abhängt, nur weil ein derartiger Hintergrund nicht mit bedacht wurde/werden konnte.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Ich habe mir mal sagen lassen, dass es an Grundschulen teilweise schwierig ist, Vollzeit zu arbeiten, weil im Vormittagsbereich gar nicht ausreichend viele Stunden zur Verfügung stehen. Da sind dann Nachmittagsstunden sehr hilfreich

    Das ist definitiv Quatsch.

    In NRW haben wir 28 Deputatsstunden in der Woche… bei uns hat niemand mehr als 6h am Tag Unterricht ( AG‘s gibt es, die durchaus auch von Kuk‘s geleitet werden… die haben dann an einigen Tagen früher Schluss )… so kommt man auf 30h.. sprich es passt und man hat wenige ( eigentlich keine) Springstunden was ich sehr schätze..

  • In NRW haben wir 28 Deputatsstunden in der Woche… [...] … so kommt man auf 30h..

    Das Problem hat in der Grundschule doch der Stundenplaner. Wenn da jemand eine volle Stelle hat, muß der im Plan mit 28 Stunden versorgt werden, die Schüler sind aber im Extremfall nur 30 Stunden/Woche da. Mehr als zwei Springstunden darf sich der Stundenplaner also nicht erlauben, um die volle Stelle zu versorgen. Noch extremer wird es, wenn jemand mit voller Stelle eine 1. Klasse unterrichtet, die täglich nur bis zur 4. Stunde da ist. Damit werden bestenfalls 20 Stunden abgedeckt, eher noch weniger, weil nicht jeder Sport, Religion etc. unterrichten darf.


    Zwei Teilzeitkräfte mit jeweils 14 Deputatsstunden sind da für den Stundenplaner wesentlich angenehmer zu verplanen als eine Vollzeitkraft mit 28 Stunden. Die beiden Teilzeitkräfte können nämlich auch parallel in zwei Klassen ran.

  • Mein Mann ist Konrektor und hatte noch nie Probleme damit die vollen Kollegen unterzubringen.

    Ich persönlich kenne auch keine kuk‘s die an der Grundschule überhaupt Springstunden haben,

    Schwerer sind eher die Wünsche wie erst zur 2. oder Tag x möchte ich frei etc.


    Mein Mann hat eine Kollegin die möchte mit Vollzeitstelle einen freien Tag Montags oder Freitags..und sie bekommt ihn.. manchmal schüttel ich nur den Kopf über die Wünsche, als auch über meinen Mann der jeden Quatsch tatsächlich berücksichtigt und daher den Plan gerne x Mal überarbeitet..


    Er war mal wieder so dumm und hat den Stundenplan schon letzte Woche ( mit allen Wünschen) erstellt und auch allen zur Verfügung gestellt… oh Wunder oh Wunder.. jetzt gibt es neue Wünsche 🤬🤬

  • @NRW-Lehrerin

    Werdet ihr als Lehrer trotz Ganztagsschule nicht am Nachmittag eingeplant? Das ist bei uns nämlich üblich. 2 Nachmittage sind hier normal, bei viel Pech sogar 3.

  • Nein, die OGS Stunden übernimmt ein Träger. Eine gewisse Anzahl an Stunden übernehmen kuk‘s.

    Ich glaube so um die 7.. die sind dann HA Betreuung in der 5./6. Stunde oder AGs

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