Suche Beratung: Vom Ingenieur zum Lehrer werden

  • Ich frage mich wirklich, ob du die warnenden Stimmen, die dem Klischeebild vom "energiesparenden Halbtagslehrer" widersprochen haben, einfach alle ignoriert hast.

    Ingenieur123 ist nicht der ursprüngliche Ersteller dieses Threads (wenn der sich nicht gerade neu angemeldet hat, wovon ich mal nicht ausgehen möchte), das war LonySZ, der ist der Adressat der warnenden Stimmen. Aber erfahrungsgemäß wird der die auch nicht wahrnehmen, bei so was verarbeiten die Leute meist nur das, was sie hören möchten.

  • Ich merke, dass ich als Ing. meinen Körper sehr vernachlässigt habe, da keine Zeit und Energie.

    Vielleicht hat das nichts mit deinem Beruf zu tun, sondern mit deiner psychischen Verfassung? Du liest dich für mich vor allem erschöpft. Ob es dir durch einen kompletten Wechsel besser geht, kann keiner wissen. Ich würde den Wechsel allerdings lieber aus einer gestärkten Position heraus starten und nicht aus dem Zustand der Selbstvernachlässigung und Vorstellung, dass die geringere Verantwortung im Lehramt automatisch zur geringeren Erschöpfung führen wird. Wenn ich falsch liege: go for it, wozu grübeln, wenn da Kraft zur Veränderung und Vorfreude aufs Unterrichten ist?

  • Vorsicht: OBAS erfordert eine hohe Resilienz und die Fähigkeit, sich im Rahmen des machbaren anzupassen und Ratschläge anzunehmen und sie versuchen umzusetzen. Gleichzeitig wird erwartet, dass du eine vollständig fertige Lehrkraft bist, mit allem was dazugehört. Und das sagt dir evtl keiner, sondern findest du nach und nach selbst raus. Das kostet Kraft. Der Spagat zwischen diesen beiden Spannungsfeldern ist psychisch und auch zeitlich sehr sehr sehr fordernd. Zeit für Sport hatte ich jedenfalls nicht. Auch ansonsten hab ich nicht wirklich gesund gelebt. Das war eine echt harte Zeit. Und die dauert lange. Wenn du jetzt grad völlig erschöpft bist, ist das nicht grad eine gute Zeit für einen solchen Wechsel.

  • Ich glaube, ich habe mich zu negativ ausgedrückt. :D

    Ja, mir ist bewusst, dass ich im OBAS viel Stress haben werde. Jedoch bin ich aktuell noch in einem Alter, wo ich es mir zutrauen kann.

    Mich reizt am Lehrerberuf, dass ich meinen Unterricht relativ frei (natürlich nach Lehrplan) gestalten kann und meine Zeit zum Teil selbst einteilen kann. Auch der nicht mehr vorhandene Erfolgsdruck der Industrie könnte den Kopf frei für kreative Ideen machen.

    Ein Wechsel zurück in die Industrie sollte in zwei Jahren weiterhin möglich sein, auch wenn ich mir den Lebenslauf dadurch etwas ankratze. Also, wenn mir das OBAS gar keinen Spaß machen sollte. Oder seht ihr dafür schwarz? Einmal raus, immer raus?

  • Also, wenn mir das OBAS gar keinen Spaß machen sollte. Oder seht ihr dafür schwarz? Einmal raus, immer raus?

    Aktuell sicher nicht. Kann in einigen Jahren natürlich anders aussehen, aber ich vermute, dass du noch ne zeitlang gut unterkommen wirst.

  • Das wird als Lehrer denke ich besser.

    Nerin. Nichts wird einfach so besser, schlechter, anders oder heller. Man kann sich um sich kümmern, als Ingeneurin genau so, wie als Lehrerin oder als Müllfrau.


    Wenn dir in der einen Rolle

    Zeit und Energie

    fehlt, dann auch in der anderen. Insbesondere Energie gewinnst du nicht, durch den Wechsel. Und mit der Zeit, das könnte kritisch werden. Die Vertrauensarbeitszeit, als die Vorgabe der Dienstherrin, dass du dir vieles selbst einteilt, ist verdächtig dafür, dass wenig Zeit bleibt.


    Körperlich Aktivität, Sport, Bewegung, das ganze Programm halte ich auch für wichtig. Das nimmt für mich einen hohen Stellenwert ein. Danach teile ich mir meine Zeit ein. Das ging übrigens bei meiner vorherigen Tätigkeit einfacher, als Lehrerin musste ich das erst wieder lernen.

  • Ich klinke mich hier mal ein, da ich aktuell auch am überlegen bin, mich für einen Quereinstieg ins Lehramt für berufliche Schulen in Richtung IT zu bewerben. Das Bundesland wäre übrigens Bayern.


    Ich konnte schon etwas Erfahrungen an der Schule sammeln. Während Corona habe ich für eine längerfristig erkrankte Lehrkraft an der Realschule ausgeholfen. Dort hielt ich hauptsächlich klassischen Frontalunterricht in allgemeinbildenden Fächern. Der Quereinstieg wäre dann wohl direkt an die Berufsschule. Das gefällt mir einerseits weil ich gerne Lehrer sein möchte, andererseits habe ich etwas Zweifel ob denn gerade das berufliche Lehramt das Richtige für mich ist. Schließlich muss ich ein Referendariat machen, das soll sehr hart sein und muss sich lohnen. Wenn man dann währenddessen ins Grübeln kommt wird es vermutlich sehr schwierig.


    Mir hat das Arbeiten mit Menschen sehr gut gefallen (insbesondere mit den Schülern). Das ist so ganz anders als der öde Bürojob den ich aktuell wieder mache. Die Zeit geht rum, es gibt immer etwas zu tun. Ich habe auch geschätzt, dass ich so frei und selbstbestimmt arbeiten konnte. Und scheinbar war mein Unterricht für einen Quereinsteiger auch ganz ordentlich. Klar, der fachliche Anspruch ist jetzt nicht wahnsinnig hoch an der Realschule aber es gab andere Probleme zu bewältigen, was mir gut gelungen ist. Grundsätzlich traue ich mir den Beruf "Lehrer" ganz allgemein also durchaus zu.


    Was mich etwas stört ist, dass man an einer Berufsschule ja keinen allgemeinbildenden Unterricht hält, sondern fachpraktischen. Die Bereitschaft mich mit ökonomischen Interessen (Ausbildungsbetrieb/IHK usw...) auseinander zu setzen ist auch gering, da ich eher ein humanistisches Bildungsideal vor Augen habe und nicht alles gut für Schüler ist nur weil die Wirtschaft heute gerade etwas und morgen was anderes akut braucht. Außerdem erwirbt man im Quereinstieg scheinbar eine Lehrbefähigung nur für die berufliche Fachrichtung und für kein Unterrichtsfach (kannte ich so bisher nicht). Gerade im Bereich IT ändert sich alle 5 Minuten irgendwas und ich muss wohl deutlich öfter als an anderen Schulformen mein Material neu erstellen. Und zuletzt habe ich selbst keine Ausbildung gemacht, sondern habe studiert und war auf dem Gymnasium. Direkt in der IT gearbeitet habe ich jetzt auch nie aber das haben grundständig ausgebildete Lehrkräfte auch nicht. Kurz gesagt: Ich bin bestimmt ein guter Fach-Experte von meinem Studium her aber ein mäßiger Berufspraktiker.


    Einen Quereinstieg ins Gymnasium oder die Realschule kann ich nicht machen, da ich dafür die falsche Vorbildung habe bzw. nur eines der gesuchten Fächer abbilden kann. Ich wäre gerne Lehrer, habe aber aktuell nur die oben beschriebene Option. Folglich weiß ich nicht so recht, was ich tun soll. Sind die Bedenken eurer Meinung nach gerechtfertigt?

  • Studiert habe ich Wirtschaftsinformatik an der FH, also Informatik und Wirtschaft oder Politik und Gesellschaft wären ableitbar. Mathe eher nicht beziehungsweise das reicht wenn dann nur bis zu 10. Klasse oder Realschule.

    Das Bundesland wechseln kommt eigentlich nicht infrage, jedenfalls dann nicht, wenn ich mich nicht irgendwann wieder in die Heimat zurück versetzen lassen kann.

  • Ich habe einen Master. Der Quereinstieg mit FH-Master ist in Bayern aktuell an berufliche Schulen und an der Mittelschule möglich. Letztere möchte ich ausschließen, bei den beruflichen Schulen bestehen die oben ausgeführten Bedenken.

    Für die Realschule und das Gymnasium braucht man hier einen Uni-Master, was ich absolut nicht nachvollziehen kann, da seit der Umstellung auf Bachelor/Master die Abschlüsse eigentlich gleichwertig sind. Als ob man da irgendwas Zusätzliches von Relevanz lernen würde. Ich habe genauso 5 Jahre studiert und einen Masterabschluss mit 300 ECTS Punkten wie jeder Uni-Absolvent auch. Aber so ist es eben im Moment, das sind die gegebenen Rahmenbedingungen.


    Mir geht es hier primär darum herauszufinden, ob die Berufsschule etwas für mich sein könnte. Wenn nicht, habe ich aktuell leider keine Möglichkeit eines Quereinstiegs. Hier gibt es doch sicher einige Berufsschullehrer?

  • Mir geht es hier primär darum herauszufinden, ob die Berufsschule etwas für mich sein könnte. Wenn nicht, habe ich aktuell leider keine Möglichkeit eines Quereinstiegs. Hier gibt es doch sicher einige Berufsschullehrer?

    Ja, gibt es - wobei ich nicht "Berufsschullehrerin" sondern "Lehrerin an berufsbildenden Schulen" bin, da es in NDS meines Wissens keine reinen Berufsschulen gibt (wir haben immer auch berufliche Vollzeitbildungsgänge an unseren BBS). Und damit wären wir schon bei einem Problem: Bildung ist Ländersache, was u. a. dazu führt, dass der Seiteneinstieg in jedem Bundesland unterschiedlich organisiert ist. Außer der Userin Veronica Mars fallen mir jetzt ad hoc keine (regelmäßig anwesenden) User*innen hier im Forum ein, die in BY tätig sind und dir über das dortige berufliche Schulwesen und ggf. den Seiteneinstieg Infos geben könnte.

    Und zuletzt habe ich selbst keine Ausbildung gemacht, sondern habe studiert und war auf dem Gymnasium. Direkt in der IT gearbeitet habe ich jetzt auch nie

    Diese fehlende Berufspraxis könnte evtl. ein Problem sein. Hier in NDS müssen BBS-Quereinsteiger*innen (so nennt man hier den Seiteneinstieg) einschlägige berufspraktische Tätigkeiten nachweisen müssen; ob das in BY auch so ist, weiß ich nicht. Übrigens: Nicht nur die Quereinsteiger*innen, auch diejenigen, die das Lehramt BBS in NDS grundständig studieren, müssen eine mind. 52wöchige berufspraktische Tätigkeit in der beruflichen Fachrichtung, die sie studieren, nachweisen. Von daher stimmt deine Aussage

    Direkt in der IT gearbeitet habe ich jetzt auch nie aber das haben grundständig ausgebildete Lehrkräfte auch nicht.

    für die BBS in NDS so nicht. Sehr viele Lehrkräfte an unseren BBSn haben vor Aufnahme ihres Lehramtsstudiums eine Ausbildung in ihrer beruflichen Fachrichtung gemacht.


    Im Übrigen würde ich dir - wenn es für dich denn überhaupt in Frage kommt und von deinen Voraussetzungen her die Möglichkeit besteht, den Seiteneinstieg an einer beruflichen Schule zu machen - dringend empfehlen Praktika an einer oder besser mehreren beruflichen Schulen in deiner Nähe zu absolvieren, um einen Einblick in diese Schulform zu gewinnen.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Diese Möglichkeit habe ich leider nicht. Ich muss anhand der mir vorliegenden Informationen entscheiden. Sicher kann ich sagen, dass ich an einer allgemeinbildenden Schule besser aufgehoben wäre (Vorstellung eines neuhumanistischen Bildungsideales), doch da führt aktuell eben kein Weg rein.


    Würdet ihr sagen, dass der Unwille sich auf die Bedürfnisse der Industrie einzustellen einen für die Berufsschule disqualifiziert? Bei IT-Berufen ändert sich eben viel ziemlich schnell. Für mich ist nicht ganz klar wieviel dieser Dynamik auf die Berufsschule durchschlägt. Auf jeden Fall wird es wohl etwas anderes sein als in der gymnasialen Oberstufe theoretische Konzepte der Informatik (z.B. Datenstrukturen) zu unterrichten.


    Ich kann die Fachtheorie lehren doch habe ich keine Ahnung von der Fachpraxis.

  • Diese Möglichkeit habe ich leider nicht.

    Warum denn das bitte nicht?! Sei mir nicht böse, aber wenn da so keinerlei Initiative deinerseits besteht, mal eine oder mehrere deiner eventuellen zukünftigen Arbeitsplätze von innen anzuschauen, solltest du dich nicht für eine berufliche Zukunft als Lehrkraft entscheiden.

    Würdet ihr sagen, dass der Unwille sich auf die Bedürfnisse der Industrie einzustellen einen für die Berufsschule disqualifiziert?

    Ja. An einer Berufsschule werden schließlich die Azubis des dualen Systems in der Theorie ausgebildet. Also müssen wir uns als berufliche Schulen selbstverständlich auf die "Bedürfnisse" der Industrie/der (Ausbildungs)Betriebe einstellen und mit ihnen - die den praktischen Bereich der Ausbildung übernehmen - eng kooperieren.

    Ich kann die Fachtheorie lehren doch habe ich keine Ahnung von der Fachpraxis.

    Wie ich schon schrieb: Aufgrund fehlender Berufspraxis in der von dir "angepeilten" beruflichen Fachrichtung könnte es sein, dass ein Seiteneinstieg im beruflichen Schulwesen für dich evtl. (noch - solange du diese nicht nachholst) gar nicht in Frage kommt. In NDS wäre das zumindest der Fall; für BY weiß ich es halt nicht.


    Ich werde mich hier nun aber nicht weiter äußern, sondern erstmal abwarten, ob Veronica Mars sich noch meldet.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Studiert habe ich Wirtschaftsinformatik an der FH, also Informatik und Wirtschaft oder Politik und Gesellschaft wären ableitbar. Mathe eher nicht beziehungsweise das reicht wenn dann nur bis zu 10. Klasse oder Realschule.

    Informatik ableiten -- klar. Mathe ableiten -- hat bei mir geklappt. Wirtschaft ableiten -- okay, vermutlich machbar wg. BWL-Vorlesungen.


    Aber Politik und Gesellschaft? Ich wüsste nicht, wo das auch nur ansatzweise in meinem WInfo-Studium drin gewesen wäre...


    Gruß, XeleX

  • Diese Möglichkeit habe ich leider nicht. Ich muss anhand der mir vorliegenden Informationen entscheiden. Sicher kann ich sagen, dass ich an einer allgemeinbildenden Schule besser aufgehoben wäre (Vorstellung eines neuhumanistischen Bildungsideales), doch da führt aktuell eben kein Weg rein.

    Eine wichtige Entscheidung diesen Ausmaßes zu treffen ist sicher wichtig genug, um mal ein paar Tage Urlaub zu opfern und in den Job reinzuschnuppern. Wer Weg ins Lehramt ist steinig und umso ärgerlicher, wenn dann die Vorstellungen und Realität weit auseinander klaffen. Leider schon oft genug erlebt.


    EDIT: Humblebee hats auch schon gesagt. Habs erst danach gelesen, weil ich darauf sofort antworten wollte.

  • Wenn dich der folgende Punkt sehr umtreibt (Würdet ihr sagen, dass der Unwille sich auf die Bedürfnisse der Industrie einzustellen einen für die Berufsschule disqualifiziert?), schau doch mal in die entsprechenden Lehrpläne rein. Die kann man eigentlich in jedem Bundesland für alle Bildungsgänge einsehen. Und auch wenn man in seinen Fächern natürlich bei den neuesten Entwicklungen am Ball bleiben möchte und diese mit einbezieht und beachtet, ist das, was dort steht, bindend und ändert sich auch nicht ganz so häufig. Vielleicht hilft dir das ja noch etwas weiter?

    (Eine zumindest kurze Hospitation würde ich aber echt empfehlen, da die Realität an Schule, also wie Unterricht tatsächlich abläuft (inklusive Störungen, den sehr gemischten Lernausgangslagen, dem ganzen Drumherum, was neben dem Unterricht selbst noch anfällt), schon überraschen kann.)

  • Schwierig. Der Punkt ist wohl eher dass ich momentan keinen Urlaub bekomme. Aber es ist ja noch ein bisschen hin bis zum nächsten Termin.


    Kann es sein, dass eine 50% Aushilfe an der Realschule einfach nicht besonders aussagekräftig für eine jahrelange 100% Stelle an einer Berufsschule ist? Ich meine auf unterschiedliche Leistungsstände musste ich mich da eigentlich gar nicht einstellen. Und die Unterrichtsvorbereitung war mit etlichen Parallelklassen natürlich auch sehr überschaubar. Nachbereitung gab es keine, abgesehen von Korrekturen. Bei einem Stundendeputat von ich glaube 12 Stunden musste ich vielleicht 4 wirklich vorbereiten. Ich konnte dieselbe Stunde 4 mal halten (und prüfen).


    Ich fürchte mich nämlich auch davor, dass ich bei meiner lockeren Erfahrung einem Trugschluss aufgesessen bin und der Lehreralltag deutlich härter ist als gedacht. Bisher war ich der Meinung es lag mir einfach sehr gut. Ein abgebrochenes Ref wäre für meine Karriere wohl der Todesstoß

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