Satirevideos als verbeamteter Lehrer?

  • Hallo,


    vielleicht eine ungewöhnliche Frage, aber wie schätzt ihr folgende theoretische Situation ein:

    - verbeamter Lehrer (nennen wir ihn Herr Blaustein) möchte bei social media satirisch/witzige Videoclips reinstellen, die in der Freizeit erstellt wurden, ohne Gewinnabsicht etc. pp. (sodass es das Dienstgeschäft nicht beinträchtigt wird etc.)

    - die Clips beleuchten neben Alltagsthemen auch teilweise politische und so werden (in der Satire) dann auch öffentliche Institutionen kritisiert

    - die Witze wären (bei den politischen) am ehesten mit dem Niveau und der Ausrichtung der heute show zu vergleichen (also nichts beleidigendes / strafbares / etwas am rechten oder linken Rand), sondern eben satirisch-kritisch und basieren auf öffentlich zugänglichen Informationen

    - die Aufmachung der Videos verrät stets, dass sie witzig / satirisch gemeint sind; Blaustein versteckt sein Gesicht über Filter o.a.


    Darf Blaustein das?

    Mir geht es um den Punkt, dass einige öffentliche Institutionen in der Satirebotschaft nicht gut wegkommen. Das heißt, eigentlich werden sie kritisiert.

  • Die Fallbeschreibung ist zu unkonkret, um das wirklich einschätzen zu können. Daher möchte ich zumindest den Hinweis hinterlassen, dass Beamten die "Flucht in die Öffentlichkeit" untersagt ist. Das bedeutet im Wesentlichen, dass verwaltungsinterne Konflikte auch intern zu klären sind und gerade nicht durch eigenmächtige Veröffentlichung über Medien nach außen getragen werden dürfen.

    • Offizieller Beitrag

    Die Fallbeschreibung ist zu unkonkret, um das wirklich einschätzen zu können. Daher möchte ich zumindest den Hinweis hinterlassen, dass Beamten die "Flucht in die Öffentlichkeit" untersagt ist. Das bedeutet im Wesentlichen, dass verwaltungsinterne Konflikte auch intern zu klären sind und gerade nicht durch eigenmächtige Veröffentlichung über Medien nach außen getragen werden dürfen.

    Wie ist eigentlich Bob Blumes Kanal und "Arbeit" in dem Zusammenhang einzuordnen?
    verwaltungsintern ist es ja alles nicht, aber wir sind uns sicher einig, dass er das System und die Politik in der Öffentlichkeit kritisiert.

  • Ein (verbeamteter) Lehrer darf politisch aktiv sein und auch politische Entscheidungen kritisieren bzw. zu diesen Stellung nehmen. Das schließt auch die Bildungspolitik mit ein. Andernfalls wäre es ja Lehrern - auch wenn sie freigestellt sind - ja gar nicht möglich, in der Politik tätig zu sein.


    Wenn es um konkrete Vorgänge an der eigenen Schule gehen sollte - also interne Konflikte - wäre, wie zuvor schon genannt, ein öffentliches Austragen ein Dienstvergehen.


    Politisch-satirische Videos zur Bildungspolitik hingegen wird ein Gericht nicht mal "eben so" verbieten. Sollte der Dienstherr einem dies untersagen, müsste man eben die Gerichte entscheiden lassen.

  • Zitat

    Fall 3: Leserbrief geschrieben

    Ein Lehrer nennt in einem kritischen Leserbrief über die aktuelle Schulsituation Fakten seiner Schule. Der Leserbrief ist nur mit seinem Namen, nicht mit seiner Amtsbezeichnung unterschrieben. Nach der Veröffentlichung wird er von seinen Vorgesetzten zu einer Stellungnahme aufgefordert, er habe gegen seine Loyalitätspflicht verstoßen.

    [...]

    Im dritten Fall kann sich der Beamte als Bürger im Rahmen der freien Meinungsäußerung selbstverständlich auch in einem Leserbrief kritisch mit dem Schulsystem auseinandersetzen, solange er dabei nicht seine berufliche Situation kritisiert und nicht den Eindruck erweckt, als Beamter beziehungsweise als Lehrer zu kritisieren (etwa durch Verwendung seiner Amtsbezeichnung). Inwieweit gegen die Amtsverschwiegenheit tatsächlich verstoßen wurde, muss im konkreten Einzelfall durchleuchtet werden. Sind benannte Fakten wahr, offenkundig oder erwirken wegen ihrer mangelnden Bedeutung keine Verschwiegenheitspflicht, kann der Leserbriefschreiber ebenfalls nicht belangt werden.

    https://www.bllv.de/vollstaend…ntlich-schule-kritisieren


    Zitat

    Was gilt in der Freizeit?

    Außerhalb des Schulbetriebs steht es beamteten und angestellten Lehrkräften als Privatpersonen grundsätzlich frei, sich politisch zu äußern und zu betätigen. So darf ein Lehrer als Privatperson etwa auch die Bildungspolitik etc. seines Landes öffentlich kritisieren. Einschränkungen ergeben sich durch das „Mäßigungsgebot“. Mit Rücksicht auf seine Stellung gegenüber der Allgemeinheit ist eine bestimmte Form zu wahren. Kritik sollte stets besonnen, tolerant und sachlich geäußert werden. Inhaltliche Einschränkungen folgen, wie für jeden anderen Bürger, zunächst aus den Strafgesetzen, wonach beleidigende oder verleumderische Äußerungen verboten sind, vgl. §§ 185 ff. StGB. Zudem wird die Meinungsfreiheit von Lehrern auch in ihrer Freizeit durch ihre Pflicht zur Verfassungstreue beschränkt. Zwar ist es ihnen als Privatmann unbenommen, die bestehenden politischen, rechtlichen und auch verfassungsrechtlichen Verhältnisse zu kritisieren. Hinsichtlich der freiheitlichen demokratischen Grundordnung muss jedoch zumindest ein „Minimalkonsens“ bestehen. So wäre z.B. ein öffentliches Sympathisieren mit rechtsextremem Gedankengut unzulässig. Insoweit ist bereits jeglicher „böser Schein“ zu vermeiden.

    Immer ist eine klare Trennung zwischen dem Lehreramt und privater Teilnahme am politischen Meinungskampf einzuhalten. In einer Grauzone bewegt sich ein Lehrer demnach, wenn er sich unter Verwendung seiner Amtsbezeichnung, etwa in Leserbriefen, in eine öffentliche Diskussion einschaltet. Nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 1983 kann darin ein sachlich nicht gerechtfertigter Missbrauch des „Amtsbonus“ liegen, wenn der Lehrer seiner Meinung durch den Hinweis auf sein Amt ein gegenüber anderen Staatsbürgern höheres Gewicht verleihen will. Allerdings hat sich offenbar auch insoweit die öffentliche Wahrnehmung geändert. So bezweifelt das Verwaltungsgericht Münster in einer Entscheidung aus dem Jahre 2014, ob heutzutage eine aufgeklärte Öffentlichkeit einem Amtsträger wirklich noch einen Bonus in dem Sinne zuerkennt, dass seine Meinung schon allein wegen seiner Amtsstellung als besonders maßgeblich und verbindlich angesehen wird. Unabhängig von diesen rechtlichen Erwägungen dürfte es jedoch auch immer eine Frage des guten Stils sein, durch gute Argumente überzeugen zu wollen und sich nicht hinter seiner Amtsbezeichnung zu verstecken.

    https://info.wolterskluwer.com…im-fokus-meinungsfreiheit

  • So bezweifelt das Verwaltungsgericht Münster in einer Entscheidung aus dem Jahre 2014, ob heutzutage eine aufgeklärte Öffentlichkeit einem Amtsträger wirklich noch einen Bonus in dem Sinne zuerkennt, dass seine Meinung schon allein wegen seiner Amtsstellung als besonders maßgeblich und verbindlich angesehen wird.

    Ich lieg gleich unterm Tisch. :D

  • Wie ist eigentlich Bob Blumes Kanal und "Arbeit" in dem Zusammenhang einzuordnen?
    verwaltungsintern ist es ja alles nicht, aber wir sind uns sicher einig, dass er das System und die Politik in der Öffentlichkeit kritisiert.

    Den kenne ich offen gestanden nicht, schau ich mir gerne mal an. k_19 hat meines Erachtens bereits ganz gut zusammengefasst, was geht und was nicht geht. Dem schließe ich mich vollkommen an:

    Ein (verbeamteter) Lehrer darf politisch aktiv sein und auch politische Entscheidungen kritisieren bzw. zu diesen Stellung nehmen. Das schließt auch die Bildungspolitik mit ein. Andernfalls wäre es ja Lehrern - auch wenn sie freigestellt sind - ja gar nicht möglich, in der Politik tätig zu sein.


    Wenn es um konkrete Vorgänge an der eigenen Schule gehen sollte - also interne Konflikte - wäre, wie zuvor schon genannt, ein öffentliches Austragen ein Dienstvergehen.

    Da aus dem Eröffnungsbeitrag gerade nicht hervorging, wie konkret es werden soll, war mir der Hinweis auf diese Grenze wichtig.

    • Offizieller Beitrag

    Ergänzende Frage (@Seph?): Wenn Blaustein wartet, bis er pensioniert ist, darf er dann öffentlich ablästern? Ich frage für einen Freund...

    Die Pensionierung bedeutet nur, dass man nicht mehr arbeiten muss. Blaustein bleibt ja Beamter, somit gelten die bisherigen Regelungen auch für ihn weiter.

    • Offizieller Beitrag

    Ja, wie k_19 hätte ich es selbst auch "behauptet", muss aber zugeben, dass ich mich oft gefragt habe, wie es bei Bob Blume in der Schule ist. So öffentlich ist kaum ein anderer aktiver Lehrer, er unterrichtet aber "weiterhin" voll, hat seine Aufgaben, also auch Schüler*innen, Eltern und Schulleitung. (Er sagt aber nichts, was nicht stimmt und auch nichts zu seiner Schule)

  • Was du in Bezug auf Blaustein beschreibst ist kein spezifischer Fall, sondern allgemeines Tun. Gemäß der ADO (§3 Abs. 2) gilt: »Zu den beamtenrechtlichen Pflichten gehört es, das Amt unparteiisch und gerecht zu führen und sich für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzusetzen, bei politischer Betätigung Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren (§ 33 BeamtStG), sich amtsangemessen zu verhalten.«

    Vorstellen kann ich mir nicht ein allgemeines Verbot. Ob einzelne solcher Videoclips zu verbieten sind, ist sicherlich sehr kontextsensitiv.

  • ... und basieren auf öffentlich zugänglichen Informationen

    ...

    Mir geht es um den Punkt, dass einige öffentliche Institutionen in der Satirebotschaft nicht gut wegkommen. Das heißt, eigentlich werden sie kritisiert.

    Ich sehe es wie oben erläutert: Wenn du keine internen Querelen ausbreitest und nichts Demokratiegefährdendes äußerst, sollte politische Satire als solche kein Problem darstellen. Also auch öffentlich zugängliche Informationen über das Bildungssystem zu verwursten ist m.E. erlaubt.


    Mit der Lustigkeit ist es ja immer so ne Sache. Ich würde damit rechnen, dass dich früher oder später jemand erkennt und dann sollte dir vielleicht nichts über die Maßen peinlich sein. Wenn auch das natürlich nicht verboten ist :P

  • Die Pensionierung bedeutet nur, dass man nicht mehr arbeiten muss. Blaustein bleibt ja Beamter, somit gelten die bisherigen Regelungen auch für ihn weiter.

    Nach der Pensionierung wird es aber schwierig werden Interna preis zu geben oder den Eindruck zu erwecken, dass man als Amtsperson handelt. Sofern ich nicht gerade über meine alte Wirkungsstätte berichte, sollte eine übliche Meinungsäußerungen dann immer unproblematisch sein. Das gilt natürlich nicht für Straftaten oder Aussagen vom linken oder rechten Rand der Gesellschaft.

  • Ein (verbeamteter) Lehrer darf politisch aktiv sein und auch politische Entscheidungen kritisieren bzw. zu diesen Stellung nehmen. Das schließt auch die Bildungspolitik mit ein. Andernfalls wäre es ja Lehrern - auch wenn sie freigestellt sind - ja gar nicht möglich, in der Politik tätig zu sein.


    Wenn es um konkrete Vorgänge an der eigenen Schule gehen sollte - also interne Konflikte - wäre, wie zuvor schon genannt, ein öffentliches Austragen ein Dienstvergehen.

    Ja, das verstehe ich. Darum würde es nicht gehen. Auch wegen dem Feedback der anderen werde ich zumindestens teilweise genauer ;) . Es geht Blaustein garnicht mal direkt um die Bildungspolitik (wobei da auch etwas vorstellbar wäre), sondern um andere öffentliche Institutionen, z.B. das Ordnungsamt oder Auslandsvertretungen (Botschaften). Gerade bei letzteren wäre politische Kritik eher erkennbar.


    Weil Blaustein selbst Erfahrung/Wissen (als Bürger bzw. Ehemann einer Ausländerin) mit diesen hat, möchte er dies satirisch aufarbeiten. Also keine Interna o.a. weil er dort nie gearbeitet hat.


    @k_19

    Interessante und hilfreiche Zusammenstellung, danke!

    Dass Blaustein selbst Beamter ist würde nie thematisiert werden bzw. geht aus den Videos nie heraus, er würde damit keine Werbung o.a. machen um seiner Meinung mehr Gewicht zu verleihen.

  • Es geht Blaustein garnicht mal direkt um die Bildungspolitik (wobei da auch etwas vorstellbar wäre), sondern um andere öffentliche Institutionen, z.B. das Ordnungsamt oder Auslandsvertretungen (Botschaften). Gerade bei letzteren wäre politische Kritik eher erkennbar.

    Das klingt erst einmal recht unproblematisch und dürfte auch beim verbeamteten Blaustein durch die freie Meinungsäußerung gedeckt sein.

  • Der Thread ist ein Beispiel dafür, dass Menschen sich über ihre Rechte und Pflichten Gedanken machen und sich zum Glück immer auch welche damit bereits auseinandergesetzt haben und daher weiterhelfen können. Wer ein bisschen aufmerksam und reflexionsfähig ist, kann hier eine Menge lernen.

  • Das Problem der meisten "Satire-Videos" ist kein juristisches, sondern dass sie niemand außer dem Ersteller lustig findet.

    Und das liegt meistens daran, dass die eigentliche Intention nicht darin besteht, Menschen zu unterhalten, sondern irgendwelche persönlichen Dinge auf zu arbeiten und mit irgendwelchen Personen oder Dingen ab zu rechnen. Den Pfad scheinst du mir auch eingeschlagen zu haben.


    PS: Wäre vielleicht auch etwas für unseren Neuzugang mit dem komischen Namen, der scheint mir da auch Bedarf zu haben.

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