Adieu Fremdsprachen? – Macht KI dem Fremdsprachenunterricht wertlos?

  • Na ja, ich schon. Und eben auch die mündliche Kommunikation ist heute eine der Säulen des Spracherwerbs am Gymnasium (es gibt auch mündliche Schulaufgaben).

    Ich weiß, ich unterrichte selbst Englisch.
    Kommunizieren um des Kommunizierens Willen bringt aber nichts. Natürlich redet man über irgendwas, die Situation in der Schule ist aber immer künstlich und vorgeschrieben. Es ist etwas ganz anderes, wenn ich mit Freunden über unsere gemeinsamen Interessen spreche, als wenn ich in der Schule sprechen muss, weil der Lehrer es so will.

    Von den Sprachen, die ich neben Englisch in der Schule belegen musste, kann ich kaum noch etwas. Die Sprache, die ich seit der Schulzeit freiwillig

    Zitat

    Genau das könnte man ja dann auch über andere Fächer denken. 🤷🏼‍♀️

    Grundsätzlich sollte man den Fächerkanon stets hinterfragen und über seine Zusammensetzung nachdenken. Das Ergebnis kann dann auch sein, dass andere Fächer weniger präsent sein sollten.

    • Offizieller Beitrag

    Ob nun im LK in der Q2 oder in der 8. Klasse - im Fremdsprachenunterricht erlernen die SuS' unter anderem die aktive schriftliche wie mündliche Kommunikation.
    Wenn ich in meinem Unterricht das Erlernen dieser Kompetenzen sowie die Fähigkeit, dies spontan und situationsadäquat zu tun - und damit weniger das Endprodukt - in den Fokus rücke, dann liefern die SuS' auch keine KI-generierte Hausaufgaben ab. In der Klassenarbeit funktioniert das ohnehin nicht - es sein denn die SuS' begehen Täuschungsversuche.

    (So gesehen ist auch der mittlerweile ein paar Jahre alte Vorwurf einer Abiturientin an die Schule, dass sie zwar in drei Sprachen Gedichte analysieren könne, aber weder eine Steuererklärung noch eine Mietvertrag ausfüllen könne, eigentlich die klarste Mahnung an das, was wir Lehrkräfte vermitteln müssen - nämlich, dass das, was wir in der Schule machen, früher oder später einen echten Lebensweltbezug und damit einen echten Mehrwert haben wird. Die junge Dame sollte eine Menge an Problemlösekompetenz und Texterschließungskompetenz mit auf den Weg bekommen haben. Wenn sie natürlich nur stupide für ihre Leistungsnachweise gelernt hat und nur auf das Endprodukt geschielt hat - so verständlich das beim Punktesammeln auch sein mag - dann hat sie eigentliche Bildungsziel nicht erreicht.

    Fazit: Möglicherweise nicht jetzt, nicht morgen, aber eines Tages. Und genau dafür sollen die SuS' gerüstet sein. Ich sollte im Ausland auch dazu in der Lage sein, den Sinn mir unbekannter Texte zu verstehen, dies ggf. zusammenzufassen und entsprechend zu handeln. Sich auf KI zu verlassen, ist verführerisch. Und es zeigt auf absurde Art und Weise, wie sehr man sich der Faulheit oder der Bequemlichkeit halber, weil es einem vordergründig nutzt, durch KI fremdbestimmen lässt. In anderen Bereichen würde man da sofort auf die Barrikaden gehen...)

  • Die junge Dame sollte eine Menge an Problemlösekompetenz und Texterschließungskompetenz mit auf den Weg bekommen haben.

    Der schriftliche Teil kann heute wirklich nicht mehr so relevant. Die KI ist da mittlerweile so effizient und schnell...ich kann jede japanische Zeitung über die Kamera-App simultan übersetzen. Hat eigentlich nur noch nostalgischen Wert.

  • Dir würde es also genügen, Deutsch lesen zu können und alle anderen Sprachen soll dann eben das Übersetzungsprogramm ins Deutsche übersetzen? Japanisch spielt in meinem Alltag keine Rolle, aber täte es das, hätte ich persönlich ein Interesse daran, entsprechende Texte auch in der Ausgangssprache lesen zu können. Insbesondere, weil sich viele Redewendungen so gar nicht 1 zu 1 übersetzen lassen. Du so gar nicht?

  • Insbesondere, weil sich viele Redewendungen so gar nicht 1 zu 1 übersetzen lassen.

    Du denkst, dass KI bzw. Übersetzungssystem nur die Ausgangssprache wörtlich 1:1 in die Zielsprache übertragen?

    • Offizieller Beitrag

    Das ist erschreckend zu sehen, dass einige den (qualitativen, sowie quantitativen) Sprung der KI in den letzten - sagen wir mal 5, maximal 10 - Jahren nicht wahrnehmen. Wir reden nicht über lustige Übersetzungen, in denen immer zur ersten Bedeutung eines Wortes gegriffen wird. Die KI wird (weiterhin) trainiert, genau aus dem Kontext das zu erkennen. Da die verschiedenen KI-Systeme nicht nur durch ihre Hersteller gut trainiert und gefüttert werden, sondern auch durch unsere Nutzung weiter lernen, werden sie erschreckend gut.
    Man kann keinen realen Unterschied sehen.

  • Doch, darum geht's. Die Nutzung von KI im Unterricht hat vielleicht jemand hier eingebracht, die war aber nicht Thema, dafür gibt's schon einen Thread. Es geht im Ausgangsbeitrag um das Kürzen der 2. Fremdsprache, konkret Französisch, was Kretschmann zudem an unpassender Stelle auf unpassende Art rausgehauen hat.

    Lies dir noch mal den Threadtitel durch.

  • Es ist etwas ganz anderes, wenn ich mit Freunden über unsere gemeinsamen Interessen spreche, als wenn ich in der Schule sprechen muss, weil der Lehrer es so will.

    Und daraus schließt du was genau? Und warum unterrichtest du Englisch, wenn es doch niemanden interessiert? Weil du Englisch magst, es interessanter unterrichten kannst als alle anderen oder weil Englisch deiner Ansicht nach zwangsweise unterrichtet werden muss, weil man mit KI ausgerechnet Englisch nicht übersetzen kann?


    Also wenn einer gute Gründe für Sudburyschools nennt, dann kann ich das noch nachvollziehen. Aber die eigenen Fächer für die einzig relevanten zu halten finde ich doch irgendwie niedlich.

  • Du denkst, dass KI bzw. Übersetzungssystem nur die Ausgangssprache wörtlich 1:1 in die Zielsprache übertragen?

    Das meine ich nicht, aber es gibt Ausdrücke, die man eigentlich nur verstehen kann, wenn man sich mit der zugrundeliegenden Kultur bzw. der entsprechenden Sprache einigermaßen auskennt, weil es z.B. nicht für jedes französische oder englische Sprichwort ein genau passendes Gegenstück im Deutschen gibt. Das dürfte im Japanischen auch nicht anders sein.

  • Das meine ich nicht, aber es gibt Ausdrücke, die man eigentlich nur verstehen kann, wenn man sich mit der zugrundeliegenden Kultur bzw. der entsprechenden Sprache einigermaßen auskennt, weil es z.B. nicht für jedes französische oder englische Sprichwort ein genau passendes Gegenstück im Deutschen gibt. Das dürfte im Japanischen auch nicht anders sein.

    Dafür gibt es Lokalisierungen. Wenn die KI dazu lernt, wird sie das nicht wörtlich übersetzen, sondern sinngemäß.

    • Offizieller Beitrag

    Der schriftliche Teil kann heute wirklich nicht mehr so relevant. Die KI ist da mittlerweile so effizient und schnell...ich kann jede japanische Zeitung über die Kamera-App simultan übersetzen. Hat eigentlich nur noch nostalgischen Wert.

    Es geht um das eigenständige Denken. Um Code-Switching, um den aktiven, reflektierten Umgang mit in diesem Fall zwei Sprachen. Wollen wir das eigenständige Denken der KI überlassen?

  • Und daraus schließt du was genau?

    Dass Sprachen lernen nur funktioniert und nachhaltig ist, wenn man dazu eine persönliche Motivation hat.

    Zitat

    Und warum unterrichtest du Englisch, wenn es doch niemanden interessiert?

    Wo steht, das Englisch niemanden interessiert? Englisch ist die lingua franca der Wissenschaft, wird von Arbeitgebern und Universitäten zwingend erwartet und spielt bei den meisten Schülern auch im Privatleben eine Rolle.

    Zitat

    Weil du Englisch magst, es interessanter unterrichten kannst als alle anderen oder weil Englisch deiner Ansicht nach zwangsweise unterrichtet werden muss, weil man mit KI ausgerechnet Englisch nicht übersetzen kann?

    Ich mag Englisch, ja. Ich kann es nicht "interessanter unterrichten als alle anderen", aber in jedem Fall interessanter und besser, als meine eigenen Englischlehrer und auch als einige Kollegen (sicher nicht besser als alle anderen Kollegen). Doch, natürlich kann KI auch Englisch übersetzen. Wenn man eine Sprache aber aktiv mit anderen Menschen sprechen will, un sich auszutauschen, dann bringt (zumindest zur Zeit) eine KI nur wenig.

    Realistisch ist das aber nur für Fremdsprachen, die auch einen praktischen Nutzen für die Schüler haben. Das ist in der Regel Englisch, je nach Region unter Umständen noch Französisch. Das reicht als Pflicht. Wer gerne Sprachen lernt, daraus einen konkreten Nutzen zieht und das auch in der Schule tun will, könnte noch weitere Sprachen wählen.

    Zitat

    Also wenn einer gute Gründe für Sudburyschools nennt, dann kann ich das noch nachvollziehen. Aber die eigenen Fächer für die einzig relevanten zu halten finde ich doch irgendwie niedlich.

    Hm? Wo steht, dass nur meine Fächer relevant sind? Das dichtest du dazu.

  • Das ist erschreckend zu sehen, dass einige den (qualitativen, sowie quantitativen) Sprung der KI in den letzten - sagen wir mal 5, maximal 10 - Jahren nicht wahrnehmen. Wir reden nicht über lustige Übersetzungen, in denen immer zur ersten Bedeutung eines Wortes gegriffen wird. Die KI wird (weiterhin) trainiert, genau aus dem Kontext das zu erkennen. Da die verschiedenen KI-Systeme nicht nur durch ihre Hersteller gut trainiert und gefüttert werden, sondern auch durch unsere Nutzung weiter lernen, werden sie erschreckend gut.
    Man kann keinen realen Unterschied sehen.

    Danke!


    Insbesondere sollte man bedenken, dass die wenigen Sprachmodelle, die der großen Öffentlichkeit gerade zur Verfügung stehen (wie ChatGPT oder Bard) mehr oder weniger Allrounder sind. Deren Hauptaufgabe ist nicht das Übersetzen. Aber auch solche Modelle gibt es und diese entwickeln sich schnell weiter. Wer mag kann sich mal mit den wenigen Dolmetscher-Modellen auseinandersetzen. Die können Stand jetzt einen menschlichen Dolmetscher was die Präzision angeht übertreffen. Das Problem ist derzeit noch, dass die gesprochene Sprache noch nicht direkt verarbeiten können, sondern diese erst transkribieren und dann verarbeiten. Außerdem sind sie noch nicht mit gesprochener Sprache im ausreichenden Umfang trainiert worden. Aber das kommt. Und zwar schnell.

    Von wenigen Ausnahmen abgesehen (etwa Gespräche unter Staatschefs, vielleicht vor Gericht) sehe ich eigentlich für den Beruf des Dolmetschers keine Zukunft mehr.

    Und die Bequemlichkeit des Menschen würde ich auch nicht unterschätzen. Natürlich werden Menschen weiterhin Sprachen lernen (ist auch ein großes Hobby von mir), aber die meisten machen es heute schon nicht und die Notwendigkeit wird weiter sinken. Wenn ich einfach nur meine In-Ears einstecken muss und dann mit Leuten reden kann, dann wird das ein Gewinn sein. Wird dann alles richtig übersetzt? Bestimmt nicht, da wird man mal nachfragen müssen, aber das muss man auch als L2-Sprecher sowieso ab und an, da wird also keine Verschlechterung eintreten.

  • Aber muss wirklich jeder Abiturient eine zweite Fremdsprache (in Ansätzen) beherrschen? Ist es nicht ein großer Unterschied, wenn ich nichts über den zweiten Weltkrieg weiß oder über die Deutsche Teilung oder ob ich nicht auf französisch einen Kaffee bestellen kann. Alleine schon die Beliebigkeit der zweiten Fremdsprache. Es muss nicht jeder Französisch lernen, es geht auch Spanisch oder bei uns niederländisch. Ist es wirklich so, dass es sinnvoll, dass jeder eine zweite Fremdsprache lernen muss?

    Wenn interessiert heute noch der zweite Weltkrieg oder die Teilung? Die Leute auf der Straße normalerweise nicht, und außer den Geschichtslehrern in der Schule auch kaum Kollegen. Die Fähigkeit einen Kaffee im Ausland bestellen zu können finden viele dagegen sinnvoll. Von daher, ja es ist sinnvoll eine zweite Fremdsprache zu lernen und ja, eine gute Allgemeinbildung und Studierfähigkeit sollte daneben auch historische, geographische und weitere Grundlagen einschliessen.

  • In der Klassenarbeit funktioniert das ohnehin nicht

    Unsere Schülerinnen und Schüler schreiben mit freiem Zugang zum Internet am Laptop und im Eingangsbeitrag ging es um ein Exposé für eine Dissertation. Willkommen im 2023.

  • Formuliere es mal krasser: Würdest du sagen "Deutsch reicht mir, den Rest soll mir die Technik übersetzen."?

    Ja, das reicht vielen Deutschen. Deshalb gibt es geführte deutsche Reisen, deutsch vertonte Filme und Serien (riesige Industrie), ins Deutsche übersetzte Bücher etc.

  • Du wirst im Buchhandel auch kein von einem Verlag publiziertes Buch finden, in dem jeder Satz genauso vom Autor stammt

    Ich habe lange freiberuflich Verlagsarbeit gemacht, genau so ist es. Dass KI jetzt auch im Unterricht angekommen ist, zwingt uns Lehrpersonen endlich mal den Arsch hochzubekommen und einige Bewertungsformate gründlich zu überdenken. Ich habe Maturarbeiten als betreuende Lehrperson immer schon vor der Abgabe und Bewertung korrigiert, den meisten meiner Kolleginnen und Kollegen war das immer schon zu mühsam. Was genau man dabei gelernt haben soll, eine schlecht geschriebene Arbeit zur Bewertung abzugeben, habe ich noch nie verstanden. Jetzt macht's halt KI, ist doch super.

  • RosaLaune

    Ich meinte es nicht angreifend, falls das so rüber kam. Dass es üblich ist, weiß ich auch, auch wenn ich selbst nie irgendwas lektorieren lassen habe und das bei eigenständigen Prüfungsleistungen auch irgendwie befremdlich finde (ich, ganz subjektiv). Geht es um "Produktoptimierung", insbesondere im kommerziellen Bereich, macht es aber natürlich schon durchaus Sinn. Und es ist auch legitim zu diskutieren, wieso man es in Schule und Ausbildung nicht eigentlich genauso nutzen und behandeln sollte.

  • Exakt das. Es geht eh nicht mehr weg, also sollte man es konstruktiv nutzen. Ich sehe da in vielen Bereichen eine grosse Chance. Zugleich wird es aber Berufe kosten, RosaLaune erwähnte bereits den Dolmetscher. Dabei wird es nicht bleiben. Was das wiederum für die Gesellschaft bedeutet, macht mir schon Sorgen.

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