Gesamte Ausbildung der Grundschullehrkräfte "neu denken"

  • Aber sollte man das Niveau in Mathe wirklich unter das Niveau eines Mathe LKs senken? In Gesprächen mit angehenden Grundschullehrkräften habe ich häufig die Einstellung wahrgenommen, dass das eigene Beherrschen der Grundrechenarten doch wohl reichen müsse. Dann könnten wir sogar aufs Abitur für die Lehrkräfte verzichten…

    Das ist auch echt eine mutige Forderung.

    Sagen wir es mal so, die Leute, die bei uns Mathe-LK hatten, hatten im Mathe-Studium wenig Probleme, die anderen haben meist vorweg einen "Brückenkurs" besucht und dann hakte es trotzdem ab und an mal.

    • Offizieller Beitrag

    Ich stelle mal eine gewagte These auf:


    Sehr gute Schüler, die alles einfach können, sind nicht unbedingt die besten Grundschullehrer.

    Warum? Sie haben sich nie Gedanken zum Lernen machen müssen, zu Lernproblemen, zu Herangehensweisen. Sie konnten es einfach.

    Sich dann in Grundschüler mit Lernproblemen hineinzuversetzen ist möglich, aber schwierig.


    Hinzu kommt, dass man in der Grundschule andere Fähigkeiten als "Fachwissen" braucht. Fähigkeiten, die das Abitur nicht wirklich abfragt.

  • Sehr gute Schüler, die alles einfach können, sind nicht unbedingt die besten Grundschullehrer.

    Warum? Sie haben sich nie Gedanken zum Lernen machen müssen, zu Lernproblemen, zu Herangehensweisen. Sie konnten es einfach.

    Sich dann in Grundschüler mit Lernproblemen hineinzuversetzen ist möglich, aber schwierig

    Das stimmt einfach überhaupt nicht. Leistungsstarke Schülerinnen und Schüler am Gymnasium sind in der Regel sehr gute Logiker und Strategen und reflektieren ihr eigenes Denken sehr genau.



    Hinzu kommt, dass man in der Grundschule andere Fähigkeiten als "Fachwissen" braucht.

    Dem würde ich hingegen zustimmen. Wie erwähnt, es klappt bei uns sehr gut mit Leuten, die in der Mathe z. B. selbst ganze Fachbereiche gar nicht können. Es reicht, wenn sie das, was sie effektiv auch vermitteln müssen, sehr gut beherrschen.

  • Bis auf den letzten Satz stimme ich dir zu, kleiner gruener frosch


    Ob es unbedingt auf Mathe ankommt, weiß ich nicht. Erst der Jahrgang nach mir hatte die Oberstufenreform. Wir haben noch sozusagen das Allroundabitur gemacht. Integral- und Differenzialrechnung usw. haben wir gemacht, wir haben mit Rechenschiebern gearbeitet - viel weiß ich nicht mehr davon. Aber irgendeine Grundlage wird es schon gelegt haben; auf jeden Fall hat es mir Spaß gemacht- sofern ich irgendeine Idee hatte (Mathe fiel mir nicht leicht), Lösungen für Aufgaben zu finden, das habe ich davon mitgenommen. Für Mathe Grund- und Hauptschule, das ich nicht als Fach studiert und nur didaktisch im Studium gestreift habe, brauchte ich andere Sachen.


    Allerdings fand ich gut, dass ich für die Erziehungswissenschaften, Psychologie und Philosophie, die theoretischen Grundlagen in meinen fachwissenschaftlichen Fächern die sprachlichen und gedanklichen Voraussetzungen vom Abitur hatte. Länger Schule tut schon gut um sich mit bestimmten Dingen sprachlich und geistig auseinanderzusetzen. Die ganze Literatur im Studium war schon sprachlich sehr hochgestochen und teilweise schwierig. Ohne Abi hätte ich mich da schwer getan.


    Dadurch, dass der Trend dahin geht, das Abitur zu vereinfachen, bin ich auf jeden Fall der Meinung, dass man man das Abitur als Voraussetzung zum Studium braucht.

    Zu meiner Zeit wurden viele Lehrer, es gab Lehrerüberschuss, als ich fertig war - bei uns hieß es noch so: Du studierst Grund- und Hauptschullehramt mit zwei fachwissenschaftlichen Fächern, hast Abitur und bist auch ohne explizites fachwissenschaftliches Studium in fachfremden Fächern in der Lage, alle Fächer bis Klasse 9 zu unterrichten. Dafür geben wir euch das didaktische Knowhow. Im Fach "Unterrichtsplanung" an der PH haben wir z.B. Unterrichtsentwürfe von Klasse 1-9 in sämtlichen Fächern exemplarisch erstellt.


    Noch eine Bemerkung zum Nichtabitur:

    Wir hatten öfter einmal Fortbildungen zusammen mit Erzieherinnen vom nahegelegenen Kindergarten. Diese haben eine verhältnismäßig lange Ausbildung und man meint, sie hätten gezielte und gute fachwissenschaftliche Kenntnisse. Wir gingen ganz unvoreingenommen in diese Fortbildungen, aber dennoch war ein Niveauunterschied auffällig. Irgendwie war da bei vielen die Durchdringung und der Überblick nicht so wie bei uns.

    • Offizieller Beitrag

    Dadurch, dass der Trend dahin geht, das Abitur zu vereinfachen, bin ich auf jeden Fall der Meinung, dass man man das Abitur als Voraussetzung zum Studium braucht.

    Sorry, ich wollte auch nicht sagen, dass es nicht die Voraussetzung zum Studium (auch zum Lehramt GS) braucht.

    Was ich nur sagen wollte: die Note vom Abitur sagt nur wenig über die Fähigkeit als Grundschullehrer aus, weil man dafür eher andere Skills braucht.

  • Irgendwie war da bei vielen die Durchdringung und der Überblick nicht so wie bei uns.

    Das wird schon so sein, ja. Hat es einen entscheidenden Effekt auf die Unterrichtsqualität? Ich lasse mich hier gerne mal über die schlechten Fachkenntnisse unserer Übertreter ans Gymnasium aus. Mir scheint das Problem aber nicht aus den Primarschulen zu kommen. Im Gegenteil verorte ich gerade dort vor allem sehr gute Erziehungsarbeit und Wertebildung.

  • die Note vom Abitur sagt nur wenig über die Fähigkeit als Grundschullehrer aus

    DAs sehe ich auch so, aber die Grundlagen aus dem Abitur braucht es eben schon und aber noch viel mehr andere Dinge.

    Gucken wir uns an, dass unser Didaktik Prof eben keinerlei Ahnung von Schule hatte in Mathe, nicht mal das Haus der Vierecke sagte ihm was, er wollte uns aber erzählen, was man wie didaktisch in der Grundschule zu tun hat (und da hat auch die Grundschulpädagogik Mathematik die Hände über Kopf zusammengeschlagen, aber genau da hätte das Studium eben verzahnt sein sollen.)

  • Vielleicht sollte man noch bedenken, dass oft ein Viertel oder mehr aller Abiturienten eine 1 vor dem Komma hat. Mit „ sehr gute Abiturienten“ sind also nicht die fünf besten eines Jahrgangs gemeint… regionale Unterschiede bitte berücksichtigen. Wenn ich einen Abiturienten mit halbwegs sicherer Rechtschreibung und durchschnittlichen Matheleistungen suche, darf ich im tiefen Zweierbereich zumindest bei uns nicht suchen 🙄

  • Das weiss ich schon. Ich bin trotzdem der Meinung, dass man selber Differential- und Integralrechnung nicht können muss um an einer Primarschule Mathe unterrichten zu können. Wir bekommen im August einen Kollegen an die Schule, der in Deutschland das 2. Staatsexamen fürs Gymnasium gemacht hat. Der hat im fachwissenschaftlichen Bereich nicht halb so viel vorzuweisen wie ich. Das ist eine schnöde Tatsache.

  • Es reicht, wenn sie das, was sie effektiv auch vermitteln müssen, sehr gut beherrschen.

    Das ist zu kurz gedacht. Es gibt noch mehr Aspekte des Unterrichts als den Zahlenraum bis 1 Million. Ich weiß in etwa, wer in den Erzieherinnenklassen sitzt und ich sage es ganz undiplomatisch, ich möchte nicht, dass sie Kinder bis 10 Jahren in allen Fächern unterrichten sollten. Hort ist Hort und Schule ist Schule. Ich hoffe sehr, dass das Grundschullehramt keine Degradierung erfährt und dann auch aus den Universitäten verschwinden würde.

  • Es geht auch nicht um eine Ausbildung zur Erzieherin sondern um Abitur oder nicht. In dem Zusammenhang fiel das Beispiel der Erzieherin.

  • Ja, unsere Fachmittelschülerinnen können das offensichtlich.

  • Dann könnten wir sogar aufs Abitur für die Lehrkräfte verzichten…

    Man braucht kein Abitur, um Lehramt studieren zu können.

    - Bundesweit gibt es Zulassungen für beruflich Qualifizierte. Je nach Hochschule ist schon beruflich qualifiziert, wer als Ausbilder in seinem Beruf tätig ist. Dass Erzieher nach Hauptschulabschluss und Ausbildung noch Grundschullehramt studieren, ist gar nicht so selten. Natürlich ohne das Abi nachzuholen.

    - Für Hessen gilt, dass man gestufte Studiengänge mit Fachhochschulreife studieren kann. Lehramt für berufliche Schulen wird in Hessen im BA/MA-System, also gestuft studiert. Mit FHR kann man also Lehramt für berufliche Schulen studieren.

  • Also zwischen Ausbildung mit Hauptschulabschluss und Uni mit 1er Abi, gibt es viel Grauzone dazwischen. Ganz ehrlich sehe ich Lehramt, und da insbesondere Grunschule und Berufsschule, an den Fachhochschulen richtig verortet. Auch da wird wissenschaftlich fundiertes Wissen vermittelt, aber eben anwendungsorientiert- wie der Name schon sagt: University of Applied Sciences. Universität ist für mein empfinden viel zu theoretisch und wissenschaftlich orientiert und produziert nicht selten Praxislegastheniker... Es ist ein Unterschied, ob ich an einer Fragestellung forsche ( gehört imho in die Uni) oder ob ich mich mit wissenschaftlichen Themenstellungen auseinandersetze um im zweiten Schritt zu überlegen, wie ich meine Erkenntnisse in der Praxis anwende (Fachhochschule).


    In der Uni sitzen viel zu viele Menschen, die nicht in die Forschung (dafür ist die Uni mMn der richtige Ort), sondern eigentlich in die Praxis wollen, am Ende aber gar nicht wissen, wie Sie Ihre Erkenntnisse aus dem Studium in der Praxis anwenden sollen. Wenn man sich hier durch die Ref-Threads liest, geht es den meisten Refs auch so.

    Wer Fehler findet darf sie behalten und sich freuen! :victory:

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  • ISD

    Wir hatten schon öfter grundschulbezogene Fortbildungen an der Uni von verschiedenen Lehrstühlen - es ging um wissenschaftliche Hintergründe und die Vermittlung im Unterricht. Diese hätten ebenso in einer pädagogischen Hochschule stattfinden können, ich sah da keinen Unterschied. Mein Eindruck verstärkte sich durch Dozenten, die von der Uni an unsere Schule kamen und ihre Studenten betreuten. Ich glaube, dass hier in Bayern die pädagogische Hochschule, so wie ich sie aus Ba-Wü kannte, einfach in der Uni aufgegangen ist. Es sind viele Lehrer als Lehrbeauftragte an der Uni.

  • Ganz ehrlich sehe ich Lehramt und da insbesondere Grunschule und Berufsschule an den Fachhochschulen richtig verortet.

    Dann müssten aber die Studiengänge an den FH erweitert werden. Meine berufliche Fachrichtung "Wirtschaftswissenschaften" bspw. kann man m. E. hier in NDS gar nicht an einer (öffentlichen) FH studieren.

    Lehramt für berufliche Schulen wird in Hessen im BA/MA-System, also gestuft studiert. Mit FHR kann man also Lehramt für berufliche Schulen studieren.

    In NDS ebenso.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Mit einem Bachelor im dualen Studium (vgl. Finanzverwaltung) wirst du dann aber auch nur in A11 eingruppiert. Und bei A12 ist üblicherweise Ende der Laufbahn.

    Und schon von daher muss das Grundschullehramtsstudium an der Uni bleiben. Es wäre wieder ein Sparmodell und die Bezahlung wäre weiter ungleich, nämlich so lange man die Bezahlung an der Ausbildung bzw. an der Art des Studiums festmacht.

  • Mit einem Bachelor im dualen Studium (vgl. Finanzverwaltung) wirst du dann aber auch nur in A11 eingruppiert. Und bei A12 ist üblicherweise Ende der Laufbahn.

    Ja, so ist das hier. Lehrpersonen Primar werden zwei Lohngruppen schlechter bezahlt als Lehrpersonen Gymnasium/FMS. Mein Eindruck ist diesbezüglich, dass sich eigentlich kaum jemand an der unterschiedlichen Bezahlung stört, wir sind uns in der Gewerkschaft nur recht einig, dass die Lehrpersonen der Primar- und Sek-I-Schulen weniger Pflichtlektionen unterrichten sollten.

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