Gesamte Ausbildung der Grundschullehrkräfte "neu denken"

  • Was ich nachvollziehen kann ist der Wunsch nach mehr Praxis im Studium. Ich persönlich würde noch die Bezahlung dafür fordern.


    Was ich nicht nachvollziehen kann, sind Aussagen wie: was ich an der Uni gelernt habe, kann ich für die Schule nicht gebrauchen. Wer so denkt, denkt meiner Meinung nach zu kurz. An der Uni lernt man doch in erster Linie die fachlich sichere Erarbeitung neuer Inhalte und die kritische Auseinandersetzung. Die Inhalte am sich sind austauschbar.

    Ich bin kein Mathelehrer, aber ich kann mir vorstellen, dass tiefere Kenntnisse der Mathematik und Verständnis der Zusammenhänge einen großen Einfluss auf die Vermittlung von Mathe in der Grundschule haben.

  • Wenn man schon im (dualen) Studium aktiv im Unterricht arbeitet, müsste das auch angemessen bezahlt werden, natürlich.

    Was ich nicht nachvollziehen kann, sind Aussagen wie: was ich an der Uni gelernt habe, kann ich für die Schule nicht gebrauchen. Wer so denkt, denkt meiner Meinung nach zu kurz. An der Uni lernt man doch in erster Linie die fachlich sichere Erarbeitung neuer Inhalte und die kritische Auseinandersetzung. Die Inhalte am sich sind austauschbar.

    Grundsätzlich stimme ich dir da zu. Aber ich habe in den Neunziger Jahren u.a. Mathe studiert (ich hatte LK Mathe), zu der Zeit, als die Pädagogischen Hochschulen abgeschafft wurden. Die Fächer für die Primarstufe waren auf einmal "richtige Unifächer"... Ich habe Mathe-Professoren erlebt, die sich gar nicht auf die "neuen" Student*innen einstellen konnten oder wollten. Kommiliton*innen, vor allem ohne LK Mathe, haben das Grundschulstudium nur deshalb abgebrochen. Ich weiß nicht, ob die Anforderungen heute noch genau so hoch sind. Ich kann aber sagen, dass in ich Mathematik damals vieles machen musste, was für mich bis heute höchstens geringe Relevanz für meine Grundschularbeit hatte. Das scheint ja noch so zu sein...

  • Was ich nachvollziehen kann ist der Wunsch nach mehr Praxis im Studium.

    Das scheint von Uni zu Uni sehr verschieden zu sein … und die BL haben unterschiedliche Vorgaben.

    Mit Praxis ab dem 1. Semester, begleitenden Seminaren, mehreren Block-Praktika und inzwischen noch einem Praxissemester vor dem Master ist der Anteil schon recht hoch.

  • Was ich nicht nachvollziehen kann, sind Aussagen wie: was ich an der Uni gelernt habe, kann ich für die Schule nicht gebrauchen. Wer so denkt, denkt meiner Meinung nach zu kurz. An der Uni lernt man doch in erster Linie die fachlich sichere Erarbeitung neuer Inhalte und die kritische Auseinandersetzung. Die Inhalte am sich sind austauschbar.

    Das sehe ich ähnlich, es sollte aber auch verbindliche Inhalte geben.

    Da bin ich mir nicht sicher, ob das verschulte Studium die Inhalte besser vermittelt und das freiere Studium mit bestimmten Verpflichtungen insgesamt zu beliebig war.

    Wenn man am Ende nur noch den Punkten nachjagt, ist es inhaltlich dünn … und die Arbeitshaltung kommt dem Beruf nicht entgegen.

  • Habe es auch gesehen. Fand es wenig überzeugend.

    Sie sagen, es gehe ihnen nicht um eine Absenkung des Niveaus; de facto ist aber eine vorgeschlagene "Entschlankung" mit kürzerer Gesamtausbildungsdauer (Studium + Ref./Praxis) natürlich eine solche.

    Auch die beiden jungen Kolleginnen, die sagen, im Ref. hätten sie so viel mehr Sinnvolles gelernt als an der Uni. Hängt natürlich von vielen Faktoren ab, aber ich empfinde es für mich als umgekehrt.

    Genauso die Diskussion, dass fachliche Inhalte in den Unterrichtsfächern für die Grundschule "zu hoch" seien (z. B. Shakespeare in Englisch) ... Die Diskussion kommt ja immer wieder; ich erinnere mich vor einigen Jahren, als irgendwo in NRW so viele Studierende durch eine Mathematikprüfung gefallen sind ...

  • In Hessen dauert das Studium fürs Grundschullehramt 6 Semester. Jedes der drei Unterrichtsfächer (Deutsch und Mathe sind Pflicht, ein weiteres ist wählbar) wird im Umfang von ca. einem Semester (22 SWS / 32 CP) studiert. Didaktik macht jeweils ca. die Hälfte aus. Der fachliche Anspruch in Mathe geht nicht über einen Mathe LK hinaus.

    Mir wäre nicht bekannt, dass Hessen an Grundschulen ein fachliches Problem hätte oder Referendare fachlich über das normale Maß hinaus nacharbeiten müssten. Insofern scheinen ca. 12 SWS Fachstudium für die Grundschule auszureichen. Mehr schadet sicher nicht, man braucht aber auch nicht den Untergang des Abendlandes ausrufen, wenn das Studium in anderen Bundesländern praxisbezogener/kürzer/weniger fachwissenschaftlicher werden soll.

  • In Hessen dauert das Studium fürs Grundschullehramt 6 Semester. Jedes der drei Unterrichtsfächer (Deutsch und Mathe sind Pflicht, ein weiteres ist wählbar) wird im Umfang von ca. einem Semester (22 SWS / 32 CP) studiert.

    Mit der neuen Studien-/Prüfungsordnung ab dem Wintersemester 2023/2024 sollen in Hessen für das Grundschullehramt, wenn ich es richtig verstehe, ein Fach mit 50 CP und zwei Fächer mit je 20 CP studiert werden (Deutsch und Mathematik verpflichtend dabei). Die Regelstudienzeit soll dann wohl sieben Semester umfassen (immer noch sehr kurz).

  • Mit der neuen Studien-/Prüfungsordnung ab dem Wintersemester 2023/2024 sollen in Hessen für das Grundschullehramt, wenn ich es richtig verstehe, ein Fach mit 50 CP und zwei Fächer mit je 20 CP studiert werden (Deutsch und Mathematik verpflichtend dabei). Die Regelstudienzeit soll dann wohl sieben Semester umfassen (immer noch sehr kurz).

    Auf die Kurzfächer entfallen jeweils 35 CP, nicht 20. Insgesamt also für die beiden Kurzfächer jeweils ein Teilnahmenachweis und für das Langfach immerhin ein halbes Semester (18 CP / ca. 12 SWS) mehr. Dafür fallen dann andere Inhalte weg.


    Die Regelstudienzeit war schon immer sieben Semester, Leistungen werden aber nur in 6 dieser Semester erbracht. Das siebte Semester ist Prüfungssemester für die Abschlussarbeit und die Examensprüfungen.


    Das Praxissemester das es jetzt gibt, bündelt die Praxis immerhin. Das waren bisher zwei kürzere Praktika (je 6 Wochen).

  • GS-Lehramt quasi als duale Ausbildung statt als wissenschaftliches Studium.

    GS als Duales Studium. Gibt es tatsächlich schon in sehr vielen Branchen und der Trend geht immer mehr dahin. Selbst das langwierige und teure Studium der Psychotherapie wurde an die Realität und ihre Bedarfe angepasst.


    Das Schulwesen wird es auch noch schaffen. Viele müssen dann jedoch ganz, ganz stark sein.

    Wer Fehler findet darf sie behalten und sich freuen! :victory:

  • In Sachsen studieren Grundschullehrkräfte 8 Semester und haben 5 Praxisphasen von zunächst Hospitationen bis zu 4 Wochen Block mit eigenen Stunden. Förderpädagog*innen ein Jahr länger.


    Wie ist das eigentlich in Ba-Wü organisiert, gibt's da nicht PHs? Ist das Studium da praxisbezogener? Zauberwald kommt aus der Ecke, oder?


    Habe eben mal geschaut, in Leipzig an der Uni hat LA GS mit Schwerpunktfach Deutsch einen NC von 1,8. Scheint nicht ganz unbeliebt zu sein... Ich vermute, dass es kein generelles Interesse daran gibt, die Studiengänge komplett umzustrukturieren.

  • Kannst du deine Behauptung untermauern?

    Kannst du beschreiben, was du mit dualem Studium im Lehramt meinst? Ich fürchte nämlich, dass die Idee "beim Staat arbeiten und parallel studieren" zum Sparkurs würde. Vom Master zum Bachelor, der tuts ja vielleicht auch für Grundschule und wenn die Studierenden parallel in Klassen eingeteilt sind, werden innerhalb kürzester Zeit die Mentorinnen zur Vertretung abgezogen.


    Bei uns im Ref jetzt schon: vor ein paar Jahren war man noch doppelt gesteckt, jetzt sind Reffis schnell im eigenverantwortlichen Unterricht und kriegen keine Rückmeldung mehr.

  • Kannst du beschreiben, was du mit dualem Studium im Lehramt meinst? Ich fürchte nämlich, dass die Idee "beim Staat arbeiten und parallel studieren" zum Sparkurs würde. Vom Master zum Bachelor, der tuts ja vielleicht auch für Grundschule

    Ja, der tuts für die Grundschule. In Hessen gibt es zwar im Grundschullehramt kein BA/MA System; das Studium für Grundschulen hat aber dennoch nur einen Umfang von sechs Semestern. Also genauso, wie Bachelor Studiengänge in der Regel.


    Zitat

    und wenn die Studierenden parallel in Klassen eingeteilt sind, werden innerhalb kürzester Zeit die Mentorinnen zur Vertretung abgezogen.

    Bei uns im Ref jetzt schon: vor ein paar Jahren war man noch doppelt gesteckt, jetzt sind Reffis schnell im eigenverantwortlichen Unterricht und kriegen keine Rückmeldung mehr.

    Im Praxissemester sind Studenten auch in Klassen eingeteilt. Das klappt bei uns eigentlich gut. So sind die dann eben in der vorlesungsfreien Zeit immer zwei bis drei Monate in der Schule zur Ausbildung.

  • Ich finde schon, dass man mindestens 1 Fach, aber am besten 2 Fächer fachwissenschaftlich studieren sollte, auch wenn man die Inhalte nicht unbedingt mehr braucht. Durch das fachwissenschaftliche Studium von Fächern, die mir lagen, habe ich gelernt, tiefer in die Materie vorzudringen. Das, was man dadurch gelernt hat, kann man indirekt auf andere Fächer übertragen, z.B. Herangehensweisen, Strukturen schaffen usw., hilft auch bei der fachfremden Unterrichtsplanung.

    In manchen Bundesländern allerdings scheint wohl das Studium von fachwissenschaftlichen Inhalten überfrachtet zu sein, die unnötig sind. Für das Grundschullehramtstudium finde ich wie auch für die Förderschule und die Hauptschule wichtig, dass man das ganze pädagogische und psychologische Spektrum möglichst vertieft studiert. Und da gibt es viel zu tun, das ist nicht nach 6 Semestern abgehakt. Hintergrundwissen ist für professionelles Handeln in heterogenen Klassen mit unterschiedlicher fordernder Elternschaft wichtiger denn je.


    Im Studium habe ich persönlich an der PH in den 70igern nur die Grundlagen dazu gelernt - viel pädagogisches- philosophisches - das wirkliche Praxiswissen musste ich mir berufsbegleitend immer wieder in Fortbildungen aneignen. Heutzutage gehören die ganzen (auch neu erforschten) Gebiete in das Studium. Beim dualen Studium lernt man die Praxis von einer Lehrkraft, die ihre eigene Sichtweise hat. Deswegen finde ich das nicht unbedingt so gut, sondern die diversen Grundlagen von Pädagogik, Psychologie, Möglichkeiten der individuellen Förderung, Umgang mit heterogenen Klassen sowohl vom Sozialverhalten als auch von den Lernzugängen sollten überblicksweise im Studium erfahren werden, damit man mehr Einblicke hat.


    Bayern finde ich auf einem guten Weg: ein wissenschaftliches Fach, Studium der Erziehungswissenschaft, Grundschuldidaktik/-pädagogik und 3 weitere Didaktikfächer, dazu diverse Erweiterungsmöglichkeiten. Die Regelstudienzeit von 7 Semestern finde ich zu kurz, denn die Studenten wissen oft nicht viel, wie man auf Fälle in der heterogenen Klasse eingeht bzw. es fehlt an Wissen, Dinge einzuordnen. Praktika gibt es einige - ich glaube es sind 4 unterschiedliche, teilweise sind die Studenten im Block an der Schule und teilweise an einem Wochentag.

  • In NRW ist das Grundschulstudium schon viele Jahre genau so lang wie das für Sekundarstufe 2. Daher auch die berechtigte Forderung nach A13.


    Aber sollte man das Niveau in Mathe wirklich unter das Niveau eines Mathe LKs senken? In Gesprächen mit angehenden Grundschullehrkräften habe ich häufig die Einstellung wahrgenommen, dass das eigene Beherrschen der Grundrechenarten doch wohl reichen müsse. Dann könnten wir sogar aufs Abitur für die Lehrkräfte verzichten…


    Es soll ja Länder geben, in denen die besten Schüler Lehramt studieren - gerade die jüngsten Schüler brauchen doch hoch qualifizierte Lehrer. Nicht dass ein sehr gutes Abi eine hinreichende Voraussetzung dafür wäre, aber meines Erachtens doch eine notwendige. Dann sollten die Fähigkeiten für den einen Schein auf LK Niveau in Mathe reichen. Dumm nur, dass der Lehrberuf so unattraktiv ist, dass er die passende Klientel selten anzieht.

  • Dann könnten wir sogar aufs Abitur für die Lehrkräfte verzichten…

    In der Schweiz tun wir das. Bei uns unterrichten Lehrpersonen an den Primarschulen, die selbst an der Schule nie Differential- und Integralrechnung gelernt haben.

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